VfL Wolfsburg – FC Bayern München 6:5 N.E. (1:1, 0:0)
Falls Ihr es verpasst habt:
Im Gegensatz zu den letzten Jahren konnte Pep Guardiola auf den Großteil seines Kaders bauen. Lediglich die Langzeitverletzten Franck Ribery und Holger Badstuber fehlten erwartungsgemäß. Zugleich markierte die Partie einen Umbruch. Zum ersten Mal seit über 13 Jahren konnte der Trainer der Münchner nicht auf Bastian Schweinsteiger bauen. Pep Guardiola, der mit der Mannschaft insgesamt eine Woche Vorbereitungszeit seit der China-Reise hatte, setzte daher auf die aktuell wohl stärkste Elf. In einem 4-1-4-1 Grundstystem bildeten Alaba, Benatia, Boateng und Lahm die Abwehr. Davor agierte in einer 1-2 Anordnung Alonso und in den offensiveren Rollen Thiago sowie Müller. Costa kam über den linken Flügel. Auf der anderen Seite Robben. Die Sturmspitze bildete Lewandowski.
Der FC Bayern kam gut in die Partie und Costa zeigte gleich zu Beginn, dass er mit Hilfe seiner Schnelligkeit Gegner aussteigen lassen kann. Den Flanken mangelte es aber zu meist an Präzision (u.a. 2.). Bayern versuchte gerade zum Start der Partie immer wieder mit langen, diagonalen Bällen auf Costa und gelegentlich auf Robben Räume auf den Flügel-Positionen entstehen zu lassen. Diese Herangehensweise glückte aber nur in der Anfangsviertelstunde. Später orientierten sich die Gegenspieler Vieirinha und Rodriguez stärker an Costa bzw. Robben und unterbanden zumeist diese taktische Variante.
Wolfsburg wartete zunächst ab und lauerte auf Konter. Zumeist endete dies mit viel Ballbesitz der Münchner in der Abwehr, die sich dann als Dreierkette mit Benatia im Zentrum, sowie Alaba und Boateng auf den Außenpositionen formierte. Da Wolfsburg vor allem das Zentrum gut dicht hielt, hatten weder Thiago (25 Ballkontakte zur Halbzeit) noch Müller (16 Ballkontakte zur Halbzeit) große Spielanteile. Beide orientierten sich vielleicht einen Tick zu offensiv bzw. ließ sich Alonso immer wieder sehr stark fallen, um dem Pressing der Wolfsburger auszuweichen. Mit der Folge, dass die Abstände zwischen den drei genannten Spielern zu groß und der Spielaufbau dadurch merklich eingeschränkt wurde, da er sich stark auf die Außenbahn fokussierte. Pep Guardiola griff zwar immer wieder regulierend von außen ein, aber auch ein Positionstausch von Robben und Müller brachte zunächst keine spürbare Verbesserung. Erst der Wechsel auf ein 3-3-4 System brachte gegen Ende der 1. Halbzeit wieder etwas mehr Spielkontrolle, die aber nur selten in wirkliche Torgefahr umgemünzt werden konnte. Die größte Chance vergab Costa nach einem Konter in der 26. Minute in einer Phase, als Wolfsburg die Partie aus ihrer Sicht besser in den Griff bekommen hatte. An dieser Stelle ist Perisic zu nennen. Er bereite den Münchnern des Öfteren Problem, wenn er sich auf der ballfernen Seite positionierte und nach einem diagonalen Zuspiel viel Raum hatte.
Erschwerend aus Sicht der Münchner häuften sich individuelle Fehler im Aufbau. Mal war es Alonso, Lahm und am Ende der Halbzeit Neuer, die immer wieder gefährliche Chancen für die Wolfsburger selbst kreierten. Die größte hatte De Bruyne, als der Belgier nach einem langen Ball schneller war als Benatia. Neuer versuchte durch Herauslaufen die Situation zu klären, verschätzte sich, jedoch traf De Bruyne das leere Tor aus gut 18 Metern nicht (41.). Darüber hinaus konnten viele zweite Bälle nach einem selbst gut initiierten Pressing nicht erobert werden. Im Gegenteil: Befreiungsschläge waren für die Wolfsburger mitunter die gefährlichsten Elemente im Spielaufbau.
In der Halbzeit gab es keine personellen Wechsel, aber Pep Guardiola baute nun auf eine klare Vierkette mit einer Doppelsechs aus Alonso und Thiago um. Dies war gleich zu Beginn von Erfolg gekrönt. Durch die Verschiebung konnten die Außenverteidiger Lahm und Alaba sich stärker in das Offensivspiel einbinden. Die langen öffnenden Bälle spielte nun nicht mehr Alonso, sondern Boateng. Wie auch in 49. Minute. Sein langer Pass fand Costa, der sich gegen Vierinha durchsetzte. Die scharfe Hereingabe legte Lewandowski unfreiwillig für Arjen Robben auf, der zum 1:0 verwandelte. Im Anschluss an diesen Treffer hatten die Münchner für 10-15 Minuten durchaus Oberwasser und spielten weiter auf einen zweiten Treffer und die mögliche Vorentscheidung. In der Summe wurden viele Angriffer nur unzureichend ausgespielt, so blieb es beim 1:0 für den Rekordmeister.
Dieter Hecking reagierte früh und brachte zunächst Schürrle (63.), wenig später noch Bendtner und Kruse (70.). Durch diese Wechsel verschob De Bruyne auf die rechte Seite. Die Münchner zeigten sich zunächst unbeeindruckt durch die gestärkte Offensive und konnten sich aus dem nun wesentlich offensiver vorgetragen Pressing der Wolfsburger gut befreien. Wolfsburg wurde nur dann gefährlich, wenn es ihnen gelang einen Innenverteidiger aus der Viererkette raus zu ziehen. So erspielten sich die Wölfe eine Chance, die Dost zum Ausgleich (58.) ungenutzt ließ. Dieses Angriffsmuster setzte sich häufig im Verlauf der zweiten Halbzeit fort. Kruse oder Bendtner zogen einen Innenverteidiger raus, der Stürmer legte auf einen Mittelfeldspieler ab und dieser versuchte den Steilpass auf De Bruyne. Der Belgier sollte dann wiederum den Doppelsturm des 4-4-2 anspielen. In den meisten Szenen konnten die Bayern dieses Angriffsmuster zwar noch unterbinden. Mit der Folge, dass Wolfsburg gefährliche Standardsituationen hatte.
Pep Guardiola reagierte auf dieses System und brachte Rafinha für Lewandowski, um das Mittelfeld zu stärken. Wenig später kam dann noch Vidal für Thiago. Der Chilene erhielt viel Applaus von den mitgereisten Fans. In der Schlussphase kam noch Götze für Müller. Durch die Umstellungen und vor allem den frischen Vidal gewannen die Bayern wieder stärker die Oberhand im Mittelfeld und hatten einige gute Kontermöglichkeiten. Die größte Möglichkeit vergab Lahm, als sein Zuspiel zu ungenau war und drei freie Mitspieler nicht fand (82.). Wolfsburg war zu dieser Zeit nur noch durch Fernschüsse gefährlich, konnte aber in der 89. Minute einen perfekten Angriff herausspielen. Wie beschrieben, zog Kruse Benatia aus dem Abwehrzentrum, Vierinha spielte einen Steilpass auf De Bruyne. Alaba stand zu weit weg vom Belgier und dessen Hereingabe verwertete der wieder in die Spitze stoßende Bendtner. Der zu diesem Zeitpunkt etwas glückliche, aber in der Summe nicht gänzlich unverdiente Ausgleich.
So ging es bereits zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit ins Elfmeterschießen. Hier verloren die Münchner wie auch gegen Gladbach und Guangzhou. Xabi Alonso scheiterte am katzenartigen Reflex von Casteels. Manuel Neuer hatte keine Chance gegen die allesamt gut geschossenen Elfmeter der Wolfsburger. Somit verlor Pep Guardiola abermals das Spiel um den deutschen Supercup.
3 Dinge, die auffielen
1. Douglas Costa als Faktor in der Offensive
Es waren nicht mal 120 Sekunden gespielt als Douglas Costa bereits das erste Mal seinen Gegenspieler Vierinha überlaufen hatte. Nach einem guten diagonalen Pass konnte er sich im Sprintduell behaupten und seinen Gegenspieler stehen lassen. Zwar fand seine Flanke keinen Abnehmer, doch zeigte diese Szene sinnbildlich, dass der FC Bayern eine Alternative für Franck Ribery in der Offensive gefunden hat. Durch seinen unglaublichen Antritt konnte er sich immer wieder gegen Vierinha durchsetzen, dessen Aktionsradius in der Offensive durch eine verstärkte Mannorientierung auf Costa bis auf wenige Ausnahmen stark eingeschnitten war. Bis zur 1:0 Führung war es eher seine linke Seite, die für Gefahr sorgte. Kein Wunder, dass der Treffer der Münchner durch einen Antritt von Costa maßgeblich eingeleitet wurde.
Allerdings zeigte Costa auch noch viel Verschnitt in seinen Aktionen, die häufig von Nervosität geprägt waren. So versuchte er an einigen Stellen zu kompliziert Alaba oder Thiago in Szene zu setzen. Die Folge waren einfache Ballverluste. Mit 62,5% Passquote war er der schwächste Münchner, die insgesamt „nur“ auf 84% kamen. Ein unterdurchschnittlicher Wert in den Zeiten von Pep Guardiola.
Positiv an dieser Stelle herauszuheben ist allerdings seine defensive Cleverness. In der 21. Minute spielten die Münchner einen Eckball schlecht aus, aber Costa konnte den ballführenden Wolfsburger stellen und zumindest mit einem taktischen Foul stoppen. Diese Art der Konterunterbindung ist den Münchnern damals beim 1:4 im Winter 2015 nicht geglückt. Auch sonst konnte er hin und wieder Alaba unterstützen. Im weiteren Spielverlauf aber nicht nachhaltig genug. So konnte Costa den Steilpass auf De Bruyne nicht unterbinden. Die Folge war der späte Ausgleich der Wolfsburger. Zudem wurde offensichtlich, dass Costa das Pressingsystem von Pep Guardiola noch nicht vollenends verinnerlicht hatte, was immer wieder zu größeren Räumen für die Wolfsburger führte bzw. zu Unterzahlsituationen für Alaba. Dieses Manko nutze Dieter Hecking geschickt aus, indem er De Bruyne ab der 60. Minute aus dem Zentrum auf die rechte Angriffsseite zog.
2. Die Probleme des Xabi Alonso
Mit dem Abgang von Bastian Schweinsteiger wächst die Verantwortung von Xabi Alonso. So vertraute Pep Guardiola dem Spanier auch in diesem Spiel die Rolle als alleiniger Sechser an. Vor allem in der 1. Halbzeit hatte Alonso aber immer wieder Probleme den Spielaufbau der Münchner nachhaltig zu prägen. Lange öffnende Bälle auf Robben oder Costa waren meist ungenau. Nur drei seiner sieben langen Pässe kamen an. Zudem stimmte die Abstimmung mit seinen Mittelfeldkollegen Thiago und Müller nicht. Die Folge waren riesige Löcher im Bayern-Mittelfeld. Es zeigte sich ein Mal mehr, dass Alonso Druck durch Pressing nicht mag. Er weicht bei diesen Szenen gerne einen Schritt zu viel zurück. Mit der Folge, dass die Abstände zu seinen Vorderleuten nicht stimmten und der Spielaufbau ins Stocken geriet. In der zweiten Halbzeit beorderte Pep Guardiola Thiago neben Xabi Alonso. Thiago war so besser in den Spielaufbau integriert. Die langen Zuspiele kamen nun von Jeorme Boateng. Dieser brachte sieben von neun Pässe an. Alonso überzeugte immerhin in der Phase zwischen der 65. – 85. Minute mit klugen Pässen im engen Raum. Hier konnte er auf der rechten Seite Szenen gut auflösen und Angriffe initiieren. Mit dem ursprünglichen Plan der Spieleröffnung hatte dies aber nur noch wenig zu tun.
Auch defensiv zeigte Alonso Licht und Schatten. Mit einer Zweikampfquote von 60% war er der beste Münchner, die insgesamt nur 40% ihrer Zweikämpfe gewannen. Hinzu kamen fünf abgefangene Pässe und vier Klärungen. Allerdings hatte er defensiv mit der Umstellung auf die Viererkette zu kämpfen. Die höhere Rolle konnte er nicht so gut ausführen. Immer wieder mussten Boateng oder Benatia aushelfen, weil Alonso zu passiv reagierte und nicht richtig zum Ball verschob.
In der Summe muss sich Alonso steigern, will er gegen die Top-Teams der Bundesliga bzw. der internationalen Klasse weiterhin in der Startelf stehen. Gerade seine große Pressinganfälligkeit ist ihm gegen Wolfsburg abermals zum Verhängnis geworden und wurde von den Gastgebern überwiegend gut ausgenutzt. Hinzu kam ein individueller Fehler, der eine gute Möglichkeit für die Wolfsburger einleitete.
3. Der fehlende letzte Pass oder fehlende Genauigkeit
Nur einen Schuss auf das Tor zählt die Datenbank whoscorred.com. Immerhin konnte diese Chance zur zwischenzeitlichen Führung verwertet werden. Die Möglichkeit das Spiel zu entscheiden, wurde aber durch mangelnde Genauigkeit verpasst. An dieser Stelle könnte der Name nahezu jedes Spielers stehen – die Abstimmung in vielen Mannschaftsteilen stimmte noch nicht. Bereits erwähnt wurden Alonso und Costa, aber auch Müller, Robben und Lahm zeigten immer wieder Ungenauigkeiten in den Zuspielen. In der Phase der Vorbereitung sind solche Fehler aber durchaus noch erwartbar und nichts völlig Ungewöhnliches. Ärgerlich sind sie trotzdem, vor allem dann, wenn es sich dabei um den letzten Pass handelte, wie etwa in der Szene von Philipp Lahm. Aber auch zwei oder drei Steilpässe kamen in der Phase um die 75. Minute zu spät. So standen die Mitspieler meist im Abseits. Hier fehlte es in der entscheiden Phase des Spiels an Konzentration und Entschlossenheit. Weiterhin fehlte es in einigen Szenen an der nötigen Gradlinigkeit. Bildlich in der 26. Minute als Costa nicht den Abschluss suchte, sondern den umständlicheren Weg des Doppelpasses. Diese Faktoren führten schlussendlich zum späten Ausgleich und der Niederlage im Elfmeterschießen. Hier hat das Trainer-Team noch viel Arbeit vor sich.
4. Gesetzmäßigkeiten
Es gilt die alte Regel: Im Finale wechselt man einen Müller nicht aus.
— miasanrot (@miasanrot) 1. August 2015
VFL WOLFSBURG – FC BAYERN 6:5 N.E. (1:1, 0:0) | |
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VfL Wolfsburg | Casteels – Vieirinha, Naldo, Klose, Rodriguez – Guilavogui, Arnold – Caligiuri (63.Schürrle), De Bruyne, Perisic (70. Kruse) – Dost (70. Bendtner) |
FC Bayern | Neuer – Lahm, Boateng, Benatia, Alaba – Alonso – Robben, Müller (84. Götze), Thiago (74. Vidal), Costa – Lewandowski (72. Rafinha) |
Bank | Ulreich, Bernat, Rode, Kimmich |
Tore | 0:1 Robben (49.), 1:1 Bendtner (89.) Elfmeterschießen: 1:2 Vidal, 2:2 Rodriguez, Alonso scheitert an Casteels, 3:2 De Bruyne, 3:3 Robben, 4:3 Schürrle, 4:4 Lahm, 5:4 Kruse, 5:5 Costa, 6:5 Bendtner |
Karten | Gelb: Guilavogui, Naldo, Perisic / Costa, Vidal |
Zuschauer | 30.000 (‚ausverkauft‘) |