FC Bayern Frauen – SC Freiburg 1:0
An diesem Sonntag traf Sara Däbritz erstmals auf ihren ehemaligen Verein, den SC Freiburg, bei dem auch die Ex-Münchnerin Clara Schöne unter Vertrag steht. Der SC rangierte vor der Partie auf Platz 7 der Tabelle und verfügt über eine gut ausgebildete Bundesligamannschaft mit großem Potential, in der neben Nationalstürmerin Lena Petermann auch die Leihgabe vom VfL Wolfsburg, Lina Magull, ihr Können einbringt. Gegen Wolfsburg war dem SC Freiburg das Kunststück gelungen, auswärts einen 0:2-Rückstand noch in der Nachspielzeit zu einem 2:2 zu drehen. Die Bayern waren also gewarnt.
Falls Ihr es verpasst habt:
Im Vergleich zum Rückspiel gegen Twente rotierte Bayern-Coach Tom Wörle Nicole Rolser für Vivianne Miedema sowie Kristen Mewis für Leonie Maier in die Startformation. Wie schon nach der Einwechslung gegen Twente spielte Mewis auf der linken Flügelverteidigerposition, während ihre US-Kollegin Gina Lewandowski ihr Pendant auf der rechten Seite gab.
Vor der Fünferkette aus Mewis und Lewandowski außen sowie Viktoria Schnaderbeck, Nora Holstad und Carina Wenninger in der Abwehrzentrale formierte sich ein Dreiermittelfeldband, in dem überraschender Weise Melanie Leupolz lange Zeit die defensivste Sechserin hinter den Achtern Sara Däbritz halblinks und Melanie Behringer halbrechts gab. Trotz des offensiven Personals bildeten die drei eine weitgehend flache, defensiv eingestellte Mittelfeldreihe. Davor spielten Lisa Evans und Nicole Rolser im Doppelsturm, wobei Evans häufiger die Flanken besetzte und sich Rolser zentraler hielt. Noch vor dem Halbzeitpfiff nahm Wörle Sara Däbritz aus dem Spiel, wechselte Caro Abbé ein, die ihren angestammten Platz als halbrechte Verteidigerin in der Dreierkette einnahm, während Carina Wenninger ins zentrale defensive Mittelfeld aufrückte. Leupolz spielte in der Folge etwas offensiver zusammen mit Behringer auf der Acht.
Freiburg-Trainer Jens Scheuer schien sein Team zunächst mit einer Viererkette verteidigen zu lassen, in der Sarah Puntigam mit Carolin Schiewe innen und Anja Hegenauer sowie Clara Schöne außen verteidigten. In diese Kette reihte sich jedoch schon nach wenigen Minuten auch Lisa Karl auf der rechten Flügelverteidigerposition ein. Offensiv rückte sie wie ihr Pendant Hegenauer auf der linken Seite weit mit vor, gegen den Ball blieb jedoch nur die ballnahe Außenverteidigerin vor der Viererkette, um Druck auf den Ball zu machen, während sich die ballferne Außenverteidigerin in die Viererkette fallen ließ. Im defensiven Mittelfeld spielten Selina Wagner und Juliane Maier auf der Doppelsechs hinter Spielgestalterin Lina Magull, vor der Lena Petermann und Sandra Starke den Doppelsturm bildeten. So entstand offensiv häufig ein 5-2-2-1 oder 5-2-1-2, je nach dem, auf welcher Höhe sich Starke einfand. Im Pressing versuchte Freiburg in einer recht vorsichtigen 4-3-2-1-Formation die Bayern auf außen zu lenken und vor der Abwehrreihe zu doppeln.
Chancen auf beiden Seiten
Noch bevor es so richtig losging, hatte Lisa Evans mit viel Tempo über den rechten Flügel Nicole Rolser mustergültig von der Grundlinie aus im Fünfmeterraum eingesetzt: 1:0. Es folgte jedoch kein Kantersieg mit Toren im Minutentakt, sondern ein zähes Kräftemessen auf Augenhöhe, bei dem sich beide Teams immer wieder gute bis sehr gute Tormöglichkeiten herausarbeiten, aber keinen weiteren Treffer markieren konnten. Besonders mit einer Vielzahl an Freistößen konnten die Breisgauerinnen gefährlich werden. Bayern-Keeperin Korpela zeigte jedoch eine makellose Leistung, ließ vorbeistreifen, was nicht zielgenau war und hielt alles fest, was auf ihren Kasten kam.
Standards waren allerdings nicht die einzige Methode, mit der der SC Freiburg zu Chancen kam. Das Team von Trainer Jens Scheuer konnte auch über längere Phasen ein passables Ballbesitzspiel aufziehen und kombinierte sich besonders häufig über Magull auf der Zehn in den Strafraum der Bayern: So konnte Magull den Ball beispielsweise in Minute 16 im Fünferraum querlegen. Lewandowski schaffte es gerade noch, den Flipperball zur Ecke zu klären. Da war auch ein wenig Glück dabei. Nur fünf Minuten später kombinierten sich Magull und Petermann per Doppelpass in den Sechzehner. Schon kurz zuvor hatte ein Missverständnis zwischen Schnaderbeck und Holstad für eine Riesenchance der Breisgauerinnen gesorgt.
Freiburg griff meist über die rechte Seite an, streute aber auch Kombinationen über den linken Halbraum ein, den sie beispielsweise in Minute 36. überluden, um nach einer Seitenverlagerung in den rechten Halbraum am Sechzehner zu einem Distanzschuss zu kommen, den Korpela über den Querbalken lenkte. Insgesamt waren es aber die Roten, die das Spiel leicht dominierten und Ton und Tempo auf dem Platz angaben. Die größte Chance auf das 2:0 in Durchgang 1 hatte Sara Däbritz nach einer Viertelstunde. Behringer blockte an der Mittellinie einen Freiburger Pass ab, schickte den Ball zwischen zwei Verteidigerinnen im Strafraum auf Rolser, die es schaffte, das enge Zuspiel zu verarbeiten und mittig auf Däbritz durchzustecken. Diese zog jedoch knapp am rechten Pfosten vorbei.
Freiburg kann im zweiten Durchgang nicht zulegen, Bayern muss nicht
Die zweite Halbzeit begann zwar nicht ganz so fulminant wie die erste, dennoch hatte der FC Bayern wieder einige spektakuläre Szenen. Leupolz konnte sich gut im Zehnerraum durchsetzen, den Pass halblinks raus auf Behringer geben, die weiter verlagert auf Mewis. Diese spielt den Ball postwendend zurück zur Bayern-Kapitänin, die vom linken Strafraum knapp übers rechte Kreuzeck abzieht (48.). Kurz drauf rettet Evans den Ball im letzten Drittel an der rechten Außenlinie und spielt Rolser zentral im Sechzehner an. Die kann das Zuspiel zwar nicht perfekt kontrollieren, Freiburg weiß sich jedoch nur durch ein Handspiel im Strafraum zu helfen. Der fällige Strafstoß blieb jedoch aus (55.).
Fortan nahmen die Torraumszenen etwas ab, doch Bayern ging die Mittelfeldduelle resoluter und aggressiver an. Obwohl auch dem FCB viele ungenaue Pässe unterliefen, setzten sie verlorenen Bällen entschlossener nach als der Gegner und verhinderten so, dass Freiburg Oberwasser bekam. Den Gästen blieben zunehmend nur noch Versuche aus der Distanz, während Evans zwanzig Minuten vor Schluss mit einer Kopfballchance aus nächster Nähe alles hätte klarmachen können.
Beide Trainer wechselten in der Schlussphase nochmal frisches Personal in die Partie. Bei Freiburg kam Hasret Kayikci für Sandra Starke und ersetzte diese positionsgetreu (68.), Giulia Gwinn kam für Anja Hegenauer, ordnete sich allerdings als rechte Außenverteidigerin ein, während Lisa Karl auf die linke Seite wechselte. Für einen möglichen Lucky Punch warf Scheuer am Ende noch Cinzia Zehnder für Juliane Maier in die Offensive (86.) Den effektiveren Wechsel machte allerdings Tom Wörle. Zum einen brachte er Eunice Beckmann für Kristie Mewis (88.). Beckmann war in dieser Bundesligasaison bislang lediglich gegen die Aufsteiger aus Köln und Bremen zum Einsatz gekommen. Zum anderen war in der 77. Minute Vivianne Miedema für die Torschützin Nicole Rolser eingewechselt worden und machte sofort ordentlich Betrieb. Über links zog sie diagonal in den Strafraum ins Eins-gegen-Eins gegen Benkarth, ihr Schuss wurde jedoch geblockt. Anschließend hätte es jedoch zum zweiten Mal Handelfmeter geben müssen, doch wieder blieb der Pfiff aus (88.). Kurz drauf tunnelte Miedema Carolin Schiewe, doch auch diesen Versuch konnte Freiburg abblocken. Auch die Gäste kamen in der hektischen Schlussphase noch ein, zwei Mal gefährlich in den Bayern-Strafraum, konnten aber nicht mehr zwingend abschließen. So baute Bayern mit einem knappen, aber nicht unverdienten Sieg die Tabellenführung mit drei Punkten gegen Freiburg aus.
3 Dinge, die auffielen:
1. Bayern so defensiv wie selten
Schon im Teil zur Aufstellung der Bayern wurde das flache Mittelfeldband aus Däbritz, Leupolz und Behringer angesprochen, das noch defensiver wurde, als Caro Abbé Däbritz bereits vor dem Halbzeitpfiff ersetzte. Im fünften Spiel innerhalb von zwei Wochen setzte Tom Wörle auf eine stabile Verteidigung, die näher als gewöhnlich am eigenen Tor ausgerichtet war, in Kombination mit einer pfeilschnellen Dribbelstürmerin Evans sowie einer wendigen Rolser, die gemeinsam für Kontergefahr sorgen sollten. Dieser Plan ging in Form der frühen Führung sofort auf, die der Ausrichtung wiederum maximal in die Karten spielte.
FCB-Trainer Wörle: Wir haben heute sehr defensiv gespielt und uns auf das Kontern verlegt! #FCBSCF
— FCB Frauenfußball (@FCBfrauen) 18. Oktober 2015
Vor allem in der ersten Halbzeit klaffte so allerdings auch eine große Lücke zwischen Mittelfeld und Angriff. Anstelle des sonst üblichen Kombinationsfußballs im Mittelfeld traten nun schnelle hohe Bälle in die Spitze, die das zweite Drittel sofort überbrückten, aber auch häufig ihr Ziel verfehlten. Ballbesitz und Kontrolle gab man so freiwillig etwas auf. Mit mehr Biss konnte aber in der zweiten Halbzeit auch das Mittelfeld wieder stärker dominiert werden. Das Konterspiel der Bayern deckte allerdings auch einige Schwächen in der Passgenauigkeit bei dynamischen Situationen auf. So konnte zum Beispiel Rolser den Ball zentral gut halten und verzögern, bis Däbritz auf links aufgerückt war, den Ball dann aber nicht auf außen bringen (10.). Dasselbe passierte Däbritz, die ihrerseits den Ball nicht auf Mewis rauszulegen vermochte (37.), es aber kurz drauf mit dem Schnittstellenpass auf Rolser besser machte (40.) Auch die Chance von Evans und Rolser im Zwei-gegen-Zwei wurde nicht konsequent ausgespielt, sondern von Freiburg geblockt (22.). Wie es richtig geht, zeigte Leupolz, als sie zentral auf die Defensive zulief, den perfekten Schnittstellenpass zwischen linker Innen- und Außenverteidigerin durchspielte und Rolser perfekt im Strafraum einsetzte, die jedoch an Benkarth scheiterte (26.). Den spektakulärsten langen Ball in die tiefe spielte wohl Melanie Behringer für Rolser, die allerdings noch vor dem Sechzehner ausrutschte und im Anschluss von Leupolz abgeschossen und überfahren wurde (74.). Bei der Kontergefährlichkeit können die Bayern also alles in allem noch ein wenig zulegen.
2. Neue Möglichkeiten durch Mewis
Mewis, neu aus den USA gekommen, hat schon einige Spielminuten auf der Uhr und konnte bereits zeigen, dass sie mit ihrer vertikalen Spielweise, viel Zug zum Tor sowie Übersicht und Ballsicherheit in unübersichtlichen Engen eine Verstärkung für Wörles Team ist. Ihr Einsatz als linke Flügelverteidigerin verschaffte Leonie Maier auf rechts eine Verschnaufpause, wo dafür Gina Lewandowski ihr gewohnt großes Pensum abspulte. Schon bemerkenswert, dass Wörle diese Variante derjenigen mit Laura Feiersinger auf rechts vorzuziehen scheint. Lewandowski konnte allerdings wie auf links auch auf dem rechten Flügel absolut überzeugen. Trotz der defensiven Ausrichtung tauchte sie schon in der ersten Halbzeit mehrfach zentral im gegnerischen Strafraum auf, hatte eine großartige Torchance, als sie zentral an der Strafraumkante mit ihrem starken linken Fuß abzog und nur am Pfosten scheiterte (67.) und kam in der Schlussphase zu einer weiteren Riesenmöglichkeit, als sie im Fünfmeterraum beim Schuss geblockt wurde (81.). Ihre Defensivseite hatte Lewandowski trotz ihres Offensivengagements ordentlich im Griff.
Über den Einsatz Lewandowskis auf rechts bringt Mewis eine weitere Variabilität mit in das Bayernspiel. Nicht mehr jeder ruhende Ball wird von Melanie Behringer getreten, die sich sonst für sämtliche Freistöße und Ecken verantwortlich zeigte. Der FCB wird dadurch in dieser Beziehung ein bisschen weniger ausrechenbar und streute schon ein paar interessante Varianten ein. Zum Beispiel die Szene in Minute 39: Behringer und Mewis stellen sich an der Grenze zum letzten Drittel an der linken Auslinie auf, beide laufen an, Mewis läuft durch, Behringer spielt die Linie entlang auf Mewis, die kann mit Tempo zur linken Strafraumecke durchdringen und kommt frei zum Schuss, der allerdings knapp am rechten Pfosten vorbeistreicht.
3. Rolser: Wandspielerin auf Hüfthöhe
Rolser machte ein Wahnsinnsspiel und überzeugte durch Qualitäten, die sich für gewöhnlich gegenseitig ausschließen. Als wäre sie eine Wandspielerin nach Vorbild eines Alexander Meier konnte man sie in den unmöglichsten Situationen im Strafraum anspielen und meistens schaffte sie es, den Ball durch ein gutes Positionsspiel und einen geschickten ersten Kontakt zu behaupten, zu verarbeiten oder abzuschließen. Dabei ist sie selbst eher der Typ „klein und wendig“. Bei dem extrem tiefen, flachen Mittelfeld, mit dem Bayern spielte, hatte sie einen riesigen Raum abzudecken und tauchte überall in der Zentrale auf. Auch hier zeigte sie sich in der Ballbehauptung oft gegen zwei oder sogar drei Gegenspielerinnen grandios und war meist gar nicht oder nur durch Foulspiel vom Ball zu trennen. Eine Riesenleistung, die auch ihr Trainer im Anschluss an die Partie würdigte.
Wörle: Torschützin Nicole Rolser ist ein „Stehauf-Weibchen“! Sie hat heute großartiges Engagement gezeigt! #FCBSCF
— FCB Frauenfußball (@FCBfrauen) 18. Oktober 2015
FC Bayern München Frauen – SC Freiburg 1:0 (1:0) | |
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FC Bayern | Korpela – Mewis (88. Beckmann), Schnaderbeck, Holstad, Wenninger, Lewandowski – Däbritz (41. Abbé), Leupolz, Behringer – Evans, Rolser (77. Miedema) |
Bank | Zinsberger, Bürki, Maier, Feiersinger |
SC Freiburg | Benkarth – Hegenauer (75. Gwinn), Puntigam, Schiewe, Schöne, Karl – Maier (86. Zehnder), Wagner – Magull – Starke (68. Kayikci), Petermann |
Bank | Straub, Minge, Lahr, Aschauer |
Tore | 1:0 Rolser (1.) |
Karten | Gelb: Wenninger(62.), Lewandowski (86.) / Hegenauer (52.), Wagner (61.) |
Schiedsrichterin | Inka Müller-Schmäh (Potsdam), Katia Kobelt (Berlin), Miriam Schweinefuß (Rieder) |
Zuschauer | 720 |