Hamburger SV – FC Bayern 1:4 (0:1)

Steffen Trenner 03.05.2014

Als alle sich über einen gelungenen Nachmittag freuten, trübte Boateng mit einer roten Karte (Tätlichkeit) noch ein wenig die Stimmung.

1. Charaktertest bestanden

Das Spiel gegen den HSV hatte aus meiner Sicht zwei wichtige Funktionen. Zum einen war es ein Charaktertest für die Mannschaft, die seit der gewonnen Meisterschaft, um nichts mehr spielt. Zum anderen war es für die Bayern im Hinblick auf das Pokalfinale gegen Dortmund eine gute Gelegenheit der emotionalen Turnaround nach dem Aus gegen Real zu schaffen und ein wenig Momentum aufzubauen. Den Charaktertest hat die Guardiola-Elf in jedem Fall bestanden. Gegen eine Mannschaft für die es um alles ging, ließ sich der Deutsche Meister weder läuferisch noch kämpferisch den Schneid abkaufen. Bayern gewann 53 Prozent der Zweikämpfe und hatte fast identische läuferische Werte wie die Hamburger.

Spielerisch zeigten die Roten wie schon in der Vorwoche gegen Bremen zwei Gesichter. Das vor der Führung und das nach der Führung. Bis zum 1:0 spielte Bayern ok, kreierte wenige gute Abschlussmöglichkeiten in Tornähe. Auf der anderen Seite wurde der HSV nur dann gefährlich, wenn die Gäste Fehler im Spielaufbau machten. Vor allem Schweinsteiger (15 Fehlpässe) und Neuer (13! Fehlpässe) begünstigten hier einige passable HSV-Konter. Nach der Führung durch Götze änderte sich das Spiel völlig. Bayern auf einmal mit der Selbstverständlichkeit, die in den vergangenen Wochen so häufig vermisst wurde. Hamburg riskierte mehr, Bayern ließ den Ball laufen, brach vor allem auf dem rechten Flügel immer wieder durch und nutzte die Räume für viele gute Torszenen. Es war ein insgesamt ein gelungener Nachmittag, der Selbstvertrauen geben sollte für die verbleibenden zwei Spielen.

Getrübt wurde dieser Eindruck nur von Boatengs Roter Karte, die zu den überflüssigeren Szenen der Saison gehören dürfte.

2. Götzes Bewerbungsschreiben

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Es wird in der öffentlichen Diskussion das große Thema nach diesem Spiel sein. Warum hat Guardiola Götze in den Spielen gegen Real Madrid unten gelassen? Wäre es mit ihm anders gelaufen? Es ist müßig darüber zu diskutieren. Denn Fakt ist auch, dass die Leistungen von Götze in den vergangenen Wochen Guardiola nicht gerade zu einem Startelf-Einsatz zwangen – um es diplomatisch auszudrücken. Fraglos zeigte Götze gegen Hamburg aber was ihn in Guardiolas System so wertvoll machen kann. Jenseits von seinen 2 1/2-Toren von denen vor allem das Erste Anschauungsunterricht war, wie eine dicht gestaffelte Defensive bei Ballbesitz am Strafraum zu knacken ist, hatte der 21-Jährige eine Reihe hochklassiger Szenen. Beispielhaft sei eine Szene vor einer guten Freistoß-Chance der Münchener in der 40. Minute genannt. Götze bekam einen scharfen vertikalen Ball zwischen die Mittelfeldreihe, drehte sich mit Ball auf engstem Raum um den Gegenspieler in seinem Rücken herum und ging plötzlich in hohem Tempo aus die Hamburger Viererkette zu. Erst ein Foul stoppte ihn. Bayerns Spiel baut auf Passspiel auf, Passspiel allein reicht aber häufig nicht, um eine gut organisierte Defensive auszuschalten. Es braucht Momente wie die von Götze in der 40. Minute. Geniestreiche, kleine Tempowechsel, eins gegen eins-Duelle. 7 Dribblings schloss Götze gegen den HSV erfolgreich ab. Ein absoluter Top-Wert.

Der Nationalspieler hat sein Bewerbungsschreiben abgegeben. Es war seine beste Saisonleistung. Vielleicht sogar die beste Individualleistung eines Bayern-Spielers überhaupt in dieser Saison. Als ich Götze bei seinem erneut verhaltenen, fast entrückten Torjubel sah, wünschte ich mir nicht zum ersten Mal irgendetwas würde Götze wütend machen. Arjen Robben ist ein Spieler der Wut in sich trägt, der es allen beweisen möchte. Franck Ribéry und Thomas Müller haben etwas ähnliches in sich auf dem Platz. Götze fehlt nicht viel zu einem absoluten Weltklasse-Spieler. Und hier rede ich von der Kategorie Messi, Ronaldo, Ribéry. Vielleicht fehlt ihm (noch) diese Wut. Vielleicht irre ich mich aber auch und es geht einfach um mehr Abstimmung und etwas mehr Spielzeit im kommenden Jahr.

10 Tore, 7 Assists in 27 Spielen stehen für Götze in seiner Debüt-Saison zu Buche. Sehr Ordentlich, aber mit Luft nach oben. Vielleicht sogar noch in dieser Saison. Ich hätte jedenfalls nichts dagegen wenn es im Pokalfinale im BVB-Netradio wieder heißt: „Wer hats gemacht?“ „Die 19.“ „Ach du Scheiße…“

3. Martínez Bewerbungsschreiben

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Javi Martínez war neben Götze das zweite große personelle Thema nach dem Champions League-Aus gegen Madrid. Meldungen einiger Journalisten, dass er wegen einer Entzündung im Knie gar nicht von Anfang an spielen konnte, wurden offiziell nicht bestätigt. Dagegen spricht, dass Martínez sowohl in der Vorwoche gegen Bremen als auch gegen den HSV 90 Minuten auf dem Platz stand. Martínez überzeugte in alter Rolle auf der defensiven Sechs neben Bastian Schweinsteiger fast ohne Einschränkung. Martínez hatte schon bis zum Pausenpfiff vier Balleroberungen 3 erfolgreiche Tacklings. Letztere stiegen bis zum Schlusspfiff auf Sechs an. Jeweils Bestwerte aller Bayern-Spieler. Martínez ist auf der Doppelsechs ein Anker, der die gesamte Mannschaft in der Rückwärtsbewegung stabiliseren kann. Er sorgt durch Ballgewinne für Entlastung der Defensive und er ist auch im Kombinationsspiel unterschätzt. Guardiola sagte nach dem zweiten Halbfinale gegen Real, dass seine Aufstellung im Mittelfeldzentrum ein Fehler war. Martínez Startelf-Einsatz gegen Hamburg kann in diesem Zusammenhang als Fingerzeig gelten – auch im Hinblick auf das Pokalfinale.

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