FC Bayern München – SC Sand 4:0 (3:0)

Jolle Trenner 18.10.2014

Nach einem Auftaktremis gegen Jena und dem Sieg gegen den Herforder SV hagelte es seither allerdings fünf Niederlagen in Folge. Sand ist ein Ort der baden-württembergischen Gemeinde Willstätt, die insgesamt keine 10.000 Einwohner hat, und somit der kleinste Spielort der Liga. Dennoch hat der Liganeuling, der noch nie zuvor gegen die Bayern-Frauen antrat, einige erfahrene Spielerinnen im Kader. Allen voran gilt dies für Patricia Hanebeck, die technisch starke Spielmacherin, die mit Turbine Potsdam schon die deutsche Meisterschaft feiern konnte sowie für die italienische Nationalspielerin Ilaria Mauro. Die machte im Auftaktspiel gegen Jena ihr erstes Saisontor. Es war der 25. Treffer der Italienerin für Sand in nur 22 Partien. Neben Verletzungssorgen hat der SC aber auch kuriose Ausfälle zu kompensieren. Die drei Französinnen Stéphanie Wendlinger, Jeanne Haag und Noémie Freckhaus wurden von ihrem Arbeitgeber im benachbarten Elsaß-Lothringen nicht freigestellt, sie müssen die Post austragen. Kein ideale Ausgangslage also für den Tabellenzehnten.

Der FC Bayern begann mit derselben Anfangsformation wie beim 1:0-Sieg gegen Potsdam mit Korpela im Tor, der Dreierkette aus Abbé rechts, Holstad zentral und Manieri links sowie den zwei Flügelverteidigerinnen Schnaderbeck rechts und Lewandowski links. Im defensiven Mittelfeld liefen Behringer und Brooks auf, Leupolz spielte auf der Zehn und Bürki bildete gemeinsam mit Miedema den Doppelsturm. Dieser 3-5-2-Formation stellte Sand ein 4-4-2 entgegen.

Bayern dominiert die erste Halbzeit

Die erste Gelegenheit hatten die Gäste. Nach Ballverlust der Bayern an der Mittellinie schaltet Sand blitzschnell um, passt rechts raus auf die völlig freie Hanebeck, die jedoch die Flanke nicht an die Mitspielerinnen bringen kann. Danach spielte zunächst aber nur noch der FC Bayern, der mit einem geschätzten Ballbesitzverhältnis von 70:30 in der ersten Halbzeit klar feldüberlegen war. Auch das Torschussverhältnis von 9:3 über die gesamte Distanz schmeichelte den Gästen noch, da sich die Roten noch weitaus mehr Gelegenheiten herausspielten, während Sand einzig auf das Konterspiel setzte. Vielleicht ist das der Grund, warum Sand ihre kreative Zehn, Hanebeck, als rechte Stürmerin einer Doppelspitze auflaufen ließ, die häufig über rechts außen kam. An Spielgestaltung wollte der SC Sand offenbar von vornherein nicht denken. Nur um Minute 25 gab es mal zwei, drei Offensivaktionen von Sand hintereinander, die man geordnete Angriffe nennen konnte inklusive einem harmlosen Schüsschen aus der Distanz.

Bayern agierte dagegen wie ein klassisches Ballbesitzteam, kombinierte sich auch gleich in der Anfangsphase gefällig durch die eigenen Reihen, presste den Gegner hoch — mal mit Raumorientierungen, mal direkt an den Gegenspielerinnen — und erzwang so viele Balleroberungen. Zwar bereitete auch das Pressing des SC den Bayern ab der 20. Minute einige Probleme, doch konnten die Roten die meisten Drucksituationen spielerisch lösen. Nicht immer mit Raumgewinn, manchmal ohne Ballkontrolle, doch spätestens die zweiten Bälle hatte der FCB meist sicher. Zudem hebelte sich Sand mit seinem Pressing auffallend häufig selbst aus. Alle SC-Spielerinnen waren dann weit in der gegnerischen Hälfte und Bayern konnte das Mittelfeld simpel mit langen Bällen überbrücken und kam so direkt zu Chancen.

Die Spielerin der ersten Halbzeit heißt Melanie Behringer. Nicht nur aufgrund ihres direktverwandelten Freistoßtreffers (27., 2:0), den sie über die Mauer direkt neben den Pfosten zirkelte. Sie forcierte das Vertikalspiel der Bayern wie eine Zehnerin, nur eine Station weiter hinten. Ein cleverer Zug, da Bayern die Defensivformation Sands so herauslocken konnte. In Minute 8 durfte Behringer halblinks durch die Zentrale marschieren, Miedema an der Strafraumgrenze anspielen, die flach unten links einschoss. Behringer leitete mit einem Pass in die Spitze auch den Treffer zum 3:0 durch Miedema in der 31. Minute ein. Die Niederländerin zeigte bei dem Tor alle Eigenschaften einer Vollblutstürmerin. Wie sie denn Ball von hinten aufnimmt, ihn sich mit einer halben Körperdrehung zurechtlegt und trotz Gegenspielerin abschließt, hat große Klasse. Auch das Zusammenspiel mit Bürki, Leupolz und Behringer, wobei sie als Zielspielerin die Bälle tropfen lassen und Doppelpässe spielen kann, zeigt, sie bringt mit ihren 18 Jahren alles für eine große Stürmerkarriere mit.

Mit der Halbzeit bricht das Spiel zusammen

Mit Halbzeit 2 erfährt die Partie einen extremen Bruch. Sand kommt giftiger auf den Platz, Bayern verliert den Faden. Viele unkontrollierte Bälle springen rund um die Mittellinie, ein Fehlpass führt zum nächsten. Spielerisch gibt die Begegnung kaum noch was her. Dennoch gibt es einige interessante Änderungen. Für Bürki und Brooks waren in der Halbzeit Katharina Baunach und Eunice Beckmann gekommen. Baunach spielte zunächst im Mittelfeld, gewann zahlreiche Zweikämpfe, setzte auch offensiv Akzente und entlastete ihre Kolleginnen deutlich. Später wechselte sie auf die linke Außenbahn, da Lewandowski nun auf rechts spielte. Dafür agierte Schnaderbeck nun offiziell im Mittelfeld, nachdem sie zuvor von rechts außen bereits einige inverse Läufe ins Zentrum gemacht hatte. Bei Beckmann fiel auf, dass sie deutlich weniger in das Kombinationsspiel eingebunden war. Einerseits lag es daran, dass es ein solches in der zweiten Halbzeit kaum mehr gab. Zum anderen versuchte sie häufig, sich im Alleingang durch die Zentrale zu wühlen. Mit einem wuchtigen Fernschuss erzielte sie zwar das 4:0, hatte aber übersehen, dass eine Gegenspielerin nach Zusammenprall mit Behringer angeschlagen am Boden lag. Zu verteidigen wäre der Schuss aber ohnehin nicht gewesen, dafür hatte Beckmann den Ball zu schnell aus der Luft gen Tor gepfeffert. In der Schlussphase drehte Sand mit einigen Chancen nochmal auf, erzielte aber keinen Treffer mehr und so übernachtet der FC Bayern zumindest bis zum morgigen Sonntag an der Tabellenspitze.

Dennoch war der FCB denkbar unzufrieden mit seinem Spiel, was sich aber nüchtern betrachtet nur auf die stark abfallende zweite Hälfte zurückführen lässt. Im Interview nach dem Spiel fasste die bayerische Spielführerin Melanie Behringer die Partie etwas zu kritisch zusammen:

Ich glaub überhaupt kein gutes Spiel von uns, zu viele Fehlpässe, die Laufwege haben gar nicht gepasst. Sand war sogar stärker als wir. Schlussendlich haben wir die Tore gemacht und gewonnen.

Aber auch Trainer Thomas Wörle stellte einen massiven Leistungsabfall im Vergleich zum Spiel gegen Potsdam in der Vorwoche fest, machte der Mannschaft aber aufgrund ihrer Unerfahrenheit keine Vorwürfe.

So ein Erfahrungswert wie heute, wo wir ein Spiel vom Ergebnis her klar gewonnen haben, das aber maximal 1 oder 2:0 ausgehen darf aufgrund der Leistung, so ein Spiel hilft uns weiter.

Defensiv habe die Mannschaft wieder kaum Gefahr auf’s eigene Tor zugelassen, aber das Spiel nach vorne sei sehr bruchstückhaft gewesen.

Insgesamt war es sehr sehr zerfahren. Wir waren heute nach dem Highlight Potsdam mental nicht ganz auf der Höhe.

Selbstgefälligkeit kann man den Bayern-Frauen also bis auf Weiteres nicht vorwerfen.

FC Bayern München – SC Sand 4:0 (3:0)
FC Bayern Korpela – Lewandowski, Manieri, Holstad, Abbé, Schnaderbeck – Behringer, Brooks (46. Baunach) – Leupolz – Miedema (81. Stengel), Bürki (46. Beckmann)
Bank Schroffenegger, Baunach, Iwabuchi, Stenger, Beckmann, Gaugigl, Schuster
SC Sand Malachi – Sandvej, Scurich, Zirnstein, Stott – Höfflin (69. Frank), van Bonn, Migliazza, Veth (35. Wagner) – Mauro, Hanebeck
Bank Korenciova, Wagner, Frank, Ferreira Pinto, Schneider
Tore 1:0 Miedema (8.), 2:0 Behringer (27.), 3:0 Miedema (31.), 4:0 Beckmann (84.).
Karten Gelb: Carmen Höfflin (50.)
Schiedsrichter Karoline Wacker, Sonja Kuttelwascher, Olivia Depta
Zuschauer 420

♥ Artikel teilen

Jetzt teilen!

Jetzt teilen!