Müller lieben

Thomas Müller 710: Wie ich ihn lieben lernte

Elischa Trenner 06.09.2024

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Thomas Müller auf dem Feld und neben dem Feld, das fällt auf. Ob er mit ausladenden Gesten seine Mitspieler zum Angriffspressing auffordert, oder in der inzwischen patentierten Müller-Art Fragen der Journalisten nach dem Spiel beantwortet. All das hat lange Jahre meine Nerven stark strapaziert. Das Kredo „Müller spielt immer“ wurde für mich fast schon zur Zerreisprobe. Viel lieber hätte ich doch technisch versiertere oder körperlich überlegenere Spieler in der Startelf des FC Bayern München gesehen. Stattdessen hörte ich nach durchwachsenen Leistungen der Mannschaft und von Müller häufig die augenzwinkernden Einordnungen von „Radio Müller“, für die ihn viele bewundern, die bei mir aber eher Kopfschmerzen auslösten.

Dass Müller bei Nicht- Berücksichtigung in der Startelf in der Vergangenheit häufig auch für Unruhe innerhalb des Vereins sorgte, rundete für mich das Bild ab, dass ich inzwischen vom sich rhetorisch selbst gefallenden Oberbayern gewonnen hatte. Dabei übersah oder wollte ich lange Zeit übersehen, welchen großen positiven Einfluss Müller doch auf das Spiel und die Mitspieler haben kann. Sein Auge für Offensiv- und Defensivverhalten, seine Anweisungen im Gegenpressing und seine Laufwege in der Offensive, all dies waren Gründe warum so gut wie alle Trainer für den Weilheimer Stürmer eine zentrale Rolle vorsahen.

Sämtliche Erfolge des Spielers ließen meine Meinung wie ein Sandkorn an Granit abprallen. Sollten die von mir so verabscheuten Anfeuerungsgesten an die Mitspieler vielleicht doch einen Zweck haben und nicht nur dazu dienen mich zu ärgern? Langsam arrangierte ich mich mit dem Spieler und der Medienperson Müller. Sah ihn als einer der wenigen Konstanten innerhalb der Bayernmannschaft und als Spieler mit dessen Debüt auch mein bewusstes Fantum zusammenfiel.

Diese zarte Knospe der Zuneigung ist schließlich diese Saison zur vollen Blüte gekommen. So sah ich einen Müller, der häufig von der Bank eingesetzt wurde, diese Rolle aber ohne zu Murren ausfüllte und dabei wichtige Impulse nach seiner Einwechslung setzte. Konnte zum ersten Mal unbelastet zusehen, wie er die Offensive der Bayern dirigiert und dabei die Vorlagen sammelt, die ihn auch so bedeutsam machen. Diese Position als erfahrener Anleiter ganz dem Verein und dem Erfolg verschrieben, macht für mich die Reise mit dem Rekordspieler zu einer versöhnlichen. Inzwischen ertappe ich mich sogar dabei, über Interviews des Thomas Müllers unwillkürlich zu schmunzeln. Was ist nur passiert?

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