VfB Stuttgart – FC Bayern München 0:2 (0:1)
Falls Ihr es verpasst habt
Guardiola verzichtete auf große Überraschungen. Gerüchte über ein Comeback von Badstuber oder einen Bankplatz für Xabi Alonso bestätigten sich nicht. Dante rückte für den gesperrten Boateng in die Startelf. Müller saß zunächst auf der Bank.
Auf der Gegenseite verzichtete Stevens etwas überraschend auf konterstarke Offensivspieler wie Harnik und Werner. Er setzte dafür auf Ibisevic im Sturmzentrum und eine auch individuell extrem defensiv ausgerichtete Elf.
Bayern begann mit einer Viererkette, auch wenn die defensive Ausrichtung der Stuttgarter dafür sorgte, dass Weiser und Bernat als nominelle Außenverteidiger häufig weit vorn zu finden waren. Alaba sollte Schweinsteiger und Alonso als dritter zentraler Mittelfeldspieler ergänzen, kippte im Spielaufbau aber häufiger auf die linke Verteidiger-Position ab. Es entwickelte sich zunächst ein extrem chancenarmes Spiel in dem Sakai nach einem Konter die größte und eigentlich einzige Möglichkeit in den ersten 35 Minuten liegen ließ. Bayern war stark auf Stabilität bedacht, ging kaum ins Risiko und kam selten konstruktiv in die Nähe des Strafraums. Ein Geistesblitz von Weiser, der mit einem klugen Außenristpass Robben freispielte und der anschließende Schrägschuss des einmal mehr spielentscheidenden Robben sorgten für das zu diesem Zeitpunkt durchaus glückliche 1:0 aus Sicht der Münchner (41.).
In der Pause reagierte Guardiola und brachte Müller für Weiser und stellte gleichbedeutend auf eine Dreierkette mit Alaba als linkem Halbverteidiger um. Alonso und Schweinsteiger agierten nun als klassische Doppelsechs. Der Österreicher war es dann, der mit einem sehenswerten Freistoß für die Entscheidung sorgte. Sein 25 Meter-Schuss schlug unhaltbar im Winkel ein (50.) und nahm endgültig das Tempo aus der Partie. Die Münchner verwalteten in der Folge klug und ließen nichts mehr zu. Am Ende stand ein verdienter erster Pflichtspielsieg im Jahr 2015.
3 Dinge, die auffielen:
1. Guardiola sucht die Balance
Der 2:0-Erfolg sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der FC Bayern in der ersten Hälfte die wohl schlechteste Offensivleistung der laufenden Saison zeigte. In manchen Phasen der ersten 45 Minuten erinnerte der Tabellenführer an die schwächeren Momente unter Louis van Gaal, als hohe Positionstreue gepaart mit fehlender individueller Kreativität häufiger zu hohem, aber unansehnlichem Ballbesitz ohne echte Torgefahr führte. Stuttgart machte es gewiss nicht schlecht und stand defensiv in einer Art 5-3-2 mit hoher Zentrumsorientierung sehr kompakt. Guardiolas eher vorsichtige Ausrichtung mit Viererkette in Kombination mit dem sehr zurückhaltend ausgerichteten Mittelfeld-Trio Schweinsteiger, Alonso und Alaba machte es den Schwaben aber auch leicht.
Bayern startete viele Angriffe 30-40 Meter vor dem eigenen Tor, schob die Außenverteidiger Bernat und Weiser weit nach vorn und versuchte dann über die drei zentralen Mittelfeldspieler die Passzirkulation in gefährliche Räume zu lenken. Wohl auf Grund der Sorge vor gefährlichen VfB-Kontern spielte das Trio dabei häufig kaum gestaffelt, sondern eher nebeneinander auf einer Linie oder nur leicht versetzt. Der Übergang in die 8er- und 10er-Räume gelang dadurch so gut wie nie, was wiederum dazu führte, dass sich Robben und Götze immer wieder weit fallen ließen und viele Bälle in der Nähe der Mittellinie mit dem Rücken zum Stuttgarter Tor und unter hohem Druck verarbeiten mussten. Gerade einmal drei erfolgreiche Pässe spielte der Tabellenführer in den ersten 45 Minuten in den Stuttgarter Strafraum. Einer davon führte glücklicherweise zum Tor.
Das Problem gegen tiefstehende Gegner ist nicht neu. In der Vergangenheit hatte Guardiola die stark einkippenden Außenverteidiger, das Auflösen des zweiten 6ers neben Alonso (4-1-4-1/4-1-3-2) oder in aller Konsequenz auch die Dreierkette eingeführt, um zusätzliche Spieler in den 8er- und 10er-Räumen zu positionieren. Auch gegen Stuttgart probierten es Bernat und Weiser in der ersten Hälfte immer mal wieder mit dem Einkippen. Wirklich eingespielt wirkte das aber nicht.
Die erste Halbzeit war so auch ein Beleg dafür, wie sehr der komplizierte Rückrundenstart auch Guardiola nachdenklich gemacht hat. Er ist auf der Suche nach der Balance zwischen defensiver Stabilität und Konterabsicherung auf der einen, sowie Kreativität und optimaler offensiver Raumverteilung auf der anderen Seite. Mit Robbens Treffer im Rücken entschied sich Guardiola zur Pause für eine Umstellung auf Dreierkette und eine stärkere Staffelung (1-2 oder 2-1 mit Götze als zentralem Spieler vor der Doppelsechs) im Zentrum. Ein Offensivfeuerwerk leitete zwar auch das nicht ein, doch die Passstaffetten und Laufwege wirkten nun schon deutlich flüssiger und intuitiver als noch in der extrem schwachen ersten Hälfte. Auch die defensive Zweikampfführung verbesserte sich. Am Ende gewannen Alonso (14) und Schweinsteiger (11) die meisten Zweikämpfe aller Münchner. Eine positive Randnotiz. Guardiola hat hier weiter Arbeit vor sich, um gerade das neu formierte zentrale Mittelfeld ideal auszutarieren.
Die entscheidende Frage ist hier übrigens nicht unbedingt, ob Alonso und Schweinsteiger zusammen spielen können, sondern wie die ideale Ergänzung aussieht. Alaba als unterstützender zentraler Mittelfeldspieler war es zumindest in den ersten 45 Minuten gegen Stuttgart nicht.
2. Lewandowski fehlt die Bindung
Guardiola schreckte zum Rückrundenstart trotz der Verletzung von Franck Ribéry nicht davor zurück auf den Offensivpositionen zu rotieren. Zum Start gegen Wolfsburg saß Götze draußen, gegen Schalke erwischte es Lewandowski und am Samstag dann Thomas Müller. Auch wenn der Großteil der Offensivprobleme nicht allein bei den Offensivspielern, sondern wie im Punkt zuvor beschrieben, auch in der Angriffsinitiation zu suchen ist, müssen aktuell alle drei, um ihren Platz in der Mannschaft kämpfen. Vor allem Lewandowski scheint dabei zur Zeit in einer Sinnkrise zu stecken.
Die 28 Ballkontakte von Lewandowski erinnerten ein wenig an die Zeiten von Roy Makaay und Mario Gomez. 70 Prozent Passquote, 23 Prozent gewonnene Zweikämpfe und eher durchschnittliche Laufstatistiken sind Beleg einer schwächeren Leistung des Polen. In seiner auffälligsten Szene scheiterte er nach schöner Kombination freistehend vor Ulreich (82.). Guardiola muss Wege finden seinen 9er stärker ins Kombinationsspiel einzubeziehen. Es wurde hier oft beschrieben, wie sehr sich seine Rolle im Vergleich zu seiner Zeit in Dortmund verändert hat. Das Spiel an der Strafraumgrenze mit zwei Verteidigern und dem Tor im Rücken ist nicht unbedingt seins. Räume, in denen er seine fußballerischen Qualitäten ausspielen kann, gibt es dort kaum. Von den vielen Rotationen und Positionswechseln, die den FC Bayern und auch Lewandowski in der Hinrunde auszeichneten, ist aktuell wenig zu sehen.
Vielleicht liegt die Lösung aber durchaus näher als viele glauben. Vor der zweiten Halbzeit in Stuttgart standen Götze, Robben, Lewandowski und Müller in dieser Rückrunde noch keine einzige Minute gemeinsam auf dem Platz. Nach Müllers Einwechslung wurde zumindest in Ansätzen deutlich, dass alle vier von den zusätzlichen Pass-, Spiel- und Rotationsmöglichkeiten profitierten. Auch Lewandwoski könnte die zusätzliche Unterstützung durch einen weiteren Offensivspieler in den kommenden Wochen helfen. Falls Guardiola allerdings weiter einen der vier von der Bank bringen will, ist Lewandowski nach dem Spiel gegen Stuttgart wohl der wahrscheinlichste Kandidat für eine Joker-Rolle im Spiel gegen den HSV.
3. Stabile Defensivleistung ohne Boateng
Nach viel Kritik am Münchner Offensivspiel in den zwei Punkten zuvor, soll an dieser Stelle auch auf die sehr solide Defensivleistung der Guardiola-Elf hingewiesen werden. Ohne den gesperrten Boateng bekam Dante erneut das Vertrauen seines Trainers und rechtfertigte es mit einer guten Leistung. Fast 70 Prozent seiner Zweikämpfe gewann der Brasilianer, spielte zudem die meisten Pässe (106) und glänzte mit einer Passquote von 95 Prozent. Nebenmann Benatia war zwar nicht so auffällig wie zuletzt gegen Schalke, machte seine Sache aber erneut kompromisslos und gut. Allein das ein oder andere unnötige Foul muss der Marokkaner noch abstellen. Zum ersten Mal in der Rückrunde blieb der Rekordmeister ohne Gegentor und leistete sich über 90 Minuten nur bei Sakais Schlenzer an den Außenpfosten eine echte defensive Schwäche.
Stuttgarts schwaches Offensive ist sicher kein Maßstab, trotzdem war es wichtig, dass die Münchner über die volle Distanz eine hohe Aufmerksamkeit behielten und sich so auch zusätzliches Selbstvertrauen holten. Es zeichnet sich ab, dass Holger Badstuber im Rahmen der Boateng-Sperre seine ersten Einsatzminuten nach der erneuten Verletzung bekommt. Der Kampf um die zwei bzw. drei Innenverteidiger-Plätze in der Abwehr nimmt somit zusätzlich Fahrt auf.
VfB Stuttgart – FC Bayern 0:2 (0:1) | |
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VfB Stuttgart | Ulreich – Schwaab (46. Harnik), Baumgartl, Niedermeier, Hlousek (72. Kostic)- Oriol Romeu (58. Maxim) – Sakai, Klein, Gentner, Leitner – Ibisevic |
Bank | Kirschbaum, Haggui, Sararer, Werner |
FC Bayern | Neuer – Weiser (46. Müller), Benatia, Dante, Bernat – Alonso – Alaba, Götze, Schweinsteiger, Robben (88. Rode) – Lewandowski |
Bank | Reina, Badstuber, Gaudino, Kurt, Pizarro |
Tore | 0:1 (41.) Robben, 0:2 (50.) Alaba |
Karten | Gelb: Romeu / Benatia |
Zuschauer | 60.000 (ausverkauft) |
Schiedsrichter | Florian Meyer (Burgdorf) |