4:0 zum Auftakt: Der FC Bayern München startet erfolgreich in die Saison
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Thomas Tuchel wusste punktuell zu überraschen mit seiner Startelf. Vor dem Spiel hieß das Spiel auf zwei Positionen “zwei aus drei” und auf weiteren zwei “einer aus zwei”. Zwischen de Ligt, Upamecano und Neuzugang Kim entschied sich der Trainer für die letzten beiden, aus Gnabry, Sané und Coman verletzungsbedingt ebenfalls. Beim Zweikampf auf der Rechtsverteidigerposition erhielt Mazraoui den Vorzug, den Sonnenplatz neben Kapitän Kimmich erhielt trotz der Vorbereitung Leon Goretzka. Ganz vorne debütierte Harry Kane mit seinem ersten Startelfeinsatz.
1. Halbzeit
Gleich in der vierten Spielminute eröffnete Sané die Bundesliga-Tore-Saison. Kane zog die Kette aus- und voneinander; es reichte ein Doppelpass, um Sané von der Mittellinie aus alleine auf den Keeper rennen zu lassen. Mit dem schwachen Rechten legte er wohlüberlegt gegen die Laufrichtung Pavlenkas zum 1:0 ein.
Bremen verteidigte in der Folge den Rückstand tief, erschlich sich jedoch einige Standards. Einen der ersten verwandelte Füllkrug sogleich zum vermeintlichen Ausgleichstreffer, doch stand er einen Schritt im Abseits.
Bayern kam noch durch Dribblings von Musiala und einem Weitschuss Goretzkas zu weiteren Halbchancen, beschränkte sich jedoch ansonsten weitestgehend auf dominanten Ballbesitz und Kurzpassstaffetten.
2. Halbzeit
Ohne personelle Wechsel ging es aus der Pause, Bremen allerdings wechselte komplett die Einstellung mit dem Seitentausch aus. Fortan suchten sie die offensive, das offene Spiel, den offenen Schlagabtausch. Fast minütlich kam es nun zu Strafraumszenen auf beiden Seiten.
Tuchel brachte zwischenzeitlich de Ligt für den gelbverwarnten Kim und in der 76. Minute gab es dann auch endlich einen Punktsieger im Schlagabtausch der beiden ungleichen Teams. Bayern befreite sich einmal herausragend über de Ligt, einem Doppelpass zwischen Davies und Coman, bis Kane am Ende aus halblinker Position endlich frei zum Vollstrecken war, 2:0.
Drei Minuten später kam Laimer für Goretzka, anschließend noch Müller, Choupo-Moting und Tel für Coman, Musiala und den verkrampften Kane. Müller und Choupo-Moting sorgten dann noch für ein schönes spielerisches Highlight: Halbrechts vor der Box spielten sie sich den Ball her, Müller stieß an die Grundlinie und legte zurück zum vorher im Abseits campierenden Sané, 3:0.
Der Schlusspunkt war aber jemand anderem vergönnt: Davies legte in der Nachspielzeit von der Grundlinie zurück zu Tel, der die Kugel annahm, einen langen Ausfallschritt noch nahm, um dann kompromisslos einen Strahl in die nahe Ecke zu donnern.
Dinge, die auffielen
1. Leon Goretzka trotzt der Vorbereitung
In praktisch jedem nennenswerten Vorbereitungsspiel erhielt Neuzugang Konrad Laimer den Vorzug vor Leon Goretzka. Uli Hoeneß setzte schon vor Wochen mit dem expliziten Verweis auf Laimer den Riegel vor einem neuen Sechser-Transfer. Und der Trainer öffnete gar mehr oder weniger direkt seinem Nationalspieler die Tür zum Abgang. Und nun, Wochen nach dem Trainingsbeginn spielte wer im de facto allerersten Pflichtspiel der Saison? Leon Christoph Goretzka.
Tuchels Beweggründe mögen vielfältig gewesen sein. Ein Faktor dazu mochte Laimers Nicht-Faktor Dasein gegen Leipzig im Supercup gewesen sein. Ein weiterer Faktor jedoch womöglich auch, dass Tuchel sich allmählich mit dem Umstand anfreunden muss, keinen (Weltklasse-)Sechser mehr zu bekommen. Wohl oder übel muss er mit dem vorhandenen Personal sein Glück finden.
Und beim Zweikampf Laimer und Goretzka gilt nun einmal trotz der außerordentlich schwachen Rückrunde des deutschen Nationalspielers: Die höhere Leistungsdecke ist bei Goretzka angesiedelt, nicht Laimer. Falls die Kombination Kimmich & Goretzka nicht überzeugt, ist es am Trainer, diese überzeugend zu machen.
2. Eine echte Doppelsechs
Auf dem Feld war Leon Goretzka fast eine Erweckung in seiner schnörkellosen Art der Biedermeierhaftigkeit. Er hielt seine Position, klebte auf der Sechs neben Kimmich, bildete ständig Dreiecke, ließ abtropfen und sammelte einen Querpass nach dem anderen. Was nach Kritik klingt, soll ersteinmal am heutigen Abend nur Lob sein, denn man muss sich vor Augen halten, wo Goretzka herkommt. Praktisch während der gesamten letzten Rückrunde (inklusive der WM) pfiff er auf seine Positionierung und rannte kopflos nach vorne. Baute sein Team einen Spielzug auf, war er schon auf Höhe der Mittelstürmer die Innenverteidiger bindend. Dabei ist seine Aufgabe als Box-to-Box-Spieler in die Box zu stoßen, nicht in ihr zu warten. Tuchels häufige allgemeine Kritik, ob der Positionierung seiner Spieler traf nicht nur, aber vor allem ihn.
Seine zwischenzeitliche Degradierung scheint Goretzka wieder Respekt für die Doppelsechs eingebläut zu haben. Bayerns Dominanz in der ersten Hälfte war auch Goretzkas Verdienst. Er hielt Kimmich sowie den aufbauenden Verteidigern den Rücken frei, war stets anspielbereit. Werder Bremen schien überrascht von der stringenten Doppelsechs der Bayern zu sein, erwarteten Kimmichs Partner höher. Ihr Pressingsystem verlief sich immer.
Natürlich sollte dieser neue Querpass-Leon kein Dauerzustand sein, Goretzkas primäre Fähigkeit ist sein Zug zum Tor. Etwas, worauf er weitgehend an diesem Abend verzichtete. Ab und an verlangsamte er das Spiel auch, wo Schnelligkeit und Tiefe die Devise hätten sein sollen. Nach der (berechtigten) Kritik der vergangenen Monate, war es aber ein Schritt in die richtige Richtung.
3. Der Kane-Effekt: Der 10 ½er
Mit Harry Kane hat der FC Bayern endlich einen echten Neuner im Kader. Dumm nur, dass er gegen Werder mehr Zehner war. Die Bayern fanden ihren neuen “Neuner” lange Zeit kaum, Kane ließ sich fallen (wie vor dem 1:0), rückte auf die Flügel. In Abschlussposition kam er bis auf sein Tor selten.
Doch sollte dies sein Spiel und vorallem den Effekt seiner schieren Präsenz nicht schmälern. Jeder kennt Harry Kane und seine Klasse. Dadurch werden nun ganz automatisch Verteidiger auf einen Zentrumsspieler gebunden, die in der letzten Saison noch bei Sané und Musiala waren.
Die frische Frühform dieser Spieler, sowie von Davies und etwas weniger Mazraoui hat auch mit dem erneuten Fokus der Gegenspieler auf eine Bayern-Neun zu tun. Musiala zeigte sich dribbelstark, wie lange in der vergangenen Rückrunde nicht. Davies möchte den Verdacht einer erneuten Formkrise zu Saisonbeginn anscheinend gar nicht erst aufkommen lassen. Machte zwei Scorer und dribbelte sich mit einer Klasse durch seine Gegenspieler, die er im schnöden Liga-Alltag in den letzten Jahren nicht immer zeigte.
Leroy Sané indes war nicht nur wegen seiner zwei Tore der beste Mann auf dem Platz. Dribbelte, sprintete, drehte sich durch die bemitleidenswerte Bremer Abwehr. Der neue Raum um Kane herum, tut ihm gut und beim 1:0 erinnerte er gar bei der Chemie an Kanes alten Spurs-Partner: Son Heung-min.