Gegnerwatch: Frankfurt verliert zuhause gegen Wolfsburg
Zum Spielverlauf in Halbzeit 1 lässt sich zusammenfassen, dass Wolfsburg die Frankfurterinnen komplett in die Tasche steckten.
Zu den Aufstellungen
Beide Teams mussten ohne Leistungsträgerinnen wie Alexandra Popp, Nadine Keßler, Simone Laudehr oder Dzsenifer Marozsán auskommen.
Frankfurt verzichtete auf die inzwischen liebgewonnene Dreierkette vor Torhüterin Desirée Schumann und spielte ein relativ bieder umgesetztes 4-1-4-1 mit Saskia Bartusiak und Peggy Kuznik in der Innenverteidigung sowie den Außenverteidigerinnen Kathrin Hendrich und Marith Prießen außen. Die alleinige Sechs gab Kanadierin Sophie Schmidt, die völlig blass und ohne Effekt blieb, so dass sie noch eine Minute vor der Halbzeit für Laura Störzel ausgewechselt wurde. Die Mittelfeldkette bestand aus den Achtern Yūki Ōgimi und Jackie Groenen flankiert von Ana-Maria Crnogorčević und Routinier Kerstin Garefrekes. Als Mittelstürmerin lief Mandy Islacker auf.
Auf der anderen Seite ließ Ralf Kellermann sein Team vor Torhüterin Almuth Schult in einer asymmetrischen 4-2-3-1-Formation mit engem offensiven Mittelfeldband (zwei Achter, ein Flügel) auflaufen, die sich je nach Positionierung von Rechtsverteidigerin Anna Blässe zum 3-3-3-1 wandeln konnte. Isabel Kerschowski schob dann gegen den Ball zurück, um Babett Peter und Nilla Fischer zur Dreierkette zu ergänzen. In Ermangelung an Frankfurter Angriffen war dies jedoch selten der Fall.
Élise Bussaglia agierte davor als balancegebende Sechserin neben der raumgreifenden Vanessa Bernauer, die immer wieder Vorstöße durchs zweite Drittel machte oder herauskippte, um mit Blässe und/oder Ramona Bachmann auf der Acht situativ zu rochieren. Die zweite Acht besetzte Lena Goeßling, die weiter vorn (statt auf der Sechs) spielmachende Aufgaben übernehmen konnte, während Bussaglia und Bernauer für die defensive Absicherung und die Ballverteilung sorgten. Im Sturm beschäftigte Zsanett Jakabfi die Frankfurter Innenverteidigung, besetzte aber auch die Außenbahn wie vor dem 0:1, als ihre Flanke zwar keine Mitspielerin, aber in Kuznik dennoch eine Abnehmerin fand. Lara Dickenmann, die auf der linken Außenbahn startete, aber phasenweise auch auf der gegenüberliegenden Seite spielte, hatte kaum Anbindung ans Spiel, stand aber stets als zusätzliche Spielerin zur Verfügung für Anspiele und Herstellung von Überzahlen im letzten Drittel. Zudem konnte die Verteidigung weniger intensiv zur Ballseite verschieben, wenn die Schweizerin ballfern an der Auslinie für Breite sorgte.
Während Wolfsburg munter das Spiel machte, fand Frankfurt 45 Minuten lang überhaupt keinen Zugriff. Ein Pressing war kaum auszumachen und wenn Islacker Wolfsburgs Spielaufbau anlief, rückten Ōgimi und Groenen nur sehr zögerlich nach — wenn überhaupt. Wolfsburg dominierte das Mittelfeld, Frankfurt und besonders Sophie Schmidt durften an der Partie kaum teilnehmen. Wolfsburg presste dagegen mit Jakabfi auf die ballnahe Innenverteidigerin, die zwei Achterinnen stellten Schmidt und die jeweilige Außenverteidigerin zu und der VfL verschob insgesamt stark ballorientiert, um sofort mit zwei oder drei Leuten an der Frankfurter Ballführenden dran zu sein. So vergingen mehr als 20 Minuten, bis Frankfurt den ersten sehenswerten, kombinativen Angriff vortrug. Ex-Wolfsburgerin Ōgimi war trotz Schwächen im Abschluss noch die umtriebigste Frankfurterin auf dem Platz.
🇦️🇫️🇧️🇱️ It actually was a nice finish but… it’s the wrong goal. #FFCWOB #AFBL pic.twitter.com/dnl7IJ4TsS
— Womens Football Comp (@Jigsawwill) 11. Oktober 2015
Bei Wolfsburg taten sich besonders Blässe, Bernauer und Bachmann hervor. Auch Goeßling zeigte ein paar sehenswerte Aktionen und schoss in der 35. Minute, gerade, als sich Frankfurt ein bisschen aus der eigenen Hälfte herauswagte, ein wunderschönes Tor aus der Distanz. Die raumgreifende Präsenz Bernauers wurde bereits angesprochen. Teilweise schien es, als bräuchte es Bussaglia neben ihr gar nicht, wenngleich sich die Französin in der zweiten Halbzeit als souveräne Spielberuhigerin hervortat. Ramona Bachmann konnte der Partie schon viel erkennbarer ihren Stempel aufdrücken, als das noch vor wenigen Wochen kurz nach ihrem Wechsel zum VfL in München der Fall war. Auch sie hatte einen großen Aktionsradius mit vielen Vertikal- und Diagonalwegen durch die Halbräume und ein paar ausgezeichneten Torabschlüssen aus der Distanz. Anna Blässe glänzte wiederum durch ihre blitzschnelle und clevere Entscheidungsfindung — auch in Engen und unter Gegnerdruck. Ihre Täuschungen mit Ball schienen meist gar nicht als Täuschungsversuch geplant, sondern mitten in der Bewegung schien sie einfach eine Neubewertung der Spielsituation vorzunehmen und sich umzuentscheiden, wenn sich eine nun noch bessere Option ergab. Zudem attackierte sie mit vielen Diagonalläufen offene Räume und bespielte den Gegner, so dass Wolfsburg viel Dynamik aufnehmen konnte. Auch der vorvorletzte Pass vor dem 1:0 kam von ihr. Obwohl sie sich eigentlich an der Seitenlinie isoliert hatte, folgte ein Ball ins letzte Drittel statt zurück zu Schult.
🇦️🇫️🇧️🇱️ Everything about this goal from @Lena0803Lena is just fantastic. #FFCWOB #AFBL pic.twitter.com/dmvwYoVgpL
— Womens Football Comp (@Jigsawwill) 11. Oktober 2015
Frankfurt reagiert zur zweiten Halbzeit
Da die Gastgeberinnen mit ihrer 4-1-Staffelung gegen das starke Wolfsburger Mittelfeld überhaupt keine Präsenz entfalten konnten, stellte Colin Bell zur zweiten Halbzeit um und schien auch ein paar deutliche Worte in der Kabine gefunden zu haben. (Zer-)Störzel war ja schon vor der Pause für Schmidt gekommen und setzte sich gleich mit ein paar robusten Fouls in Szene. Das ganze Team agierte nun galliger und giftiger. Fortan spielte Frankfurt mit Dreierkette aus Bartusiak, Kuznik und Prießen. Garefrekes rückte von der rechten Außenbahn auf die linke Acht neben Groenen und vor Störzel, dafür schob Ōgimi als zweite Stürmerin neben Islacker. Eine Viertelstunde vor Schluss legte Bell noch eine Schippe drauf, wechselte Linksaußen Crnogorčević aus. Für sie kam Isabelle Linden, die sich auf der Zehn hinter den Spitzen einordnete.
Frankfurt machte nun gehörig Druck, stand wesentlich höher, schaffte es, einige Ballbesitzphasen aneinanderzureihen, Präsenz in der Zentrale zu entfalten und Wolfsburg, wenn auch nicht ganz hinten reinzudrücken, so doch defensiv stark zu beschäftigen. Den unnötig von Kerschowski verursachten Elfmeter nutzte Ōgimi jedoch nicht zum Anschlusstreffer. Zu schwach war er geschossen. Schult hatte sich für die richtige Ecke entschieden und bewies Fingerspitzengefühl bzw. ein Samtpfötchen, so dass sie den Abpraller selbst noch aufsammeln konnte.
Frankfurt fuhr nun in wenigen Minuten mehr Angriffe auf als in der gesamten ersten Halbzeit. Dabei hielten sich die Hessinnen kaum im Mittelfeld auf, sondern agierten mit schnellen langen Pässen in die Spitze, wo sie auf zweite Bälle setzen, wenn sie die Anspiele nicht direkt erreichen konnten. Wolfsburg geriet ein wenig ins Schwimmen, machte durch kluge Entlastungsangriffe jedoch auch klar, dass sie sich das Momentum nicht so einfach entreißen lassen würden. Nach einer gespielten Stunde war die Partie dann weitgehend ausgeglichen. Wolfsburg war nun nicht mehr ganz so dominant, da sich mittlerweile ein Gegner auf den Platz gesellt hatte, der in seiner Schussauswahl jedoch nicht zwingend werden konnte. Die größte Möglichkeit nach einem Freistoß in den Strafraum wurde wegen Fouls von Störzel an Schult abgepfiffen. Die Schlussphase gehörte dann wieder Wolfsburg, das die Zeit geduldig runterspielte. Insgesamt hatte Frankfurt das Match eindeutig durch zu viel Passivität in den ersten 45 Minuten verloren.
Die Bayern führen in der Folge die Tabelle knapp mit 13 Punkten nach fünf Spielen vor Frankfurt mit 12 und Wolfsburg mit 10 Punkten an. Hoffenheim steht mit ebenfalls 10 Punkten auf dem vierten Platz, während Turbine Potsdam mit nur drei Punkten auf dem vorletzten Rang in der Krise steckt. Am Mittwoch steht in der Hermann-Gerland-Kampfbahn das Rückspiel gegen Twente Enschede an, das ebenso wie das Spiel gegen Jena mit 1:1 unentschieden endete. Am kommenden Sonntag empfangen die Roten dann den SC Freiburg in der HGK.