Bild: Johannes Simon/Getty Images

Hauptsponsor Telekom: Hat der FC Bayern die richtige Entscheidung getroffen?

Alexander Trenner 19.06.2025

Am vergangenen Montag vermeldeten diverse Medien, dass der FC Bayern den Vertrag mit seinem Trikotsponsor Telekom verlängern werde. Man habe Einigkeit über die Konditionen erzielt und stehe kurz vor einem Abschluss.

Der aktuelle Vertrag mit der Telekom, die seit 2002 Trikotsponsor des FC Bayern ist, gilt noch bis 2027 und spült den Bayern geschätzte 50 Millionen Euro pro Jahr in die Kasse. Der Anschlussvertrag ab 2027 soll laut Medienberichten bis 2032 gelten und den Bayern rund 65 Millionen Euro pro Jahr einbringen, ein Plus von 30 Prozent pro Jahr.

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Für Aufsehen sorgte die Vertragsverlängerung vor allem deshalb, weil es eine Zeit lang so aussah, als könnte die Fluggesellschaft Emirates die Telekom als Trikotsponsor ablösen. Laut Medienberichten hatte das Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten über Monate hinweg um den Zuschlag bei den Bayern gebuhlt, bevor es der Telekom letztendlich nur knapp unterlag.

Mit Emirates, die unter anderem auch die Trikots von Real Madrid und dem Arsenal FC bekleiden, wäre es bei den Bayern nach Katar und Ruanda bereits zum dritten Mal zu einem prominenten Sponsoring aus einem Land mit einem fragwürdigen Status bei politischen und bürgerlichen Freiheitsrechten gekommen.

Von den organisierten Fans wäre es mit hoher Wahrscheinlichkeit rundheraus abgelehnt worden und hätte ähnliche Konflikte wie im Fall Katar nach sich gezogen.

Dieser Artikel versucht sich an einer finanziellen und moralischen Bewertung dieses Deals und seiner Umstände.

Der neue Vertrag im europäischen Vergleich

Im Vergleich mit der führenden Konkurrenz aus Europa liegen die Münchner bei den Einnahmen aus dem Trikotsponsoring mit den 50 Millionen Euro pro Jahr des aktuellen Vertrags auf Platz acht. Mit 65 Millionen Euro pro Jahr würden sie auf den geteilten fünften Platz vorrücken, wenn alle anderen Verträge gleichzeitig unverändert blieben.

70 Millionen Euro pro Jahr für den Spitzenreiter in diesem Vergleich, Real Madrid – das sind 20 Millionen Euro mehr als die 50 Millionen Euro, die der FC Bayern momentan erzielt, und immer noch fünf Millionen Euro mehr als die 65 Millionen Euro, die der FC Bayern ab 2027 erzielen soll.

Das mag sich nach viel anhören, aber in Bezug auf eine Milliarde Euro Umsatz betragen Differenzen von 20 bzw. 5 Millionen Euro nur 2 bzw. 0,5 Prozent. Oder, um es in Spielern auszudrücken: eine falsche Leihe für eine halbe Saison. Das finanzielle Schicksal des FC Bayern wird sich nicht an einigen Millionen Euro mehr oder weniger für den werbemächtigen Platz auf der Trikotbrust entscheiden. Wer nach Effizienz ruft, sollte gerade beim FC Bayern seinen Fokus weniger auf das Trikot* und mehr auf die Kaderplanung der sportlichen Abteilung richten.

FC Bayern: Die moralische Bewertung der Verhandlungen mit Emirates

Am Ende der Vertragsverhandlungen über den Platz auf der Brust stand die Verlängerung mit der Telekom, sogar mit einer passablen Erhöhung im Gepäck, und Emirates blieb außen vor. Aus Sicht der Fans, die sich über die Sponsorings des Rekordmeisters Gedanken machen, also alles halb so wild?

Nicht ganz. Denn zum einen war Emirates für die Bayern eine ernsthafte Alternative. Dass es nicht zur Vertragsunterzeichnung kam, hatte pragmatische Gründe und beruhte nicht auf grundsätzlichen Bedenken. Gäbe es aus Sicht der Bayern grundsätzliche Vorbehalte gegen ein Sponsoring von Staatsunternehmen aus Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, wäre es zu den Verhandlungen gar nicht erst gekommen.

Selbst wenn die Verhandlungen mit Emirates nur ein taktisches Mittel waren, um die Telekom nach oben zu treiben, muss ein Vertragsabschluss mit diesem Unternehmen grundsätzlich möglich gewesen sein, damit die Drohung glaubwürdig sein konnte.

Für Fans, die gehofft hatten, dass der FC Bayern aus den Sponsorings mit Katar und Ruanda lernen und ähnliche Deals in Zukunft vermeiden würde, ist damit festzustellen: Das hat nicht geklappt.

Die grundsätzliche Frage: Golf ja oder Golf nein?

Ein Blick auf die obige Tabelle zeigt aber noch etwas anderes: Ganze fünf der zehn höchstdotierten Trikotsponsoring-Verträge Europas bestehen mit einem Unternehmen aus einem Staat am Persischen Golf.

Die Tabelle steht sinnbildlich für die Rolle, die diese Staaten am Persischen Golf im europäischen Spitzenfußball inzwischen eingenommen haben: Die eines großzügigen Versorgers mit billigem Geld, das in Form von Sponsorings, Eigenkapitalbeteiligungen und inzwischen sogar Transfers im großen Stil nach Abflussmöglichkeiten im europäischen Fußball sucht und nicht zuletzt bei Vereinen findet, die sich in unmittelbarer sportlicher Konkurrenz zum FC Bayern befinden.

Für den FC Bayern werfen die Verhandlungen mit Emirates damit eine grundsätzliche Frage auf, die weit über den Vorgang selbst hinausweist: Ist es für den Club in der heutigen Zeit wirtschaftlich – und damit mittelbar auch sportlich – überhaupt noch möglich, auf Engagements mit Partnern aus Ländern wie Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Saudi-Arabien zu verzichten, wenn er sich nicht systematisch zunächst seiner wirtschaftlichen und dann auch sportlichen Wettbewerbsfähigkeit berauben möchte?

Die Makroebene

Ein guter Referenzpunkt zur Bewertung der Entwicklung der relativen Finanzkraft der europäischen Spitzenvereine ist die Deloitte Football Money League, eine jährlich aktualisierte Rangliste der 20 umsatzstärksten Vereine Europas.

In der jüngsten Ausgabe aus dem Jahr 2025 belegen die Bayern beim Umsatz (ohne Transfers) mit rund 765 Millionen Euro Platz fünf hinter Real Madrid (1.045 M€), Manchester City (838 M€), Paris Saint-Germain (PSG) (806 M€) und Manchester United (771 M€).

Bereits auf dieser Makroebene ist der Einfluss des billigen Geldes vom Golf unübersehbar. Noch vor 15 Jahren wäre die Präsenz von PSG und Manchester City in den Top 10 der Deloitte Football Money League etwas Außergewöhnliches gewesen.

Inzwischen sind beide Vereine zu zwei der dauerhaft stärksten Konkurrenten des Rekordmeisters in Europa geworden; eine Entwicklung, die ohne das Engagement von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten kaum vorstellbar gewesen wäre und die sich in ähnlicher Form im Fall von Saudi-Arabien und Newcastle United zu wiederholen anschickt. Das leichte Geld vom Golf hat die Konkurrenzsituation im europäischen Fußball für die Bayern unbestreitbar verschärft.

Die Mesoebene

Ein etwas differenzierterer Blick fächert das Urteil auf. Die folgende Tabelle wirft einen Blick auf die Umsatzentwicklung der Bayern sowie des Spitzenreiters der Deloitte Football Money League im Verhältnis zueinander über die letzten 18 Jahre (bis 2022 in Schritten von drei, danach in Schritten von einem Jahr):

Wie die Tabelle zeigt, hat der FC Bayern unter den finanzstärksten Vereinen Europas zwar noch nie den Spitzenplatz eingenommen, es ist ihm jedoch in den letzten knapp 20 Jahren gelungen, den finanziellen Abstand zur absoluten Spitze sukzessive beim Umsatz von über 40 Prozent auf zwischenzeitlich unter 10 Prozent zu verringern.

Der Rückfall in der aktuellen Ausgabe der Money League ist nur scheinbar, denn er ist weniger einer Schwäche des Vereins geschuldet als der überragenden wirtschaftlichen Stärke von Real Madrid, die selbst für die Verhältnisse der europäischen Spitzenvereine einen Ausreißer nach oben darstellt. Der Abstand zu Platz zwei, dem Golf-Club Manchester City, liegt für die Bayern mit ca. 10 Prozent vollkommen im Rahmen des langfristigen Aufwärtstrends.

Allerdings zeigt eine scheinbar paradoxe Gegenbewegung, die sich langsam, aber sicher nach unten bewegende Platzierung des Rekordmeisters beim Umsatz in derselben Money League auch, dass die Dichte finanzstarker Vereine an der europäischen Spitze zugenommen hat.

Die Bayern sind zwar finanziell immer näher in Richtung Spitze aufgerückt, sehen sich aber gleichzeitig mit einer zunehmenden Zahl ähnlich finanzstarker Konkurrenz wie sie selbst konfrontiert – ironischerweise oft befeuert durch das billige Geld vom Golf.

Die Mikroebene

Die Bayern wollen erfolgreichen Fußball spielen, Titel gewinnen und Triumphe erringen. Für erfolgreichen Fußball ist ein starker Kader unabdingbar. Ein starker Kader ist teuer. Während die Personalkosten der Münchner im Jahr 18/19, dem letzten vollen Geschäftsjahr vor der COVD-Pandemie, noch bei rund 350 Millionen Euro lagen, kratzten sie im Geschäftsjahr 23/24 schon an der Marke von 400 Millionen Euro – der vorläufige Höhepunkt eines seit Jahrzehnten andauernden Aufwärtstrends.

Das Rückgrat der Einnahmen der Bayern und die Grundlage für die Finanzierung ihres tendenziell immer teurer werdenden Kaders bilden traditionell die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring. Insbesondere die Wachstumsdynamik in diesem Segment hat es dem Deutschen Rekordmeister in den letzten 15 Jahren ermöglicht, die zunehmend größer werdenden finanziellen Nachteile gegenüber der europäischen Konkurrenz im Bereich der TV-Einnahmen auszugleichen und trotz dieses Nachteils einen wettbewerbsfähigen Kader zu unterhalten.

Aber ausgerechnet die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring stagnieren derzeit – die Zeit der COVID-Pandemie ausgenommen – zum ersten Mal in der bilanziell öffentlich dokumentierten Geschichte des Vereins, die bis in die Mitte der 2000er Jahre zurückreicht. Nach 251 Millionen Euro im Geschäftsjahr 22/23 betrugen diese Einnahmen im Geschäftsjahr 23/24 nur noch 235 Millionen Euro – ein Rückgang und als solcher ein Novum.

Ein Novum zwar, doch wenn man die Aussagen des Finanzvorstands des FC Bayerns, Michael Diederich, auf der letzten Mitgliederversammlung des Vereins im November 2024 nicht überinterpretiert, werden die Zahlen im Geschäftsjahr 2024/25 voraussichtlich kaum besser aussehen. Dieser Rückgang bliebe damit nicht bloß ein einmaliger Ausreißer nach unten, sondern markierte den Beginn einer grundlegenden Abschwächung des Werbe- und Sponsoringgeschäfts der Clubs. Es ist nicht unwahrscheinlich, das dies tatsächlich der Fall ist.

Die Bewertung

Gerade im Bereich der Werbung und des Sponsorings, in dem die Einnahmen der Bayern schwächeln, sind Geschäfte mit autoritären Regimen bzw. deren Unternehmen am einfachsten zu bewerkstelligen und versprechen das reichlichste und billigste Geld (kaum Gegenleistung nötig, Einnahmen praktisch brutto für netto). Die Verlockung des billigen Geldes aus der Golfregion für die Bayern ist also groß – und tatsächlich hätte sich der Club mit Emirates dieser Verlockung beinahe erneut hingegeben.

Doch ist dieser Griff nach dem billigen Golf-Geld wirklich notwendig, wenn der Rekordmeister mittel- bis langfristig eine relevante sportliche Kraft in Europa bleiben will? Derzeit befinden sich der Club bei vielen relevanten Parametern am Rande der europäischen Top 5:

  • Bei den für sie zentralen Einnahmen aus Werbung und Sponsoring belegen sie Platz sechs – dies ist für die Zukunftsaussichten des Vereins das deutlichste Alarmsignal.
  • Auch beim sportlich so wichtigen Personalaufwand belegen sie Platz sechs.
  • Bei den quantitativ und wegen der viel geringeren Margen auch qualitativ viel weniger wichtigen Einnahmen aus dem Merchandising liegen die Bayern auf Platz zwei.
  • Bei den ebenfalls verhältnismäßig margenschwachen Spieltagseinnahmen liegen sie auf Platz vier.
  • Bei den leider sehr markenstarken nationalen TV-Einnahmen sind sie nicht einmal in den europäischen Top 20.
  • Beim Umsatz insgesamt belegen sie Platz fünf.

In der Synthese lassen die hier präsentierten Fakten und Gedanken das folgende Urteil zu: Wenn die Bayern – und ihre Fans – sportlich mit einem Platz am Rande der europäischen Top 5 zufrieden sind, fest hinter Real Madrid, Manchester City und PSG sowie potentiell hinter Manchester United, Liverpool und dem FC Barcelona, mit Tendenz eher nach unten als nach oben, dann können sie auf Sponsorings aus Ländern mit fragwürdiger Menschenrechtslage, dafür aber sehr tiefen Taschen, verzichten. Top 5 bedeutet: regelmäßiger Gewinn der deutschen Meisterschaft und den Champions-League-Titel einmal alle sieben bis acht Jahre.

Gleichzeitig gilt jedoch auch: Wenn die Bayern ihren Verein auf finanzieller Augenhöhe mit Real Madrid, Paris Saint-Germain und Manchester City sehen wollen, wird dies selbst mit vereinzelten Sponsorings aus der Golfregion (oder Staaten wie Ruanda), wie es der Verein bisher gehalten hat, schwierig. Ein Emirates, „Visit Rwanda“ oder ein Qatar Airways allein werden dafür nicht reichen. Es bräuchte mehrere solcher Sponsoren parallel.

Das heißt: Selbst mit der Akzeptanz von Sponsoren aus autokratischen Regimen wird eine Position ganz oben an der europäischen Spitze für den FC Bayern schwierig, wenn er diese Möglichkeit nicht aktiv und aggressiv ausnutzen und, wie es seine stärksten Konkurrenten tun, gleich mehrere solcher Sponsoren im Portfolio haben möchte.

Ganz ohne solche Sponsoren wird eine Position an der europäischen Spitze unmöglich sein, aber eine Position in der Nähe der europäischen Spitze nicht. Ein Platz in den europäischen Top 5 bis 10 dürfte auch in den nächsten zehn Jahren noch ohne Golf-Geld möglich sein. Diese Erkenntnis mag den organisierten Fans bei ihrer Meinungsbildung helfen.

*Das scheint beim aktuellen Trikot auch ästhetisch sinnvoll zu sein.

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