FC Bayern München – FC Augsburg 0:1 (0:0)
Falls ihr es verpasst habt:
Im Vergleich zum Spiel in Barcelona rotierte Pep Guardiola überraschenderweise nur recht gering – ein klares Indiz dafür, dass sich die Mannschaft für das Rückspiel warm spielen sollte und einige Spieler im Rhythmus bleiben sollte. Matthias Sammer verwies hier vor dem Spiel besonders auf Robert Lewandowski, der jede Minute benötige, um sich auf die Maske einstellen zu können. Konkret wurde auf vier Positionen umgestellt: Im Tor bekam Manuel Neuer eine Pause, Pepe Reina dafür seinen dritten Liga-Einsatz. Für Rafinha und Benatia rutschten Mitchell Weiser und Dante in die Mannschaft, komplettiert wurde die nominelle Viererkette von Jerome Boateng und Juan Bernat auf links. Im Mittelfeld gab es lediglich einen Wechsel, Mario Götze ersetzte Xabi Alonso. Schweinsteiger, Thiago und Lahm bildeten die Mittelfeldzentrale, Müller und Götze sortierten sich neben Robert Lewandowski auf der Neun ein. Auf Augsburger Seite gab es personell wenige Überraschungen: Vor der bekannten Viererkette wollte Trainer Weinzierl das Mittelfeld verdichten und brachte mit Kohr und Feulner zwei defensivstarke Akteure neben Daniel Baier. Pierre-Emile Höjbjerg blieb vorerst mit Oberschenkelproblemen nur der Platz auf der Bank.
Die Augsburger begannen gut und hatten mit einem Freistoß von Bobadilla bereits in der dritten Minute eine erste Gelegenheit. Auf Münchner Seite sorgte Götze in der vierten Minute für den ersten Abschluss. Götze war es auch, der sich in der neunten Minute an der rechten Strafraumkante mit einer Körpertäuschung durchsetzte und den Ball an den Außenpfosten setzte. Die Bayern fanden in den ersten zehn Minuten gut ins Spiel und zwangen die Augsburger dazu, ihr Pressing in die eigene Hälfte zu verlagern. Der erste große Aufreger dann in der 13. Minute: Nach einem überraschend langen Abschlag von Marwin Hitz, der die hoch positionierte Kette um Lahm und Boateng an der Mittellinie überflog, war Raul Bobadilla plötzlich frei vor Pepe Reina, der den Augsburger Stürmer im Strafraum unfair zu Fall brachte – Elfmeter und eine rote Karte für den Torwart waren die Folge. Manuel Neuer kam nun doch zum Einsatz, für ihn ging Philipp Lahm aus dem Spiel. Und die Nummer eins war direkt mittendrin: Den fälligen Elfmeter von Paul Verhaegh hielt er zwar nicht, der FCA-Kapitän setzte den Strafstoß dennoch an den Pfosten. Zu zehnt hatten die Bayern in der Folge Probleme, die Augsburger Offensivbemühungen zu kontrollieren. Durch Esswein und erneut Bobadilla kamen die Fuggerstädter zu weiteren Abschlüssen, der FCB verzeichnete erst in der 27. Minute nach einem Thiago-Freistoß seine nächste Gelegenheit durch einen Kopfball von Robert Lewandowski.
Durch die rote Karte ergab sich zudem eine taktische Umstellung: Lahm, der zuvor die zentrale Rolle hinter Schweinsteiger und Thiago im zentralen Mittelfeld eingenommen hatte und häufig zwischen Dante und Boateng abgekippt war, fehlte nun im zentralen Mittelfeld. Seine Rolle nahm Ersatzkapitän Schweinsteiger ein, er und Thiago hatten nun deutlich mehr zu tun. Die Bayern verloren jedoch komplett den Faden und wurden zunehmend von den Augsburgern dominiert. Fehlpässe im Aufbau, zu wenig Bewegung und ein schlechtes Stellungsspiel – gepaart mit individuell schlecht geführten Zweikämpfen – sorgten für ein deutliches Chancenplus beim FCA. Der Rekordmeister hatte Glück bis zur 40. Minute nicht mit 2-3 Toren im Rückstand zu sein. Erst in den letzten fünf Minuten der ersten Halbzeit kamen die Münchner noch zu zwei guten Chancen durch einen Schuss von Weiser nach Zuspiel von Götze sowie einen Latten-Treffer von Lewandowski nach langem Zuspiel von Boateng. Am Ende ließ sich jedoch kein positives Halbzeit-Fazit ziehen: Nach dem Platzverweis hatten die Bayern, die im neuen roten Gewand aufliefen, den Zugriff verloren und konnten sich ob des 0:0 noch glücklich schätzen. Auf der anderen Seite konnte man zudem die wenigen eigenen Gelegenheiten nicht verwerten.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit gelang es den Bayern, das Spiel wieder zu kontrollieren. Durch Lewandowski und nach einer Weiser-Flanke kamen die Münchner auch zu Chancen, Tobias Werner hatte auf der anderen Seite per Fernschuss die erste Gelegenheit für den FCA. Ab der 55. Minute entwickelte sich ein recht ansehnliches Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Ein Schuss von Weiser wurde stark von Marwin Hitz pariert, Dante musste in der 61. Minute vor dem einschussbereiten Bobadilla klären. In der Folge nahmen die Bayern bewusst das Tempo raus und planten vermutlich eine Schluss-Offensive – dieses Zurücklehnen nutzten die Augsburger in der 71. Minute gnadenlos aus. Werner schickte auf rechts Pierre-Emile Höjbjerg, der den Weg zur Grundlinie fand und stark an den schlecht positionierten Boateng und Dante vorbei auf Bobadilla in die Mitte spielte. Der Argentinier krönte seinen agilen Auftritt mit einem starken Abschluss, mit der Hacke legte er den Ball an Neuer vorbei. Guardiola reagierte auf den Rückstand und brachte Rafinha und Pizarro für Lewandowski und den wirkungslosen Müller. Weiser rückte auf die offensive Müller-Position vor, Rafinha positionierte sich hinter ihm. Doch auch die Wechsel brachten nicht den gewünschten Effekt. Weiterhin fanden die Bayern kein Mittel gegen die gut gestaffelte Augsburger Hintermannschaft, lediglich ein Abschluss von Götze aus der Distanz und einer von Pizarro im Strafraum waren zu verzeichnen. Auch von einer Schlussoffensive war nichts zu sehen, zu kraftlos und unkoordiniert wirkten die Angriffe. So stand am Ende die vierte Niederlage in Folge und das dritte Spiel ohne eigenen Treffer. Auch wenn das Spiel an sich angesichts der frühen roten Karte und dem starken Gegner schwer zu bewerten ist, lassen sich doch einige Schlüsse aus der Niederlage ziehen. Unsere drei Punkte.
Drei Dinge, die auffielen:
1. Der Lichtblick: Mario Götze
Mario Götze durchlebt derzeit eine schwere Phase in seiner noch jungen Profi-Karriere. Obwohl oder gerade weil er am Mittwoch gegen den FC Barcelona nur 10 Minuten zum Einsatz kam wurde er in den letzten Tagen zum Gesicht der derzeitigen Krise beim FC Bayern gemacht. Doch im Spiel gegen den FC Augsburg hat sich das Blatt möglicherweise gewendet. In einer insgesamt gut besetzten, aber individuell extrem schwachen Bayern-Mannschaft war der 22-Jährige mit Abstand der agilste und spielerisch stärkste auf dem Platz. Egal ob über rechts, links oder durch die Mitte: Götze schaffte es, sich gut zu positionieren, wirkte spritzig und löste sich immer wieder gut von seinem Gegenspieler. Während Müller verzweifelt vorne auf das Anspiel wartete, ließ Götze sich vor allem über links immer wieder zurückfallen und holte sich die Bälle an der Mittellinie. So kam er nicht nur zu fünf eigenen Torschüssen, sondern lieferte auch einige kluge Zuspiele. Bayerns beste Chance im zweiten Durchgang durch Robert Lewandowski leitete Götze stark ein. Wie groß sein Wille war, es den Kritikern zu beweisen und sich gleichzeitig für die Startelf am kommenden Mittwoch zu empfehlen zeigt auch ein Blick in die Statistiken: Götze hatte nach den Flügelspielern Bernat und Weiser die höchste Laufdistanz vorzuweisen, war mit insgesamt 91 Läufen viel im Sprint unterwegs und schoss mit Abstand am häufigsten auf das Tor.
In dieser Form wäre Mario Götze im Rückspiel gegen Barcelona ein echter Gewinn für die Mannschaft. Nach den Ausfällen von Ribery und Robben fehlt dem FC Bayern weiterhin der Spielertyp, der auch mit einem Dribbling drei Verteidiger auf sich ziehen kann und somit Freiraum erspielt. Auch wenn das Zusammenspiel über die linke Seite mit Juan Bernat weiterhin ausbaufähig wirkt, fand sich Götze in seiner Rolle über außen heute deutlich besser zurecht und passte die richtigen Momente ab, um sich fallen zu lassen. Ein Lichtblick.
2. Alt lässt Jung im Stich
Augsburg-Trainer Markus Weinzierl gab vor dem Spiel offen zu, dass er etwas enttäuscht sei ob der starken Aufstellung des FC Bayern. In der Tat: Nominell war im Vergleich zum Spiel in Barcelona kein Qualitätsverlust zu erkennen. Interessanterweise waren es jedoch gerade die Etablierten Spieler, die teilweise inspirations- und lustlos wirkten und es nicht schafften, das Spiel an sich zu reißen. Die Liste der enttäuschenden Erfahrenen beginnt bereits bei Torwart Pepe Reina, der sich in der 10. Minute nicht gerade flink anstellte und Bobadilla hölzern im Strafraum umrempelte. Seine unnötige rote Karte war mit Sicherheit einer der Kernfaktoren für die Niederlage. Umso genervter wirkte Kapitän Lahm bei seiner Auswechslung, wahrscheinlich auch, weil er sich in eben beschriebener Situation ebenfalls leicht überrumpelt präsentierte. In der Innenverteidigung zeigte sich erneut: Wenn Jerome Boateng einmal keinen Sahnetag erwischt wirkt das Konstrukt alles andere als sicher. Zu oft verhielt sich Dante in seinen Zweikämpfen stümperhaft und ließ ein ums andere Mal seinem Gegner zu viel Platz. Dass er bei der Großchance von Altintop Mitte des ersten Durchgangs auch noch unbeholfen wegrutschte passt zum schwachen Auftritt. Die nicht vorhandene Sicherheit in der Abwehrkette, zu der auch Boateng mit beeindruckenden 18 Fehlpässen beitrug, zwang in der Folge vor allem Bastian Schweinsteiger im Mittelfeld in viele harte Zweikämpfe – sein Spiel war geprägt von Fouls und Rettungsaktionen.
Die Konsequenz aus den schwachen Leistungen der erfahrenen Defensivspieler: Die Jungen, vor allem auf außen, waren gefordert – und wirkten überfordert. Juan Bernat zeigte auf der linken Seite, wie schon gegen Barca, was läuferisch und konditionell in ihm steckt. Zu oft allerdings verpufften seine Sprints in unglücklichen Aktionen im gegnerischen Angriffsdrittel. Mitchell Weiser beackerte seine rechte Seite ebenfalls aufopferungsvoll und konnte erneut Argumente für einen Verbleib in München über die Saison hinaus sammeln – gleichzeitig landeten seine Flanken (vier an der Zahl) in den meisten Fällen beim Gegner, was allerdings auch an den unkoordinierten Läufen der in der Mitte positionierten Müller und Lewandowski lag. Mit etwas Glück hätte Weiser, der in der ersten Halbzeit noch ziemlich abgetaucht war, zum Matchwinner werden können: Wenige Minuten vor dem Gegentreffer hatte er Hitz mit einem guten Schuss geprüft.
Insgesamt ist es nicht das erste Spiel in dieser Saison, bei dem die Erfahrenen enttäuschen. Im Moment zeigen Schweinsteiger, Müller & Co. auch körperlich nicht die Verfassung, ein Spiel im Stile eines Arjen Robben an sich zu reißen. Vielmehr sind in allen Mannschaftsteilen die Spieler zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt und schaffen es nicht, die Jungen sinnvoll in das System einzubinden oder Überzahl auf der Seite (Müller) oder in der Mitte (Schweinsteiger) zu überzeugen. Dennoch sollte man auch bei diesem Kritikpunkt nicht vergessen: Das Spiel gegen den FCA war tabellarisch vollkommen uninteressant – und körperlich angesichts der langen Unterzahl unheimlich fordernd. Insofern sollte man die schwachen Leistungen der Spieler, die die Mannschaft eigentlich führen sollten, in dieser Situation nicht überbewerten. Sie werden aber gleichzeitig in die Evaluation der Saison nach dem 34. Spieltag (oder dem Champions-League-Finale) einfließen und bei der Personalplanung eine Rolle spielen.
3. Höjbjerg überzeugt „daheim“
Das Spiel gegen den FC Augsburg spielte für viele Fans und Spieler in rot eine untergeordnete Rolle – für Pierre-Emile Höjbjerg war es ein Highlight der Rückrunde, die er in Augsburg verbringt. Der Däne weiß bei den bayrischen Schwaben durchaus zu überzeugen, auch wenn die Leistungen des Teams überhaupt in der Rückrunde doch dürftig blieben. In München konnte Höjbjerg nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit überzeugen. Spielfreudig und durchsetzungsfähig, wie etwa bei seinem Zweikampf mit Schweinsteiger Mitte der zweiten Hälfte, präsentierte sich die Leihgabe. Weinzierl brachte seinen Youngster gegen den FC Bayern in einer offensiveren Rolle als gewohnt und Höjbjerg wusste dies zu nutzen. Geschickt sah er vor dem 0:1 den Raum auf der rechten Flanke, der durch Werners Abkippen und Weisers hohe Positionierung entstanden war, und stach in diesen hinein. Seine Ablage auf Bobadilla war ebenfalls klug gespielt – er nahm etwas Tempo raus und brachte so Dante dazu, den Passweg in die Mitte zustellen zu wollen. Wie er dann die Lücke zwischen den Innenverteidigern fand war ebenfalls stark. Eine Aktion aus dem zentralen Mittelfeld heraus, wie man sie sich auf der anderen Seite etwa von Bastian Schweinsteiger erwartet hätte.
Mit dem FCA hat der 19-Jährige weiterhin alle Möglichkeiten, in dieser Saison die Europa League zu erreichen – und damit den FC Bayern vor zwei Optionen zu stellen. Einerseits spräche vieles dafür, Höjbjerg ein weiteres Jahr in Augsburg zu ermöglichen, erst recht, wenn er sich dann auch auf internationaler Bühne ins Rampenlicht spielen könnte. Andererseits entstanden gerade in den letzten Wochen viele Argumente für eine Rückholaktion zum ursprünglich angedachten Zeitpunkt. Die unvergleichliche Verletzungsmisere des FCB hätte viel Potential für ihn geboten. Und aus den Erfahrungen der letzten beiden Jahre sollte man eines lernen: Zu groß kann dieser Kader gar nicht sein. Wie sich die Führungsetage entscheidet, wird wohl auch von der Transferpolitik abhängen: Konzentriert man sich in einem „100-Millionen-Sommer“ auf die Flügelpositionen wäre möglicherweise noch Platz für Höjbjerg. Will man allerdings in einen langfristigen Ersatz für Schweinsteiger und Alonso investieren, sollte der Däne besser Minuten in Augsburg sammeln.
FC BAYERN – FC AUGSBURG 0:1 (0:0) | |
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FC Bayern | Reina – Weiser, Boateng, Dante, Bernat – Lahm (14. Neuer) – Schweinsteiger, Thiago – Götze – Müller (74. Rafinha), Lewandowski (74. Pizarro) |
Bank | Benatia, Martínez, Gaudino, Alonso |
BVB | Hitz – Verhaegh, Hong, Klavan, Baba – Baier – Feulner, Kohr, Altintop (46. Hojbjerg), Esswein (32. Werner) – Bobadilla (83. Mölders) |
Tore | 0:1 Bobadilla (70.) |
Karten | Gelb: Dante, Rafinha / Hong — Rot: Reina |
Zuschauer | 75.000 |