Kritik an der neuen Richtlinie zur Behandlung von Stadionverboten

Jan Trenner 08.12.2013

Es ist bereits fraglich, ob Stadionverbote überhaupt ein geeignetes Mittel sind, um die Sicherheitslage in den Stadien noch weiter zu verbessern. Unabhängig davon begegnet das Instrument Stadionverbot aber auch grundsätzlicher rechtsstaatlicher Kritik als nach der aktuellen Konzeption der SV-Richtlinien bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ausreicht, um ein Stadionverbot zu verhängen. Da in diesem Zeitpunkt die Schuld des Betroffenen gerade noch nicht positiv feststeht, führt dies zur Situation eines „Stadionverbots auf Verdacht“.
Anmerkungen der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, 2. Absatz

In der nächsten Ausgabe des Fehlpass Podcasts, welche derzeit in der »Post-Production« steckt, wird das Thema ausführlich behandelt. Tobi berichtet darin von seinen eigenen Erfahrungen zum Thema Stadionverbot und der gängigen Praxis beim FC Bayern von Straftat (oder eben ohne Straftat), über Erteilung, Anhörung und Möglichkeiten der betroffenen Fans. Hoffen wir, dass die Episode bald verfügbar ist, denn reinhören lohnt sich definitiv!

Update 10.12.2013: Die neue Ausgabe des Fehlpass Podcasts (#91) ist online. Darin wird sehr ausführlich und mit eigenen Erfahrungen vom Thema Stadionverbote berichtet und kritische Punkte angesprochen!

Laut ZIS-Jahresbericht 2012/13 sind derzeit (Stand September 2013) in Deutschland insgesamt 2.640 Verbote in Kraft. Im Berichtszeitraum wurden zuletzt 361 auf örtliche Stadien begrenzte und 1.119 bundesweite Stadionverbote ausgesprochen.

Nachfolgend sollen die Kritikpunkte der Fananwälte (fünfseitiges PDF) kurz zusammengefasst werden, damit noch mehr Informationen beim Hören der nächsten Podcast-Episode da sind.

  • Die Aufnahme des Begriffs »Menschenwürde« wird abgelehnt, da er unscharf formuliert ist und weitreichende Auslegungsmöglichkeiten besitzt. Darunter fallen zum Beispiel auch Schmähgesänge gegen Gästefans oder zugespitzte Kritik.
  • Doppelhalter und Fahnen, welche zum Beispiel Pyrotechnik verdecken, sind ein Grund für Stadionverbot. Dabei besteht eine besondere »Nachweisschwierigkeit«, ob die jeweilige Fahne nun zur Unterstützung der Mannschaft hochgehalten wird, während jemand anderes ein paar Reihen dahinter Pyrotechnik abbrennt. Hier könnten unbeteiligte Personen unter Verdacht gestellt werden.
  • Die Maximalstrafe im Rahmen eines Stadionverbots wird auf 5 Jahre ausgedehnt und von den Fananwälten aufgrund der guten Sicherheitslage abgelehnt, da keine Rechtfertigung für diese Verschärfung besteht.
  • Bisher müssen betroffene Fans ihre Unschuld gegenüber den Vereinen und damit dem DFB beweisen, damit ein Stadionverbot beendet wird. Die Fananwälte bestehen auf die »Nachberichtspflicht der Ermittlungsbehörden« und damit die Kommunikation zwischen DFB / Vereinen / Verbänden und Staatsanwaltschaft.
  • Eine individuelle Beurteilung von Einzelfällen ist weiterhin schwierig und wird durch die Erhöhung der Verbotsdauer auf 5 Jahre erschwert. Eine Reduzierung ist laut Richtlinie frühestens nach der Hälfte des Stadionverbots möglich.
  • Die Weitergabe von Personendaten, die von einem Stadionverbot betroffen sind, an FIFA, UEFA oder andere ausländische Nationalverbände wird scharf kritisiert. Dieses Vorgehen ist aus Sicht der Fananwälte »aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig und strikt abzulehnen«.

Zum Schluss noch eine kurze Verlinkung der wichtigen und relevanten Dokumente: