Fanclubtreffen München: Bittere Realität & viel Frustration
Auf dem Podium anwesend: Matthias Strobl (Club Nr. 12), Simon Müller (Schickeria, Mitglied AKFD), Alexander Groß (Sprecher AKFD), Andi Brück (Fanbeauftragter FCB) und Werner Simmerl (Fanrat-Mitglied, Fanclub Über-Fünfzigjährige [ÜFÜ])
Es ist schon eine bittere Erkenntnis, wenn man den über viele Jahre aufgestauten Frust der Fans (und Fanclubs) über ihre Situation beim FC Bayern live erlebt und sieht, wie groß der Wunsch nach Dialog ist, welcher von der Seite des Vereins einfach nicht erwidert wird. Ebenso traurig ist die Abwesenheit jeglicher Entscheidungsträger des FCB bei einem Fanclubtreffen. Besonders unter den gegeben Umständen und mit dem Gesprächsstoff der letzten Monate und Wochen im Kopf wirkt das wie ein »wegducken« oder »Kopf einziehen«. Es ist Andi Brück sehr zugute zu halten, dass er spontan als einziger Vertreter mit Arbeitsvertrag beim FC Bayern anwesend war. In seiner Funktion als Fanbeauftragter ist er wohl derjenige, der den Fans bei Spielen am nächsten, aber gleichzeitig weit von den Entscheidern im Verein entfernt, ist. Für die Beantwortung der Vielzahl an Fragen, Anmerkungen und zur Klärung der Unstimmigkeiten wäre die Anwesenheit von Raimond Aumann (Leiter Fan- und Fanclubbetreuung) oder Oliver Meßthaler (Ticket- und Mitgliederservice) dringend notwendig gewesen. Nachfragen zu ihrer Abwesenheit wurden abgeschmettert, denn es sei vorgesehen, dass die Fanclubs sich untereinander kennenlernen und der Arbeitskreis Fandialog Themen & ein »Stimmungsbild« in Richtung Verein weiterträgt. Er wurde schließlich von der Fanbetreuung gegründet, »um sich Empfehlungen sowie Meinungen innerhalb der Fanbasis einzuholen«. Aktuell wäre der direkte Kontakt wesentlich sinnvoller.
Die von mir beim Treffen getwitterten Eindrücke können in einem Storify nachgelesen werden. Außerdem wurde unter dem Hashtag #fcbfc diskutiert. Trotz einigen Notizen, Tweets und Eindrücken wird es schwer ein komplettes Protokoll des Abends wiederzugeben. Dieser Beitrag wird in den folgenden Ausführungen einige Punkte aufgreifen und näher auf sie eingehen. Zitate sind entsprechend markiert und werden auf Basis meiner Aufzeichnungen und Erinnerungen wiedergegeben.
Zu wenig Personal in der Fanbetreuung. Mit inzwischen über 3.330 Fanclubs und 240.000 Fanclub-Mitgliedern hat der FC Bayern in den letzten Jahren ein steiles Wachstum hingelegt. Trotz alledem ist der Stab an Fanbetreuern weiter klein geblieben. Aktuell kümmern sich zwei Leiter (Aumann, Meindl), ein Fanbeauftragter (Brück) und zwei Bürokräfte um die Belange aller Fanclubs. Bei den Gesprächen im Wassermann gab es keine einheitliche Meinung dazu. Vielfach wurde die Arbeit und der direkte Draht zu Andi Brück gelobt. Gleichzeitig stellten die Anwesenden fest, dass dieses Betreuungsverhältnis für einen derart großen Verein, wie es der FC Bayern ohne Frage ist, einfach nicht der Realität entsprechen darf. Hier muss dringend nachgebessert werden, denn durch die hohe Be- und Auslastung »fehlen die, die Visionen entwickeln und nach vorne denken«.
Die Probleme beim Ticketing schauen ähnlich aus. Es gab mehrfach Beschwerden darüber, dass immer noch Buchungen von falschen Konten (z.B. dem Privat- statt Fanclubkonto) durchgeführt werden, sich kein Ansprechpartner den Problemen der Fanclubs stellt und die Ticketing-Abteilung überlastet ist. Ein Verein wie der FC Bayern (mit seinem Sponsor Telekom) sollte im Jahr 2013 in der Lage sein ein Computersystem in den Griff zu bekommen. Antwort vom AKFD-Sprecher: die Probleme werden weitergegeben.
Hauptgesprächsthema war selbstverständlich die aktuelle Situation in der Südkurve, der fehlende Dialog zwischen Fans und Vereinsführung sowie die fehlende Stimmung. Diese Themen begleiteten uns über den gesamten Abend und sind nicht voneinander zu trennen. Es fällt schwer eine Einschätzung dazu abzugeben. Positiv aufgefallen ist, dass keiner der anwesenden Personen diesen Zustand hingenommen hat. Einigkeit über das weitere Vorgehen besteht nicht. Besonders der Sprecher des Arbeitskreis Fandialog hat mehrfach auf Drehkreuze als »Schritt um die Kurve weiterzubringen«, um letztendlich »freie Blockwahl« zu ermöglichen, hingewiesen. Aus Vereinssicht sind sie die letzte Chance um »maximale Kapazität«, »keinen Schmuggel« und »Rotation in der Kurve« für die Blöcke 112/13 (und angrenzende Bereiche) sicherzustellen. Diese Ziele kann man aber nur unter Verwendung eines »elektronischen Zugangssystems« erreichen. Dabei spricht er, wie Rufe und Wortmeldungen gezeigt haben, nicht für den gesamten Arbeitskreis. Er möchte die Drehkreuze akzeptieren und nun weitere Schritte in die »richtige Richtung« unternehmen. Mit seinem Leitsatz »jetzt Aufbruchstimmung erzeugen«, um Freude und Stimmung beim Fußball zurück zu bekommen, akzeptiert er das bisher geschehene und richtet sich strikt nach vorn. Zum entscheidenden Punkt für fehlenden Dialog, insbesondere der Bekanntgabe von Entscheidungen im Arbeitskreis Fandialog anstatt dort Vorschläge zu diskutieren, gab es kaum Reaktion vom AKFD-Sprecher. Ein Vertreter der Munichmaniacs 1996 sagte dazu: »dem Verein geht es doch darum die Kurve unter Kontrolle zu haben« und eine weitere Wortmeldung lautete: »[der] Arbeitskreis hat sich dazu entwickelt, nur noch den Fans die eigene Meinung [die des Vereins] mitzuteilen«. Kritischer Punkt ist zum Beispiel die Anzahl an (aus Sicherheitsaspekten) zulässigen Personen im Stehplatzbereich. Zur Politik des FC Bayern passt eine Wortmeldung des Club Nr. 12 aus dem Publikum: »Der FC Bayern hindert uns seit 5 Jahren daran mit Experten zu reden«. Das zuständige Kreisverwaltungsreferat München darf nur mit dem Betreiber (FCB) sprechen und dieser weigert sich gemeinsam mit den Fans in den Dialog zu treten. Alle diese Punkte sind bekannt und stehen mitunter seit Jahren ungelöst im Raum. Bezeichnend für den gesamten Abend und speziell die Abwesenheit eines Verantwortlichen von Vereinsseite waren wiederum die Antworten des AKFD-Sprechers auf dem Podium: »berechtigte Frage, können wir hier nicht beantworten, Verein beschäftigt sich [damit], die Mühlen mahlen langsam«, »Dinge gehen schnell oder langsam. Wir können nicht beeinflussen was in der Chefetage los ist« und der vom Publikum stark angezweifelte Satz »dem Vorstand sind die Augen aufgegangen«. Zusammenfassend für den fehlenden Dialog bzw. die Gründe dafür steht ein Satz des Club Nr. 12 Vorstands es gäbe »keine Person in Fanbetreuung [die] von Vorstand und Fans ernst genommen wird«. Das ist leider bittere Realität, denn es gibt beim FC Bayern München kein akzeptiertes, verbindliches und entscheidungsfähiges Gremium mit Fanbeteiligung.
Das Thema Pyrotechnik wurde weitestgehend umgangen. Eine konstruktive Diskussion war im Rahmen dieses Treffens der Fanclubs nicht möglich. Verwunderlich und irgendwo auch traurig finde ich, dass als Ergebnis des Treffens der Inhaber von Auswärtsdauerkarten vor dem Spiel in Frankfurt der Vorschlag aufkam eine Gruppe zu bilden, um konstruktiv und kritisch am Thema Pyrotechnik zu arbeiten und Informationen zu sammeln. Die Debatte zum Thema läuft seit Jahren, aber erst nun ist man anscheinend auf dem Weg das Thema gemeinsam anzugehen und auf eine Basis mit fundierten Informationen zu stellen? Wobei fraglich ist, ob ein weiterer Arbeitskreis in der Arbeitsgruppe die richtige Lösung ist. Mitunter wirkt das gesamte Geschehen unglaublich bürokratisch, in sich verschachtelt und wenig lösungsorientiert.
Deutliche Worte wurden beim Thema Auswärtsdauerkarte (AWDK) gesprochen. So sagte der AKFD-Sprecher »die treuesten der Treuen dürfen nicht über einen Kamm geschert werden. Bis zum ersten CL Spiel muss altes AWDK-System wiederhergestellt sein. Dafür zerreiße ich mich!«. Die kollektive Bestrafung aller AWDK-Inhaber (Entzug des Kartenrechts auf DFB- und Europapokalspiele) ist nicht hinnehmbar. Der Arbeitskreis Fandialog wird sich vehement für das Thema einsetzen. Selbstverständlich können erst die nächsten Wochen zeigen, ob man den Verein wirklich zum Einlenken bewegen und eine Veränderung anstoßen kann.
Als letzten Punkt möchte ich den Auftritt der Schickeria loben. Sie haben sich mit einem Vertreter den Fragen der anwesenden Fanclubs gestellt. In den letzten Wochen begannen sie eine Art Transparenzoffensive. Ihr »Offener Brief an die Fanclubs« war der erste Schritt und nach dem Spiel gegen Nürnberg am Samstag erfolgt mit der Einladung zum Gespräch nun der zweite. In meinem Artikel zum Südkurvenbladdl wurde die fehlende »Greifbarkeit« bzw. das intransparente Auftreten der Gruppe kritisiert. Die ausgesprochenen Einladungen zum Kennenlernen und kritischen – aber gemeinsamen – Dialog sind der richtige Weg. Fanclubs, gelegentliche Stadionbesucher und die Südkurve (bzw. die darin vertretenen Gruppen) müssen sich annähern. Das gegenseitige Verständnis gehört unausweichlich dazu!
Irgendwie fällt es sehr schwer ein Fazit nach dem Treffen der Fanclubs zu ziehen. Die Abwesenheit der Vereinsvertreter stimmt einfach nur traurig und beweist meiner Meinung nach das fehlende Interesse dieser Partei. Nach meinem Hinweis bzw. Wunsch für mehr Transparenz von der Seite der Fans / Ultras kann man klar feststellen, dass auch der Arbeitskreis Fandialog nachbessern muss. Wieso gibt es keine öffentlichen Protokolle der Sitzungen mit Teilnehmern und Ergebnissen? Welche Gruppen arbeiten / diskutieren bestimmte Themen und wo bleibt die Einbindung der großen Masse an Bayernfans? Spätestens bei der Vorstellung von Konzepten und Ideen sollte man den Rahmen erweitern und allen Interessierten Einsichtnahme erlauben. Viele Gremien im Umfeld des FC Bayern sind seit Jahren intransparent.
Transparenz und der breite Dialog sind auf allen Ebenen dringend notwendig. Sonst passiert es auch weiterhin, dass die Treffen gleich zu Beginn verlassen werden und man deutliche Worte gegen den Sprecher des Arbeitskreis Fandialog liest. Dennoch: jedes Gespräch kann ein Schritt zur Verbesserung der Münchner Fankultur sein.