Los-Dusel? Klangvolle, aber machbare Bayern-Gruppe
Bevor das ganze Format vom scheußlichen schweizer System verunstaltet wird, hat der FC Bayern in der Gruppenphase der Champions League den FC Barcelona, Benfica Lissabon und Dynamo Kiew zugelost bekommen. Wir stellen die Gegner vor.
FC Barcelona
Barcelona. Ballbesitz. Wunderschönes Spiel. Muss man die wirklich vorstellen? Ja, muss man tatsächlich, denn mit dem alten großen FC Barcelona hat die aktuelle Mannschaft nichts mehr zu tun. Jahre lang getragen von dem Superstar aller Superstars Lionel Messi, kaschierten seine unfassbaren Fähigkeiten die grauenhafte Transferpolitik des Vereins. Doch war selbst er nicht gut genug um in der Champions League die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Jahr für Jahr scheiterte der FC Barcelona schon früh den Knockout-Phasen. Am berüchtigsten ist hier natürlich der FC Bayern selbst zu nennen, der den damals noch großen FC Barcelona auch in der Höhe verdient mit 8:2 aus Portugal schoss.
Barça brachte dies zu einem panischen Umbruch, in Folge dessen man den Trainer austauschte, Luis Suárez verscherbelte und schlussendlich auch Messi verlor. Diese Geschichte ist natürlich bekannt. Barça hat so unglaublich schlecht gewirtschaftet und zahlt so viel Gehalt, dass man mit Messi gar nicht verlängern konnte.
Was heißt das alles für ein Duell mit dem FC Barcelona anno 2021? Nun, der mittlerweile ehemalige Top-Club verfügt natürlich immer noch über einige Weltklasse-Spieler. Gerade das Mittelfeld mit den bei der EM so brillierenden Sergio Busquets und Pedri, sowie dem holländischen Ass Frenkie De Jong, sticht heraus. Dazu hat man mit Ter Stegen einer der drei bis fünf besten Keeper im Kasten. Antoine Griezmann hat zwar bislang nur selten im Verein überzeugt, ist aber natürlich immer gefährlich, gerade deutsche Mannschaften scheinen ihm zu liegen. Mit Memphis Depay verfügt das Team darüber hinaus nun über einen gefährlichen Konterstürmer, der gerade gegen die Bayern eine Waffe sein kann.
Indes ist Barças größtes Problem aber gar nicht die Qualität ihrer Einzelspieler. Die stimmte eigentlich immer bis zu einem gewissen Punkt. Das Problem war eher, auch mit Lionel Messi waren sie nur sehr selten eine echte Mannschaft. Ein Team, das gemeinsam offensiv und defensiv denkt. Auch Koeman konnte dies dem Team nur punktuell vermitteln. Jetzt haben sie sogar ihre Lebensversicherung verloren. Es scheint düster zu werden um das große Barcelona.
Benfica Lissabon
Immer wieder Portugal. Auch in der neuen Saison steht eine frühe Reise an den Atlantik auf dem Programm. Nach einer enttäuschenden Saison musste Benfica den Umweg über die Play-offs nehmen und konnte sich dort mit Ach und Krach durchzittern. Gegen Roger Schmidts PSV Eindhoven um Mario Götze siegten sie im Hinspiel mit 2:1 und hielten dann im Rückspiel ein 0:0 mit zehn Mann.
Die Mannschaft ist hier ein ziemlich seltsamer Haufen. Vergangenes Jahr kehrte der Verein der gewohnten Vereinspolitik, ein Sammelsurium junger (oft südamerikanischer) Talente zu sein, ein Stück weit den Rücken. Statt auf frische Talente zu setzen, verpflichteten sie stagnierende Spieler aus großen Ligen wie Julian Weigl und Luca Waldschmidt oder gar in die Jahre gekommene Stars wie Nicolás Otamendi und Jan Vertonghen.
Waldschmidt mag nun wieder weg sein, doch noch immer ist das Team älter als man ein Benfica erwarten würde. Das hat viel mit ihrem jetzigen Trainer Jorge Jesus zu tun, der sich in Südamerika zwar einen riesigen Namen gemacht hat (Sieger der Copa Libertadores 2019 mit Rafinhas Flamengo), aber eben auch eher auf Stars denn Talente setzt. So setzte man auch gegen PSV auf weitgehend unbekannte Spieler, die dem Talent-Status aber schon längst entwachsen sind.
Den FC Bayern sollte das nicht stören, Portugal ist nun seit Jahren ein exzellentes Pflaster für den Verein, zudem ist ob der Qualität so einiger Spieler, tatsächlich große Skepsis angebracht.
Dynamo Kiew
Aus Topf 4 bekam der Rekordmeister noch einen echten Traditionsverein ausgelost, vielleicht gar den osteuropäischen Traditionsverein. “Dynamo Kiew”, das klingt schon nach Europapokal der Landesmeister. In letzter Zeit musste sich der Verein aber zumeist seinem neureichen Rivalen Schachtjor Donezk geschlagen geben (wobei so neu ist dessen Reichtum gar nicht mehr). Nur ein einziges Mal konnte Dynamo im vergangenen Jahrzehnt die ukrainische Meisterschaft holen. Im neuen Jahrzehnt blasen die Hauptstädter allerdings zum Gegenangriff und holten sogleich das ukrainische Double. Ganze elf Punkte Vorsprung hatten sie am Ende vor ihrem Dauerrivalen, was in einer 14er Liga ein sehr deutlicher Abstand ist.
Dynamo scheint aktuell von einer wieder stärkeren Generation junger ukrainischer Talente zu profitieren. Während Schachtjor bekannterweise auf teure brasilianische Importe setzt, ist Dynamo praktisch eine schwächere ukrainische Nationalmannschaft. Und wie man spätestens seit der EM weiß, ist die Nationalelf der Ukraine in der Klasse hinter den Top-Nationen richtig gut dabei.
Am ehesten zu nennen sind hier Linksverteidiger Mykolenko, Außenstürmer Tsygankov, sowie der Kopf der Mannschaft, Mittelfeldchef Mykola Shaparenko. Alles junge Talente unter 23. Auch wenn es für den FC Bayern nicht reichen dürfte, ist es gut möglich, dass diese Halbserie in der europäischen Öffentlichkeit der Durchbruch für so einige von ihnen darstellen könnte.
Fazit
Sagen wir, wie es ist: Der FC Bayern hatte mal wieder mächtiges Losglück. Man könnte gar von Dusel sprechen. Aus Topf 2 bekam man die wohl schwächste Mannschaft, ein veraltetes Barcelona am Scheideweg. Ein Team, welches sich in der Liga noch strecken wird, um überhaupt erneut in die Champions League zu kommen. PSG, Liverpool oder Real Madrid wären deutlich härtere Gegner gewesen.
Aus Topf 3 wäre mit Atalanta auch ein klar stärkeres Team möglich gewesen, in meinen Augen wären dies eigentlich auch alle anderen Teams wie Porto, Ajax oder Salzburg gewesen. Selbst wenn es während der eigentlichen Auslosung am Ende eine Frage aus Dynamo Kiew oder dem moldauischen Debütanten Sheriff gewesen sein mochte, steckte im vierten Topf eben auch der AC Mailand.
Ich persönlich bedauere es ja, dass man es weder mit Atalanta, noch mit Milan zu tun bekommen wird. Gerade auf ein Duell mit Atalanta hoffe ich seit Jahren. Doch man muss Auslosungen so nehmen, wie sie kommen. Pech hatte man jedenfalls keins. Das trifft eher auf RaBa Leipzig zu, die es bei den Gegnern PSG und City wohl eher in die Europa League ziehen wird.
Traditionsfans wird es freuen, dass alle drei Gegner große europäische Traditionsvereine sein werden. Sportlich wäre alles andere als ein klarer Einzug in die nächste Runde, eine Enttäuschung. Diese Gruppe klingt härter, als sie ist.