FC Bayern München Frauen - VfL Wolfsburg 0:0, 22.2.2015

FC Bayern München Frauen – VfL Wolfsburg 0:0

Jolle Trenner 22.02.2015

Die Ausgangslage

Am Sonntag empfingen die Bayern vom zweiten Tabellenplatz aus den Tabellenführer aus Wolfsburg zuhause in der heimischen Hermann-Gerland-Kampfbahn. Der aktuelle Champions-League-Sieger hatte mit 38 Punkten vor der Partie zwei Zähler Vorsprung auf die Münchnerinnen. Beide Teams sind nicht nur in der Tabelle sondern auch, was die Defensivleistung betrifft, absolute Ligaspitze. Nur ein einziges Gegentor hatte Wolfsburg in 14 Spielen zu verzeichnen. Bei den Bayern waren es immerhin fünf. In der Offensive stand Wolfsburg dagegen mit 39 Treffern lediglich an dritter Stelle, die Bayern an zweiter mit 41 Toren hinter den Frankfurterinnen um Star-Stürmerin Celia Sasic, deren Team insgesamt schon 49 Mal erfolgreich war. Wolfsburg reichte ein Unentschieden zur Verteidigung der Tabellenführung, während der FCB sich mit einem Sieg an die Spitze hätte setzen können. Der letzte Bundesligasieg der Wolfsburgerinnen liegt schon ein Weilchen zurück. Im April 2013 besiegte der VfL die Bayern mit 2:1. Vor einem Jahr schlugen die Bayern den VfL zuhause mit 3:1. Im Hinspiel trennte man sich mit einem torlosen Unentschieden. Ob beide Teams aber tatsächlich auf Augenhöhe agieren, diskutieren wir hier.

Beide Mannschaften waren in der Winterpause auf dem Transfermarkt aktiv geworden. Bei Wolfsburg kamen Weltmeisterin Yuki Ogimi und die Ex-Münchnerin Julia Simic neu in den Kader. Bayern musste zwar die Rückkehr der Leihgabe Amber Brooks in die USA verkraften, besserte aber mit der Neuverpflichtung der isländischen Offensivkraft Dagny Brynjarsdottir nach. Verletzungsbedingt fehlten beim Gastgeber weiterhin die Langzeitverletzten Lena Lotzen und Sarah Romert sowie Nora Holstad, die derzeit an einer Fußverletzung laboriert. Auch Mana Iwabuchi (Bänder) und Laura Feiersinger (Muskeln) mussten passen. Der Einsatz von Vivianne Miedema war vorab fraglich gewesen, sie nahm zunächst auf der Bank platz. Aber auch die Gäste konnten nicht aus dem Vollen schöpfen. Die jüngst zur Weltfußballerin des Jahres gekürte Nadine Keßler, Maren Tetzlaff, Viola Odebrecht und Caroline Hansen fehlten verletzt. Die Einsätze von Babett Peter und Lena Goeßling standen zunächst ebenfalls auf der Kippe, doch beide wurden rechtzeitig wieder fit für die Startelf.

Die Aufstellung

Aufgrund des Ausfalls von Abwehrchefin Holstad war Thomas Wörle in der Verteidigung zu einigen Umstellungen gezwungen. Zunächst sah es so aus, als würde Leonie Maier sich auf die Position linksaußen orientieren und Gina Lewandowski auf der rechten Halbposition spielen. Doch nach etwa zehn Minuten beorderte Wörle Lewandowski auf ihre gewohnt offensive Flügelverteidigerposition, deren Pendant auf der rechten Seite Maier gab. Die Halbpositionen der Dreierkette spielten links wie gewohnt Raffaella Manieri und rechts Caroline Abbé. Die nominelle rechte Flügelverteidigerin Viktoria Schnaderbeck ersetzte Holstad im Zentrum. Im Tor stand wie gehabt Tinja-Riikka Korpela.

Im defensiven Mittelfeld agierten wenig überraschend Melanie Behringer, die den horizontaleren Sechser gab und eher die linken Halbräume abdeckte, sowie Melanie Leupolz, die den vertikaleren Part in den rechten Halbräumen übernahm und häufig Mittelfeld und Angriff im Achterraum verband. Auf der Zehn machte Dagny Brynjarsdottir ihr erstes Heimspiel für den FC Bayern, vor ihr stürmten Vanessa Bürki links und Katherine Stengel rechts in der Spitze. Gegen den Ball formten die Bayern meist eine Viererkette in der letzten Linie, indem die ballferne Flügelverteidigerin in die Kette absank, während ihr Pendant ballnah im Mittelfeld auf die ballführende Gegnerin presste.

Wolfsburg setzte defensiv ein 4-4-2 und offensiv ein 4-1-3-2 dagegen. Vor Torhüterin Almuth Schult spielten Stephanie Bunte als linke und Luisa Wensing als rechte Außenverteidigerin. Die Innenverteidigung bildeten Babett Peter links und Nilla Fischer rechts. Davor gab Lena Goeßling bei Ballbesitz meist die alleinige Sechserin, Vanessa Bernauer bewegte sich davor im Zehnerraum. Auf den Flügeln spielte Wolfsburg links mit Martina Müller, rechts mit Anna Blässe. Davor tauchten die Stürmerinnen Alexandra Popp und Yuki Ogimi häufig gemeinsam auf, wechselten sich in der Besetzung der Sturmspitze aber auch immer wieder ab und sorgten so für viel Bewegung in der VfL-Offensive.

Falls Ihr es verpasst habt

Am Morgen war der Rasen noch weiß vom Schnee bedeckt. Die Rasenheizung hatte zwar ein bespielbares Grün zutage gefördert, doch sah man immer wieder Spielerinnen durch den Matsch glitschen. Top-Spielbedingungen für die feinen Kombinationen waren so nicht gegeben. Die Gäste kamen auf Anhieb besser in die Partie, pressten hoch, doppelten die Ballführende und hatten schon nach zehn Minuten zwei Ecken und einen geblockten Schuss von Bernauer zu Buche stehen. Nach einer viertel Stunde brachte Manieri die Bayern mit einem Fehlpass in Bedrängnis, Ogimi hatte im Sechzehner die Chance, direkt abzuschließen, legt quer auf Müller, die dann rechts am Tor vorbeizieht. Kurz zuvor war Vanessa Bürki nach Ballgewinn und Zuspiel von Katie Stengel am Versuch eines Fallrückziehers gescheitert.

Auch die Bayern versuchten den Gegner schon weit in dessen Hälfte zu stellen und Druck auszuüben. Auf den Versuch, sich gegen den Druck der Gäste durchs Mittelfeld zu kombinieren, ließen sich die Roten in den ersten zwanzig Minuten allerdings gar nicht erst ein, sondern überbrückten sowohl Mittelfeld als auch Pressing mit hohen Anspielen direkt in die Spitze. Auf diesem Untergrund gegen die europäische Spitze eine legitime Herangehensweise. Tödliche Pässe kamen auf diese Weise zwar nicht zustande, doch konnten einige zweite Bälle in der gegnerischen Hälfte gewonnen und weiterverarbeitet werden.

Stück für Stück kamen die Bayern um die zwanzigste Minute besser ins Spiel. Wolfsburg ließ nun häufig den ersten Pass zu und bekam im Mittelfeldpressing weniger Zugriff als noch zuvor. Die Roten setzten nun immer mehr auf Kombinationen durch die Mitte und rückten weiter nach vorne auf. Bei einem Wolfsburger Konter über deren linke Angriffsseite konnte die aufmerksame Schnaderbeck Ogimi noch rechtzeitig stoppen, bevor diese hinter die letzte Linie durchbrechen konnte. Wolfsburg streute neben einigen sehenswerten Doppelpässen im Mittelfeld aber auch viele uninspirierte lange Bälle ins Nichts ein, was vermutlich der angeschlagenen Goeßling und dem Rasen geschuldet war.

Bei den Bayern ging Vanessa Bürki viele Wege, das Zusammenspiel mit dem Neuzugang Brynjarsdottir bedarf aber offensichtlich noch einiger Feinabstimmung. Melanie Behringer machte ihre Aufgabe im zentralen Mittelfeld anständig unauffällig, während es vor allem Melanie Leupolz und Katie Stengel waren, die für offensive Momente sorgten. Leupolz, weil sie die Passmaschine anwarf und auch immer wieder schöne Lochpässe nach vorne durchsteckte, Stengel, weil sie auch zu Beginn der Partie, als der Rest der Mannschaft noch etwas wackelte, sich häufig zurückfallen ließ, sich die Bälle im Zweikampf selbst erarbeitete und die rechten Halbräume weiträumig beackerte.

Nach einer knappen halben Stunde gab es dann einen kuriosen Höhepunkt der Partie. In Bedrängnis hatte Nilla Fischer knapp vor dem Fünfmeterraum den Ball per Fuß zurück zu Almuth Schult gegeben, die ihn mit den Händen aufnahm. Klare Sache: Rückpass und indirekter Freistoß aus sieben Metern für die Bayern. Die Wolfsburgerinnen stellten sich der Reihe nach geschlossen auf der Torlinie auf. Behringers Freistoß senste dann auch in die Abwehr — kein Tor. Anschließend kam auch Bürki besser in die Partie und zu einem Torabschluss, nachdem Behringer mehrfach hervorragend im Angriffspressing nachgesetzt hatte. Kurz vor der Halbzeit war von Wolfsburg nun kaum noch was zu sehen. Bayern löste die Defensivaufgaben mehr und mehr spielerisch und kam noch zu einem Distanzschuss von Leupolz, zu dem sie gezwungen war, weil auf der rechten Seite keine Passstation mitgelaufen war.

Mit der zweiten Halbzeit verflachte die Partie zusehends. Bayern konnte nicht an den aufgebauten Druck aus der ersten Hälfte anknüpfen. Nach einem langen Wolfsburger Schlenzer in den bayerischen Strafraum zögert Korpela lange, bevor sie den Ball aufnimmt, zwingt eine Verteidigerin dadurch in einen heiklen Zweikampf mit Popp, die für kurze Zeit verletzt im Strafraum liegen blieb. Ein Pfiff blieb zurecht aber aus. Kurz darauf trat Bunte einen Freistoß vom rechten Strafraumeck, den Wensing per Kopf abnahm, aber neben das Tor von Korpela setzte. Bürki hatte nach einer schönen Flanke von Manieri nach 55 Minuten eine Kopfballchance, Goeßling und Müller durften jeweils nochmal abschließen, ohne dass es etwas einbrachte.

Eine halbe Stunde vor Schluss frischten die Trainer die eigenen Reihen nochmal mit offensiven Kräften auf. Verena Faißt kam für Müller, etwas später Kerschowski für Blässe bei den Gästen. Tom Wörle nahm Bürki für Beckmann sowie die abgekämpfte Stengel für Miedema aus dem Spiel. Beide Trainer hofften auf den Lucky Punch, die Anspiele für Beckmann und Miedema waren aber meist zu ungenau, als dass sie noch etwas hätten damit anfangen können. Bis auf die 82. Minute: Behringer seziert die Wolfsburger Defensive mit dem Schnittstellenpass, Miedema zock in die Tiefe, bekommt den Ball und zieht auf’s kurze Eck ab, wo Schult den Ball sicher aufnimmt. Links waren Lewandowski und Brynjarsdottir mitgelaufen — das wär’s gewesen…

Nun wollte keine der Mannschaften das Spiel noch aus der Hand geben. Doch kurz vor Abpfiff versäumt es Schnaderbeck, den Ball weit zu klären, Müller und Popp kommen mehrfach wieder an die Pille, stecken durch auf Bernauer, die hat das Siegtor auf dem Fuß, doch scheitert an einem Wahnsinnsreflex von Korpela, die das Ding aus nächster Nähe noch an die Latte leitet.

So trennen sich die zwei Top-Teams der Bundesliga zum zweiten Mal in dieser Spielzeit mit einem torlosen Unentschieden, das leistungsmäßig in Ordnung geht.

3 Dinge, die auffielen

Gutes Heim-Debüt von Brynjarsdottir

Bei ihrem ersten Heimspiel in der Hermann-Gerland-Kampfbahn machte die Isländerin Dagny Brynjarsdottir ein sehr gutes Spiel. Zwar agierte sie noch nicht ganz so schlitzohrig auf der Zehn wie die Verletzte Mana Iwabuchi, auch bespielt sie die Engen nicht ganz so geschickt wie die Japanerin, dennoch war sie gut in der Zentrale eingebunden, überlud auch die linken Halbräume sehenswert und bot sich für Kombinationen an. Zudem ließ sie bei einem Außenbahnlauf auf der linken Seite Wensing mustergültig aussteigen, bevor sie in die Mitte flankte. Mit jeder Spielminute wird sie sich besser in der Mannschaft einfügen und bringt fraglos die technischen Fähigkeiten mit, das Team zu verstärken. Gefühlt lief sie selbst fast ein bisschen zu viel, statt die Bälle zu verteilen und die Mitspielerinnen einzubinden. Sich bei einem hochklassigen Gegner aber über den persönlichen Einsatz einzubringen, ist sicher nicht die schlechteste Idee.

Ohne Holstad wackelt die Defensive


Mit etwas Glück hielt die Defensive den Angriffen der Wolfsburgerinnen heute stand. Es gab jedoch den ein oder anderen unangenehmen Patzer samt Schrecksekunde. Das ist nicht verwunderlich. Korpela ist nach ihren Ausfällen im vergangenen Jahr noch nicht wieder bei hundert Prozent — gerade, was die Strafraumbeherrschung angeht. Was das betrifft, ist ihr Manuela Zinsberger verblüffend früh verblüffend nah auf den Fersen. Dies hängt jedoch auch mit der Verletzung von Nora Holstad zusammen. Die Norwegerin zieht für gewöhnlich routiniert die Strippen in der Verteidigung und gibt der gesamten restlichen Hintermannschaft Halt und Sicherheit. Sie ist nicht eins zu eins zu ersetzen. Viktoria Schnaderbeck verdient für ihre Vertretungsleistung ausdrücklich ein großes Lob, würde sie häufiger in der Innenverteidigung spielen, würde der Ausfall vermutlich noch weniger auffallen. So frisch zusammengewürfelt büßt die bayerische Abwehr aber etwas an Qualität ein. Dass man in einem solchen Spiel dann dennoch die Null hält — nicht zuletzt aufgrund des fantastischen Reflex’ von Korpela, ist aller Ehren wert.

Die Unsung Heroes aus den USA


Noch als Wolfsburg sich durch sein aggressives Pressing ein deutliches Übergewicht in der Anfangsphase erspielte, hatte Katie Stengel großen Anteil daran, die Bayern im Spiel zu halten. Wie oben beschrieben ackerte sie unermüdlich, konnte viele Bälle erobern, verschaffte ihrem eigenen Team so Luft zum Durchschnaufen nebst einiger guter Angriffsmöglichkeiten. Auch Bürki machte viele Wege ins Mittelfeld und zeigte einige gute Abschlüsse, konnte aber nicht die Durchschlagskraft von Stengel entfalten. Auf der linken Außenbahn war es zudem ein ums andere Mal Lewandowski, die dort die entscheidenden Meter abriss, sich als Passstation anbot, in hektischen Phasen die Ruhe und Übersicht am Ball behielt und somit ihre Mitspielerinnen besser machte. Ohne viel Aufhebens um sich zu machen, spielt Lewandowski bereits die komplette Saison auf einem absurd hohen und konstanten Level. Daher ein Loblied auf unsere US-Girls.

Die Bayern können mit dem Unentschieden gegen den Tabellenführer besser leben als die Wolfsburger. Den Praxistest gegen das Top-Team haben die Roten bestanden. In der kommenden Woche gilt es im Heimspiel gegen Leverkusen dann wieder dreifach zu punkten.

FC Bayern – VfL Wolfsburg 0:0 (0:0)
FC Bayern München Korpela – Lewandowski, Manieri, Schnaderbeck, Abbé, Maier – Behringer, Leupolz – Brynjarsdottir – Bürki (61. Beckmann), Stengel (69. Miedema)
Bank Zinsberger, Baunach, Wenninger, Pekel
VfL Wolfsburg Schult – Bunte, Peter, Fischer, Wensing – Goeßling, Bernauer – Müller (90. Simic), Popp, Ogimi (57. Faißt), Blässe (70. Kerschowski)
Bank Frohms, Wagner, Magull, Maritz
Tore
Karten Gelb: Beckmann (89.) / –
Schiedsrichter Christina Biehl (Siesbach)
Zuschauer 2.721