5:1 gegen Benfica: Alles wieder toll!
Niko Kovač soll in der Bayern-Kabine angekündigt haben, noch eine Sache vor seinem Rauswurf machen zu wollen. Die Aufstellung konnte er damit jedenfalls nicht gemeint haben.
Zwar verzichtete er auf Javi Martínez auf der Sechs und brachte dafür Rafinha, der wiederum Kimmich den Weg ins Mittelfeld ermöglichte, doch eine große Überraschung blieb aus. Da die Liste der verletzten Spieler weiterhin ziemlich lang ist, war damit auch nicht wirklich zu rechnen.
Benfica begann im gewohnten 4-4-2, das auf dem Platz sehr flexibel interpretiert wurde. Für die Portugiesen ging es an diesem Abend darum, die letzte Chance auf das Achtelfinale zu wahren. Dementsprechend mutig war auch der Plan des ebenfalls angezählten Rui Vitória.
Falls Ihr es verpasst habt:
Wie so oft in den vergangenen Wochen begannen die Bayern engagiert. Robben hatte nach gut zwei Minuten eine erste kleine Halbchance. Sein Schuss mit rechts landete allerdings im Seitenaus. Einwurf.
Umso besser machte es der Niederländer in der 13. Minute. Von rechts zog er an vier, fünf Gegenspielern vorbei in die Mitte und machte das, was er in seiner Karriere fast schon roboterhaft immer wieder praktizierte: er hängte den Ball in den Winkel des Tores. Für einen kurzen Augenblick war wieder 2013 – 1:0 für die Bayern.
Insgesamt war der Auftritt der Münchner nicht wirklich inspirierter, aber von der Einstellung her passte es. Benfica hatte zudem recht wenig entgegenzusetzen. Robben wusste das zu nutzen und legte in der 30. Minute nach einem Konter das 2:0 nach. Als Lewandowski in der 37. Minute in Folge einer Ecke auf 3:0 erhöhte, schien erstmals seit längerer Zeit wieder ein hoher Sieg drin zu sein.
Doch Benfica sorgte nur wenige Sekunden nach Anpfiff der zweiten Halbzeit dafür, dass dahinter nochmal ein Fragezeichen gesetzt werden musste. Gedson Fernandes erzielte fast frei vor Neuer das 3:1. Den Bayern gelang es allerdings, schnell zu antworten. Lewandowski köpfte erneut nach einer Ecke zum 4:1 ein (50.).
Das Spiel war in der Folge durch. Bayern nutzte die Endphase der Partie, um Selbstvertrauen zu tanken und dem eigenen Spiel wieder mehr Sicherheit zu verleihen. Viele Chancen kamen dabei nicht mehr rum, doch Benfica wurde souverän vom eigenen Tor ferngehalten.
Und so kam es, dass selbst Ribéry mal wieder ein Tor erzielte. Der Franzose traf in der 76. Minute zum 5:1. Es war das einzige Bayern-Tor, das aus einer Kombination nach Ballbesitz heraus erzielt wurde und zugleich der Schlusspunkt einer ordentlichen Partie.
Dinge, die auffielen:
1. Wille ohne große Inspiration
Es war einer dieser Abende, an denen der FC Bayern München von Anfang an keinerlei Zweifel daran ließ, wer am Ende die Arena als Sieger verlassen würde und dies bis zur endgültigen Entscheidung durchhielt. Die Marschroute war bereits in den ersten Minuten klar zu erkennen: weniger Risiko. Kovač setzte auf eine Doppelsechs aus Kimmich und Goretzka. In einigen Spielphasen standen beide ziemlich tief. Kimmich löste die Aufgabe als Sechser jedoch intelligenter als zuletzt Javi Martínez. Er ließ sich nur selten zwischen die Innenverteidiger fallen und half so, den Spielaufbau zu stärken.
Und doch fehlte vorn sehr oft die entscheidende Idee. Die ersten drei Tore fielen durch ein sensationelles Robben-Tor, einen Konter und eine Ecke. Auch das vierte Tor resultierte aus einem Eckball. Immerhin war es dann das fünfte Tor durch Ribéry, das aus einer Ballbesitzphase heraus erzielt wurde. Durch die offensichtliche Vorgabe, weniger Konter zu ermöglichen, indem das Risiko minimiert wird, fehlte es vorne meist an Überzahlsituationen. Das war nicht zuletzt daran zu erkennen, dass aus dem Mittelfeld nicht wirklich nachgeschoben wurde, um vorne Druck zu erzeugen. Dass in der aktuellen Situation nicht ins letzte Risiko gegangen wird, ist nachvollziehbar. Doch wirklich inspirierend war der Auftritt des FCB erneut nicht und das muss auch bei einem Kantersieg angemerkt werden.
2. Benfica nicht auf Champions-League-Niveau
Ein bisschen Glück für den FC Bayern war es, dass sich der Gegner in einer ähnlichen Situation befindet. Die Mannschaft von Rui Vitória wirkte ideenlos, kraftlos und lustlos, kam nicht in die Zweikämpfe und zeigte insgesamt eine Leistung, die es den Bayern einfacher machte.
Selbst Düsseldorf verlangte den Münchnern am Wochenende mehr ab, weil sie mit höherer Aggressivität und mehr Mut agierten. Vielleicht war Benfica deshalb der Gegner, den die Bayern in ihrer aktuellen Lage gebraucht haben. Benfica fehlte die Gegenwehr nämlich so sehr, dass man ihnen fast den freigewordenen Platz auf der Ehrentribüne hätte anbieten können.
3. Robben dreht die Zeit zurück
So schwach Benfica auch war, so schön war das Gefühl, dass Arjen Robben die Zeit um einige Jahre zurückdrehte. Seine Dribblings, sein Wille, seine Mentalität und seine Tore erinnerten stark an seine besten Zeiten. Natürlich muss er diese Qualitäten erst wieder konstant nachweisen, aber es besteht die Hoffnung, dass es tatsächlich die fehlende Frische war, die seine Leistungen in der jüngeren Vergangenheit rechtfertigte.
Gegen Benfica machte er jedenfalls ein tolles Spiel. Diesen Robben kann der FC Bayern in dieser Spielzeit gut gebrauchen. Nicht nur deshalb, weil er wichtige Tore schießt und sportlich wertvoll sein kann. Vor allem deshalb, weil er voran ging und ein wichtiges Signal an seine Mitspieler sendete. Vielleicht sollte Miasanrot aber auch einfach häufiger Spieler des FC Bayern interviewen. Wir hätten da schon ein paar Ideen …
4. Alles wieder toll!
Der FC Bayern gewinnt souverän und deutlich? Dann ist ja alles wieder gut. Breitner darf wieder auf die Ehrentribüne, Kovač wird freudestrahlend verkünden, dass er hochzufrieden ist und mit Robben wird direkt um ein Jahr verlängert. Auf der Jahreshauptversammlung wird man sich die Hände schütteln und gegenseitig beglückwünschen, dass die schwerste Phase des Umbruchs nun geschafft ist.
So ist es natürlich nicht. Auch gegen ein schwaches Benfica konnte man sehen, wo die taktischen Probleme liegen. Sollte Kovač weiterhin Trainer der Münchner bleiben, so darf dieser Sieg höchstens als erster kleiner Schritt verstanden werden. Die Einstellung war in den letzten Wochen nicht das Hauptproblem. Es ist die fehlende Idee, wie man Tore aus Ballbesitzphasen erzielen möchte. Fehlpässe, wenig Tiefe und Unterzahlsituationen waren auch an diesem Abend zu beobachten. Nur wurden diese Fehler diesmal nicht ausgenutzt.
Es bleibt deshalb zu hoffen, dass Hoeneß sein Versprechen einer Analyse nach dem Benfica-Spiel einlöst und alles hinterfragt wird. So schön das Gefühl ist, dass der FC Bayern endlich mal wieder einen souveränen Sieg einfahren konnte, so wichtig ist es, sich davon nicht blenden zu lassen. Dafür waren die Fortschritte an diesem Abend erneut viel zu gering. Immerhin bleibt für die Mannschaft das Gefühl, mal wieder ein Spiel von der ersten bis zur letzten Minute kontrolliert zu haben. Es war der hohe Sieg, den Robben sich bei uns im Interview wünschte. Doch ob das tatsächlich reicht, um einen Knoten platzen zu lassen, zeigt sich höchstwahrscheinlich schon in Bremen. Skepsis ist auch nach einem 5:1 erlaubt.
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