Der FC Bayern steht in den kommenden Jahren vor wegweisenden Personalentscheidungen im sportlichen Bereich. Es geht um die Neustrukturierung der Jugendarbeit und die Organisation des Umbruchs einer der erfolgreichsten Mannschaften in der Geschichte des FC Bayern. Es wird die Königsaufgabe der kommenden Jahre diese Mannschaft im Erfolg zu erneuern.
Der Rekordmeister hat am heutigen Donnerstag Fakten geschaffen und mit dem hochgelobten Leverkusener Kader-Manager Michael Reschke einen neuen technischen Direktor verpflichtet. Auf Wunsch von Sportvorstand Matthias Sammer. Beide werden gemeinsam entscheidenden Anteil an der Lösung der beschriebenen Aufgaben haben.
Doch wer ist Michael Reschke? Wie tickt der 56-Jährige und welche Schwerpunkte setzt er in seiner Arbeit? Ich habe mit kicker-Redakteur und Leverkusen-Experte Frank Lußem, der Reschke seit über 40 Jahren kennt und der in der Jugend auch unter dem Trainer Reschke spielte, gesprochen:
Herr Lußem, Michael Reschke wird neuer technischer Direktor beim FC Bayern werden. Wie bewerten Sie diesen Schritt?
Frank Lußem: Für ihn ist das nach 35 Jahren Leverkusen und mit 56 Jahren noch einmal ein völlig unerwarteter Step. Eine Chance, die er sich nicht entgehen lassen durfte. Zumal ich denke, dass seine Fähigkeiten dem FC Bayern großen Nutzen bescheren können.
Reschke stand in der öffentlichen Wahrnehmung im Schatten von Rudi Völler. Welche Aufgaben hatte Reschke in Leverkusen?
Frank Lußem: Er war – in enger Abstimmung mit Völler und Scouting-Chef Jonas Boldt – der Kaderplaner, der Mann, der in den weitaus meisten Fällen die Verhandlungen führte, ehe Rudi Völler dann finalisierte. Reschke ist ein Mann für die Tribüne, einer, der Fußball schaut und versteht, der Spieler einschätzen kann. Er ist aber auch einer, der zu den Familien der Spieler geht. Er ist keiner für die Kamera, keiner für die erste Reihe. Insofern passt er eigentlich bombig. Das ist übrigens einer seiner Lieblingsausdrücke.
Gelobt wird Reschke für die guten Südamerika-Drähte und eine Vielzahl kluger Transfers der Leverkusener in der Vergangenheit. Wie arbeitet Reschke? Auf was legt er beim Scouting wert?
Frank Lußem: Sein Netzwerk ist groß und seine Bereitschaft, quer durch die Welt zu reisen, um Verstärkungen zu suchen, noch größer. Reschke ist keiner, der bei Sky scoutet. Es besitzt Tradition in Leverkusen, dass man Spieler auch in ihrem sozialen Umfeld beobachtet. Das meinte ich damit, als ich sagte, er geht auch in die Familien. Er saß bei Thiago Silva ebenso auf der Couch wie bei Kyriakos Papadopulous. Und wenn er auch weder den einen noch den anderen kriegen kann, dann zieht er eben ein Haus weiter. Er verfügt über einen burschikosen Charme, der in die Szene passt. Reschke ist authentisch, irgendwo eine Mischung aus Hermann Gerland und Peter Hermann, weil er ebenso wie der nicht vor jedes Mikro rennt. Die klugen Transfers waren häufig auch den Bedingungen in Leverkusen geschuldet, samt der Optionen, Rückkaufrechte, Beteiligungen bei Weiterverkauf. Anders hätte ein Klub wie Bayer einen Schürrle, einen Carvajal, einen Heung-Min Son nicht bekommen. Da hat er es beim FC Bayern, aufgrund der Stellung des Klubs und der wirtschaftlichen Potenz, wahrscheinlich sogar einfacher. Er ist der Mann, der dem FC Bayern unglaublich viel Geld sparen kann, wenn man ihn so weiter arbeiten lässt, wie er das in Leverkusen getan hat.
Es wird öffentlich sehr stark über die Rolle von Matthias Sammer in München diskutiert. Ist die Verpflichtung von Reschke nach ihren Informationen eine Stärkung oder eher eine Schwächung des Bayern-Vorstands?
Frank Lußem: Da habe ich zu wenig Einblick. Aber Michael Reschke ist kein Typ für unklare Verhältnisse. Ich denke, es wird eine Stärkung des Teams sein. Und das ist auch beim FC Bayern ein Vorteil.
Frank Lußem ist seit 1980 beim kicker und inzwischen Leiter der West-Redaktion. Auf Twitter findet Ihr Ihn hier.
Danke für die Einblicke.
Auch von mir vielen Dank für das Interview.Wollen wir hoffen das er beim FC Bayern auch so eine gute Arbeit machen kann bzw darf…
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[…] Der neue Kadermanager, vor der Saison nach 35 (!) Dienstjahren von Bayer Leverkusen zum FC Bayern gewechselt, gibt recht selten Interviews – der Kölner Zeitung „Express“ gegenüber äußerte sich 56-Jährige jetzt zu seinem neuen Job. Auch wenn er genaue Angaben zu seinen Tätigkeiten in München weiterhin vermeidet (der „Express“ fragte auch nicht explizit danach), so ist es interessant zu hören, dass selbst jemand, der so lange wie er im Fußballgeschäft tätig ist, vom Verein beeindruckt ist. Auch die offene Art, wie er mit seinen sparsamen Auftritten in der Öffentlichkeit umgeht, ist beim FC Bayern ein, vielleicht entscheidender, Kontrast zu Matthias Sammer. „Ich habe noch nie meinen Namen gegoogelt“, sagt womöglich schon am meisten darüber aus, wie die Gewichtung zwischen persönlichem Erfolg und Unterordnung im Verein aussieht. Würde Reschke seinen Namen googeln, abseits der News würde er wohl auch nicht viel finden. Dass es in der Bundesliga noch Leute wie Reschke gibt, die für einen Verein so unheimlich wichtig sind, ohne öffentlich aufzutreten, ist weiterhin schwer zu glauben – aber in gewisser Form auch romantisch. Steffen, sprach übrigens kurz nach der Verpflichtung von Reschke mit Kicker-Redakteur und Leverkusen-Insider Frank Lußem über den neuen Mann. Das Interview findet ihr hier. […]