FC Bayern München 8:0 SV Darmstadt: Kane-tersieg in Überzahl

Maurice Trenner 28.10.2023

Es war die Story der letzten Wochen, das Comeback von Manuel Neuer. Der Kapitän der Münchner feierte in der heimischen Arena, und damit eine Woche vor dem Top-Duell gegen Dortmund, sein Comeback nach knapp elf Monaten. Ansonsten stellte sich die Elf von Trainer Tuchel aktuell fast von selbst auf. Auf dem Feld liefen die gleichen zehn Akteure auf, die unter der Woche in Istanbul gewannen.

FC Bayern München vs. SV Darmstadt: Der Spielverlauf

FC Bayern gegen Darmstadt 98, das ist David gegen Goliath in der Reinform. Doch die Elf von Trainer Lieberknecht wollte sich nicht verstecken und versuchte von Anfang an mitzuspielen. Nach vier Minuten sollte sich das Kräfteverhältnis deutlich angleichen, denn nach einem verstolperten Ball wurde Kimmich wegen Notbremse richtigerweise vom Platz gestellt. Der fällige Freistoß aus siebzehn Metern landete in der Münchner Mauer.

Mit zehn Spielern musste sich der Rekordmeister erst neu sortieren, hatte durch Sané, Davies und Kane dennoch die ersten gefährlicheren Abschlüsse auf seiner Seite. In der 19. Minute zeigte Schiedsrichter Petersen nach einem Münchner Konter zunächst auf den Elfmeterpunkt, da Laimer im Zweikampf mit Gjasula zu Fall gekommen war. Doch nach Blick auf den Monitor entschied er korrekterweise auf Freistoß und Rot für den Darmstädter. Von nun an war das numerische Gleichgewicht wiederhergestellt. 

In einem zerfahrenen Spiel wurde es immer dann gefährlich, wenn eines der beiden Teams mit einem gezielten Ball hinter die Abwehrkette des Gegners kam. Coman vergab nach einem solchen Ball die wohl beste Chance der ersten halben Stunde. Auf der Gegenseite rettete der Rückkehrer Neuer gewohnt stark im Eins-gegen-Eins mit Mehlen.

Doch es sollte noch kurioser werden. Fünf Minuten vor der Pause wurde Kane steil geschickt und fiel im Laufduell gegen Maglica. Dieses Mal überlegte Schiedsrichter Petersen etwas länger, doch am Ende entschied er erneut auf Rot und Freistoß. Aber auch der dritte Freistoß aus bester Position an diesem Nachmittag führte nicht zum Torerfolg. Der dritte Platzverweis in der ersten Hälfte stellte übrigens ein Novum in Deutschlands höchster Spielklasse dar.

Ein Tor fiel in der ereignisreichen ersten Hälfte auch noch, aber Sané stand vor seiner Einzelaktion beim Zuspiel von Musiala im Abseits. Beim Stand von 0:0 gingen die verbliebenen 19 Spieler in die Kabine.

Aus der Kabine heraus wirken die Münchener direkt zielstrebiger. Eine erste große Chance vereitelte Schuhen hervorragend gegen den freien De Ligt. In der 52. Minute gelang der Führungstreffer dann durch Kane, der eine Flanke von Mazrouai im Flugkopfball einnickte. Das zehnte Saisontor des Engländers. Nach dem ersten Tor drängten die Hausherren direkt auf die Entscheidung, die keine fünf Minuten später durch Sané folgte. Laimer war auf die Grundlinie gestartet und konnte in die Mitte zum deutschen Nationalspieler legen. 

Kurze Zeit später hatte Musiala im 3-gegen-2 sogar die Chance auf das 3:0, doch der Youngster verzog. Nach exakt einer Stunde machte er es besser. Einen Freistoß an der Strafraumkante legte Kane quer und Musiala schloss gegen die Laufrichtung der gesamten Hintermannschaft flach links ab. Weitere vier Minuten später konnte Sané mit einem Distanzschuss seinen Doppelpack schnüren.

Die Tore fielen nun fast im Minutentakt, doch das 5:0 war eins für jeden Saisonrückblick. Nach einem Ballverlust der Darmstädter sah Kane, dass Schuhen weit vorm eigenen Tor stand und zog von der Mittellinie ab. Aus fünfzig Metern segelte der Ball ins Tor. Ein Wahnsinnstreffer des Engländers. Der eingewechselte Müller reihte sich in der 70. Minute nahtlos in den Reigen ein und vollendete eine Flanke von Mazraoui mustergültig. Beim 7:0 in der 76. Minute legte Müller auf und Musiala verwandelte zum Doppelpack. Zum Abschluss durfte erneut Kane treffen. Sané hatte zuvor die demotivierte Darmstädter Defensive auseinander genommen.

FC Bayern München vs. SV Darmstadt: Das fiel auf

Dass ein Fußballspiel am besten mit elf Spielern bestritten wird, bewiesen die Münchner heute in den ersten vierzig Minuten eindrucksvoll. Nach dem Platzverweis von Kimmich agierten die Hausherren gegen elf und zehn Darmstädter kopflos. Bereits in den ersten Minuten offenbarten die intensiven Gespräche auf dem Rasen und im Austausch mit Tuchel, dass es Abstimmungsprobleme im zentralen Mittelfeld geben würde. Laimer blieb zunächst alleine auf der Sechs mit Musiala klar vor ihm positioniert. Doch mit dieser Staffelung ergaben sich andauernd Lücken und Unterzahlsituationen in der Mitte des Spielfelds. Zu keinem Zeitpunkt, bis zum zweiten Platzverweis gegen die Gäste, hatte Bayern wirkliche Spielkontrolle. Alleine in Umschaltmomenten gegen aufgerückte Darmstädter kam man zu Chancen. 

Individuell fielen dabei vor allem Davies und Laimer ab. Der Kanadier vertändelte einige Bälle, die gegen stärkere Gegner wohl ein Gegentor zur Folge hätten. Bei schnellen Aktionen der Darmstädter wirkte er zu langsam. Laimer hingegen lieferte im zweiten Spiel in Folge Magerkost. Ohne Kimmich an seiner Seite wirkte er regelrecht überfordert. Nach starkem Saisonstart ist der Österreicher einer der Verlierer der letzten Wochen. Dennoch hat er aus Ermangelung an Alternativen seinen Stammplatz sicher.

Umso wichtiger war dann allerdings die Reaktion der Roten in der zweiten Hälfte. Ab der ersten Minute machte der Rekordmeister klar, dass er dieses Spiel gewinnen und dominieren wollte. Mit nun deutlich mehr Räumen zeigte sich die Qualität und Form der Offensive. Denn auch zur Wahrheit dieser Saison gehört, dass die Münchner, mit Ausnahme des Supercups, bisher in jedem Pflichtspiel mindestens zwei Treffer erzielt haben. Nun sollte ein Kantersieg in Überzahl gegen Darmstadt zu keinen Überreaktionen führen, aber sechs Tore in 25 Minuten, oder acht in 45, sind dennoch beeindruckend.

Im Gegensatz zum Spiel unter der Woche betrieb Tuchel noch erfolgreiches Kader-Management. Der angefressene Müller bekam eine halbe Stunde und bedankte sich artig mit einem Tor und einer Vorlage. Die Jugendspieler Krätzig und Pavlovic, der sein Debüt in der Bundesliga feierte, durften ebenfalls Minuten sammeln, wie auch der beste Joker seit Alex Zickler, Mathys Tel.

Unter dem Eindruck der zweiten Hälfte ging das Comeback von Neuer fast etwas unter. Richtig geprüft wurde die Nummer Eins nur einmal und hielt das Unentschieden fest. Ansonsten bremste der Kapitän seinen Trainer bei dessen Kritik am Schiedsrichter ein und bejubelte die Münchner Führung per typischem Luftsprung. Die wahren Tests kommen für den Nationalkeeper, spätestens am nächsten Samstag.

Spieler des Spiels: Harry Kane

Der Dreierpack war nur die Kirsche auf der Leistung von Kane an diesem Nachmittag. Wie in den besten Hotspur-Zeiten war der Engländer omnipräsent. In der ersten Halbzeit war Kane an allen gefährlichen Aktionen beteiligt. Meist ließ er sich dazu etwas tiefer fallen, um die Abwehrkette rauszulocken und Räume für seine Mitspieler zu kreieren, um diese dann mit überlegten, tiefen Pässen zu bedienen. Mit seiner Physis konnte er in der hektischen ersten Hälfte immer wieder Bälle festmachen und die Partie so beruhigen. In solchen Momenten zeigen sich die Unterschiede zur Vorsaison ohne echten Neuner am deutlichsten. 

Sein zweites Tor an diesem Nachmittag muss dennoch gesondert gewürdigt werden. Ein Tor-des-Jahres-würdiger Treffer, den wir wohl noch mehrmals in dieser Saison sehen werden. Kane konnte seine Präzision, seine Schusstechnik und seinen Torriecher zur Schau stellen.

Enttäuschung des Spiels: Joshua Kimmich

Der Verlierer des Spiels stand heute bereits nach fünf Minuten fest. Niemals darf sich der Mittelfeldspieler in so einer zentralen Position in diesen Zweikampf verwickeln lassen. Niemals darf er in dieser Situation dann so ungeschickt reagieren und seiner Mannschaft 90 Minuten Unterzahl bescheren. Mit seinem Platzverweis brachte Kimmich seine Mannschaft nicht nur heute in die Bredouille, sondern machte aus einer prekären Situation vor dem Topspiel gegen Dortmund eine kritische. Ohne Kimmich, Goretzka und wohl auch Guerreiro wird die Aufstellung für Tuchel zum Rätsel. Die erste Halbzeit heute zeigte eindeutig, dass Laimer alleine nicht in der Lage ist, das Spiel seiner Mannschaft zu strukturieren und zu leiten. Gerade gegen ein physisches Mittelfeld der Dortmunder droht ein Kontrollverlust.

Die Daten zum Spiel

Tore: 1:0 Kane (51.), 2:0 Sané (56.), 3:0 Musiala (60.), 4:0 Sané (64.), 5:0 Kane (69.), 6:0 Müller (71.), 7:0 Musiala (76.), 8:0 Kane (88.)

Rote Karten: Kimmich (4.) – Gjasula (21.), Maglica (41.)

Gelbe Karten: Tuchel (7.), de Ligt (38.) – Bader (49.)

Aufstellung FC Bayern: Neuer – Mazraoui, de Ligt (77., Pavlovic), Kim, Davies (66., Krätzig) –  Laimer (77., Tel), Kimmich, Coman (66., Müller), Musiala (77. Chuopo-Moting), Sané, Kane

Aufstellung Darmstadt: Schuhen – Klarer (72., Isherwood), Gjasula, Maglica – Bader, Schnellhardt (46., Honsak), Kempe (61., Karic), Nürnberger, Mehlem (61., Franjic) – Skarke, Pfeiffer (45.+2, Zimmermann)

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