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Testspiel: FC Bayern München – Inter Mailand 1:0 (0:0)

Christopher Trenner 21.07.2015

In der ersten Halbzeit war das Spiel äußerst rechtslastig, da Costa, im Gegensatz zu den ersten Testspielen, über die rechte Außenbahn kam. Bernat spielte wie auch schon zum Ende der Rückrunde über die offensive Linksaußen-Position. Dort konnte er jedoch deutlich weniger Akzente setzen als der Brasilianer. Costa überzeugte vor allem in den direkten Dribblings, indem er seinen Gegnern meist durch seine Antrittsschnelligkeit mehrere Meter abnahm und so Freiraum in der Offensive schaffen konnte. Auch nach stürmischen 20 Minuten hatte der FC Bayern immer wieder große Torchancen. Die größte vergab Philipp Lahm nach Vorarbeit von Thiago und Müller. Murillo kratzte den Schuss von Lahm noch für den bereits geschlagenen Handanovic von der Linie (33.). Wenig später musste der Kapitän das Spielfeld verlassen – ein Grund war anhand der TV-Bilder zunächst nicht erkennbar. Wenig später gab es aber bereits eine vorsichtige Entwarnung, Lahm habe lediglich einen Schlag auf die Wade bekommen. Für ihn kam Pierre-Emile Højbjerg in die Partie.

Die zweite Halbzeit war geprägt von vielen Wechseln auf beiden Seiten. So kamen auf Seiten der Bayern Ulreich (46.), Götze (46.), Kimmich (46.), Benko (46.), Rafinha (59.), Rode (59.), Gaudino (66.), Steinhart (73.) und Green (73.). Offensiv hatte der FC Bayern noch immer viel Ballbesitz, konnte sich aber nicht mehr die Fülle an Torchancen erspielen wie in der ersten Halbzeit. Am auffälligsten agierte noch Benko. Der 17-jährige Nachwuchsspieler erzeugte über die linke Außenbahn mehr Druck als Bernat zuvor in der ersten Halbzeit. Überzeugend war sein Antritt und der Mut, auch in die direkten Duelle zu gehen. Auch die Flanken mit seinem linken Fuß waren brauchbar.

In der 82. Minute nutzte der FC Bayern seine Feldüberlegenheit und ging durch Mario Götze mit 1:0 in Führung. Zuvor gewann Steinhart den Ball im Mittelfeld und Rode leitete per Außenristpass die Chance von Götze ein. Andreolli hob die Abseitsposition von Götze auf. In der Summe ein gut ausgespielter Konter der Münchner.

Alles in allem ein verdienter Testspielerfolg der Bayern, der sogar noch höher hätte ausfallen können. Vor allem die über weite Strecken gute Konterabsicherung, aber auch die Befreiung aus dem Pressing von Inter überzeugten. Einzig die Chancenverwertung hätte besser ausfallen müssen. Am Donnerstag erfolgt bereits das letzte Testspiel während der Chinareise. Gegner ist dann Guangzhou Evergrande.

2 Dinge, die auffielen

1. Die Einerkette

In der ersten Halbzeit agierte der FC Bayern im eigenen Ballbesitz in einem 1-3-2-4 System. Dabei spielte meist Benatia als ‚letzter Mann‘. Davor spielten Alaba links, Alonso zentral und Boateng auf der rechten Seite. Thiago und Lahm waren davor auf den Achterpositionen unterwegs. Bernat, wie bereits erwähnt, auf der linken Außenbahn, Costa auf der Gegenseite. Müller und Lewandowski bildeten das Sturmzentrum, wobei sich situativ einer von beiden immer wieder ins Mittelfeld fallen ließ.

Der Vorteil am gesamten Konstrukt: Der FC Bayern konnte das Aufbauspiel der Mailänder geschickt stören und hatte gleichzeitig eine personelle Überlegenheit im Mittelfeld bzw. im letzten Angriffsdrittel. Dies hatte die Folge, dass Inter Mailand Spieler wie Costa nicht ohne weiteres Doppeln konnte. So ergaben sich auf der Flügelposition viele direkte Duelle. Einige konnte Costa für sich entscheiden und zumindest eine meist flache Flanke nach innen oder in den Rückraum bringen, wo es neben Lewandowski mit Müller und den nachstoßenden Achtern zahlreiche Abnehmer gab. So ergaben sich vor allem in den ersten 25 Minuten einige Halbchancen.

Defensiv entstanden durch die Formation zwei Probleme: Das erste resultierte aus der fehlenden Pressingresistenz von Alonso, die ihn schon nach drei Minuten den Ball vertändeln ließ. Das zweite war ein strukturelles Problem: Durch die Einerkette mit Benatia ließen die Bayern die defensive Außenbahn unbesetzt. Inter versuchte mit einigen vertikalen Bällen diese Räume zu nutzen, konnte aber in den wenigen Szenen, die sich daraus ergebenden Flanken nicht gefährlich in den Bayern-Strafraum bringen. In einem Pflichtspiel hätte Manuel Neuer sicherlich den ein oder anderen langen vertikalen Pass der Italiener bereits abgefangen.

In der Summe ein interessantes taktisches Konstrukt, das möglicherweise mit Vidal oder Martínez anstelle von Alonso defensiv noch sicherer in der Konterabsicherung wäre.

2. Interessante Optionen

Die beiden Transfers Kimmich und Costa überzeugten während der beiden Testspiele und zeigten, welche neuen Optionen sich auf den jeweiligen Positionen ergeben können. Costa zeigte gegen Valencia auf der linken Seite und gegen Inter Mailand auf der rechten Seite, wie viel Druck er auf der Außenbahn entfachen kann. Er gewann in beiden Spielen viele direkte Duelle und konnte so Raum für seine Mitspieler schaffen bzw. Torchancen einleiten. Lediglich den eigenen Abschluss suchte Costa noch zu selten. Eine Spur zu oft versuchte er noch, durch einen weiteren Pass seine Mitspieler in Szene zu setzen. In Pflichtspielen könnte ihm etwas mehr Egoismus gut tun. Es zeigte sich aber in den bisherigen 3 1/2 Testspielen, welche Bereicherung er für die FC-Bayern-Offensive sein kann. Endlich scheint es einen weiteren Spieler im Kader zu geben, der neben Ribery und Robben ein Dribbling gewinnen kann. Eine Eigenschaft, die in den letztjährigen Halbfinalspielen gegen Barcelona und Dortmund gefehlt hat.

Aber auch Kimmich überzeugte bereits in seiner zugegeben kürzeren Einsatzzeit. Gegen Inter Mailand ging er immer wieder früh ins Pressing und konnte so viele Balleroberungen weit in der Hälfte der Italiener erzwingen. Mal, weil er den Zweikampf direkt gewann, mal, weil er zusammen mit Thiago und Højbjerg die Gegner in den Ballverlust trieb. Natürlich erzwang er auch indirekte Eroberungen, die sich durch Befreiungsschläge der italienischen Abwehrspieler ergaben. Darüber hinaus hat Kimmich immer wieder durch kluge Pässe die Offensive belebt. Auch längere Zuspiele auf die Flügelpositionen fanden zielgenau den Adressaten. Kimmich könnte somit eine Alternative auf der Sechser- bzw. Acterposition werden, erst recht, wenn Philipp Lahm wieder mehr auf der rechten Seite spielt. Gegen Inter Mailand konnte sich Lahm auf der Acht jedenfalls nicht in der gleichen Art einbringen, wie gegen Valencia, wo er deutlich flügellastiger spielte. Vor allem im Pressing wirkte Kimmich agiler und frischer. In der Summe könnte Kimmich eine ähnlich positive Entwicklung nehmen, wie Rode in der vergangen Saison.

FC BAYERN – INTER MAILAND 1:0 (0:0)
FC Bayern Neuer (46. Ulreich) – Benatia (73. Steinhart), Boateng (59. Rafinha), Alaba – Alonso (46. Kimmich) – Costa (59. Rode), Lahm (40. Hojbjerg), Thiago (67. Gaudino), Bernat (46. Bernat) – Müller (46. Götze), Lewandowski (73. Green)
Inter Mailand Handanovic (46. Carrizo) – Montoya, Ranocchia, Murillo (41. Juan Jesus), Dimarco (55. Longo) – Brozovic (70. Nagatomo), Kovacic (70. Baldini), Kondogbia – Hernanes (70. Popa) – Palacio (55. Andreolli), Icardi (60. Delgado)
Tore 1:0 Götze (80.)