Die Schweinsteiger-Diskussion – ein Déjà vu

Steffen Trenner 01.08.2013

Das Zitat könnte in diesen Tagen enstanden sein, da Bayerns Co-Kapitän Bastian Schweinsteiger nach der Verpflichtung von Thiago Alcantara von einigen Journalisten mal wieder in Frage gestellt wird. „Schweinsteiger rutscht ins Abseits“, titelt die Süddeutsche. „Schweinsteiger rätselt, wo für ihn noch Platz ist“, schreibt die WELT. In Wahrheit stammt das obige Zitat aber nicht aus dem August des Jahres 2013, sondern aus dem August des Jahres 2012. Der neue Spanier hieß damals nicht Thaigo, sondern Martínez. Die Diskussion um Schweinsteiger war die Gleiche. Es wirkt wie ein großes Déjà vu.

Fraglos befand sich Schweinsteiger nach der Saison 2011/2012 mit dem verlorenen Champions League-Finale, mit einer persönlich enttäuschenden EM in einer schwierigen Situation. Dass sich der damals 27-Jährige aufgeopfert hatte, monatelang mit Schmerzen durchspielte, wurde kaum thematisiert. Vielmehr stellten sich im Sommer 2012 viele die Frage wie stabil Schweinsteigers Psyche nach dem Albtraum der Finalniederlage und der verkorksten EM noch war. „Was ist bloß los mit Bastian Schweinsteiger?“, fragte die Augsburger Allgemeine Zeitung. „Schweinsteiger verliert den Spaß am Fußball“, orakelte der FOCUS. BILD nannte Schweinsteiger vor dem Saisonauftakt im Pokal gegen Regensburg nur noch „Bayerns Sorgenfall“. Momentan wirkt die Debatte ein wenig so, als hätte die Saison 2012/2013 mit einem historischen Triple und einem glänzenden Anführer Bastian Schweinsteiger einfach nicht stattgefunden. Dass Schweinsteigers Wahl zum Fußballer des Jahres in dieser Woche von einer Diskussion über eine Abstimmungs-Panne überlagert und durch den Begriff „Zufalls-Sieger“ konnotiert wird, passt da ins Bild.

Aus meiner Sicht gibt es genau einen Faktor, der darüber entscheiden wird, ob Bastian Schweinsteiger in der Saison 2013/2014 in den wichtigen Spielen des FC Bayern als Anführer auf dem Platz stehen wird oder nicht. Seine Fitness. Schweinsteiger, der nicht die natürliche Physis eines Franck Ribéry’s oder Xerdan Shaqiri’s besitzt, war immer dann Weltklasse wenn er richtig  fit war. Im Sommer 2010 oder im Spätherbst 2012. Wenn Schweinsteiger die Spritzigkeit fehlt, dann wirkt er durchaus manchmal ein wenig schwerfällig, wie es ihm Kritiker immer wieder vorwerfen. Gerade wenn Guardiola sein neues 4-1-2-3-System dauerhaft umsetzen sollte, ist die alleinige 6 wie gemacht für den 29-Jährigen. Er kann die Mannschaft wie ein Quarterback von hinten antreiben und dirigieren. Er kann das Spiel schnell machen, verschleppen, verlagern und zudem in der Rückwärtsbewegung durch sein immer besser gewordenes Stellungsspiel große Räume abdecken. Auch für eine der Halbposition hat er aus meiner Sicht alle Anlagen, aber die natürliche Position wäre für ihn auch im 4-1-2-3 die 6.

Wie absurd die momentane Diskussion ist, zeigt auch, dass anscheinend völlig ausgeblendet wird, dass Schweinsteiger erst seit knapp zehn Tagen voll ins Mannschaftstraining eingestiegen ist. Auch deshalb hat Thiago im Großteil der Vorbereitungsspiele den Vorzug bekommen.

Die Verpflichtung von Thiago, dessen Stärken aus meiner Sicht ohnehin eher auf der 8 zur Geltung kommen, kann übrigens sogar dabei helfen Schweinsteiger auch in dieser Saison dringend notwendige Regenerationspausen zu ermöglichen. Schon Heynckes hat darauf in der Endphase der Saison großen Wert gelegt und ihn zwischen dem 28. und 33. Spieltag überhaupt nicht eingesetzt. Durch Thiago und mit Abstrichen Toni Kroos, gibt es zum ersten Mal zwei Spieler, die Schweinsteigers herausragende Fähigkeiten in der Mittelfeldzentrale zumindest in einigen Spielen ersetzen können. Das ist für Schweinsteiger sogar eher von Vorteil.

Wenn Bastian Schweinsteiger in wenigen Wochen seine körperliche Top-Verfassung erreicht und trotzdem in wichtigen Spielen auf der Bank sitzen sollte, bin ich bereit eine Diskussion über die zukünftige Rolle von Bastian Schweinsteiger beim FC Bayern zu führen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist mir ein Abgesang auf den Champions League Sieger und siebenfachen deutschen Meister zu früh. Viel zu früh. Schließlich hatten wir all das schonmal… In diesen Tagen… Vor knapp einem Jahr.