MAINZ, GERMANY - FEBRUARY 01: Thiago Alcantara of Muenchen eludes Jerry St. Juste (L) and Leandro Barreiro of Mainz on his way to score his team's third goal during the Bundesliga match between 1. FSV Mainz 05 and FC Bayern Muenchen at Opel Arena on February 01, 2020 in Mainz, Germany. (Photo by Alex Grimm/Bongarts/Getty Images)

Vorschau: Neuers-Auftakt gegen Mainz

Justin Trenner 02.01.2021

Die kurze Weihnachtspause reichte immerhin aus, um die Liste an verletzten Spielern auszudünnen. Bis auf Tanguy Nianzou (Muskelbündelriss) und Kingsley Coman (Vorsichtsmaßnahme nach der leichten Verletzung gegen Leverkusen) waren alle Profis an Board. Angesichts des anstehenden Programms ist das eine gute Nachricht für Hansi Flick.

Im Januar ist die Belastung noch nicht allzu groß. Sieben Spiele in einem Monat sind vor dem Hintergrund der Minipause und dem Spielplan in den Monaten zuvor zwar viel, aber für den FC Bayern auch keine gänzlich neue Situation. Danach kann es aber Schlag auf Schlag gehen: Klub-Weltmeisterschaft, DFB-Pokal, Champions League, Bundesliga – all diese Wettbewerbe gilt es von Anfang Februar bis Anfang März zu bespielen.

Dann braucht Flick einen breiteren Kader als in der Schlussphase des letzten Kalenderjahres, was aber nicht bedeutet, dass die Bayern im Januar noch Spieler verpflichten müssen. Das erscheint ohnehin unwahrscheinlich. Eher wird mit Joshua Zirkzee noch ein Spieler den Klub verlassen – auf Leihbasis.

Integration der Neuen

Gerade der Januar wird für das Trainerteam eine große Bedeutung einnehmen, weil er die Möglichkeit bietet, die Sommer-Neuzugänge besser in das Team zu integrieren. Schon nach dem Mainz-Spiel folgt eine weitere Woche Trainingszeit. Dann kommt eine englische Woche mit Spielen gegen Gladbach, Kiel und Freiburg. Vor allem das Pokalspiel bietet sich an, um ein wenig zu rotieren und so weitere Fortschritte zu machen. Gegen Augsburg und Schalke ist die Situation dann ähnlich. Zwar finden beide Partien auswärts statt, aber Flick könnte hier zumindest jene Spieler einsetzen, die er im Training nah an der ersten Elf sieht.

Anschließend gibt es wieder eine ganze Woche Trainingszeit, in der zwar die Erholung im Vordergrund stehen wird, sich aber auch wieder die Chance ergibt, Spieler zu integrieren, die vor der Weihnachtspause weit weg waren. Dann kommen Hoffenheim, Hertha und die Klub-WM – anschließend wird es kaum noch Gelegenheiten geben, falls die Bayern nicht in irgendeinem Wettbewerb überraschend ausscheiden.

Im Februar wird vielleicht auch der erste Zeitpunkt gekommen sein, an dem man die Neuzugänge des Sommers fairer bewerten kann. Es wird auch dann nicht möglich sein, ein abschließendes Urteil für jeden von ihnen zu fällen, aber insbesondere die Transfers, die ohnehin nur als Lückenfüller geholt wurden (Costa, Choupo-Moting, Sarr), lassen sich dann besser einschätzen.

„Vorwärts zu den Wurzeln“ beim kommenden Gegner

Doch erstmal ist der Jahresauftakt gegen Mainz 05 an der Reihe. Auf dem Papier ein kriselnder Abstiegskandidat, der in einem Heimspiel schnellstmöglich abgespeist werden sollte, um sich dann auf das wichtige Duell mit Gladbach vorzubereiten. Doch wie das gerade in dieser Saison oftmals so ist: Auf dem Papier ist nicht auf dem Platz.

Bei Mainz brachte die Zeit rund um den Jahreswechsel auch einen Orkan namens Christian Heidel mit sich. Der ehemalige Macher der Nullfünfer ist zurückgekehrt – diesmal als Vorstand Strategie, Sport und Kommunikation. Mitgebracht hat er einen neuen Sportdirektor: Martin Schmidt.

Beide kennen den Klub nicht nur bestens, sondern tragen ihn sicht- und spürbar im Herzen. Das allein erzeugte auf der Pressekonferenz eine ungemeine Aufbruchstimmung, mit der die Mainzer nun ins neue Jahr starten wollen. Heidel war sich auch ziemlich schnell sicher, dass es dafür einen neuen Trainer bräuchte und er wollte Jan-Moritz Lichte nicht zu einer Abschiedspackung nach München schicken – zumal ein Erfolg ihm die eigentlich sichere Entscheidung noch erschwert hätte.

„Magische Chance“ für den FSV

Also hat Heidel noch vor der wenig erfolgsversprechenden Auswärtsreise nach München gemeinsam mit Schmidt reagiert, Lichte entlassen und Jan Siewert zum Interimscoach gemacht. Danach soll es wohl Bo Svensson machen – ein weiterer Ex-Angestellter des Klubs.

Sportjournalistin Mara Pfeiffer hat sich auf ihrer Website sehr ausführlich dazu geäußert, die Risiken und Chancen miteinander abgewogen und kommt zu dem Fazit: „Das birgt unendliche Fallhöhen und Risiken, die in den letzten Tagen zurecht hoch und runter besprochen wurden und derer man sich bewusst sein muss. Es birgt aber auch eine magische Chance.“

Wie magisch diese Chance tatsächlich ist, wird sich für den FSV sicher nicht in München offenbaren. Doch der FC Bayern sollte zumindest dahingehend gewarnt sein, dass das zuletzt schwierig gewordene Umfeld beim Gegner eine Art Aufbruchstimmung entwickelt hat. Wozu das führen kann, hat man in den letzten Jahren immer mal wieder in verschiedenen Situationen beobachten können.

Mainz braucht Mut und alte Qualitäten

Mainz hat durchaus die Qualität, auch für den FC Bayern ein unangenehmer Gegner zu sein, wenn auf der einen Seite alles perfekt und auf Seiten der Münchner wenig zusammen läuft. Dafür werden die Mainzer alte Qualitäten wiederentdecken müssen: Neben klassischen Attributen wie Laufbereitschaft und Aggressivität geht es vor allem um taktische Disziplin im Anlaufverhalten, den Mut, Bayern auch mal über die Mittellinie hinaus anzulaufen und Effizienz beim Umschalten.

Heidel hat die Zeit entscheidend begleitet, in der die Mainzer dem großen FC Bayern immer mal wieder ein Bein stellen konnten. Auch Martin Schmidt hat in neun Duellen mit dem Rekordmeister als Trainer immerhin viermal nicht verloren – darunter ein einziger Sieg mit dem FSV Mainz 05.

Es sind momentan viele Strohhalme, die die Mainzer greifen müssen, um sich eine Zukunft vorstellen zu können, die dem von Heidel ausgerufenen Motto „Vorwärts zu den Wurzeln“ entspricht. Dementsprechend ist es die Aufgabe des neuen Vorstands für Strategie, Sport und Kommunikation, den Klub in eben diesen drei Aufgabenbereichen wieder auf Kurs zu bringen.

„Vorwärts zur eigenen Bestform“

Worauf können sich die Bayern also einstellen? Der erst im September zum Junioren-Cheftrainer berufene Siewert wird in so kurzer Zeit nicht den Mainzer Fußball neu erfinden können. Trotzdem fällt eine Analyse schwer. Flick wird sein Team nicht im Detail darauf einstellen können, was der FSV vor hat.

Vorsichtig formuliert ist das in solchen Spielen, wo die individuelle Klasse der Münchner den Gegner um ein Vielfaches überragt, aber nicht die höchste Priorität. Es geht sicher auch darum, die Spieler auf alle Eventualitäten vorzubereiten, doch primär ist es entscheidend, die eigenen Stärken auszuspielen.

Insbesondere im Passspiel gab es im alten Jahr eklatante Probleme, die man so nicht mehr gewohnt war. Die Ursachen waren vielschichtig: mangelndes Positionsspiel, Konzentrationsschwächen, Streuung in der Passschärfe, Formschwächen, Verletzungen. Das Resultat waren zu viele einfache Ballverluste, die jeden Gegner zu Kontersituationen einluden. Gerade mit der Rückkehr von Joshua Kimmich ist aber die Hoffnung verknüpft, dass es besser wird.

Genau deshalb ist das mit dem Papier, auf dem die Packung für den FSV Mainz 05 bereits geschrieben steht, aber so eine Sache. Wenn der FC Bayern es nicht schafft, seine Qualität in ausreichender Form auf den Platz zu bringen, dann wird es gegen jeden Gegner schwer – wie man zuletzt sah. Im Jahr 2021 möchten die Münchner deshalb ebenfalls eine kleine Zeitreise machen. Sicher nicht „Vorwärts zu den Wurzeln“, aber durchaus „Vorwärts zur eigenen Bestform“.