Mission Titelverteidigung – Zwischenstopp Arsenal? Eine Analyse

Christopher Trenner 16.02.2014

Wo liegen aber die Stärken und Schwächen des Clubs aus London? Schließlich waren sie in der letzten Saison am nächsten dran den späteren Sieger aus dem Wettbewerb zu werfen.

Die Stärken

Ganz klar das Kombinationsspiel. Mit Mesut Özil weht erneut der Geist der frühen 00er Jahre durchs Ashburton Grove. Wenger hat seine taktische Grundformation eigentlich immer beibehalten – ein 4-5-1 / 4-2-3-1 System sieht man immer wieder, was allerdings gerade in der Spitze höchst variabel ist. Im Topspiel gegen Manchester City war es ein 4-4-1-1 System. De facto sieht man also immer eine Spitze – der Rest dahinter gestaltet sich je nach Aufstellung und Gegner variabel. So sieht man immer viele Rochaden und Überlagerungen einer Angriffseite, was im Idealfall in traumhaften Kombinationen endet. Vor allem mit Mesut Özil als Assist- bzw. Pre-Assistgeber. Gegenwärtig bereitete er ⅕ aller Arsenal Tore direkt vor, aber auch durch viele Vor-Vorlagen erzeugt Özil Gefahr. In gewisser Weise sind sie daher offensiv schwer aussrechenbar, auch weil sie Offensiv über schnelle Spieler verfügen: Walcott, Gnarby oder Oxlade-Chamberlain, um nur einige Namen zu nennen. Aktuell haben bereits 14 Spieler mindestens ein Saisontor in der Premier League erzielt – ein Grund, warum man lange Zeit die Tabelle anführte und auch in der Champions League auf Kurs “Gruppensieg” war. Toptorjäger ist aber Olivier Giroud mit 10 Toren und 6 Vorlagen in 24 Ligaspielen. Weiterhin sollte man Santi Carzola im Auge behalten – gerade im Januar war er einer der Schlüsselspieler bei den Gunners.

In der Premier League steht Arsenal zudem relativ sicher, da ein aggressives Gegenpressing, wie es mittlerweile in der Bundesliga üblich ist, nur selten praktiziert wird. Zudem ist Arsenals Ausrichtung meist recht stabil, da man mit Arteta, Ramsey, Wilshere und Flamini Spieler hat, die es durchaus verstehen einen Zweikampf zu führen. Zudem sind genannte Jungs (bis auf Flamini) gute Box-to-Box-Player. Eine Spielerform, die es eigentlich nur noch in England gibt. Sie erobern meist zentral den Ball, rücken schnell vor und suchen auch mal selbst den Abschluss. Mit 48 Toren in 26 Spielen haben sie aktuell die drittbeste Ausbeute der Liga. Allerdings sind 1,84 Tore/Spiel nicht wirklich viel. Zum Vergleich: City hat aktuell schon 20 Ligatreffer mehr erzielt.

Ein weiterer Pluspunkt ist eigentlich die Abwehr. Mit 26 Gegentoren in 26 Spielen stellt der FC Arsenal die zweitbeste Abwehr der Liga (nur Chelsea steht sicherer). Verantwortlich dafür ist unter anderem das Innenverteidigerpärchen Mertesacker und Koscielny (der angeblich auch schon auf der Bayern-Einkaufsliste war). Standen beide zusammen auf den Platz konnte man lange Zeit drei Punkte einplanen. Erst vor Kurzem kassierten sie ihre erste gemeinsame Niederlage. Dabei überzeugte Mertesacker durch sein Stellungsspiel und Koscielny durch seine Zweikampfwerte. Zudem hat man im Strafraum durch ihre physische Präsenz stets die Kopfballhoheit – auch offensiv, was ein nicht zu unterschätzender Faktor im englischen Fußball ist.

Arsenal in London

Die Schwächen

Die Abwehr – wurde zwar als Stärke genannt, ist zugleich aber auch die größte Schwachstelle. Gelingt es der gegnerischen Mannschaft Tempo aufzunehmen, kommen Mertesacker und Koscielny nicht in die Zweikämpfe. Sie sind schlichtweg zu langsam für den modernen Fußball. Daher ist es wenig verwunderlich, dass es krachende Niederlagen gegen Manchester City (3:6) und jüngst gegen Liverpool (1:5) gab. Liverpool und Manchester City verfügen über schnelle, variable Stürmer – das macht Arsenal zu schaffen. Hinzu kommen die Außenverteidiger, die wohl nicht vollends über die Klasse verfügen. Als Linksverteidiger spielt Wenger mal mit Monreal mal mit Gibbs. Während Gibbs in der englischen Nationalmannschaft keine Rolle spielt, ist immerhin Monreal Ergänzungsspieler in Spanien. Als Rechtsverteidiger ist Sagna gesetzt, mittlerweile hat der 30-Jährige aber deutlich an Antrittsschnelligkeit verloren. Des Weiteren war er nie der große Verteidiger, sondern seine Stärken liegen in der Offensive (1 Tor / 4 Assists). In der Summe kann die Abwehr der Gunners nicht mit den Topvereinen der Champions League mithalten.

Dies liegt aber auch daran, das Arsenal große Probleme hat, wenn es selbst gepresst wird. Die Abwehr ist dann schnell ideenlos, der Spielaufbau viel zu langsam – und beim Ballverlust ist das Defensivspiel schnell eine Katastrophe. Vieles im Aufbauspiel erinnert an den FC Bayern als er die Spiele gegen Borussia Dortmund zwischen 2011-2013 verlor. Zuletzt konnte man dies beim besagten 1:5 gegen Liverpool sehen, aber auch gegen Southampton beim 2:2. Das Pressing führte dazu, dass das Mittelfeld nicht ins Spiel fand – Özil war de facto abgemeldet und die gegnerische Mannschaft konnte durch schnelle Ballgewinne im zentralen Mittelfeld Torchancen kreieren. Lange Bälle als “Kontermittel” zum Pressing, sieht man im Regelfall nicht. So konnte die taktisch modernste(?) Mannschaft Englands – Southampton – dem FC Arsenal durchaus in Schach halten. Nur die eigene Chancenverwertung verhinderte einen klaren Heimsieg.

Ein weiteres Problem des FC Arsenal ist die Bank. Man kann Spieler gegenwärtig nicht 1:1 ersetzen. So wird der Flügelflitzer Walcott und der Defensivallrounder Ramsey gegen den FC Bayern München sicher fehlen. Arsene Wenger kann daher maximal Rosicky und den noch nicht fitten Podolski von der Bank bringen – dahinter fällt man schon deutlich von der ersten Elf ab. Allerdings hat man mit Serge Gnabry – eines der größten deutschen Talente im Kader. Gnarby wird gegenwärtig sogar ein Platz im deutschen WM-Team zugetraut. Das macht sich gerade in den schweren englischen Wochen bemerkbar. So spielte man zuletzt zwei Mal gegen Liverpool (FA Cup, Sonntag 17 Uhr), Manchester Utd. und in der kommenden Woche gegen Bayern München. Ein Kräfteverschleiß ist durchaus anzunehmen. Schonen kann man überdies die Spieler in der Meisterschaft nicht – das Rennen um den Titel ist noch völlig offen. Da werden selbst die Partien zwischen den beiden Champions League Auftritten (Stoke und Swansea) zu einer echten Bewährungsprobe.

Die Torausbeute von Arsenal ist zudem gegen Spitzenklubs ausbaufähig. Gerade gegen die Top-Teams – Chelsea, Manchester City, Liverpool, Everton, Tottenham und Manchester Utd. hat man selten getroffen. Nur acht Tore in acht Spielen. So spielte man bereits gegen fünf der Top 7 der Premier League zu Hause. Dabei gab es drei Mal ein Unentschieden und man holte zwei knappe Siege. Auswärts gab es drei Niederlagen (6:3 Manchester City, 5:1 Liverpool FC und 1:0 Manchester United). Auch in der Champions League hatte man gegen Dortmund und Neapel seine Probleme. Man rettete sich mit Mühe auf einen zweiten Platz.

Ausblick

Letztes Jahr stellte man durch ein klares 3:1 im Emirates Stadium die Weichen für den Einzug ins CL-Viertelfinale. Damals trafen Kroos, Müller und Mandzukic für den FC Bayern. Den zwischenzeitlichen Anschluss besorgte Podolski. Zudem war das Spiel sehr ruppig. Ingesamt acht gelbe Karten musste Schiedsrichter Moen verteilen. Eine rote Karte für Arteta wäre zudem vertretbar gewesen. Im Rückspiel setzte man auf eine bessere B-Elf (unter anderem mit Gustavo und van Buyten) – die zwar 23:5 Torschüsse erspielte, allerdings 0:2 verloren hat. Besonders der Arsenalkeeper Fabianski verhinderte den Torerfolg der Bayern. Somit hätte sich der FC Bayern München beinahe aus der CL verduselt, wie einst 10/11 gegen Inter Mailand als man einen klaren Vorsprung (3:1 in der Addition zur Halbzeit) zu Hause nicht über die Zeit retten konnte.

Gelingt es dem FC Bayern sein druckvolles Pass- und Kombinationsspiel aufzuziehen und zusätzlich ein aggressives Pressing zu spielen, hat man gute Chancen auf ein Weiterkommen in die nächste Runde. Wenn man Arsenal das Spiel machen lässt, kann es gefährlich werden. Zudem sind sie immer für ein Tor gut – sie verfügen über die nötige Qualität. Schmerzlich vermisst wird dabei zumindest im Hinspiel Xherdan Shaqiri und Franck Ribery – ihre Ausfälle gelten als sicher. Ob zumindest Ribery im Rückspiel wieder eingreifen kann, ist gegenwärtig noch völlig offen. Gerade er hätte auf der linken Seite viel Druck ausüben können. Offensiv hat der FC Arsenal mit Özil einen weiteren Pfeil im Köcher – ihn aus dem Spiel zu nehmen wird die größte Aufgabe sein. Zwar befindet sich der deutsche Nationalspieler gegenwärtig im Formtief, aber schon bei Real Madrid hat er gezeigt, dass er dieses schnell überwinden und zu alter Stärke zurückfinden kann. Spannend wird sein, wie der FC Arsenal mit seinem Negativlauf umgeht. Von den letzten vier Spielen in der Liga konnte nur eins gewonnen werden – ein 2:0 Arbeitssieg gegen Crystal Palace die im Abstiegskampf stehen. Hinzu kommen zwei Unentschieden gegen Southampton und Manchester United. Richtig peinlich war allerdings der Auftritt an der Anfield Road, als man bereits nach 20 Minuten(!) 0:4 zurücklag und völlig chancenlos war.

Im Übrigen ist es nicht das erste Aufeinandertreffen in der Champions League der Trainerlegen Guardiola und Wenger – schon 10/11 (in der Addition: 4:3 für Barcelona) und 09/10 (in der Addition 6:3 für Barcelona) traf man sich in der KO-Runde. Zwar konnte Arsenal die Hinspiele immer offen gestalten, aber die Rückspiele waren dann für das übermächtige Barca nur noch Formsache. Somit bleibt zu hoffen, dass Pep Guardiolas Serie hält.