Die Transferpolitik des FC Bayern im Wandel

Christopher Trenner 02.08.2014

Dies hat mehrere Gründe. Zum einen lernt der FC Bayern München langsam, wie man Spieler verkauft. Wurden früher Topspieler für kleines Geld vom Hof gejagt (Roy Makaay, Giovane Élber), oder gar gänzlich ohne Ablöse gehen gelassen (Michael Ballack), versteht es der FC Bayern nun »Wünsche von Spielern zu akzeptieren« und sie zumindest noch mit einem Plus aus dem Vertrag zu entlassen. Bei Toni Kroos ist dies unlängst so geschehen. Des Weiteren wurden in der Vergangenheit Spieler verpflichtet, die den FC Bayern kurzfristig weiter gebracht haben, aber aufgrund neuer Stars keine Perspektive besitzen. Wurde so vor Jahren noch etliches an roten Zahlen verbucht als z.B. Lukas Podlski oder Miro Klose den Verein verlassen haben, gelang es zumindest bei Luiz Gustavo und Mario Mandzukic durch Ausgaben (Verpflichtung) und generierter Ablöse ein Plus zu vermerken.

Die Transfers nach einer Weltmeisterschaft

Weiterhin trägt wohl die perspektivische Arbeit von Matthias Sammer bzw. der Vereinsführung Früchte. Spieler wie Robert Lewandowski oder Sebastian Rode wurden nicht auf Krampf verpflichtet, sondern (vorbei an FIFA Statuten?) ablösefrei geholt. Gerade im diesjährigen Transfersommer 2014/15 ein nahezu idealer Zustand. Nach Weltmeisterschaften zeichnete sich unlängst der Trend ab, dass Spieler immer teurer bzw. über Marktpreis gehandelt wurden. Schon nach der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika ging der FC Bayern München sehr behutsam auf dem Transfermarkt um. Geholt wurde »nur« Toni Kroos, dessen Leihe bei Bayer Leverkusen endete. Nach der Weltmeisterschaft 2006 ein ähnliches Bild: Es kam, der Jugendspieler des WM-Turniers, Lukas Podolski vom 1. FC Köln. Sowie mit Daniel van Buyten und kurz vor Ende des Transferfensters Marc van Bommel gestandene Profis, aber alles andere als „internationale Stars“.

Zum Vergleich: Real Madrid verpflichtete 2010 bzw. 2006 Spieler im Gesamtwert von fast 100 Mio. Euro. Einigen ist der Verein West Ham United sicherlich ein Begriff. Die Engländer verstärkten sich nach der WM 2006 unter anderem mit Carlos Tévez und Javier Macherano für fast 70 Mio. Euro. Manchester City verbuchte nach der WM 2010 sogar ein Transferminus von fast 150 Mio. Euro, der FC Chelsea etwa 100 Mio. Euro. Der FC Barcelona holte nach der WM 2010 einen Spieler des Turniers für fast 40. Mio Euro: David Villa. Eigentlich noch Peanuts im Vergleich zu den Ausgaben, die einige Vereine trotz Financial-Fair-Play Regeln der UEFA, mittlerweile aufhäufen. Spieler wie David Luiz, die dem FC Bayern vielleicht gut zu Gesicht gestanden hätten, wechselten für aberwitzige 67. Mio Euro. Der WM-Torschützenkönig James Rodriguez war sogar noch teurer. Summen bei dem auch der große FC Bayern nicht mehr mithalten kann.

Das neue drei Säulen Modell

Der Fokus des FC Bayern München verschob sich in den letzten Jahren zunehmend auf ein drei Säulen Modell: Etablierte Talente, Vertragsverlängerungen und Förderung eigener Jugendspieler.

1. Etablierte Talente

  • Seit 3-4 Jahren sind »etablierten« Talente verstärkt in den Fokus geraten. Im Idealfall haben die Spieler sogar eine festgeschriebene Ablöse. Als Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit können Juan Bernat, Javi Martinez oder Mario Götze genannt werden. Xherdan Shaqiri oder Jerome Boateng waren ebenfalls keine gestanden Profis und wurden für moderates Geld geholt. Ihr Sprung hin zur Weltklasse soll beim FC Bayern erfolgen.

2. Vertragsverlängerungen

  • Bringt ein Spieler seine Leistung ist der FC Bayern München nun eher bereit ihn dafür zu entlohnen. Nahezu alle Stammspieler haben langfristige Verträge. Im Idealfall wird schon 1 1/2 – 2 Jahre vor dem eigentlichen Vertragsende mit dem Spieler eine Einigung erzielt. So sind Manuel Neuer, Jerome Boateng, Holger Badstuber und Thomas Müller, die zukünftigen Stützen des Teams, mit langfristigen Verträgen ausgestattet wurden. Dies bedeutet aber auch, dass viel Geld im Verein für Gehälter ausgegeben werden muss. Was an Transferausgaben gespart werden kann, landet unweigerlich auf den Konten der Spieler und Berater. Die Gehaltskosten sind in den letzten 3 Jahren deutlich gestiegen. Für das Jahr 2012/13 (letzter Geschäftsbericht) überwies der FC Bayern München 202,8 Mio. Euro an seine Angestellten.

3. Nachwuchsarbeit

  • Bei dieser Säule gibt es noch Nachholarbeit. Zwar stehen mit David Alaba, Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm einge Spieler unter Vertrag, die die Jugendausbildung beim FC Bayern genossen haben, allerdings gab es hier in den letzten 2-3 Jahren einen Rückschritt. Talente haben den Sprung nicht mehr so selbstverständlich geschafft. Dies kann vielleicht an Jupp Heynckes festgemacht werden. Ihm gelang sicherlich vieles, aber wenn er sich einen Vorwurf gefallen lassen muss, dann dass er Jugendspieler nicht mit allerletzter Konsequenz gefördert hat. Unter Pep Guardiola soll und muss sich die Nachwuchsarbeit wieder sukzessive verbessern. Mit Pierre-Emile Højbjerg und Julian Green stehen zwei Talente auf dem Sprung. Ersterer wird wohl in dieser Saison seinen Durchbruch schaffen. Green bringt ebenso viele Anlagen mit.

Natürlich stößt dieses Konzept auf seine Kritiker. Gerade in den verschiedenen sozialen Netzwerken und Foren dieser Republik fordern viele User Stars:

Wenn da jetzt nicht bald was passiert sehe ich schwarz für dieses Jahr und gebe mein Mitgliedsausweis zurück.
(User auf transfermarkt.de)

Das mag zum einen daran liegen, dass Robert Lewandowski bereits gefühlt über 18 Monate in München ist, aber auch an den Äußerungen der sportlichen Führung in den letzten Jahren. Wie oft wurde das Festgeldkonto gelobt und erwähnt. Es entstand der Eindruck, dass sich der FC Bayern jeden Spieler leisten kann, wenn er nur will. Die Unzufriedenheit der eigenen Fans wurde somit zum Teil selbst herangezüchtet. Einen erheblichen Beitrag trägt auch die neue Internetwelt bei. Transfergerüchte erzeugen Klicks und da der Münchner Klub viele Fans hat, wird viel erfunden und spekuliert. Nur ein Bruchteil davon entspricht der Wahrheit. Transfermarkt.de listet alleine 22 mögliche Star-Zugänge und da ist noch nicht einmal der größte Unfug dabei. Dabei sollte jedem klar sein: Der FC Bayern ist nicht Real Madrid, der FC Barceola oder FC Chelsea, die es sich leisten können »fertige« Weltklassespieler wie Christiano Ronaldo, Suarez oder Diego Costa zu kaufen.

Der Verein ist mit seiner beschriebenen Politik gut gefahren. Auch damit, dass er sich nicht mehr zu jedem Gerücht äußert und Transfers nahezu im verborgenen durchführen kann (siehe Götze, Bernat, Thiago). Allerdings muss sich das »neue« Drei-Säulen-Modell im Nach-WM-Jahr 2014/2015, sowie dem damit verbundenen engen Terminkalender, als richtige Lösung erweisen. Der Verkauf von Kroos könnte dabei noch zum Bumerang werden.