Toni Kroos vor dem Wechsel: Krooser Abgang oder Tonis Chance.

Christopher Trenner 04.07.2014

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Der FC Bayern bemühte sich früh um den Rostocker Toni Kroos, doch dieser zog es zunächst vor in Rostock zu bleiben. Erst 2006 wechselte er zu den Münchnern. Dort trug er maßgeblich dazu bei, dass der FC Bayern in der Saison 2006/07 deutscher Vizemeister in der A-Jugend werden konnte. (1:2 im Finale gegen Bayer Leverkusen). In der Bundesliga stand er erstmals am 26. September 2007 beim 5:0-Sieg gegen Energie Cottbus im Kader. Er wurde in der 72. Minute für Zé Roberto eingewechselt. Somit war Toni Kroos mit 17 Jahren und 265 Tagen der jüngste Spieler, der für die Münchner in der 1. Bundesliga aufgelaufen ist. Er krönte seinen Auftrifft mit zwei Torvorlagen. Es klang zunächst alles nach einer Erfolgsgeschichte für die eigentlich dahinsiechende Jugendabteilung.

Die Leihe nach Leverkusen

Zur neuen Saison wurde Jürgen Klinsmann als Trainer eingestellt und neben den Verkauf von Mats Hummels, der keine Zukunft beim FC Bayern hatte, wurde auch Toni Kroos vom Hof gejagt und für 1 1/2 Jahre an Bayer 04 Leverkusen verliehen. Dort konnte er sich zunächst nicht durchsetzen, aber unter Jupp Heynckes, der 2009/10 in Leverkusen Trainer wurde, kam der Durchbruch. Er wurde postwendend Leistungsträger und war der „Spieler der Hinrunde 2009“ – Herbstmeisterschaft inklusive. Der KICKER kürte ihn außerdem am 19. Spieltag zum dritten Mal in Folge zum Mann des Tages, was es zuvor noch nie gegeben hatte. Insgesamt erzielte Kroos neun Tore. Für den FC Bayern schien die Leihe eine Win-Win-Situation zu werden.

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Die Leistungen aus Leverkusen konnte Kroos allerdings in der Saison 2010/11 nicht bestätigen. Zwar war Kroos Stammspieler, dies lag aber dran, dass die Starspieler Franck Ribery und Arjen Robben über weite Teile der Hinrunde verletzt waren. Vor Ablauf der Saison verlängerte Kroos seinen Vertrag bis zum 30. Juni 2015, wobei das Verhältnis zum eigenwilligen Louis van Gaal nicht wirklich warmherzig war. An die Leistungen die er in seiner Blütezeit in Leverkusen zeigte, konnte er unter van Gaal nie anknüpfen. Dies wurde vor allem von Medien und Fans äußerst kritisch bewertet. Erst als sein Mentor aus Leverkusen, Jupp Heynckes für zwei Jahre Trainer beim FC Bayern wurde, kam es zur Leistungssteigerung. So stehen 4 Tore und 10 Assists in seinem Zeugnis für das Jahr 11/12 und 6 Tore und 8 Assists für das Jahr 2012/13. Wobei er die allergrößte Wertschätzung nie erhalten hat. Im Triple-Jahr spielte Kroos oft auf der „10“ – direkt hinter der Spitze Mandzukic. Allerdings verletzte sich Kroos im Champions League Viertelfinale gegen Juventus Turin so schwer, dass er die entschiedenen Spiele gegen Barcelona und das Finale gegen Dortmund verpasste. „Richtiger“ Champions League Sieger wurde Kroos somit nicht.

Die Entwicklung unter Pep Guardiola

Seit nun fast 12 Monaten ist Pep Guardiola der Trainer des FC Bayern. Mit ihm veränderte sich das Spielsystem hin zu einem 4-1-4-1 mit zwei 8ern anstelle eines 10ers. Durch das nun verstärkte Pass- und Kombinationsspiel konnte Kroos sich in der Mannschaft behaupten. Die Verletzungen von Schweinsteiger und Thiago sicherten seinen Stammplatz. Mit seinen 2189 gespielte Pässen (und nur 178 Fehlpässe) prägte er die frühste Meisterschaft in der Bundesligageschichte. 92% Passquote und eine um 10% höhere Zweikampfquote lesen sich gut und deuten eine positive Entwicklung des 24-Jährigen an. Wobei seine Rolle eine deutlich defensivere als unter Jupp Henyckes ist. Dadurch stehen am Ende der Saison nur 2 Ligatore und 6 direkte Torvorlagen. Viele Torvorlagen waren lange Diagonalbälle auf Robben über 10 Gegner und 3 Abwehrreihen hinweg. Wohl einer der größten Stärken von Toni Kroos – der lange diagonale Ball. Gerade bei defensiv eingestellten Teams ein wichtiger Schlüssel. Ein Spielzug der auch für Topteams wie Arsenal oder Manchester City nicht zu verteidigen waren.

Allerdings gab es kaum noch Leistungsausreißer nach oben. Oft blieb Kroos auffällig unauffällig – im Vergleich zu Filou Thiago gar blass. Vergleicht man beide Spieler, so fällt auf, dass Kroos nur ein Mal pro Spiel ins Dribbling geht. Thiago ganze 3,5 Mal pro Spiel. Allerdings punktet Kroos mit den so genannten „Key Passes“. Hier liegt Kroos mit 1,5 Pässen im Vergleich zu 1,2 Pässen von Thiago sogar leicht vorn. Defensiv zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Thiago hat deutlich mehr abgefangene Bälle (1,5 zu 0,6 Interceptions/Spiel), Kroos mehr Tacklings (2 zu 1,9 Tacklings pro Spiel). Beide Spieler bewegen sich also auf Augenhöhe.

Die #SektionSchubkarre wurde geboren

Bei vielen Fans bleiben aber die lethargischen Auftritte – vor allem gegen Real Madrid – in Erinnerung. Der schlechte Abschluss im Hinspiel führte zum 1:0 Kontertor von Real. Im Rückspiel kam er beim Stand von 0:2 nicht mehr in den Zweikampf. Die Folge war der dritte Treffer für Real Madrid in München und die totale Demontage für den amtierenden Champions League Sieger. Gerade in der Rückrunde wechselten sich gute und durchschnittliche Leistungen zu oft ab. Spätestens seit dem etablierte sich auf Twitter die #SektionSchubkarre – eine Gemeinde von Bayernfans, die Kroos am liebsten per Sackkarre los werden möchte.

Pep Guardiola sprach sich immer wieder für den Verbleib seines Schützlings aus. Doch Kroos zögert – durch die Blume kritisierte er immer wieder die fehlende Wertschätzung. Für den FC Bayern bzw. den Verantwortlichen geht es auch um ein Exempel. Die Gehaltsstruktur im Kader soll gehalten werden. Doch dies wird immer schwieriger – schließlich ist Götze als Jungprofi durch die Decke geschossen. Auch ein Robert Lewandowski wird beim FC Bayern hoch einsteigen. Ein Alaba und Müller werden ebenfalls nicht für weniger Geld verlängert haben. Zudem scheint es für die sportliche Führung schwer zu sein, den Wert von Kroos richtig einzuordnen. Er spielt oft gut, doch wenn es nicht so läuft wie erhofft, ist Kroos meinst einer der ersten Spieler die förmlich abtauchen. Ein Spiel an sich zu reißen und ihm seinen Stempel aufzudrücken ist nicht die Stärke von Kroos. Auch die fehlende Zweikampfstärke führt dazu, dass Kroos eher auf der „8“ bzw. „10“ zu Hause ist. Hier ist aber der Platz begrenzt, wenn Götze, Thiago und Müller an ihr spielerisches Optimum anknüpfen können.

Anderseits weiß niemand wie es mit Bastian Schweinsteiger weiter geht. Mittlerweile schleppt er sich mehr von Verletzung zu Verletzung. Der Körper fordert seinen Tribut für den Erfolg der vergangenen Jahre. Kroos wäre so gesehen die natürlichste Nachfolge – zudem ist Kroos deutscher Nationalspieler. Vor allem für Sponsoren ein wichtiger Faktor. Zudem ist Kroos erst 24 Jahre alt. Die Wette auf die Zukunft und eine mögliche weitere Leistungssteigerung sind noch nicht verloren. Ein Ribery, Robben, Schweinsteiger oder Lahm waren in dem Alter nicht weiter – eher im Gegenteil.

Toni Kroos wird vor allem im Ausland geschätzt. Nahezu jeder internationale Topklub streckt die Fühler nach Kroos aus. Langezeit bemühte sich Manchester United um die Dienste, allerdings ist dort Louis van Gaal neuer Trainer. Eine Beziehung die nicht funktionierte. Etwas überraschend kommt das Interesse von Real Madrid, schließlich konnte Kroos gegen die Königlichen alles andere als überzeugen. Volker Struth, der Berater, wurde zuletzt öfters in Madrid gesichtet und soll sich dort mit der Delegation von Real getroffen haben. Für die Marca, dem „Hausblatt“ von Real – ist die Sache längst klar. Kroos war diese Woche bereits zwei Mal auf dem Cover des berühmten spanischen Sportblattes. Zunächst berichtete die Zeitung von der Einigung zwischen Kroos und Real. Zwei Tage später gibt es angeblich auch eine Einigung mit dem FC Bayern. Die Bemühungen von Struth den Deal zu dementieren gingen in der Medienwelt unter. Auch Toni Kroos, der im Winter ein Angebot vom FC Bayern München ablehnte und auch keinen weiteren Gesprächsbedarf sah, äußerte sich gegenüber Sport1 sehr zurückhaltend: »Eine Entscheidung fällt erst nach der WM«. Mit Lahm und Müller verlängerte der FC Bayern noch vor dem Turnier. Mit Kroos gab es keine Einigung. Zwar stellte Rummenigge klar, dass Kroos noch mindestens ein Jahr in München bleibt, allerdings ist es schwer vorstellbar, dass der FC Bayern auf eine Transfersumme zwischen 25-30 Mio. verzichten würden.

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Für den FC Bayern Fan ist dies indes ein befremdlicher Vorgang. Seit Michael Ballack gab es keinen Abgang mehr, der nicht von der sportlichen Führung „gwünscht“ bzw. toleriert wurde. Zwar gab es mit Gomez, Gustavo, Klose, Toni oder Maakay immer wieder namenhafte Abgänge in jüngster Vergangenheit. Aber ein Spieler aus der ersten Elf verließ den FC Bayern schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr und wenn doch (Gomez), dann gab es immer einen namenhaften Nachfolger. Vielleicht frisst die Transferpolitik der letzten Jahre auch ihre ersten Kinder. Seit dem verlorenen Champions League Finale in München wurde der Kader von 14-15 Starspielern eher auf 17-18 Stars ausgedehnt. Für einen Trainer eine nicht ganz einfache Situation. Gegebenenfalls kollidieren hier Erwartungen von Spielern zu sehr mit den Möglichkeiten eines Trainers.

De facto wird es schwer sein Kroos zu ersetzen. Vor allem beim überhitzten Transfermarkt in Europa. Allerdings hat Pep Guardiola immer wieder bewiesen auch junge Talente einzubauen. Vielleicht steht mit Højbjerg der Nachfolger von Toni Kroos bereits unter Vertrag. Wie die Geschichte ausgeht, liegt jetzt vor allem in der Hand von Kroos – er entscheidet ob er seine Zukunft in München sieht oder nicht. Aber auch die sportliche Führung und der Trainer müssen entscheiden, ob sie Kroos marktgerecht bezahlen wollen und ob sie an seine weitere Entwicklung glauben. Es ist der erste ‚große Vertrag‘ für Toni Kroos, dass er sich alle Optionen offen hält, ist mehr als verständlich. Dennoch ist eine Entscheidung langsam überfällig.