Bayern belohnt starke Augsburger
Vor dem Spiel wusste Trainer Niko Kovač zu überraschen. Vor heimischem Publikum verzichtete der Kroate auf einen gelernten Linksverteidiger, was zu einiger Verwirrung führte.
Von Gnabry oder Sanches als Außenverteidiger bis zur Dreierkette wurden alle Varianten diskutiert. Letztendlich war es aber Leon Goretzka, der auf der linken Außenbahn begann. Im Sturm ersetzte Wagner den bisher treffsicheren Lewandowski und auch Sanches sammelte seinen nächsten Einsatz von Beginn an.
Bei den Augsburgern hatte sich Trainer Baum nach den wiederholten Patzern von Stammtorwart Giefer für die eigentliche Nummer 2 Luthe entschieden. Der Ex-Münchner Felix Götze saß wie häufiger zuletzt nur auf der Bank. Ansonsten setzte Augsburg auf ein flexibles 5-2-3-System, das bei hohem Pressing zum 3-4-1-2 wurde.
Der Auftakt war direkt munter. Augsburg störte die Münchner früh und erarbeitete sich so in der Anfangsphase die erste gute Chance. Caiuby scheiterte aus spitzem Winkel aber an Neuer, statt den freien Hahn auf der anderen Seite zu sehen.
Nur eine Minute später trafen die Bayern mit einem abgefälschten Schuss den Pfosten. Im Anschluss verflachte die Partie merklich, da die zusammengewürfelte Münchner Mannschaft gegen das aggressive Pressing der Fuggerstädter nicht zum kontrollierten Spielaufbau kam. Aus dem Gegenpressing kam Sanches nach einer Viertelstunde nach sehenswertem Tempodribbling immerhin mal zu einem Abschluss.
Nach einer halben Stunde zog sich Augsburg etwa zehn Meter weiter zurück und direkt kam Bayern zu einigen Halbchancen. Gerade Sanches erarbeitete sich einige Abschlüsse.
Durch einen Fehlpass von Framberger kam dann aber Wagner aus dem Nichts zur größten Chance des Spiels. Der Nationalstürmer scheiterte jedoch an Luthe. Nur wenig später war es Gnabry, der am Ersatzmann verzweifelte.
Mit 0:0 wurden die Seiten gewechselt. Kovac brachte in Alaba den angestammten Linksverteidiger für den nicht überzeugenden Goretzka.
Direkt nach der Pause erzielte Robben dann das 1:0 für die Hausherren. Gnabry wurde lang geschickt und der Neuzugang setzte sich stark gegen zwei Augsburger durch. Danach behielt der Nationalspieler die Übersicht und legte quer auf den mitgelaufenen Robben. Der Niederländer blieb locker und schloss klassisch mit links ab.
Etwas überraschend nahm Kovac bereits nach einer knappen Stunde den überaus aktiven Gnabry vom Feld und brachte den Routinier Ribéry.
Im Anschluss versuchten die Münchner, die Führung auszubauen. Doch es ergaben sich bis auf weiteres keine zwingenden Chancen. Pünktlich zur Schlussviertelstunde war auch für Wagner Feierabend. Der Stürmer wurde jedoch nicht positionsgetreu durch Lewandowski, sondern durch Thiago ersetzt.
Die Partie plätscherte auf das Ende zu, als der Ball plötzlich im Netz zappelte. Nach einem Durchstecker von Müller hat Ribéry das vermeintliche 2:0 erzielt, doch der Assistent an der Linie hob spät die Fahne und das Tor wurde aufgrund einer Abseitsstellung zurecht zurückgenommen.
Kurz später lag der Ball auch im Tor der Münchner und trotz missverständlicher Signale des Referees zählte der Treffer. Nach einer Ecke griff Neuer am Ball vorbei und nach einigem Hin-und-Her drückte ausgerechnet der ehemalige Münchner Felix Götze den Ball zum Ausgleich über die Linie.
Auch die hektischen Bemühungen der Roten in den Schlussminuten führten nicht zum zweiten Treffer und somit musste der Rekordmeister erstmals Punkte abgeben. Schlussendlich war es wieder einmal vor allem die mangelnde Chancenverwertung an der das Unentschieden fest zu machen ist. Die Bayern konnten das Spiel trotz Möglichkeiten nicht entscheiden und verloren in den letzten Minuten an Spannung.
Bereits am Freitag spielt der Tabellenführer dann in Berlin. Die Hertha hatte am frühen Abend an der Weser ihre erste Saisonniederlage in Kauf nehmen müssen. Doch dort wird es einen anderen FC Bayern brauchen, um plötzliche Unruhe zu vermeiden.
Dinge, die auffielen
1. Kovač weiß zu überraschen
Wer soll Alaba ersetzen, wenn er eine Pause braucht oder verletzt ist?
Eine Frage, die wir auch hier im Blog bereits häufiger gestellt haben. Niko Kovač fand am Dienstag gegen Augsburg eine überraschende Antwort. Aus dem reinen Personal war noch nicht auf die Lösung zu schließen, doch sobald die Partie angepfiffen war, wurde klar, dass Goretzka an diesem Abend den linken Part in der Viererkette übernehmen sollte.
Der Neuzugang aus Gelsenkirchen hatte in seiner bisherigen Profikarriere diese Rolle selten bekleidet – zuletzt im Supercup gegen Frankfurt. Auf dem Rasen zeigte er dementsprechend, dass er noch etwas mit der neuen Position fremdelte.
Die Entscheidung ist von Kovač wohl auch weniger als Fingerzeig in Richtung Zukunft zu verstehen, sondern eher als der seiner Meinung nach bester Kompromiss, um Alaba eine wohlverdiente Pause zu verschaffen.
Eine weitere Alternative wäre der vermeintlich aufgrund seiner Anlagen besser geeignete Sanches gewesen. Allerdings wollte Kovač den jungen Portugiesen, der zuletzt starke Spiele in der Zentrale gemacht hatte, wohl nicht erneut in eine neue Position zwängen. Eine verständliche Entscheidung, die sich wohl auch in der Vorbereitung gefestigt hatte.
Zur Halbzeit korrigierte Kovač und erlöste Goretzka, der trotz Schwierigkeiten keine schlechte Leistung zeigte. Dass Alaba schon zur Pause kam, war ein Eingeständnis des Trainers, das zeigt, dass er durchaus in der Lage ist auf Spielsituationen zu reagieren. Reagieren sollte aber vielleicht auch der FC Bayern auf dem Transfermarkt im Winter.
2. Ohne Staffelung kein Spielaufbau
In der ersten halben Stunde zeigte Bayern längst vergessen gehoffte Züge. Es mag auch der großen Rotation geschuldet sein, doch die Staffelung im Mittelfeld ließ zu wünschen übrig.
Allzu oft wurde der Ball einfach nur in der Viererkette von links nach rechts geschoben, wobei die Augsburger bereits störend eingriffen. Martínez verpasste es hier aus dem Deckungsschatten zu treten und sich als zusätzliche Anspielstation anzubieten.
Nach Martínez war der Abstand zur Sturmreihe dann deutlich zu groß. Sanches verpasste es, die notwendigen Wege zurück zu gehen, um sich den Ball in tieferen Zonen abzuholen, wenn ihn die Bälle vorne nicht erreichten. Müller und Robben verharrten wiederum zu lange auf der rechten Seite und waren so aus dem Spiel.
Dadurch waren Verbindungen nach vorne nur selten gegeben und nur durch Einzelaktionen wie schnelle Dribblings durch zum Beispiel Kimmich wurde der Ball durch die Zonen bewegt. Goretzka und auch Kimmich wurden zudem durch das Anlaufen der Augsburger als Anspielstation für die Viererkette benötigt und konnten nicht hochschieben, um als Verbindungsspieler zu fungieren.
3. Im Express mit Sanches und Gnabry
Das statische Spiel der Münchner in Halbzeit Eins wurde nur durch gelegentliche Tempovorstöße durch die beiden jüngsten in Bayerns Startelf durchbrochen. Sowohl der aus Hoffenheim gekommene Gnabry als auch Rückkehrer Sanches wussten hier zu überzeugen.
Kam einer der Beiden an den Ball, wurde der Ball schnell und mit relativ enger Führung in Richtung gegnerisches Tor getragen. Gerade die Tempodribblings von Sanches weckten hier Erinnerungen an seine großen Tage bei der Europameisterschaft. Wie damals konnten ihn auch mehrere Gegenspieler auf seinem Weg zum Tor nicht stoppen. Eine Art rollender D-Zug, der die gegnerische Verteidigungslinie immer wieder überrollte. Schade nur, dass er sich mangels guter Chancenverwertung nicht selbst belohnte.
Bei dem gebürtigen Stuttgarter Gnabry ist vor allem sein dauerhafter Zug zum Tor erwähnenswert. Wie bereits letzte Saison im Kraichgau konnte er durch kurze Sprints mit Ball die Lücken der Abwehr penetrieren und durch einen schnellen Abschluss den Torwart überraschen. Dieser Ansatz bringt deutlich mehr Vertikalität ins Spiel der Münchner. Gerade Ribéry fehlt es derzeit an der nötigen Durchschlagskraft. Gnabry sucht deutlich häufiger den Abschluss, hat aber auch hin und wieder das Auge für den Mitspieler – wie beim Führungstreffer durch Arjen Robben.
Beiden Youngster würde in gewissen Situationen trotzdem noch helfen, einen prüfenden Blick nach links und rechts zu tätigen, um mitgelaufene Mitspieler noch häufiger zu finden. Doch diese Qualität kann sich auch noch mit der Zeit entwickeln. Die Anlagen wie Spritzigkeit und Durchsetzungsvermögen sind hier viel wichtiger.
4. Kovač zockt und verliert
Es war ein mutiger Ansatz, den Kovač für das Spiel unter der Woche wagte. Doch wann, wenn nicht in so einem Spiel wie diesem? Daheim, gegen eine Mannschaft aus dem Tabellenmittelfeld und zwischen den beiden klangvollen Begegnungen auf Schalke und in Berlin.
Wohl bewusst war der Kroate das Risiko gegangen, Goretzka auf die ungewohnte Position links hinten zu stellen. Ebenso bewusst gab der ehemalige Nationaltrainer Wagner den Vorzug vor Lewandowski. Wohlwissend, dass dieser sicher etwas Eingewöhnungszeit benötigen würde. Und beim Stande von 1:0 war ihm auch bewusst, dass Thiago reinzunehmen sicherlich nicht zwingend mehr Torgefahr produziert.
Dennoch sind alle diese Entscheidungen von Kovač vor dem Hintergrund der Belastungssteuerung und der Laune des Kaders vertretbar. Bei einem Sieg bekäme der Neutrainer Lob für seine gelungene Rotation.
Nun steht der erste Punktverlust für Kovač als Bayern-Trainer – ein extrem unnötiger noch dazu. Die schwache Chancenverwertung verwehrte es dem Team, früher den Sack zuzumachen. Gegen die unbequemen Augsburger darf man zudem in den späten Minuten der Partie nicht abschalten, wie Süle im Post-Game-Interview zu Recht anmerkte.
Das Spiel heute gilt hoffentlich als Schuss vor den Bug für das Team. Trainer Kovač sollte dennoch nicht die falschen Lehren aus der Partie ziehen und seinen Mut zur Rotation beibehalten. Ansonsten birgt der aktuelle Kader, trotz seiner Dünne, ein gewisses Konfliktpotential.