VfB Stuttgart – FC Bayern 1:3 (0:1)
Es wurde ein klarer, wenn auch nicht unkomplizierter Sieg. Unsere Analyse in drei Dingen, die auffielen.
Falls Ihr es verpasst habt:
Wie erwartet baute Guardiola seine Mannschaft zwischen den Viertelfinalspielen in der Champions League um. Götze, Xabi Alonso, Javi Martínez und Rafinha rückten für Müller, Thiago, Douglas Costa und Lahm in die Startelf.
Auf der Gegenseite musste Jürgen Kramny Serey Dié und Christian Gentner ersetzen. Klein und Werner kamen dafür neu in die Startelf. Stuttgart gewann nur eines der letzten sieben Spiele, konnte sich gegen Bayern aber auf die unter Kramny wiederentdeckte Konterstärke konzentrieren. Mit den Flinken Werner und Kostić hinter Stoßstürmer Kravets und vor Spielgestalter Didavi standen dabei ein paar Spielertypen auf dem Platz, die den Münchnern potenziell durchaus wehtun können.
Zum ersten Mal setzte Guardiola auf eine Dreierkette mit Martínez, Alaba und Kimmich, die von Bernat und Rafinha bei Bedarf zu einer Fünferkette ergänzt wurden.
Die erste Chance hatten die Münchner, nachdem Götze im Rücken der Stuttgarter Abwehr durchgebrochen war und in der Mitte nur knapp Ribéry verfehlte (2.). Stuttgart begann abwartend und konzentrierte sich auf Standardsituationen. Didavi prüfte in der 11. Minute Neuer nach einer Freistoßflanke aus kurzer Distanz. Der Bayern-Kapitän — Neuer hatte die Binde von Lahm übernommen — war jedoch zur Stelle. In den folgenden zehn Minuten passierte gar nichts. Die Gäste taten sich extrem schwer, den Ball konstruktiv durch das engmaschige 5-4-1 der Kramny-Elf zu tragen.
Guardiola reagierte bereits nach 25. Minuten und nahm den nach drei Fouls Gelb-Rot gefährdeten Vidal aus der Partie. Für ihn kam Müller. Götze rückte dafür auf Vidals Position.
Bayerns Spiel nun sofort mit mehr Rhythmusveränderungen und Zug zum Tor. Trotzdem brauchte es ein Eigentor von Georg Niedermeier, um den Bann zu brechen. Ribéry war zuvor mit einem überraschenden Antritt in Richtung Grundlinie durchgebrochen. Niedermeier grätschte den Ball in der Mitte in Richtung Torwart Tyton, der ihn letztlich noch über die Linie abfälschte. Es war die erste Torchance der Bayern seit der 2. Minute (31.). Zwar blieben weitere Großchancen bis zur Pause aus, doch die Umstellung mit der Hereinnahme von Müller sorgte dafür, dass Bayern insgesamt deutlich gefährlicher wurde.
Ohne Wechsel ging es in die zweite Halbzeit. Bayern nahm den Schwung der Schlussminuten aus der ersten Hälfte mit. Ribéry sorgte schon früh mit einem sehenswerten Solo für Gefahr (47.). Kurz danach reagierte Bernat nach einem zu kurz abgewehrten Ball am schnellsten und köpfte den Ball in den Lauf von Alaba, der mit einem Schrägschuss im Strafraum ins kurze Ecke traf. 2:0 (52.).
Das Spiel wirkte nun entschieden. Dann verlor Kimmich völlig ohne Druck einen Ball und produzierte einen Freistoß. Weil Lewandowski den eigentlich abgewehrten Ball im Strafraum verstolperte, traf Didavi im Sitzen (!) zum 1:2-Anschluss. Ein Treffer der Kategorie Slapstick, der sich zuvor nicht wirklich angedeutet hatte.
Stuttgart nun natürlich mit neuem Schwung im Rücken. Guardiola reagierte und brachte Thiago und Costa für Götze und den nur in zwei Situationen unaufmerksamen Kimmich. Der eingewechselte Thiago hatte zwei sehr gute Schusschancen. Beide Male parierte Tyton.
In den Schlussminuten ließen die Münchner den Ball sehr geschickt laufen und ließen es nicht zu, dass die Stuttgarter noch einmal Oberwasser bekamen. Kurz vor Schluss setzte der eingewechselte Douglas Costa mit einem strammen 18-Meter-Schuss den Schlusspunkt.
3:1. Ein Ergebnis, das sich nach 90 Minuten etwas klarer anhört, als es über 90 Minuten war. Dem FC Bayern kann es recht sein.
3 Dinge, die auffielen:
1. Keine Rhythmuswechsel ohne Dribbelkünstler
Es war das große Thema der letzten Rückrunde als Franck Ribéry und Arjen Robben dem FC Bayern über weite Strecken verletzungsbedingt fehlten. Ohne Individualisten, ohne dribbelstarke Spieler sieht Bayerns Spiel meist so aus wie in der ersten Halbzeit in Stuttgart. Zwar stand Ribéry (der stark spielte) auf dem Feld, allerdings in einer eher zentraler interpretierten Rolle, die wenig Platz bot. Zudem fehlte ein Partner auf der anderen Seite, der zusätzliche Aufmerksamkeit der Defensive forderte. Götze, Müller und Lewandowski sind längst nicht so dribbelstark wie ihre offensiven Kollegen. Bayern braucht die Rhythmuswechsel seiner Dribbelkünstler, um dicht gestaffelte Abwehrreihen unter Druck zu setzen und auseinanderzureißen.
14 erfolgreiche Dribblings verbucht die Statistik in dieser Saison pro Spiel für den FC Bayern. Kein anderer Bundesliga-Verein hat mehr. Ohne Robben (verletzt), Costa, Thiago (beide zunächst geschont) und Coman (verletzt) auf dem Platz kam diese Stärke gegen Stuttgart beinahe zum Erliegen. Bis zum 1:0 durch Niedermeiers Eigentor in der 31. Minute hatte kein Münchner ein erfolgreiches Dribbling geschafft. Dann zog Ribéry an und brach mit einem Antritt zur Grundlinie durch. Aus seiner Hereingabe entstand das 1:0. Es sollte bis zum Schluss eines von gerade einmal sechs erfolgreichen Dribblings bleiben. Zwei davon hatte zudem Kimmich weit weg vom gegnerischen Tor…
Es passt ins Bild, dass Bayerns Passquote mit über 90% noch einmal höher war als ansonsten im Schnitt in dieser Saison. Auch 786 Kurzpässe waren noch einmal knapp 60 mehr als ansonsten im Schnitt in dieser Spielzeit. Pass, Pass, Pass, Pass. Das war Bayerns Spiel gegen Stuttgart. Es ist unheimlich schwer, so Torchancen zu kreieren, weil das Spiel so eine gewisse Statik bekommt, die nur schwer zu unterbrechen ist. Müllers Läufe nach seiner Einwechslung taten Bayerns Spiel in diesem Zusammenhang gut. Torgefahr fehlte trotzdem. 13 Schüsse waren es am Ende. Im Schnitt sind es ansonsten in dieser Saison 20.
Für Guardiola geht es auch hier wie bei so vielen Dingen in der Rückrunde um die richtige Balance. In den wichtigen Spielen der Champions League wird der Coach immer mit mindestens zwei dribbelstarken Spielernin der Startelf beginnen wollen. Gleichzeitig will er Costa, Ribéry und Coman Pausen ermöglichen. Gegen Stuttgart reichte es auch so, aber der Offensivpunch sollte dadurch in der Bundesliga jedoch nicht völlig verloren gehen.
2. Martínez sammelt Pluspunkte für Lissabon
Die Viererkette mit Lahm, Kimmich, Alaba und Bernat, die Guardiola zuletzt in den entscheidenden Spielen häufiger auf den Platz stellte, hat etwas Provisorisches. Der Innenverteidigung fehlt so Kopfballstärke. Den Außenverteidigern Dynamik. Gegen Stuttgart setzte Guardiola mal wieder auf eine Dreierkette mit Javi Martínez in der Zentrale. Es ist seine natürlichste Position wenn er in der letzten Linie aufläuft.
Als Innenverteidiger hat der Spanier, der in der Triple-Saison auf der Sechs so herausragend glänzte, bisher nie wirklich komplett überzeugen können. Martínez hat in langen Laufduellen Schwierigkeiten und ist mit größerer Mannorientierung auch seiner großen Stärke in der Antizipation beraubt. Als zentraler Verteidiger der Dreierkette kann er diese Stärke dafür besser zur Geltung bringen, da er ohne klaren Gegenspieler agiert und sich auf den Moment des Herausrückens konzentrieren kann. Genau deshalb hatte Guardiola ihn in dieser Rolle vor der Saison 2014/2015 eingeplant. Kurz vor dem Saisonstart erlitt er einen Totalschaden im Knie und ist bis heute noch auf der Suche nach einer konstanten Rolle im Team.
Gegen Stuttgart stand die Defensive insgesamt stabil. Sieht man von den unnötigen Standardsituationen in Strafraumnähe ab (8 Torschüsse nach Standards), erzeugte Stuttgart aus dem Spiel heraus keinerlei Torgefahr (ein Torschuss aus dem Spiel). Das Stuttgarter Konterspiel über Kostić, Werner und Didavi hatten die Bayern um Martínez insgesamt gut im Griff.
Martínez wirkt körperlich immer noch nicht komplett auf der Höhe. Aber mit seiner Kopfballstärke (sechs gewonnene Duelle gegen Stuttgart = Bestwert), seiner Präsenz und seiner Robustheit hat er sich am Samstag für das Rückspiel gegen Lissabon und weitere Einsätze durchaus empfohlen.
3. Mit Qualität verwaltet
Ist der FC Bayern momentan in Top-Form? Sicher nein. Ist es eine Qualität, Ergebnisse knapp aber sicher nach Hause zu bringen? Absolut. Matthias Sammer sprach es vor dem Spiel bei Sky an. Die Ergebnisse der letzten Wochen geben wenig Grund, Grundsätzliches zu kritisieren. Aber er sagte auch. “Vielleicht war etwas viel Verwalten dabei. Das ist kein Grund, überkritisch zu sein. Aber wir müssen sehr wachsam sein.”
Sammer traf damit (mal wieder) den richtigen Ton. Beim FC Bayern geht niemand davon aus, dass der Konkurrent aus Dortmund noch Punkte lassen wird. Umso wichtiger ist es, dass die eigenen Ergebnisse trotz ein paar Formschwächen, Verletzungsproblemen und englischen Wochen stimmen. Auch gegen Stuttgart verwaltete Bayern sehr viel. Allerdings gerade nach dem 1:2-Anschlusstreffer auch mit sehr viel Qualität.
Stuttgart war dabei, das Momentum auf seine Seite zu ziehen. Die Bayern ließen den angedeuteten Sturmlauf der Hausherren aber am Schluss komplett verpuffen. Auch weil Guardiola mit der Hereinnahme des ballsicheren Thiago den richtigen Spieler aufs Feld brachte. Auch Alonsos Wert wurde in dieser Schlussphase deutlich. Der Ball blieb in den eigenen Reihen. Der Gegner wurde in den Schlussminuten laufen gelassen bis er entnervt aufgab.
Es ist eine Qualität, wie der FC Bayern gegen Stuttgart und zuvor auch gegen Köln und Frankfurt (jeweils 1:0) knappe Spiele für sich entscheidet. Überreizen sollte er dies jedoch nicht. Der erhobene Zeigefinger von Sammer sollte sie daran erinnern.
VfB Stuttgart – FC Bayern München | |
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Stuttgart | Tytoń – Insúa, Niedermeier, Schwaab, Šunjić, Klein – Kostić, Didavi, Rupp (75. Tashchy), Werner – Kravets |
Bank | Langerak, Baumgartl, Heise, Barba, Kliment |
Bayern | Neuer – Alaba, Martínez, Kimmich (75. Costa) – Bernat, Alonso, Vidal (27. Müller), Rafinha – Ribéry, Lewandowski, Götze (69. Thiago) |
Bank | Ulreich, Tasci, Rode, Lahm |
Tore | 0:1 Niedermeier (31., Eigentor), 0:2 Alaba (52.), 1:2 Didavi (63.), 1:3 Costa (89.) |
Karten | Didavi (45.) / Vidal (22.), Alonso (37.), Alaba (60.) |
Schiedsrichter | Bastian Dankert (Rostock) |
Zuschauer | 60.000 (ausverkauft) |