Entspanntes 5:0 – Hertha ist nur Sparringspartner
Falls Ihr es verpasst habt
Die Aufstellung
Julian Nagelsmann berief die aktuell wohl beste Elf in die Startelf. Upamecano rückte somit zurück in die Startelf für Nianzou, in die auch Stanišić und Davies zurückkehrten. Das Mittelfeld blieb einmal mehr deutsch mit Kimmich, Goretzka und Müller. Vorne ersetzte der im Pokal so brillante Musiala das Sorgenkind Leroy Sané.
Nach dem Fehlstart in der Bundesliga überraschte Pál Dárdai womöglich einige, indem er eine auf dem Papier ziemlich offensive Elf wählte. Mit Selke, Lukébakio und Jovetić gab es drei echte Angreifer im 4-3-3, garniert von zwei offensiven Achtern mit Serdar und Tousart.
1. Halbzeit
Bayern begann konzentriert und ging sogleich in der sechsten Spielminute in Führung. Über Gnabry und einem wichtigen Touch von Musiala war die linke Seite für Davies völlig offen. Der Kanadier ging selbstbewusst tief in den Strafraum, legte quer, wo Lewandowski für seinen Sturmpartner durchließ. Müller erzielte sein erstes Bundesligator dieser Saison.
Dárdai musste in der Folge seinen Starstürmer Jovetić ersetzen, für ihn kam Dilrosun. Das Spiel trudelte ein wenig vor sich hin, fiel geschah nicht. In der 34. Minute verlor Lukébakio den Ball und lädt die Hausherren so zum Konter ein. Gnabry flankt zum Schluss in die Mitte, wo Lewandowskis erster Kopfball noch an die Querlatte geht, er im Nachsetzen aber unbändigen Willen zeigt. Nach kurzem VAR-Check hieß es 2:0. Bayern erzielte kurz darauf beinahe noch das dritte Tor, doch Boyata klärte vor Müllers Tap-in. Eine längere Behandlungspause von Schwolow verlängerte die Halbzeit noch um einige Minuten, mehr passierte nicht mehr.
2. Halbzeit
Zur Halbzeit wechselte Julian Nagelsmann französisch, Tanguy Nianzou ersetzte Dayot Upamecano. Abermals erzielten die Bayern ein frühes Tor, abermals durch gutes Pressing. Zeefuik ging 25 Meter vor dem eigenen Tor in ein völlig unnötiges Dribbling, wurde durch Müller bestraft, der zu Musiala legte. Dieser nahm den Ball offenbar gar nicht so mit, wie er es eigentlich vorhatte und trotzdem -oder eher gerade deshalb- landete er perfekt für ein kurzes seitwertiges Dribbling. Anschließend schlenzte der Youngster die Kugel perfekt ins lange Eck (49.). Dafür gab es zehn Minuten später die verdiente Standing Ovation, ihn ersetzte Leroy Sané. Wenig später ging auch sein Pendant vom Feld, Coman kam für Gnabry.
Sané nutzte die halbe Stunde auch gleich um positiv auf sich aufmerksam zu machen. Von der linken Seite dribbelte er diagonal, spielte mit Müller Doppelpass und legte dann vor dem Tor überlegt auf den eingelaufenen Lewandowski (70.). Zehn Minuten vor Schluss ersetzen Sarr und Choupo-Moting Stanišić und Müller.
Den Schlusspunkt erzielte man per Eckball (!). Kimmich gab den Ball weit über das Zentrum hinweg auf den zweiten Pfosten zu Nianzou, der den Ball perfekt zurück zu Lewandowski ablegte, der Pole setzte den Schlusspunkt. Nun verabschiedet sich der Ligabetrieb in die erste Länderspielpause der Saison. Nach dieser Unterbrechung geht es nach Leipzig, womöglich schon mit Marcel Sabitzer.
Dinge, die auffielen
1. Mit den Händen in den Taschen
Carlo Ancelotti sprach vielen internationalen Fans einst aus der Seele als er (während er mit Bayern verhandelte) davon sprach, die Bundesliga gewinne der FC Bayern selbst mit den Händen in den Taschen. Der geneigte heimische Connaisseur mag hier zwar protestieren, der FC Bayern müsse sehr wohl fast immer für seine einzelnen Siege kämpfen. Doch sind es solche Spiele wie dieses gegen Hertha, welche dem Hohn dann doch wieder Aufwind bieten.
Bayern spielte gar nicht mal so gut, auch im fünften Pflichtspiel diese Saison gibt es noch immer Kommunikationsprobleme bei Laufwegen und stellenweise erstaunliche Fehlpässe (Leon Goretzka fiel hier besonders negativ auf). Und doch… es ist nunmal auch irgendwo vollkommen egal. Man gewinnt so ein Spiel dann trotzdem problemlos gegen harmlose Herthaner. Früh führt man, früh erhöht man und dann sind solche Spiele auch einfach durch… mit den Händen in den Taschen eben. Bayerns Feuerkraft in der Offensive ist einfach des Gegners Defensive klar überlegen.
Zur Ehrenrettung der Bundesliga sei hier erwähnt, dass dies die Ausnahme in der bisherigen Saison ist. Mönchengladbach und Köln bestraften nachlässige Bayern sofort, möglicherweise ist Hertha BSC auch schlicht besonders schwach diese Saison.
2. Jamal Musiala
Falls es vorher noch irgendwelche Zweifel gab: Jamal Musiala ist nun endgültig ein Kandidat für jede Startelf. Letzte Saison haben ihn seine Trainer absichtlich noch gebremst, selbst sein Förderer Flick gab ihm mit etwa 1000 Spielminuten weniger Spielzeit, als es seine Leistungen verdienten. Doch nun kann man ihn nicht mehr bremsen. Gegen Köln sofort Gamechanger, gegen den Bremer SV der beste Mann auf dem Feld und nun auch bei seinem Saisonstartelfdebüt in der Bundesliga. The Hype is real und nichts hält ihn mehr auf. Mittlerweile versteckt ihn der Verein nicht einmal mehr vor den Kameras, er gibt nun erste Interviews.
Mitunter ertappt man sich bei der Frage, was der Junge eigentlich nicht kann? Ständiger Ballmagnet, permanenter Unruheherd. Seine Gambetta-Dribblings sind bekannt, nun zeigt er auch noch Spiel um Spiel einen exzellenten Abschluss. Man muss sich mittlerweile gar die Frage stellen, ob Musiala nicht schon jetzt der beste Techniker im gesamten Kader ist. Selbst die offenbar ungewollte Annahme vor dem 3:0, war ja schlussendlich eine perfekte Vorlage für sein Dribbling. Dazu kämpft er immer auch defensiv um die Bälle, gibt schwereren Gegenspielern Paroli. Musiala ist aktuell der beste Außenstürmer des Kaders.
Ja, Außenstürmer, nicht nur in der Nationalmannschaft wird er derzeit genau dort gebraucht. Er ist noch immer ein sehr polyvalenter Spieler, doch gerade spielt er sich auf Außen und nicht im zentralen offensiven Mittelfeld fest. Aktuell zeigt er wirklich alles was man für diese Position braucht, Dribbling, Speed, Abschluss, Kombinationsfreude.
3. Guter Tag für alle Sorgenkinder
Auch wenn gerade in der ersten Halbzeit noch einige Fehlpässe dabei waren, die gegen bessere Gegner für mehr Kopfschmerzen gesorgt hätten, war es insgesamt ein guter für diverse kleine und große Fragezeichen beim FC Bayern. Tanguy Nianzou war ein guter Ruhepol nach seiner Einwechslung, letzte Woche sah Nagelsmann sich noch gezwungen ihn zur Pause herunterzunehmen.
Leroy Sané sorgte nach seinem eifrigen Auftritt im Pokal auch gegen einen Gegner von Erstligaformat für ein saftiges Ausrufezeichen. Des Trainers Plan ihn von der Bank zu bringen, um sich gegen müde gespielte Gegner dann Selbstvertrauen zu holen, ging voll auf. Die defensiv mitunter recht vogelwilde Hertha war hier ein guter Aufbaugegner. Inwieweit hier Sanés Position entscheidend war, wird sich noch zeigen. Ingesamt scheint man Sané etwas zu sehr nur auf eine Linksaußen-Rolle zu verkürzen, gerade im Zusammenspiel mit dem rechts deutlich limitierteren Coman könnte das problematisch werden. Heute war er von der linken Seite jedenfalls stark, doch das zeigte er auch schon spiegelverkehrt.
Und zum Schluss erzielte der FC Bayern sogar ein Tor nach einer Ecke. Es ist schon bemerkenswert wie schwach dieser Verein ja fast schon traditionell von ruhenden Bällen ist. Dies ist nun der zweite verwandelte Standard in der jungen Saison, womöglich gibt es also hier eine Trendumkehr. Dafür spricht, dass diese Standardvariante ganz offensichtlich eintrainiert war.
Den langen Innenverteidiger am zweiten Pfosten suchen, um in der Mitte den davongeschlichenen Lewandowski zu finden, ist ein hervorragender Plan. Fast mag man geneigt sein zu fragen, wieso dieser erst greift, wenn man schon 4:0 führt. So muss man befürchten, dass diese starke Variante zukünftige Gegner nicht derartig kalt erwischen wird. Sei es drum: Gute Standards sind Seltenheitswert beim FC Bayern, es ist also erst einmal ein deutlicher Pluspunkt.