FC Bayern Transfersommer: Mané und Gravenberch kommen, vier gehen
Von Georg Haas und Justin Kraft
Abgänge
Ron-Thorben Hoffmann
Der 23-jährige Torhüter war zuletzt an den AFC Sunderland ausgeliehen und wechselt jetzt zu Eintracht Braunschweig.
Hoffmann stand seit 2015 beim FC Bayern unter Vertrag und lief 51-mal für die Amateure des FC Bayern auf, mit denen er 2019/20 auch Drittligameister wurde. Beim FC Bayern hatte er keine Perspektive mehr. Es war schon lange klar, dass er den Klub verlassen würde. Zweitliganiveau ist das, was ihm nach Miasanrot-Informationen am Campus aktuell zugetraut wird.
Christian Früchtl
Der gebürtige Niederbayer Früchtl schloss sich 2014 dem FC Bayern an. Er galt lange als großes Torhütertalent, dem eine Zeit lang auch eine Profikarriere beim FC Bayern zugetraut wurde.
Doch nach 71 Einsätzen für die Amateure und seinem Bundesligadebüt am 34. Spieltag, als er für Manuel Neuer bei den Profis eingewechselt wurde, ist seine Reise beim FC Bayern zu Ende. Früchtl wechselt zu Austria Wien.
Von Beginn an war die Erwartungshaltung wenig förderlich. Auch die Leihe zum 1. FC Nürnberg sowie die eine oder andere Verletzung bremsten seine Entwicklung aus. Der Schritt heraus aus der deutschen Öffentlichkeit dürfte ihm guttun.
Lars Lukas Mai
Lars Lukas Mai kam 2014 aus Dresden nach München, wo er in den Jugendteams schnell Stammkraft und Leistungsträger wurde. Er brachte es in den letzten Jahren auf 30 Einsätze in den DFB-Juniorennationalmannschaften und acht in der U21.
Mai debütierte als 18-Jähriger unter Jupp Heynckes 2018 gegen Hannover 96 und kam eine Woche später auf einen zweiten Einsatz gegen Eintracht Frankfurt. Damals galt er trotz klarem Tempodefizit als großes Talent – nicht nur beim FC Bayern, sondern auch in Scoutingkreisen. Doch in den Jahren danach folgten keine weiteren Einsätze, er schaffte den Sprung zu den Profis nie ganz.
Im Sommer 2020 wurde er zunächst an den SV Darmstadt und ein Jahr später an Werder Bremen ausgeliehen. War er in Darmstadt noch Stammspieler und zeigte solide Leistungen, rutschte er bei Werder im Verlauf der Saison aus der Startelf. Der Tod seiner Mutter machte ihm auf privater Ebene zusätzliche Probleme. Insofern war absehbar, dass Werder nicht mit ihm verlängern würde.
Mai als Positivbeispiel der bayerischen Jugendarbeit?
Der 22-jährige Mai wechselt nun zum Schweizer FC Lugano. Sportvorstand Hasan Salihamidzic war bei der Verkündung darum bemüht, den Transfer als Kennzeichen guter Jugendarbeit zu verkaufen.
„Lars Lukas kam mit 14 Jahren zum FC Bayern und ist ein gutes Beispiel für die exzellente Ausbildung in unserem Nachwuchsleistungszentrum“, wird der 45-Jährige von den Klubmedien zitiert: „Unser Anspruch ist es immer, für unsere Jugendspieler einen passenden Karriereplan zu bauen. Das ist uns bei Lars Lukas gelungen.“
Im Kern seiner Argumentation hat Salihamidzic einen Punkt. Der Campus lässt sich nicht allein daran bewerten, wie viele Spieler es in den Profikader des FC Bayern schaffen. Denn dann gäbe es nur ein Fazit: Katastrophal. Ein Nachwuchsleistungszentrum bildet junge Menschen vielseitig aus und ist vor allem auch für die Persönlichkeitsentwicklung der Spieler verantwortlich. Eine Kennziffer für Erfolg ist zudem, wie viele Spieler es insgesamt in den Profibereich schaffen. Insofern ist Mai durchaus ein Erfolg.
Zugleich hat der FC Bayern einen entscheidenden Teil dazu beigetragen, dass der Innenverteidiger zwischen seinem Debüt 2018 und seiner Leihe nach Darmstadt 2020 rund zwei Jahre in seiner Entwicklung stagnierte – eben weil nicht der Eindruck entstand, dass der Klub ihm einen klaren Plan gezeichnet hat. Mai ist also beides: Positiv- und Negativbeispiel.
Marc Roca
Der technisch hoch veranlagte Marc Roca kam 2020 im zweiten Anlauf zum FC Bayern, nachdem ein Transfer im Jahr davor noch scheiterte – Espanyol Barcelona soll bis zu 40 Millionen Euro gefordert haben.
Offensiv zeigte er immer wieder seine Stärken als Aufbausechser im Ballbesitz. Defensiv hingegen konnte er seine Schwächen gegen den Ball nie ganz ablegen. Entsprechend schaffte er es trotz seiner guten Anlagen, trotz Chancen durch enge Spielpläne und Verletzungen nie nachhaltig ins Team.
So stehen nach zwei Jahren beim Rekordmeister wettbewerbsübergreifend nur 24 Einsätze mit insgesamt 974 Minuten zu Buche. In der vergangenen Saison belegte er Platz 21, in dieser Platz 22 in der Einsatzstatistik. Zu wenig für eine weitere Perspektive. Dass zwei Trainer unabhängig voneinander so entschieden haben, spricht nicht für den Spieler.
Gleichzeitig ist Roca kein Vorwurf zu machen. Sein Einsatz und sein Wille zur Verbesserung waren klar zu erkennen und aufgrund der guten Ansätze bleibt bei vielen das Gefühl zurück, gern mehr von ihm zu sehen. Für den FC Bayern hat es aber offenkundig nicht gereicht.
Roca wechselt in die englische Premier League zu Leeds United. Der FC Bayern erhält laut verschiedenen Medienberichten zwölf Millionen Euro für den Spanier, denen noch Bonuszahlungen folgen könnten, und damit sogar mehr als die neun Millionen Euro, die Salihamidžić 2020 nach Barcelona überwies.
Zugänge
Ryan Gravenberch
Nach Noussair Mazraoui wechselt mit Ryan Gravenberch der zweite Spieler von Ajax Amsterdam zum deutschen Meister. Deutsche Medien berichten unabhängig voneinander, dass die Bayern eine Ablöse von 18,5 Millionen Euro zahlen, die durch erfolgsabhängige Boni auf 24,5 Millionen Euro ansteigen kann.
Trotz seines jungen Alters verfügt der 20-jährige Gravenberch über die Erfahrung von 102 Pflichtspielen für Ajax, für die er seit seinem achten Lebensjahr aktiv war und bereits mit 16 in der Eredivisie debütierte.
Gravenberch spielte in Amsterdam im zentralen Mittelfeld. Trotz seiner 1,90m Körpergröße ist der Nationalspieler beweglich und hat seine Stärken im Umgang mit dem Ball. Er ist ein sehr dynamischer Spieler, der sich in keine Kategorie pressen lässt. Zwar bringt er durchaus das Profil eines klassischen Box-to-box-Spielers mit, kann darüber hinaus aber auch in anderen Anforderungsprofilen überzeugen.
So ist er in der Lage, auch unter Druck gute Entscheidungen zu treffen und sich mit technischen Fähigkeiten zu lösen. Vor allem seine vertikalen Dribblings zeichnen ihn aus. Er kann den Ball gut nach vorne tragen. Mit seinen Stärken könnte er ein angemessener Konkurrent für Leon Goretzka werden und dementsprechend Corentin Tolisso beerben.
Der Sprung aus der Eredivisie in die Bundesliga ist groß, die Konkurrenz im Münchner Mittelfeld hart. Er wird sich zunächst hinter Joshua Kimmich und Leon Goretzka anstellen müssen. Je nach Nagelsmanns Plänen und eventueller weiterer Transfers könnten zudem Jamal Musiala, Marcel Sabitzer und Konrad Laimer um weitere Einsätze im Zentrum kämpfen. Entsprechend sollte man die Erwartungen an seine erste Saison nicht zu hoch ansetzen: Ankommen, in der Rotation etablieren und Erfahrungen sammeln, das sollten die Maßgaben für die erste Saison sein.
Sadio Mané
Der designierte Königstransfer des Sommers. Der Liverpooler Stürmerstar, dessen Vertrag 2023 ausgelaufen wäre, hatte sich früh auf einen Wechsel zum FC Bayern festgelegt. Nach sechs Jahren in Liverpool wollte er noch für einen weiteren Topclub spielen. Nach intensiven Verhandlungen einigten sich der FC Bayern und Liverpool auf eine Sockelablöse in Höhe von 32 Millionen Euro. Das berichten sowohl englische als auch deutsche Medien.
Durch Bonuszahlungen, die an Einsätze von Mané sowie an individuelle und Teamerfolge gebunden sein sollen, kann sich die Ablöse auf 41 Millionen Euro erhöhen. Sechs Millionen Euro sollen demnach recht leicht zu erreichen sein, während der Restbetrag wohl an Erfolge in der Champions League und beim Ballon d’Or geknüpft ist.
In 269 Spielen für den FC Liverpool gelangen Sadio Mané 120 Tore und 48 Assists. Der Senegalese spielte in Liverpool als Teil eines Dreiersturms. Meist lief er als Linksaußen auf, von wo er als Rechtsfuß eher invers mit Zug zum Tor spielte. Nachdem der einst etablierte Mittelstürmer Roberto Firmino zuletzt immer seltener spielte, besetzte Mané auch regelmäßig das Sturmzentrum.
Mané: Bodenständiger Musterprofi
Mané gilt als bodenständiger Musterprofi, der finanziell und durch persönliches Engagement seine Heimat unterstützt – beispielsweise half er dabei eine Schule und ein Krankenhaus zu errichten. Der 30-Jährige führte die Nationalmannschaft 2022 zum Gewinn des Afrika-Cups und zur Qualifikation für die Weltmeisterschaft nach Katar.
Die persönliche Eingewöhnung sollte Sadio Mané denkbar einfach fallen. Er spielte bereits zwei Jahre unter Roger Schmidt im nahen Salzburg, wo er sich Deutschkenntnisse aneignete. Zudem trifft er in München auf zahlreiche französischsprachige Mitspieler.
Während andere große Stars wie Franck Ribéry oder Robert Lewandowski als Talente in die Bundesliga wechselten, dürfte Sadio Mané einer der zum Transferzeitpunkt größten Weltstars sein, die sich für die deutsche Liga entschieden. Mit dem Transfer setzt der FC Bayern ein Statement im internationalen Fußball.
In der aktuellen Form ist Mané ohne Frage eine Verstärkung für den FC Bayern, der Trainer Julian Nagelsmann zudem neue taktische Optionen bietet. Eine der Gretchenfragen rund um den Transfers dürfte sein, wie lange er sein aktuelles Weltklasseniveau noch halten kann.
Eine ausführliche Pro- und Contraeinschätzung folgt in den kommenden Tagen.
Mögliche Transfers
Konrad Laimer
Seit Wochen wird der 25-jährige Mittelfeldspieler von RB Leipzig als Wunschspieler von Julian Nagelsmann gehandelt.
Unter der Woche wurde der Wechsel von Xaver Schlager vom VfL Wolfsburg zu RB Leipzig bekannt gegeben. Schlager ist wie Laimer im zentralen Mittelfeld zu Hause und könnte so bereits dessen Nachfolger sein und dadurch den Weg für einen Wechsels Laimers zum FC Bayern bereitet haben.
Laimer ist ein sehr pressingstarker, körperlicher Sechser. Ein Typ Abräumer, wie ihn die Münchner seit Javi Martínez nicht mehr hatten – aber auch er lässt sich nicht in eine Schublade stecken, verfügt durchaus über ausreichende Qualitäten im Passspiel und weiß mit Druck umzugehen.
Gleichzeitig ist er kein klassischer Taktgeber auf der Sechs, wie es beispielsweise Xabi Alonso war. Dennoch könnte er die eine oder andere Defensivlücke schließen, die Kimmich und Goretzka in der Vergangenheit auf dem Platz hinterließen.
Robert Lewandowski
In den letzten Tagen tauchten neue Gerüchte zu einem möglichen Interesse von Paris St. Germain und des FC Chelsea auf. Sein Ex-Berater Cezary Kucharski erklärte aber jüngst bei Sport1, dass sowohl die englische Premier League als auch Paris damals kein Thema gewesen wären. Sinneswandel? Wohl kaum.
Lewandowski scheint weiterhin einen Wechsel nach Barcelona zu bevorzugen. Dort fand am Donnerstag eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt. In dieser stimmten die anwesenden Mitglieder des Klubs einem Verkauf anteiliger TV-Rechte und Merchandise-Anteile zu. Die beiden Verkäufe könnten laut Sport1 über 700 Millionen Euro in die klammen Kassen der Katalanen spülen.
Barcelona braucht das Geld dringend, um die strengen Auflagen des spanischen Financial Fairplay zu erfüllen. Gelingt der Rechteverkauf bis zum 30. Juni 2022, wäre diese formale Hürde überwunden, und der FC Barcelona dürfte neue Millionentransfers tätigen.
Ein Wechsel des zweimaligen FIFA-Weltfußballers ist durch diese Entwicklung ebenso wie durch den Mané-Transfer deutlich wahrscheinlicher geworden. Allerdings gibt es nach wie vor Stimmen, die einen Verbleib nicht ausschließen. So berichtete Sky Sport davon, dass Bayern ihn nicht ersatzlos gehen lasse und der Markt auf der Neunerposition derzeit schwierig sei.
Sasa Kalajdzic soll Medienberichten nach eher einen Wechsel nach Dortmund präferieren. Andere Stürmer auf höherem Niveau sind womöglich zu teuer. Nur mit Mané als Lewandowski-Ersatz zu planen, wäre schon angesichts der Spielweise des FC Bayern, die selbst unter Julian Nagelsmann viele Flanken beinhaltete, riskant. Noch können die Münchner ihren Top-Stürmer zum Verbleib zwingen. Sein Vertrag läuft ohne Ausstiegsklausel bis 2023.