Vier gewinnt
Bei Thomas Müller hatte sich die Verlängerung bereits in den letzten Wochen abgezeichnet. Der 26-Jährige war immer wieder mit teilweise atemberaubenden Summen aus dem Ausland gelockt worden – jeglichen Wechsel-Spekulationen setzte der FC Bayern nun mit der langfristigen Verlängerung ein Ende. Ein wichtiges Zeichen auch an die europäische Konkurrenz, die durchaus vermutet hatte, dass der ein oder andere Spieler nach einem möglichen Guardiola-Abgang mit einem Wechsel liebäugeln könnte.
Mit Thomas Müller ist die entscheidende Identifikations- und Führungsfigur nun langfristig gebunden, womit der Verein zeigt, dass man unter keinen Bedingungen und trotz unmoralischer Angebote bereit ist, Leistungsträger ziehen zu lassen. Aus Sicht Müllers ist mit der Verlängerung auch klar, wohin der Weg geht: Er hat sich dagegen entschieden, seine „besten Jahre“ als Fußballer im Ausland zu verbringen, sondern sah den Reiz vielmehr darin, in naher Zukunft (mit hoher Wahrscheinlichkeit) das Kapitänsamt zu übernehmen und die Zukunft seines „Herzensvereins“ entscheidend zu prägen. In Müllers Fall lassen sich durchaus Parallelen zu Philipp Lahm ziehen, der sich 2008 gegen einen Wechsel nach Barcelona entschied – und fünf Jahre später als Kapitän „seines“ Vereins die Champions League gewann. Dass Müller das Ausland grundsätzlich reizt hat er immer wieder betont. Die Vertragsverlängerung kann dennoch als richtungsweisend bezeichnet werden.
„Kapitänsduo“ Müller/Boateng?
Ähnliches dürfte auch Jerome Boateng planen. Seit seinem Wechsel aus Manchester nach München hat er wie kaum ein anderer FCB-Spieler in dieser Zeit überzeugt und sich zu einem der besten Verteidiger der Welt entwickelt. Welch wichtige Rolle er mittlerweile auf dem Spielfeld und im Mannschaftsgefüge des Rekordmeisters einnimmt, kann eigentlich gar nicht oft genug erwähnt werden. Auch für Boateng dürfte es ein besonderer Reiz gewesen sein, neben Thomas Müller und Manuel Neuer, noch mehr Verantwortung in der Mannschaft zu übernehmen. Dass das Kapitänsamt beim FC Bayern ihn ebenfalls reizen würde, war bereits in mehreren Interviews zu lesen.
Dass aus dem, wie bereits erwähnt relativ absehbaren, Verlängerungs-Duo Müller und Boateng am Freitag ein Quartett wurde, überraschte auch die „Insider“. Sogar Javi Martinez selbst schien, seiner Kleidung und Frisur beim offiziellen Foto nach, eher kurzfristig über die Verlängerung informiert worden zu sein. Der Vertrag bis 2021 ist ein klares Signal, dass der Verein trotz der zahlreichen Verletzungen in den vergangenen beiden Jahren mit dem Basken plant. Für Martinez wird es interessant sein, auf welcher Position er sich unter einem möglichen neuen Trainer im Sommer wiederfinden wird. Mit einem Pep-Abschied wäre auch eine Loslösung vom strikten Gedanken, nur einen echten Sechser aufzubieten, möglich. Martinez könnte dann wieder auf jener Position wertvoll werden, auf der er sich in der Triple-Saison so ausgezeichnet hatte.
Alonso als Ergänzung zu Kimmich
Überhaupt hat sich im zentralen Mittelfeld nun wieder eine enorme Konkurrenz-Situation entwickelt, die, richtig ausgenutzt, ideal sein könnte. Viel hängt davon ab, ob Alonso seine in dieser Saison starke Form auch im kommenden Jahr wird konservieren können. Die Idealsituation wäre eine Art Rollentausch: Während Kimmich in dieser Saison den Spanier unterstützt und ihm eine gewisse Anzahl an Spielen „abnimmt“, könnte sich das ab Sommer 2016 umdrehen. Kimmich hätte dann die Möglichkeit, weiterhin Erfahrung zu sammeln und sich auf wichtige Spiele zu konzentrieren – ohne in jeder englischen Woche zweimal gefordert zu sein. Unklar ist, was seine Verlängerung für Sebastian Rode und Pierre-Emile Hojbjerg bedeutet. Für beide wird es weiterhin extrem eng im zentralen Mittelfeld.
Bei aller Freude über die vier Verlängerungen bleibt eigentlich nur eine Frage: Wie gestaltet sich die Situation um David Alaba? Medienberichten zufolge, die sich auf Aussagen von Alabas Vater George stützen, sind die Verhandlungen mit dem FC Bayern etwas ins Stocken geraten. Ob dies mit einer Forderung zu tun hat zukünftig im Mittelfeld eingesetzt zu werden – wie es zum Beispiel die Sportbild vermutet – sind Spekulation. Insbesondere die Verlängerungen von Müller und Boateng sollten auch ein Zeichen an den Österreicher sein, dass der Kern der Mannschaft langfristig zusammenbleiben wird. Er kann, wie die beiden anderen, ein entscheidendes Gesicht dieser Mannschaft werden – oder aber nach einer neuen Herausforderung suchen. Der FC Bayern sollte und wird alles daran setzen, Alaba ebenfalls von der zukunftsfähigen Ausrichtung des Teams zu überzeugen und ihn ebenfalls langfristig zu binden. Ob das gelingen wird, hängt allerdings maßgeblich von den individuellen Vorstellungen des 23-Jährigen ab.
Der FC Bayern hat am Freitag ein extrem wichtiges Zeichen gesetzt. Was auch immer im nächsten Sommer auf der Trainerbank passieren wird, der Kern der Mannschaft bleibt beisammen und soll weiter eine gewichtige Rolle im europäischen Vereinsfußball spielen.