Klub-WM: Guangzhou Evergrande – Der unbekannte Gegner aus Fernost

Jan Trenner 16.12.2013

Nicht Petrodollars, nicht Scheichmillionen. Sondern mit Hilfe von Immobilienmillionen gelangte der Klub der Stunde auf den Gipfel des asiatischen Fußballs. Das Geld war natürlich nicht der wichtigste Faktor. Es schießt nun mal keine Tore und entscheidend ist ja immer noch auf dem Platz, wie auch folgender Fakt unterstreicht. Viele Vereine aus dem arabischen Raum befinden sich in den Händen von Scheichs und auch ein Stefan Effenberg und Mario Basler erlagen schon den Herausforderungen, eine neue Kultur kennenzulernen. Nur – seit der ersten Austragung des Königswettbewerbs in Asien 1967 wanderte der Pokal erst ganze 7-mal in die Golfstaaten.

Conga

Bild: Thananuwat Srirasant

Viel Geld ist seit Neuestem auch im Fußball Chinas unterwegs. Transfers von Drogba, Anelka, Keita und Rochemback sind nur ein Beleg dafür, wie viel Geld derzeit in den Ballsport fließt, der dort, lange ist es noch nicht her, einst als Schmuddelkind galt. Doch einzig Guangzhou scheint es verstanden zu haben, die Millionen klug zu investieren und auf dem Platz auch umsetzen zu können. Geld für namenhafte Superstars aus Europa? Fehlanzeige. Warum nicht gleich die Quelle anzapfen und Spieler wie Elkeson, Conca und Muriqui aus Südamerika verpflichten. Dazu holte man noch fast die gesamte Nationalmannschaft Chinas und Marcelo Lippi. Fertig ist die Erfolgsrezeptur. Und das alles über die letzten drei Jahre!

Noch 2010 musste Guangzhou für ein Jahr in der 2. Chinesischen Liga schmoren, nachdem es wegen Spielmanipulation zum Zwangsabstieg verurteilt wurde. Als der Verein kurz darauf zum Verkauf stand, schnappte ihn sich das in Guangzhou ansässige Immobilienunternehmen Evergrande im Februar 2010. Im Sommer des gleichen Jahres erfolgte mit Muriqui der erste größere Neueinkauf und ein zukünftiger Eckpfeiler der Mannschaft. Ein Jahr später kam Darío Conca für die Ablösesumme von 10 Millionen Dollar und unterschrieb für ein Salär jenseits der 10 Millionen Dollar. Der Argentinier hatte gerade zuvor individuelle Preise in vielen Kategorien abgeräumt, wurde unter anderem zum Spieler des Jahres in Brasilien gewählt.

Das letzte Mosaiksteinchen folgte 2013 mit Elkeson. Sie zusammen bilden das Dreigestirn, das magische Dreieck Guangzhous, das bis heute wettbewerbsübergreifend 157 Tore für Evergrande erzielen konnte. Fast vergessen, Lucas Barrios, der Ex-Torjäger der Borussia aus Dortmund, wechselte ebenfalls zu Guangzhou. Kam aber nicht zurecht, blieb blass und konnte dem Team nicht seinen Stempel aufdrücken. Er hat den Verein inzwischen wieder verlassen und blieb einer der wenigen Fehlgriffe in den letzten Jahren. Als Glücksgriff erwies sich hingegen auch die Verpflichtung des italienischen Erfolgstrainers Marcello Lippi. Sein Vorgänger, der Koreaner Lee Jang-Soo, führte Guangzhou 2012 erstmals in das Achtelfinale der Champions League. Nach dem letzten Vorrundenspiel gegen Thailands Vertreter Buriram United wurde er aber noch in der gleichen Nacht entlassen. Nur zwei Tage später konnte Lippi offiziell vorgestellt werden. Doch für ihn und sein neue Elf war bereits im Viertelfinale Schluss, als man an Al-Ittihad aus Saudi-Arabien scheiterte. Es brauchte noch ein Jahr bis sich Evergrande schließlich die Krone Asiens aufsetzen konnte.

Fans 2

Bild: Thananuwat Srirasant

Der Erfolg von Weltmeistertrainer Lippi bei den Chinesen basiert nicht zuletzt auch auf der Arbeit seines Vorgängers. Lee Jang-Soo war ohne Zweifel erfolgreich. Nur brachte der Italiener noch das bisschen Extra, welches eine schon gute und erfolgreiche Mannschaft auf die nächste Stufe heben kann. Und in diesem Fall vor allem im taktischen Bereich. Ein Mangel, der bei Mannschaften aus Asien oft vorzufinden ist. Mit Lippi wurde die Elf taktisch fluider und einige Umstellungen, die er in diesem Bereich vornahm, fingen an zu greifen. National kaum gefordert, marschierten die Southern China Tigers auf dem Weg zum kontinentalen Titel mit 19:3 Toren durch die KO-Runde. Die Schwäche der Mannschaft zeigte sich dann aber im Finale gegen den FC Seoul. Schafft es der Gegner die Abwehr unter Druck zu setzen, kommt sie schnell ins Schwimmen und Gegentore sind fast die logische Folge. Bestes Beispiel sind die beiden Finals gegen Seoul. Gegen die Koreaner musste man so viele Gegentore kassieren wie in der gesamten KO-Runde zuvor. Auch wenn Torhüter Zeng Cheng von Marcello Lippi als bester Einkauf 2013 bezeichnet wurde, wirkt er immer wieder unsicher.

Natürlich geht der FC Bayern als Favorit in die Partie am Dienstag und Guangzhou Evergrande muss sich schon sehr strecken, um zu gewinnen. Lippi setzt sein Dreigestirn gerne flexibel ein, und es wird daher interessant zu sehen sein, wie er diese Drei positionieren wird. Dass sie spielen werden, steht völlig außer Frage. Muriqui wurde Torschützenkönig der Champions League und zum besten ausländischen Spieler der abgelaufenen Saison in Asien gewählt. Für Conca könnte es das letzte Spiel sein, er wird anschließend wieder zurück zu Fluminense wechseln. Nicht aus dem Auge verlieren sollten die Bayern aber Gao Lin. Chinas Kapitän ist immer für ein Tor gut – auch wenn er oft im Schatten der Drei steht. Peps Bayern werden ihr Spiel durchziehen. Anders als früher, als man das Spiel nicht so intensiv über den Ballbesitz machte, wird daher auch weniger die Frage sein wie man Conca, Muriqui und Elkeson ausschalten kann.

Gastbeitrag: Vielen Dank an Sven von Thai-Fussball.com für den Artikel, Erläuterungen zum „Werdegang“ unseres ersten Klub-WM Gegners und auch an Thananuwat Srirasant für die freundliche Bereitstellung der Bilder. Thai-Fussball.com ist seit 2009 das deutsche (und englische) Onlinemagazin für Thaifussball.