Personalentwicklung des FC Bayern – Ein Blick auf Kosten, Spielerwerte und Transfers
Nach den zwei bitteren Spielzeiten, in denen man nicht an Borussia Dortmund vorbeiziehen konnte und sich mit den ungewohnten zweiten Plätzen begnügen musste, kündigte die Vereinsführung eine neue Transferoffensive und die Verbreiterung des Kaders an. 40-Millionen-Mann Javi Martínez kam als eine der teuersten Neuverpflichtungen nach München, Mario Götze wechselte für eine Fabelsumme vom direkten Konkurrenten aus Dortmund. Personalkosten gehören zu den größten Aufwandsposten eines Vereins und verschlingen nicht nur beim FC Bayern Millionensummen, um Spieler (und Mitarbeiter) zu unterhalten. Der Rekordmeister weist den größten Lizenzspieleretat der Bundesliga aus und liegt mit ihm weit vor der Konkurrenz aus Schalke (#2) und Dortmund (#3), wie die Übersicht bei RP-Online zur Saison 2013/14 zeigt. Wir haben einen Blick in den Bundesanzeiger geworfen und die Entwicklung des Personalaufwands (Saison 2005/06 bis 2012/13) der FC Bayern München AG analysiert.
Entwicklung der Personalkosten
Bei der Betrachtung der Grafik wird die stetig (und steil) steigende Entwicklung der Personalkosten des FC Bayern deutlich. Von 106 auf über 200 Millionen Euro in sieben Jahren und mit einigen kleineren Rückgängen stets nach Höchstwerten strebend. Mittels blauer Linie wird der Trend symbolisiert. Die deutlichsten Sprünge verzeichnete der FC Bayern nach der Saison 2006/07 und zur Spielzeit 2012/13 – jeweils mit der Verpflichtung hochkarätiger und entsprechend teurer Spieler verbunden. Gleichzeitig liegt dem natürlich eine generelle Erhöhung des Gehaltsniveaus im Kader des FC Bayern zugrunde. Obwohl in dieser Auswertung natürlich inzwischen über 400 angestellte Mitarbeiter (2006: 384, 2013: 468) in der Verwaltung und Vereinsführung zu finden sind, ist ihr Anteil an der Entwicklung ein eher kleinerer Posten, da ihre Jahresgehälter nicht im gleichen Umfang wie die Spielerausgaben als Anstieg zu bewerten sind. Der FC Bayern listet zwischen 22 (2011/12) und 26 (2012/13) Profispieler in seiner Bilanz. Fortzuführende Gehaltszahlung bereits beurlaubter Trainer sollten im Hinterkopf behalten werden, sind aber nicht die Regel.
Das Vermögen eines Fußballvereins setzt sich aus Sach-, Finanz- und Spielerver-mögen (weiterführend Spielerwerte (SW)) zusammen, wobei eine Bewertung von letzterem durchaus schwierig fällt. Prof. Dr. Torsten Mindermann ordnet diesen Wert und seine bilanzielle Behandlung in einer Vorlesung an der Universität Greifswald (Powerpoint Präsentation) ein. Bei Spielertransfers erfolgt eine Bewertung über die „Anschaffungskosten“ (Transferzahlung + Nebenkosten (z.B. medizinische Untersuchung) + nachträgliche Anschaffungskosten (Bonuszahlungen). Der Wert eines Spielers darf nicht höher als seine Anschaffungskosten bewertet werden. Im Jugendbereich werden Einzelkosten (Versicherungen, Ausrüstung) und Gemeinkosten (Trainergehälter, Betreuung) als „Herstellungskosten“ veranschlagt. Diese Werte werden im Anschluss abgeschrieben. Schwierigkeiten bestehen auch bei der veranschlagten Abschreibungsdauer, welche die geplante Vertragslaufzeit im Verein beschreibt. Spielerwechsel vor Vertragsende, Verletzungen oder andere außergewöhnliche Ereignisse können diesen Wert beeinflussen.
Als Fazit lässt sich an dieser Stelle sagen, dass nur über Transferzahlungen aufgenommenes Spielervermögen in die Bilanz fließt, Wertminderungen berücksichtigt, Wertsteigerungen aber nicht abzubilden sind. Ein kritischer Punkt, da ein Fußballverein natürlich in erster Linie nicht auf die Verbesserung seiner Bilanz, sondern sportlichen Erfolg und die damit verbundene Weiterentwicklung seiner Spieler bedacht ist. Mit Blick auf Financial Fair Play ist dieser Wert nicht von Bedeutung, da dort nur auf den Einnahmen-Ausgaben-Vergleich geachtet wird.
Aufgrund der dargestellten Probleme werden bilanzielle Spielerwerte im weiteren Beitrag zwar beachtet, aber Gehaltsentwicklungen intensiver mit den Marktwerten verglichen. Sie Berücksichtigen Wertsteigerungen (also die Spielerentwicklung), sind aber wegen der bereits angesprochenen Gründe nicht in der Bilanz des Vereins zu berücksichtigen.
Spielerwerte sind kein optimaler Indikator
Zum Einstieg in eine ausführlichere Betrachtung lohnt der Blick auf diverse Kennzahlen, die den wirtschaftlichen Standpunkt beleuchten, oder die Beinaheverdoppelung des Personalaufwands einordnen. Der FC Bayern München – das hört man immer wieder – ist »kerngesund« und sportlich wie wirtschaftlich gut aufgestellt. Was bei Jahreshauptversammlung mal mehr und mal weniger Applaus erzeugt, lässt sich mit einem Blick auf das EBITDA, also den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, verdeutlichen. Eine Betrachtung nur mit Blick auf Umsatz zu führen ist nicht so zielführend, wie der Blick auf die operative Leistungsfähigkeit mittels EBITDA. Obwohl diese Kennzahl zwischen Spielzeiten auch um bis zu -32.46% schwankte (2010 zu 2011), legte der FC Bayern zwischen der Spielzeit 2005/06 und dem letzten Jahresabschluss 2012/13 eine Steigerung von 27 auf über 67 Millionen Euro vor. Im Durchschnitt beträgt das EBITDA über 8 Jahre etwa 34% vom Personalaufwand – dies aber nur zur Einordnung. Steigende Rentabilität ermöglicht dem Verein Investitionen zu tätigen und höhere Kosten an anderer Stelle aufzubauen. Vornehmlich und am sichtbarsten passiert das über steigenden Personalaufwand, wie die Grafik oben bereits gezeigt hat. Während das EBITDA im Zeitraum um 249.63% stieg, legte der Personalaufwand um 189.88% zu und übersteigt die Leistungsfähigkeit dementsprechend nicht.
Wie bereits ausgeführt, ist die Einordnung der Spielerwerte (Spielervermögen) aus der Bilanz und ihre Gegenüberstellung mit dem Personalaufwand nicht einfach, da die Bemessung der Spieler über die Folgejahre abgeschrieben wird und abnimmt. Eine hohe Abdeckung der Spielerwerte im Vergleich zu den Personalkosten bescheinigt dem Verein wertvolle (teure) Neuverpflichtungen in naher Vergangenheit, während niedrige Abdeckung einen höheren Rückgang des Spielerwerts symbolisiert, dem nicht durch Transfers entgegengesteuert wird. Besonders auffällig in der Grafik sind die Jahresabschlüsse 2006/07 und 2010/11. In der zuerst erwähnten Spielzeit verließen mit Deisler, Lizarazu und Jeremies drei gediente Spieler den FC Bayern in Richtung Ruhestand. Michael Ballack wechselte zu Chelsea, Zé Roberto nach Uruguay. Für ihn kamen die aus heutiger Sicht relativ günstigen Podolski, van Buyten und van Bommel für insgesamt etwa 24 Mio. Euro in den Kader. Aus der Vorsaison sogar nur Ismaël und dos Santos (11.20 Mio. Euro), welche in die Bilanz ein-gehen. 2010/11 hatte man neben dem Transfer-Neuzugang Luiz Gustavo eine Vielzahl von Leih-Rückkehrern (Kroos, Ottl, Breno) und Alaba von den Amateuren. Demichelis, van Bommel und Luca Toni verließen den Verein. Die Betrachtung der Spielerwerte im Vergleich zu den Personalaufwendungen gibt einen Hinweis auf Transferaktivitäten und die dafür eingesetzten Geldmittel. Die Aussagekraft verwässert dadurch, dass sie durch Abgänge sowie Abschreibungen starken Schwankun-gen unterliegt und den Aufstieg eines Spielers aus dem eigenen Jugendbereich nicht abbildet.
Der Transfermarkt als Indikator
Ein wichtiger Indikator für die Rechtfertigung hoher Personalaufwendungen müsste demnach an anderer Stelle gesucht werden, nicht in den Bereich der abschreibungspflichtigen Kennzahlen fallen und eine aktuelle Spielerbewertung abgeben, um Schwankungen zu verhindern. Entscheidend für eine stimmige Entwicklung der Gehälter ist beim Marktwert der Spieler zu finden, welcher über den Transfermarkt in diese Rechnung einfließt. Wird einem Fußballer ein hoher Marktwert zugerechnet, drückt dies seine Leistungsfähigkeit und den am (freien) Markt in etwa zu erzielenden Transferpreis aus. Er lässt Rückschlüsse auf eine mögliche Vergütung zu, da wertvolle Spieler entsprechende Jahresgehälter fordern und erhalten, um sie an den Verein zu binden. In dieser Kategorie hat sich der FC Bayern München in den letzten Jahren sogar »optimiert«. Im Verhältnis von steigendem Personalaufwand überwiegt der steigende Marktwert deutlich und beträgt zur Saison (2012/13) 407.30 Mio. Euro bei 202.80 Mio. Euro (~50%) Personalkosten. Bei einer Betrachtung aus Marktsicht rechtfertigt der Verein seine um 189.88% gestiegenen Personalkosten, da sich der Marktwert des Kaders im gleichen Zeitraum um 237.49% erhöhte.
Dass der FC Bayern in den letzten Jahren solide gewirtschaftet hat und seine steigenden Personalkosten rechtfertigen kann, wird im Vergleich mit den Marktwerten zumindest theoretisch deutlich, da bei Transfers selten der genaue Marktpreis aufgerufen wird. Mit Blick auf die Abgänge von Mario Gomez, Mario Mandzukic oder Toni Kroos kommt diese Theorie ins Wanken, hält aber dennoch, wie die gezeigten Grafiken verdeutlichen. Bisher konnte der Verein Abgänge unter Marktwert durch die Steigerung anderer Spieler im Kader ausgleichen. Es gibt im Moment keine Indizien, dass sich dieser positive Trend kurzfristig verändern wird. Mit Robert Lewandowski (Marktwert 50 Millionen Euro) spielt ein weiterer Marktwertführer im Trikot des FC Bayern, Sebastian Rode (Marktwert 9 Millionen Euro) verspricht eine positive Entwicklung und Abgänge verdienter, älterer Spieler wird man vermutlich erst im übernächsten Jahr näher betrachten müssen.
Die Personalkosten des FC Bayern werden mit steigender Kaderqualität auch künftig anwachsen. Ein Risiko entsteht dabei nicht, solange die Gehaltszahlungen an Spieler in direktem Verhältnis zu ihrem Markt- und sportlichen Wert stehen. Auch in Zukunft muss das Leistungsprinzip gelten.
Marktwertentwicklung durch Transfers
Die nachfolgende Tabelle wurde erstellt, um Grafiken für diesen Artikel zu generieren. Sie bietet einen tieferen Einblick in die Transferaktivitäten des FC Bayern seit der Saison 2005/06 und verdeutlicht die durch Zu- und Abgänge entstandene Wertveränderungen.
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Abkürzungen: Personalaufwand (PA), Marktwert (MW), Spielerwert (SW)
Datenquellen: Bundesanzeiger, Jahresabschluss FC Bayern München AG, Transfermarkt.de