FC Bayern München – Manchester City 1:0 (0:0)

Christopher Trenner 18.09.2014

Falls ihr es verpasst habt: Guardiola griff fast schon standesgemäß in die Trickkiste und bot zu Beginn sehr überraschend Neuzugang Mehdi Benatia und den zuletzt verletzten Rafinha auf. Ribéry fehlte wie erwartet verletzungsbedingt. Auch die Ausrichtung passte Guardiola etwas an und setzte wieder stärker auf die in der Vorbereitung intensiv getestete Mischung aus Dreier- und Fünferkette mit Alaba als linkem Halbverteidiger. Sobald City mit Ball am Fuß die Mittellinie überschritt versuchten die Bayern die Schnittstellen mit einer engmaschigen Fünferkette und einer angekoppelten Dreierreihe mit Lahm, Alonso und Müller davor zu schließen. Auch das war eine kleine Anpassung von Guardiola, der auf Citys spielerische Stärke im Offensivbereich reagierte. Diese Ausrichtung hielt genau 30 Minuten. Dann schob Guardiola Alaba weiter nach vorn ins zentrale Mittelfeld, während Alonso immer stärker abkippte. So entstand zumindest offensiv in der Folge eher das vom Wochenende bekannte 4-3-1-2 – wenn auch noch variabler ausgeführt als gegen Stuttgart.

Das Spiel begann extrem munter mit vielen Chancen auf beiden Seiten. Müller vergab schon nach einer knappen Minute eine Riesenchance, als er aus spitzer werdendem Winkel und durchaus grenzwertig behindert das leere Tor verfehlte. Die Gäste wurden immer dann gefährlich, wenn es ihnen gelang das Mittelfeld schnell zu überbrücken und die Roten in einem Moment relativer Unordnung zu erwischen. Allein Dzeko hatte in der ersten Hälfte drei durchaus gefährliche Einschussmöglichkeiten. Auf der Gegenseite waren es erneut Müller und zwei Mal Alaba, die Hart zu guten Paraden zwangen.

Auch wenn das Tempo nach der Pause etwas nachließ, waren es vor allem die Hausherren, die gefährliche Aktionen kreierten. Ein Tor fiel jedoch lange nicht. Guardiola brachte Robben und Pizarro und unterstrich so, dass sich der FCB nicht mit einem Unentschieden abfinden wollte. Am Ende krönte Jerome Boateng seine ohnehin exzellente Partie mit dem 1:0-Siegtreffer.

3 Dinge, die auffielen:

1. Alonsos außergewöhnliche Doppelrolle

Es mag ein wenig langweilig sein, in Anbetracht der Omnipräsenz des Basken in den vergangenen Wochen und doch muss die Leistung des Bayern-Neuzugangs auch nach dem Duell gegen Manchester City noch einmal herausgehoben werden. Alonso begann im zentralen Mittelfeld, tauschte dann aber mit dem nominellen Halbverteidiger Alaba die Rollen und spielte fortan eine außergewöhnliche Doppelrolle mit extrem komplexen Anforderungsprofil. Wenn Bayern bei einem City-Vorstoß eine Fünferkette bildete, rückte Alonso immer wieder zurück in die Kette und bespielte den Raum zwischen den Innen- und Außenverteidigern als quasi-Halbverteidiger. Es wirkte fast so, als ob Alonso selbst situativ entschied, wann er seine Position im defensiven Mittelfeld halten konnte und wann es sinnvoller war in die Kette zurück zu rücken. Bemerkenswert. Eine Spezialaufgabe übernahm Alonso auch, wenn Yaya Touré sich ins Offensivspiel einschaltete. Weil Lahm mit diesem Missmatch einige Probleme hatte, war es mit zunehmender Spielzeit immer wieder Alonso vorbehalten, den wuchtigen Mittelfeldmann zu neutralisieren.

Bei eigenem Ballbesitz agierte der Baske dann als eine Art Freigeist im Aufbauspiel, der sich dem Zugriff der City-Offensive durch frühes Abkippen immer wieder entzog und das Spiel mal von ganz hinten und mal von der 6er Position aus ankurbelte. Wie er es schaffte, gelegentlich sogar im Gegenpressing weit in Manchesters Hälfte aufzutauchen und dazu noch alle (zugegeben meist schwachen) Standards auszuführen, bleibt sein Geheimnis.

Es ist bemerkenswert, wie stark Guardiola dem 32-Jährigen das Münchner Spiel anvertraut. Alonso hat verschiedene Aufgaben zu erfüllen und ist gleichzeitig mit enormen Freiheiten ausgestattet. Eine Rolle, die im Vorjahr, wenn überhaupt, nur in wenigen Spielen Philipp Lahm vorbehalten war, der auch schon mal in einer Doppelrolle als Rechtsverteidiger (defensiv) und zentraler Mittelfeldspieler (offensiv) agierte. Es bleibt fraglich wie lange Alonso dieses Pensum mit viel Ballbesitz (95 Ballkontakte) und dazu enormen Laufleistungen (12,1 km) auf so hohem Niveau aufrecht erhalten kann. Auf der anderen Seite scheint Lahm zur Zeit nicht in der Lage zu sein, dem Spiel im zentralen Mittelfeld seinen Stempel aufzudrücken. Weil Schweinsteiger und Thiago weiter fehlen, wird auch in den kommenden Wochen viel von Alonso abhängen. Eine so komplexe Rolle wie am Mittwoch dürfte und sollte dabei aber die Ausnahme bleiben.

2. Chancenverwertung trübt gute Offensivleistung

„So einer geht dann halt rein“, werden sich viele Bayern-Fans gedacht haben, als Jerome Boateng den Rekordmeister kurz vor Schluss mit seinem sehenswerten Schrägschuss erlöste. Es war gewiss nicht die größte Chance der Bayern an diesem Abend – umso wichtiger, dass Boatengs Treffer die zuvor mangelnde Chancenverwertung kaschierte. Selbst bei einem 0:0 hätten die Bayern aber durchaus einige positive Dinge aus dieser Partie ziehen können. Auch die Offensivleistung gehört da eindeutig dazu. 20 Torschüsse verbuchten die Gastgeber, davon 12 innerhalb des Strafraums. Noch wichtiger: 16 Torschüsse entstanden nach Kombinationen aus dem Spiel heraus. Dazu provozierten die Bayern einige knifflige Szenen im Strafraum, die an einem anderen Tag durchaus mit einem Strafstoß hätten belohnt werden können.

Vor allem Müller (4 Torschüsse, 4 Torschussvorlagen) und Götze (3 Torschüsse, 2 Torschussvorlagen), den es immer wieder in die Mitte zog, wussten mit schnellen Kombinationen und klugen Läufen zu gefallen. Die Unterstützung aus dem Mittelfeld durch Alaba (4 Torschüsse, 2 Torschussvorlagen) und Bernat, der erneut einige gute Szenen hatte, stimmte über weite Strecken ebenfalls. Auch Lewandowski, der erneut einige unglückliche Szenen hatte, trug seinen Teil zu einer insgesamt guten Offensivleistung bei. Der Pole hatte zwar wenige Ballkontakte, führte dafür aber die meisten Zweikämpfe (21) und beschäftigte die City-Hintermannschaft über 90 Minuten. An diese Offensivleistung können die Münchner anknüpfen – wohlwissend, dass sie sich das Leben mit einer besseren und konzentrierteren Chancenvewertung durchaus leichter machen können.

3. Benatia gefällt beim Debüt

Wer bei der PK zum Spiel am Dienstag aufmerksam zuhörte, konnte bei den Worten von Pep Guardiola durchaus den Eindruck gewinnen, dass der erste Einsatz von Mehdi Benatia kurz bevorstehen könnte. Dass es so schnell ging, kam dann aber trotzdem überraschend. Guardiola riskierte einmal mehr viel und warf den Neuzugang im bisher wichtigste Saisonspiel ins kalte Wasser. Benatia bestand die erste Prüfung. Vor allem die Abstimmung mit Boateng klappte bereits überraschend gut. Benatia rückte, wie von Guardiola gefordert, immer wieder aus der Kette heraus und setzte die Offensivspieler der Gäste mit physischem Spiel unter Druck. Whoscored.com zählte am Ende 4 erfolgreiche Tacklings und 3 effektive Klärungen. Jeweils Bestwerte auf Seiten der Münchner. Insgesamt gewann der 27-Jährige 7 von 13 Zweikämpfen. Seine Timing-Probleme bei Zweikämpfen in der Luft schlugen hier negativ zu Buche. Benatia (63 Pässe) überließ derweil Boateng (94 Pässe) den Großteil der Aufbauarbeit, wirkte hier aber mit 94 Prozent Passquote sehr sicher. Kurz vor Schluss hatte er Glück, dass bei einem grenzwertigen Zweikampf nicht auf Strafstoß gegen ihn entschieden wurde. Auch mit Neuer und Rafinha waren hier und da Abstimmungsprobleme zu spüren. Trotzdem ein ingsesamt gelungenes Debüt

Klar ist: Der Marokkaner muss diese Leistung in den kommende Wochen regelmäßig bestätigen ehe ein erstes echtes Urteil gefällt werden kann. Trotzdem hat eine Innenverteidigung mit zwei furchtlosen Kanten wie Boateng und Benatia in jeder Kombination und Ausrichtung das Potenzial sehr vielen Gegnern Kopfzerbrechen zu bereiten. Definitiv ein wichtiges Signal nach der bitteren Badstuber-Verletzung.

FC Bayern München – Manchester City 1:0 (0:0)
FC Bayern München Neuer – Alaba, Boateng, Benatia (85. Dante) – Bernat, Xabi Alonso, Lahm, Rafinha (85. Pizarro) – Götze, Lewandowski, Müller (76. Robben)
Manchester City Hart – Clichy, Demichelis, Kompany, Sagna – Touré, Fernandinho – Nasri (58. Milner), Silva, Navas (88. Kolarov) – Dzeko (74. Aguero)
Bank Reina, Rode, Shaqiri, Hojbjerg
Tore 1:0 (90.) Boateng
Karten Kompany, Demichelis, Clichy, Dzeko (Gelb)
Schiedsrichter Alberto Undiano Mallenco (Spanien)
Zuschauer 68.000 (ausverkauft)