Gdańsk - open training of the Germany national team before Euro 2012 tournament at the MOSiR stadium - Philipp Lahm, Marco Reus, By Andrzej Otrębski (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Time to move on

Steffen Trenner 11.02.2015

Der FC Bayern steht vor einer komplexen Umbruchphase, die neben Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger vor allem von zwei Flügelspielern symbolisiert wird. Franck Ribéry und Arjen Robben haben die dritte große Ära des FC Bayern mit dem Champions-League-Sieg 2013 als absoluten Höhepunkt geprägt. Nicht nur als Typen. Nicht nur durch zusammen über 150 Pflichtspieltore. Nicht nur durch das 2:1 im Finale in Wembley als Ribéry auf den Torschützen Robben durchsteckte und so auch dieses Spiel letztlich von den beiden Ausnahmespielern entschieden wurde. Robben und Ribéry haben auch den Stil des FC Bayern über nun schon sechs beziehungsweise acht Jahre entscheidend mitbestimmt. Das flügellastige Offensivspiel mit den beiden inversen High-Speed-Dribblern als wuchtiges und durchschlagskräftiges Duo in Strafraumnähe ist zu einem Markenzeichen geworden – auch wenn unter Pep Guardiola ein paar neue, zentralere Akzente hinzu gekommen sind.

Nachfolger für Robben und Ribéry gesucht

Ribéry und Robben sind heute 31 Jahre alt. Wie lange sie noch Woche für Woche auf allerhöchstem Niveau spielen können, ist ungewiss. Während Robben sich in den vergangenen zwei Jahren körperlich extrem stabilisiert hat und deutlich seltener ausfällt ist, kämpft Ribéry mit ständigen kleineren und größeren Verletzungen. Klar ist: Spätestens 2018 wird der FC Bayern diese beiden Ausnahmespieler und damit allein in der Bundesliga fast ein Tor und eine Torvorlage pro Spiel wohl ersetzen müssen. Je nach körperlicher Entwicklung der beiden vielleicht auch früher. Unklar ist zur Zeit, wer diese Lücke füllen kann und welchen Spielertypus der FC Bayern dabei bevorzugt.

Mit Xherdan Shaqiri hat einer, der von der Altersstruktur und dem Spielstil her als idealer Nachfolger galt, nach vielen durchwachsenen Leistungen den Verein verlassen. Mario Götze und Thomas Müller, die beide auf allen Offensivpositionen spielen können, sind zwar langfristig gebunden, aber andere Spielertypen als Robben und Ribéry. Dahinter gibt es mit Sinan Kurt einen talentierten Spieler, dessen Entwicklung noch völlig offen ist. Der ausgeliehene Julian Green (19) schafft es derweil nicht einmal beim HSV in die Nähe der Startelf.

Auch wenn sich Bayerns Fußball unter Guardiola weiterentwickelt hat und nicht mehr so abhängig von Einzelaktionen im Angriffsdrittel ist wie in vielen Jahren zuvor, spricht viel dafür, dass die Münchner auch in der mittelfristigen Zukunft einen dribbelstarken Spieler benötigen, der gegen häufig extrem tiefstehende Gegner auch mal aus dem Nichts heraus Torabschlüsse kreiert oder für scharfe Tempowechsel sorgt. Reus hätte grundsätzlich in dieses Anforderungsprofil gepasst, auch wenn die schwierige Anpassung von Mario Götze und Robert Lewandowski in München zeigt, dass sich bestimmte Qualitäten nicht einfach so in völlig verschiedene Spielsysteme übertragen lassen.

Die Verlängerung von Reus in Dortmund bedeutet im wesentlichen drei Dinge. Erstens untermauert sie zusammen mit den 60 Millionen Euro Transferausgaben des BVB im Sommer den Anspruch der Borussia, dauerhaft zu den Top-3 in Deutschland beziehungsweise Top-10 in Europa und damit zu den ärgsten Konkurrenten des FC Bayern zu gehören. Zweitens zeigt sie auch, dass die Dortmunder heuer durchaus in der Lage sind, bei einzelnen Spielern in absolute Top-Gehaltsregionen vorzustoßen und beinahe jedes potenzielle Angebot der Konkurrenz zu matchen. Und drittens beendet sie die Diskussion über neue offensive Weltklassespieler beim FC Bayern nicht, sondern entfacht sie eigentlich erst richtig. Die Münchner werden in naher Zukunft einen Umbruch einleiten (müssen). Die Torgefahr, die Dominanz und die individuelle Stärke von Arjen Robben und Franck Ribéry zu ersetzen, zählt zu den schwersten Aufgaben, vor denen die sportliche Führung dabei steht.

Für den FC Bayern ist nach der Reus-Verlängerung somit vor allem eines klar: It’s time to move on.