Hannover 96 – FC Bayern 0:4 (0:2)

Steffen Trenner 24.02.2014

Bayern kurz nach der Pause mit einigen Flüchtigkeitsfehlern, danach aber zunehmend mit der Leichtigkeit des Seins. Müller und Mandzukic erhöhten am Ende auf den auch in der Höhe verdienten Endstand von 4:0 (59., 66.). Bayern marschiert weiter mir Riesenschritten in Richtung Meisterschaft.

3 Dinge, die auffielen:

1. Warum ein frühes 1:0 Bayerns Spiel leichter macht

Ich habe es hier schon oft geschrieben. Nichts tut dem Spiel des FC Bayern besser als ein frühes 1:0. Die Münchener haben seit dem absurden 2:3 gegen den 1. FC Köln im Februar 2011 kein Bundesliga-Spiel mehr nach einer 1:0-Führung verloren. Gegen Hannover war es wie zuvor schon gegen Arsenal, Nürnberg, Freiburg und sogar Hamburg. Dem jeweiligen Gegner gelingt es das Spiel bis zum 1:0 offen zu gestalten. Nach dem 1:0 gewinnt Bayern deutlich an Sicherheit und nutzt die sich nun bietenden Räume für teilweise hohe Siege. Der Gegner wird durch den Rückstand ein Stück weit demoralisiert und ist gezwungen den ursprünglichen Plan zu überdenken. Das bietet den Münchenern gerade gegen kompakt stehende Gegner immer zusätzliche Räume, die sie für ihr Spiel dringend benötigen. Auch Hannover hielt am Sonntag-Abend 20-25 Minuten gut mit und neutralisierte den Rekordmeister über weite Strecken. Bayern nutzte wie fast immer in den letzten Wochen seine erste echte Torchance zur 1:0-Führung. Diese neu gewonnen Effektivität macht es den Münchenern in der Bundesliga in dieser Phase leicht die Siegesserie fortzuführen.

Zu Beginn der Hinrunde war das noch anders. Bayern tat sich schwer, gewann Spiele gegen Frankfurt, Hoffenheim, Hertha und Mainz ohne frühes Tor nur durch einen Kraftakt. Rang 16 in der Chancenverwertungstabelle stand für den FCB noch Ende Oktober zu Buche. Mittlerweile hat sich die Elf von Guardiola auf Rang 3 dieser Wertung vorgearbeitet (20,3 Prozent). Gerade im Hinblick auf das so wichtige 1:0 ist dies ein wesentlicher Faktor für die Konstanz der Münchener in der Bundesliga. Auch das Spiel gegen Hannover hat das wieder bewiesen.

2. Schweinsteiger setzt ein Ausrufezeichen

Am Freitag schrieb ich hier im Blog, dass das Hannover-Spiel die Gelegenheit für Bastian Schweinsteiger sein könnte, wertvolle Spielpraxis zu sammeln. Ich war also nicht überrascht, dass der 29-Jährige die Chance von Beginn an bekam. Überrascht war ich von seinem Auftreten und seiner Leistung. Wer einen lockeren Aufgalopp mit den üblichen Startschwierigkeiten erwartete, sah sich getäuscht. Schweinsteiger war im Boss-Modus und war bis zu seiner Auswechslung der beste Spieler auf dem Feld. Das Zusammenspiel der beiden Co-Kapitäne Lahm und Schweinsteiger war wie schon der Hinrunde exzellent. Wie selbstverständlich tauschten die beiden Nationalspieler die Positionen und Rollen. Schweinsteiger agierte meist als abkippender, aufbauender 6er und kurbelte das Aufbauspiel von hinten an. Seine Präsenz war bemerkenswert. Obwohl er schon nach 72. Minuten ging, hatte er nach Philipp Lahm (103) die meisten Ballkontakte aller Mittelfeldspieler (84). Gemeinsam mit Thiago spielte er die meisten Pässe im Angriffsdrittel (19). Das 2:0 bereitete er geistesgegenwärtig durch einen wunderbaren öffnenden Ball in den Rücken der vorrückenden 96-Abwehr vor. Dazu gewann er 14 Zweikämpfe. Nur Martínez (26) und Alaba (15) gewannen mehr. Wie gesagt: All das obwohl er die letzten 20 Minuten von der Bank verfolgte.

Guardiola hat im zentralen Mittelfeld inzwischen die volle Auswahl. Für mich spricht viel dafür Lahm und Schweinsteiger auch in den großen Spielen gemeinsam im Zentrum agieren zu lassen – zumindest wenn Schweinsteiger gesund und richtig fit werden bzw. bleiben kann. Sie ergänzen sich von ihren Fähigkeiten her fast optimal und obwohl beide noch nicht allzu viele Spiele gemeinsam auf dieser Position gemacht haben, ist ihr gegenseitiges Spielverständnis und ihre Abstimmung bemerkenswert. Gegen Hannover klappte auch das Zusammenspiel mit Thiago exzellent – in der Hinrunde agierten beide zum Beispiel in den herausragenden Partien gegen Leverkusen und Manchester City mit Toni Kroos. Es gibt keine Kombination, die großartige Schwächen aufweist. Einzig die zuletzt häufig gewählte Kombination aus Lahm, Kroos und Thiago strahlt mir persönlich zu wenig Torgefahr aus. Ich bin gespannt wie Guardiola die kommenden Spitzenspiele gegen Schalke, Leverkusen, Arsenal und Wolfsburg in der Mittelfeldzentrale angeht.

3. Rafinha unterstreicht seinen Wert

Nein, so richtig wohl ist mir immer noch nicht bei dem Gedanken, dass Rafinha für den Rest der Saison die Dauerlösung auf der rechten Abwehrseite sein könnte. Der Brasilianer, der 2011 aus Genua kam, hatte einen durchwachsenen Start in München und war bereits mehrfach kurz vor dem Absprung. Es war gut zu wissen einen Backup hinter Philipp Lahm zu haben, der gehobenes Format hat – allerhöchsten Ansprüchen genügte Rafinha meist jedoch nicht. In dieser Saison, das kann man nicht anders sagen, hat er seine Chance mehr als genutzt.

Durch Guardiolas Geniestreich Lahm ins Zentrum zu ziehen, boten sich ihm enorme Spielanteile und Minuten. Ungefähr seit Ende Oktober, Anfang November ist Rafinha in einem sehr respektablen Rhythmus, der kaum Schwankungen zeigt. Der 28-Jährige hat die Aufgabe angenommen. Er hat die Vorgaben Guardiolas, die gerade im Vergleich zu Alaba und vorher Lahm eine eher sichernde, zurückhaltende Interpretation der Außenverteidiger-Position vorsehen, verinnerlicht. Seine Passquote ist inzwischen gut, seine Giftigkeit im Zweikampf stand ohnehin nie in Frage. Gegen Hannover verbuchte Rafinha bereits die Assists Nummer 4 und 5 in der laufenden Saison vor. Insgesamt bereitete der ehemalige Schalker am Sonntag-Abend vier Torschüsse vor – der beste Wert aller Bayern-Spieler. Wenn er weiter so solide agiert und dazu immer mal wieder Torgefahr ausstrahlt, wird Rafinha auch im weiteren Verlauf der Saison ein wichtiger Baustein sein können.

Hannover 96 Zieler – Rajtoral, Marcelo, Schulz, Pocognoli – Huszti, Schmiedebach, Stindl (68. Andreasen), Bittencourt (37. Prib) – Rudnevs, Diouf (78. Sobiech)
FC Bayern Starke – Rafinha, Martínez, Boateng, Alaba – Lahm, Schweinsteiger (72. Pizarro) – Müller (62. Robben), Thiago, Götze (67. Kroos) – Mandzukic
Ersatz Neuer, Van Buyten, Contento, Dante
Schiedsrichter Knut Kircher (Rottenburg)
Zuschauer 49.000 (ausverkauft)
Tore 0:1 Müller (25.), 0:2 Thiago (34.), 0:3 Müller (59.), 0:4 Mandzukic (66.)
Gelbe Karten Diouf, Huszti / Rafinha