Wohltuende Besonnenheit
Das Vorwort des Bayern-Magazins, das zu jedem Heimspiel der Münchener erscheint, ist für Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge eine beliebte Plattform geworden, um Dinge gerade zu rücken. Sein Vorwort vor dem abschließenden Bundesliga-Spiel gegen den VfB Stuttgart am Samstag macht da keine Ausnahme. Rummenigge adressiert sehr direkt die Kritik, die in den letzten Wochen auf den FC Bayern einprasselte. Ich finde es ehrlich gesagt wohltuend, dass die sich die Entscheider bei den Münchenern zumindest für den Moment nicht von der öffentlichen Diskussion anstecken lassen. Manche Journalisten, die in der Regel als gut informiert beim Rekordmeister gelten, schrieben schon nach dem 0:1-Hinspiel gegen Madrid darüber, dass nun “nur noch das Triple den Frieden an der Säbener Straße retten kann” und bezogen sich dabei auf „Insider“ beim Rekordmeister.
Ich habe zumindest was die Vorstandsetage angeht einen anderen Eindruck. Dort wird offensichtlich sehr wohl bewertet, dass der FC Bayern nach einer Triple-Saison eine insgesamt gute Saison nachgelegt hat, die bisher nur einen richtig bitteren Moment hatte. Das 0:4 gegen Madrid. Fraglos ist das kommende Pokalfinale in seiner Bedeutung gerade nach dem Ausscheiden aus der Champions League extrem aufgeladen. Es wird ein großes Spiel mit unklarem Ausgang. Eine Niederlage würde die Diskussion noch einmal extrem verschärfen. Ich bin trotzdem davon überzeugt, dass Rummenigge und Co. selbst bei einer Niederlage insgesamt gut mit dieser Saison leben können. Die spielerische Entwicklung der Mannschaft war bis zu dem deutlichen Knick am Ende in Ordnung. Das war nach dem Triple-Gewinn alles andere als selbstverständlich.
Zwischen 1990 und 2012 wurde der FC Bayern 12 Mal nicht Deutscher Meister. 10 Mal musste in diesen Saisons am Ende der Trainer gehen (Heynckes, Lerby, Ribbeck, Trapattoni, Rehhagel, Trapattoni, Hitzfeld, Magath, Klinsmann, van Gaal). Nur Hitzfeld 2002 und Heynckes 2012 überlebten eine Saison ohne Meistertitel. Mancher Trainer ging sicher zu recht und natürlich ist eine Saison ohne Titel(chance) insgesamt eine verlorene Saison für den FC Bayern. Mir hat dieses Anspruchsdenken über die Jahre trotzdem nicht unbedingt gefallen. Es muss möglich sein spielerische Entwicklungen, besondere Umstände, Kaderzusammensetzungen und vieles weitere mehr in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die öffentliche Berichterstattung, aber auch die Haltung einiger Fans machte in der Saison 2013/2014 den Eindruck, dass die Erwartungshaltung rund um den FC Bayern noch einmal gestiegen ist. Die Besonnenheit, die vor allem Rummenigge zur Zeit ausstrahlt, empfinde ich gerade deshalb als wohltuend.
Wie lang dieser Zustand anhält? Mal sehen. Eine deutliche Niederlage im Pokalfinale, ein zu erwartend holpriger Start in die Saison 2014/2015 könnte die Situation vielleicht schon wieder sehr schnell drehen. Die momentane Besonnenheit steht dem FC Bayern jedenfalls gut zu Gesicht.