Talente retten ideenlosen FC Bayern – 1:1 beim Test in Basel
Gastbeitrag von Jonas Zehentner
Anmerkung der Redaktion: Jonas hat sich als Autor bei Miasanrot beworben.
Überraschend ruhig ist es derzeit um den FC Bayern. Vor allem die Transferverantwortlichen um Christoph Freund befinden sich gefühlt noch im Winterschlaf. Außer ein paar mehr oder weniger konkreten Transfergerüchten will jedenfalls noch nicht viel von den heiß erwarteten Wintertransfers an die Öffentlichkeit gelangen.
Trainer Tuchel blieb damit beim ersten und letzten Testspiel vor dem Bundesligastart am kommenden Freitag nichts anderes übrig, als viele Jugendspieler in den Kader zu nehmen. Seine Startelf änderte sich im Vergleich zum Weihnachtssieg gegen Wolfsburg allerdings nur auf zwei Positionen: Zum einen ersetzte de Ligt den abwesenden Kim in der Innenverteidigung, zum anderen musste Tuchel aufgrund des Ausfalls von Konrad Laimer auf der Rechtsverteidigerposition improvisieren und versetzte – wie so häufig von Fußballdeutschland gefordert – Joshua Kimmich nach rechts hinten.
Der Gastgeber aus Basel erlebt bislang eine Saison zum Vergessen. Der einstige Dominator der Schweizer Super League steckt tief im Abstiegskampf, wenngleich der Kader immer noch mit ein paar bekannten Gesichtern aus der Bundesliga gespickt ist.
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FC Basel vs. FC Bayern München: Spielverlauf
Die erste Halbzeit begannen die Bayern sehr kontrolliert, allerdings ohne sich echte Großchancen herauszuspielen. Basel zog sich bis an den eigenen Strafraum zurück und versuchte stets, die Münchener auf die Außen zu lenken und nicht durch die Mitte kommen zu lassen. Nach und nach trauten sie sich sogar ein wenig höher zu stehen. Doch als ein hoher Ball von Guerreiro die ganze Viererkette aushebelte und die erste größere Chance durch Müller einleitete (16.) und eine Minute später Kane nach schöner Vorarbeit von Davies zur Überraschung aller aus wenigen Metern am Tor vorbei schoss, trauten sich die Schweizer kaum noch nach vorne.
Im weiteren Verlauf der ersten Hälfte zog sich der FCB der Schweiz also wieder weit bis vor den eigenen Strafraum zurück und lauerte auf Konter der hoch positionierten Bayern. Einmal überwanden sie sogar Bayerns sonst verlässliche Restverteidigung, doch Kolollis Abschluss war zu zentral für Neuer (38.). Die Bayern dominierten das Geschehen zwar bis zum Abschluss, doch wirkliche Chancen sprangen nicht mehr heraus, unter anderem, weil sie aus den vielen Ecken und Freistößen kein Kapital schlugen. So ging es torlos zum Pausentee, der daran aber auch nichts ändern konnte.
Die Münchner dominierten zwar weiter das Spielgeschehen, taten sich aber weiterhin schwer, den Schweizer Abwehrbund zu knacken. Und wenn doch, dann versagte nahezu jeder Bayernspieler in der Entscheidungsfindung oder beim letzten Pass. Und so waren es die Gastgeber, die nach einer knappen Stunde in Führung gingen. Eine Hereingabe von links landete über Umwege bei Gauto, der frei vor zur Pause gekommenen Ulreich im linken Kreuzeck vollendete (59.). Beflügelt durch den Treffer kam der FC Basel in der Folge mehr nach vorne und konnte mithilfe des zur Halbzeit in die Innenverteidigung gebrachten Goretzkas beinahe erhöhen, doch Barry scheiterte frei vor Ulreich, der stark mit dem Fuß parierte.
Mit dem zweiten Massenwechsel kamen die Bayern jedoch zurück ins Spiel. Im Anschluss an eine Ecke kommt der gerade eingewechselte Aséko Nkili im Rückraum an den Ball, dessen abgefälschter Schuss den Ausgleich markiert (71.). Die restlichen 20 Minuten glichen dann fast einem Jugendspiel, auf beiden Seiten wurde weiter wild gewechselt, was den Spielrhythmus erheblich störte. Die Bayern kamen zwar noch zu ein paar guten Möglichkeiten, doch entweder der Pfosten, der starke Salvi oder das eigene Unvermögen stand einem weiteren Torerfolg im Weg. Somit muss sich der FC Bayern im ersten (Test)-Spiel des Jahres mit einem Unterschieden begnügen.
FC Basel vs. FC Bayern München: Das fiel auf
Die Partie gegen den Abstiegskandidaten aus der Schweiz kann als geeignete Simulation gegen ein Team aus ähnlichen Regionen der Bundesliga angesehen werden. Denn auch in solchen Spielen wird der FC Bayern den ein oder anderen tiefen Defensivblock mit aggressiv verteidigenden Gegnern erwarten, der ohne ein schnelles 1:0 im Laufe des Spiels immer schwieriger zu knacken sein wird. Insbesondere in der Bundesliga gibt es nicht viele VfB Stuttgarts, die mitspielen wollen, sondern vor allem Teams wie Union Berlin, Werder Bremen oder den FC Augsburg, die zufällig genau im Januar auf den Rekordmeister als Gegner warten.
Tuchel´sche Grundprinzipien wie Dominanz, Kontrolle und Geduld sind bei solchen Partien dann gefragt, allerdings braucht es auch mehr Ideen und Bewegung, um zum Torerfolg zu gelangen. Vor allem gegenläufige Bewegungen, um die gegnerischen Verteidiger aus der Kette zu locken, waren heute viel zu wenig zu beobachten. Stattdessen verharrten die meisten Spieler auf Bayernseite auf ihren Positionen und hofften auf die Einzelaktionen eines Jamal Musialas.
Kimmichs Rolle als Rechtsverteidiger
Oftmals halfen bei solchen Spielen auch Joshua Kimmichs gefürchtete Chipbälle, doch der 28-Jährige musste aufgrund der Vakanz auf der ungeliebten Rechtsverteidigerposition ran. Und diese interpretierte er überraschend klassisch und kaum einrückend. Meist hielt er nämlich die Breite und schlug einige (schwache) Flanken, seine spielgestalterischen Fähigkeiten kamen damit allerdings kaum zur Geltung. Eine langfristige Lösung für diese Position stellt Kimmich zwar sowieso nicht dar, doch als Notnagel muss er von Tuchel unbedingt besser eingebunden werden.
Tuchels Hilferuf
Dass seine Besetzung der Position überhaupt nötig war, hängt einerseits mit der Absenz von Laimer und Mazraoui zusammen, aber auch damit, dass Tuchel immer noch keinen Verteidiger bekommen hat. Auch dass in einem Testspiel einige Jugendspieler eingebunden werden, mag zur Normalität gehörten und das ist auch gut so, die Bank eines FC Bayern sollte jedoch eine Woche vor dem Pflichtspielstart nicht zu zwei Dritteln aus Jugendspielern bestehen. Dies verdeutlicht noch einmal den Handlungsbedarf auf dem Transfermarkt, so schwierig gelungene Wintertransfers auch sein mögen. Insbesondere für die Rechts- und Innenverteidigerposition braucht es Sofortlösungen, die im besten Falle auch sofort verfügbar sind. Goretzkas Einwechslung auf die Innenverteidigerposition oder Kimmichs Aushilfe als Rechtsverteidiger am heutigen Tag gleichen einem erneuten Hilferuf von Tuchel, der zwar seine öffentliche Kritik am Kader zurückhielt, doch ohne mehrere Transfers auf den vakanten Defensivpositionen die hohen Saisonziele des FC Bayern in Gefahr sieht.
Spieler des Spiels: Der Campus
Bei einem solchen Auftritt und aufgrund der vielen Wechsel ist es gar nicht so einfach, einen Spieler hervorzuheben. Zwar präsentierte sich die Defensive zumindest in der ersten Hälfte unter der Aufsicht von de Ligt noch relativ sattelfest, doch wirklich viel zu tun bekam der Rekordmeister hier auch noch nicht. Offensiv wäre höchstens noch Musiala eine Option, der sich mit seinen schnellen, trickreichen Bewegungen immer wieder gegen seine Gegenspieler durchsetzte und so mehrere Angriffe initiierte. Allerdings fiel auch er im Laufe seiner Spielzeit immer mehr ab.
Egal ob die eingewechselten Tel und Zvonarek oder der Torschütze Nkili, sie alle brachten noch einmal frischen Wind ins eingeschlafene Offensivspiel der Bayern und verhinderten zumindest die erste Niederlage des neuen Jahres. Zwar gehört auch zur Wahrheit, dass beim FC Basel zu diesem Zeitpunkt bereits eine B- oder C-Elf auf dem Platz stand, doch mit welcher Spielfreude und welchem Einsatz die Talente versuchten, das Spiel noch zu drehen, sollte gewürdigt werden. Und wer weiß, vielleicht bekommen einige von ihnen auch in Zukunft noch einmal die Chance, in den Spieltagskader zu kommen und sich zu beweisen. Einen ersten Schritt dafür haben sie zumindest gemacht.
Enttäuschung des Spiels: Die Offensive
Bei einem Spiel, bei dem man nur fünf Schüsse auf das Tor zusammengebracht hat, wäre es ungerecht, nur einen Spieler negativ hervorzuheben. Zwar hängt der Mannschaftserfolg selbstverständlich von der ganzen Mannschaft ab, doch unglaublich schwach präsentierte sich heute fast die komplette Angriffsreihe der Münchener. Müller war zwar stets bemüht, doch wirklich gelingen sollte ihm am heutigen Tage nichts. Zu viele Bälle verstolperte er, zu verloren wirkte er auf seiner rechten Seite. Doch auch das aus der Hinrunde so gewohnt starke Duo Kane-Sané konnte aus ihren wenigen guten Abschlusssituationen nichts Zählbares vollbringen.
Für die Rückrunde gilt es dementsprechend für die ganze Offensivreihe, wieder in Form zu kommen. Denn trotz Kane nahm bereits zum Ende der Hinrunde die Torausbeute immer mehr ab und Bayerns Angreifer brachten die Fans durch ungenutzte Großchancen aus besten Abschlusspositionen an den Rande der Verzweiflung. Neben der Personallage in der Abwehr und der ideenlosen Spielanlage gegen tief verteidigende Gegner, eine weitere Baustelle, an der es zu arbeiten gilt.
Die Daten zum Spiel des FC Bayern in Basel
Tore: 1:0 Gauto (59.), 1:1 Nkili (70.)
Gelbe Karten: Avdullahu (45.)
Aufstellung Basel: Hitz (Salvi, 46.) – Barisic (van Breemen, 46.), Lang (Adjetey, 46.), Schmid (Akahomen, 78.) – Avdullahu (Ryter, 68.), Frei (Ismaili, 81.) – Beney (Gauto, 46.), Veiga (Kayombo, 68.), Kololli (Kololli, 46.), Kade (Akalé, 46.) – Jovanovic (Barry, 46.)
Aufstellung FC Bayern: Neuer (Ulreich, 46.) – Kimmich, de Ligt (Goretzka, 46.), Upamecano (Wimmer, 76.), Davies (Krätzig, 76.) – Pavlović (Aznou, 76.), Guerreiro (Zvonarek, 68.) – Sané (Nkili, 68.), Müller (Coman, 46.), Musiala (Tel, 68.) – Kane (Choupo-Moting, 68.)