Miasanrot-Awards 2022/2023: FC Bayern – Moment der Saison

Daniel Trenner 16.06.2023

27. Mai 2023, gut zwanzig Minuten nach fünf. Es läuft die vorletzte Minute der regulären Spielzeit der Saison. Ein einziges Tor trennt den FC Bayern vor einer überraschenden elften Meisterschaft in Folge.

Dayot Upamecano blockt den Ball zu Choupo-Moting, der steil auf Coman spielt, im Fallen gibt der beste Bayern-Angreifer der Rückrunde noch irgendwie weiter auf den nach innen stürmenden Leroy Sané. Alleine ist er nun vor Marvin Schwäbe. Es geht um die deutsche Meisterschaft. Sané schießt – doch zu zentral. Kölns Keeper blockt den Ball weit weg. Nun scheint es vorbei. Der FC Bayern hatte sich bis hierhin nicht einmal eine Hand voll Chancen herausgespielt. Sieben Tage zuvor bekamen sie bei Rückstand gegen Leipzig ja auch nichts auf die Kette. Gratulationen an Dortmund scheinen doch angebracht.

Doch schon greifen sie wieder an. Serge Gnabry am Ball, gibt von außen in die Mitte. Noch bei der kurzen Ballannahme mit dem linken Innenspann fängt Jamal Musiala an, sich zu wenden. Mit der zweiten Ballberührung vollendet er die Drehung. Zwei kurze Schritte noch getan, ein präziser Rechtsschuss ins lange Eck, der einzig ungedeckten Stelle. Boom. Extase. Die Bayern haben es doch noch hingekriegt. Zwei Tore wird Dortmund schon nicht noch schießen. Deutscher Meister wird nur der FCB.

Die Vorgeschichte

Erwartungshaltung

Die ganze Magie dieses Moments entfaltet sich erst beim Betrachten der Vorzeichen. Sieben Tage vorher verspielten die Münchener die Meisterschaft scheinbar noch. Der Autor selbst begrub alle Aussichten noch Tags zuvor:

Das Ding ist durch. Ich traue dem BVB ja viel Dummes zu. Keine Mentalität haben die trotz dieser Rückrunde. Ich hätte ihnen durchaus zugetraut, das Ding gegen einen VfB Stuttgart noch zu verbaseln, aber Mainz 05? Die sind durch mit der Saison. Nach einer halben Stunde wird es 3:0 stehen. Ich sagte es am Samstag, ich sage es heute und ich muss es dann auch diesen Samstag sagen: Gratulation nach Dortmund.Dieser Autor, noch zwei Tage zuvor

So schalteten also tausende Bayern-Fans bar jeglichen Enthusiasmus um 15:30 Uhr die Übertragung an. In Deutschland viele gar in die sogenannte “Meister-Konferenz” von Sky, diesmal hieß es für viele gar nicht “Einzelspiel München”.

Eine unglaubliche Dynamik

Als nach acht Minuten Kingsley Coman die Bayern mit der ersten Offensivaktion sehenswert in Führung brachte, hinterfragten wohl einige erstmals an diesem Tag, ob das angedachte Skript kassiert wird. Dieser Autor dachte dies nicht. Vielmehr war er genervt, dass Dortmund nun falsche Spannung aufkommen ließ.

Als es nach fünfzehn Minuten “Tor in Dortmund” hieß, schien die Welt kurzzeitig in Ordnung. Dortmund wird seine Form bestätigt und den ersten Teil seiner Hausaufgabe erledigt haben. Doch es jubelten nicht die Dortmunder. Mainz führte durch die Art Standardtor, welches man eigentlich auch nur kassiert, wenn alles gegen einen läuft. Nun gut, der BVB brauchte nun also zwei Tore. Doch hatte er ja auch 75 Minuten Zeit. Der geneigte Bayern-Fan traute dem Braten nicht und siehe da, schon hieß es Elfmeter für Dortmund. Der beliebteste BVB-Spieler Sébastien Haller schnappte dem vergessenen Bayern-Triple-Gewinner Emre Can den Ball weg, trat an… und vergab. Entsetzt starrten BVB-Fans auf das Geschehen. Ungläubig taten es ihnen Bayern-Anhänger nach.

Doch es kam sogar noch dicker! Die früheren Bayern-Verteidiger Süle und Hummels ließen Onisiwo gewähren und der köpfte zum 2:0. Hielt nun die Bayern-Führung, bräuchte der BVB drei Tore!

Eine eigentlich schauderhafte Bayern-Leistung

Nach diesen neun unglaublichen Minuten waren die Vorzeichen komplett umgedreht. Die nicht mehr möglich geglaubte deutsche Meisterschaft, sie war wieder auf den Speiseplan der Bayern zurückgekehrt.

Zur Dynamik dieses Nachmittags gehörte auch der immer wieder wechselnde Spielefokus. Begannen viele Bayern-Fans in Köln, schalteten sie schnell zu Dortmund um, um dann nach deren 0:2-Rückstand zum FC Bayern zurückzukehren, weil es regelrecht spürbar war, dass es nun an den Bayern lag, das Ding in den Sand zu setzen.

Am Ende interessiert es natürlich niemanden, drei Wochen danach erst Recht nicht, aber das frühe und späte Tor übertüncht, wie schrecklich Bayern eigentlich spielte. Nach Comans Tor ließen es die Bayern einfach sein mit dem Angriffsspiel. Ja kein Gegentor hieß die Devise. Leroy Sanés berechtigt abgepfiffenes Tor blieb 70 Minuten praktisch die einzige Torchance, am Ende waren es nur mickrige vier Torschüsse. Zwischenzeitlich hatte der FC Köln mehr Ballbesitz. Erst als der FCB wieder musste, sammelten sie sich mehr an, sodass man am Ende immerhin auf ein leichtes Plus von 53% kam.

Kimmich sah das Spiel danach zurecht ein wenig als Spiegel der Saison. Gut begonnen, stark abgefallen, ein Gegentor, welches sich 20 Minuten ankündigte. Nicht immer in der Saison kam man zurück.

Doch an diesem letzten Spieltag war es anders. Man hatte ihn ja noch, den Lichtbringer der Saison. Jamal Musiala, der dem FC Bayern den Moment der Saison schenkte.

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