Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Die Nachricht der Verpflichtung von Matthias Sammer als neuer Sport-Vorstand des FC Bayern kam zum Zeitpunkt kurz nach dem Ende der Fußball-Europameisterschaft überraschend. Dass Sammer eine prominente Position bei den Bayern übernimmt überrascht dagegen weniger. Der Name des ehemaligen DFB-Sportdirektors war immer mal wieder im Zusammenhang mit dem FCB genannt worden. Sein guter Draht zu Uli Hoeneß, seine familiäre Nähe zu München und die direkte Nähe zum Verein durch seinen Sohn, der im Mittelfeld der U17 kickt kickte, waren auch öffentlich schon thematisiert worden. Klar ist: Sammer hat auf Grund seiner Persönlichkeit und Erfolge als Spieler, Trainer und DFB-Sportdirektor schon von vornherein ein anderes Standing als es sich sein Vorgänger Christian Nerlinger in drei Jahren als Sportdirektor erarbeiten konnte. Die Berufung in den Vorstand, die Nerlinger verwährt blieb unterstreicht dies.
Sammer hat es geschafft innerhalb weniger Tage zumindest öffentlich wieder eine Aufbruchstimmung rund um den Verein zu erzeugen. Die schmerzhaften Niederlagen der vergangenen Saison sind nicht mit seiner Person verbunden – allein deshalb gelingt es ihm in seinen ersten Auftritten den Blick direkt nach vorn zu richten.
Was also ist inhaltlich von Matthias Sammer als neuem Sportchef zu erwarten?
Der Bayern Blog analysiert in einer Serie die wichtigsten Aufgabenbereich von Sammer im Hinblick auf seine Pläne und Konzepte in diesem Bereich.
Teil 1 Jugendarbeit
Hoeneß und Rummenigge haben diesen Bereich ganz klar als Schwachpunkt erkannt – ein Blick in die Juniorennationalteams zeigt, dass der FC Bayern hier keine herausgehobene Rolle spielt und gerade im Vergleich mit Teams wie Dortmund, Stuttgart oder Leverkusen sehr wenige Spieler stellt. Die letzten Titel im Jugendbereich (2007 B-Jugend, 2004 A-Jugend) liegen ebenfalls Jahre zurück. Die diesjährige Finalteilnahme der U19 war ein Lichtblick.
Schon Nerlinger war damit beauftragt worden eine neue Konzeption zu entwickeln. Hans-Jörg Butt als Jugendkoordinator, Michael Tarnat als Jugendscout, Marc Kienle als neuer A-Jugendtrainer, der ex-Freiburger Cheftrainer Marcus Sorg als neuer B-Jugendtrainer und nicht zuletzt Mehmet Scholl als Trainer der Zweiten Mannschaft, die wieder zum Bindeglied zwischen Jugend und Profis werden soll, sind personell damit beauftragt diese Konzeption umzusetzen. Sammer hat beim DFB bewiesen, dass er in der Lage ist konzeptionell Strukturen in der Jugendarbeit zu schaffen und auch Personell mutige Entscheidungen zu treffen. Dass der DFB im Jahr 2009 erstmals von der UEFA mit der Maurice-Burlaz-Trophäe für die beste Jugendarbeit ausgezeichnet wurde, ist auch Sammers Verdienst. Er kennt wie kein Zweiter die größten deutschen Talente bis hinunter in den U12-Bereich und will dafür sorgen den FC Bayern wieder zum Vorreiter im Nachwuchsbereich zu machen. Er hat bereits angekündigt die Vorarbeit von Nerlinger zu nutzen und sukzessive zu erweitern. Spannend wird sein, ob er den eingeschlagenen Weg von Nerlinger in Zukunft verstärkt im regionalen bayerischen Raum nach Talenten zu scouten, fortführt, oder seine Kenntnisse über junge Spieler in ganz Deutschland nutzt, um die besten Talente frühzeitig von anderen Vereinen abzuwerben.
Sammers ganzheitliches Ausbildungskonzept
Ein Blick in Sammers lesenswertes Ausbildungskonzept beim DFB mit dem Titel „Der weite Weg zum Erfolg“ lässt erste Schlüsse zu worum es dem 44-Jährigen inhaltlich geht. Neben Fitness, Taktik und der Persönlichkeitsentwicklung legt Sammer bei der Ausbildung junger Spieler höchsten Wert auf technische Fertigkeiten wie die Ballan- und Mitnahme unter Druck. Fähigkeiten die insbesondere die zentralen Spieler der Spanischen Nationalmannschaft und des FC Barcelonas, aber auch die aktuellen und ehemaligen Dortmunder Shinji Kagawa, Mario Götze, Marco Reus und Robert Lewandowski exzellent beherrschen. Auch Mesut Özil gehört mit in diese Reihe. Gerade gegen tiefstehende Gegner fiel es den Münchenern (und im Übrigen auch der Deutschen Nationalmannschaft) häufig schwer schnell und präzise durch die Mitte zu kombinieren. Gerade bei Bayern war die Fokussierung auf die dribbelstarken Außenpositionen Robben und Ribery und die damit einhergehende Ausrechenbarkeit eins der Kerndefizite der letzten Jahre. Mit Blick auf das Spielerpersonal in den zentralen Offensivpositionen von Mario Gomez, über Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller bis hin zu Toni Kroos, wird auch deutlich woher diese Ausrechenbarkeit rührt. Alle Genannten sind eher Raumdeuter, die in der Lage sind sich Räume auf dem Feld zu erarbeiten und diese dann für Torabschlüsse und Tor-Vorbereitungen zu nutzen. Quirlige, ballgewandte Kombinierer auf engstem Raum sind alle vier genannten Spieler nicht. Fehlende Räume im Zentrum gegen tiefstehende Gegner erschweren ihre Spielweise und verleiten zu zahlreichen Querpässen auf die Außenpositionen. Sicherlich ist dieser Aspekt nur ein Teil von Sammers Ausbildungskonzeption aber durchaus ein Schwerpunkt in der Ausbildung junger Spieler, die dem FC Bayern in Zukunft durchaus helfen kann.
Tandem Sammer-Scholl als Problem?
Fraglich ist wie das Tandem Sammer-Scholl in Zukunft funktioniert. Der dringend erforderliche Aufstieg der „Kleinen Bayern“ in die 3. Liga, soll schon in diesem Jahr mit Verpflichtungen wie der von Tobias Schweinsteiger, Altin Lala oder Stefan Buck gelingen. Spätestens in der dritten Liga kommt der zweiten Mannschaft dann wieder eine Schlüsselrolle beim Übergang von der Jugend zu den Profis zu. Das hohe Niveau der dritten Liga ist für 17 – 19 Jährige der optimale Gewöhnungsprozess an höhere Aufgaben wie die Entwicklung von Bastian Schweinsteiger, Phillip Lahm, Holger Badstuber, aber auch Mats Hummels und mit Abstrichen Zvezdan Misimovic oder Paolo Guerrero gezeigt hat. Sammer wird eine Unterordnung der Zweiten Mannschaft unter seine Ausbildungskonzeption und die Bedürfnisse der ersten Mannschaft erwarten. Soweit so logisch – die Frage ist aber dennoch ob sich ein ambitionierter wie eigenwilliger Typ und Trainer wie Scholl in Trainingssteuerung und Spielphilosophie hereinreden lassen wird. Scholl ist kein reiner Ausbildungstrainer wie in den Jahren zuvor Hermann Gerland oder Stefan Beckenbauer, sondern wird die Station nutzen wollen um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Allein von der Mentalität und der fußballerischen Philosophie könnte es hier Reibungspunkte zwischen Scholl und Sammer geben.
Man darf insgesamt mit großer Vorfreude auf die zukünftige Entwicklung im Jugendbereich unter Sammer blicken. Mit Emre Can und Neuzugang Mitchell Weiser klopfen aktuell zwei junge Spieler an den Kader der Profis. Sie werden sich jedoch zunächst dauerhaft in der zweiten Mannschaft beweisen müssen. Sammers Ansprüche an gute Nachwuchsarbeit sind die Allerhöchsten – lässt man ihm anders als beim DFB, bei dem ihm die Zuständigkeit für die U21 quasi aberkannt wurde, wirklich freie Hand um sein ganzheitliches Konzept umzusetzen, ist in den kommen Jahren in diesem Bereich sehr viel zu erwarten.