Die Lage der Bundesliga – Teil 1
Fernseheinnahmen
Im Fußball hat das bewegte Bild nicht den „radio star“ getötet wie es einst MTV tat, es hat ihn überhaupt erst zum Superstar gemacht. Die TV-Einnahmen sind wahrscheinlich die am meisten diskutierte Einnahmequelle im Sport. Es ist auf jeden Fall das transparenteste und am leichtesten zu verstehende Einkommen.
Grundsätzlich gibt es hier zwei mögliche Wege, die eine Liga einschlagen kann. Entweder erlaubt man jedem Verein das Aushandeln eines individuellen Vertrages oder die Liga verhandelt für alle. Die Vorteile beider Varianten sind offensichtlich. Auf der einen Seite erhält jeder Klub das Einkommen, das durch Interesse und Nachfrage rechtfertigt werden kann – dies führt natürlich zu riesigen Abständen innerhalb einer Liga, da es in jedem Land nur ein paar Vereine gibt, die überregionale Beliebtheit genießen. Auf der anderen Seite entsteht ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und Solidarität, das man in einem solch kapitalistischem System kaum erwarten würde – eine Gleichstellung, die besonders beliebte Vereine benachteiligt, da sie lediglich als Teil eines Ganzen verkauft werden.
Der bekannteste Vertreter des ersten Weges ist die spanische La Liga. Fernsehverträge werden individuell nach Beliebtheit und Interesse abgeschlossen. Es dürfte keine Überraschung sein, welche zwei Vereine hier vorne liegen. Hier zeigt sich der große Vorteil der Individualverträge: Real Madrid und Barcelona konnten (zumindest in 2013/14) die höchsten TV-Einnahmen Europas verzeichnen. Gleichzeitig offenbart sich ein großer Nachteil, weil die kleinsten Vereine wie Almeria nur 13% der Einnahmen hatten – nur ein paar Vereine aus der Ligue 1 hatten geringere Einnahmen.
Das beste Beispiel für die Alternative ist die Premier League. Will man Spiele von Manchester United zeigen, so zahlt man auch für West Bromwich Albion. Die Liga hat hier eine sensationelle Vermarktung auf die Beine gestellt, etwa ein Drittel der Premier League sind inzwischen Vereine mit internationaler Relevanz. Der gigantische Umfang der englischen Fernsehverträge ist bekannt – in 2013/14 kassierte das finanzielle Schlusslicht der Liga (Cardiff) immer noch mehr Fernsehgelder als jeder andere europäische Verein außer Barca, Madrid, Juve, Inter und Milan. Die Verteilung ist unglaublich ausgeglichen, das schwächste Glied erhält immer noch 64% des Topverdieners.
Was ist hier die Position der Bundesliga? Eigentlich nur eine schlechte Version der Premier League. Es gibt keine individuellen Verträge und die Verteilung innerhalb der Liga ist durchaus ausgeglichen – das Schlusslicht kassiert die Hälfte der Nummer Eins, so nahe an die Gleichberechtigung der Premier League kommt keine andere der Top 5-Ligen.
Abstand zwischen dem Ersten und Letzten in % (und in Euro)
- Bundesliga – 51% (18.7 Mio €)
- Premier League – 36% (42.5 Mio €)
- La Liga – 87% (122 Mio €)
- Serie A – 81% (76.1 Mio €)
- Ligue 1 – 71% (31.5 Mio €)
Hier wird ein Problem der Bundesliga deutlich. Während das eigene System durchaus für Ausgeglichenheit geeignet ist, ist die Größe des Vertrages viel zu gering, um einen tatsächlichen Effekt zu haben. Dabei entstehen zwei Probleme – ein internes und ein internationales.
Wie bereits erwähnt: die Fernsehverträge der Bundesliga sind grauenvoll. In 2013/14 gab es pro Verein ein durchschnittliches Einkommen von 27,5 Mio. €. Im Vergleich dazu kassiert man in Spanien im Schnitt 37,8 Mio. € und in Italien 42,3 Mio. €. Sogar in Frankreich ist man nicht viel ärmer, hier fließen im Schnitt 24,3 Mio. € pro Jahr, was unter Berücksichtigung des jeweiligen Ansehens und Interesses geradezu lächerlich erscheint. Um das Bild zu vervollständigen: in England erhält ein Verein im Schnitt 93,7 Mio. €, also mehr als das Dreifache der Bundesliga – ein Problem auf dem internationalen Markt.
Dennoch schaffen es die führenden Bundesligaklubs bemerkenswerterweise, sich trotz dieses Nachteils in der europäischen Elite zu halten. Im Jahr 2014 hatte Bayern den dritthöchsten Umsatz Europas, obwohl man lediglich 37 Mio. € an nationalen Fernsehgeldern erhielt. Dies ist nicht nur weniger als die TV-Einnahmen von Fiorentina, Valencia oder Lyon, es ist auch eine Lücke von fast 60 Mio. € zu Juventus, von etwa 80 Mio. € zu englischen Topvereinen und von 100 Mio. € zu Barcelona und Real Madrid.
Ein TV-Vertrag wie der Barcelonas würde Bayern also das Jahresbudget um 100 Millionen Euro erhöhen. Das beweist uns zwei Dinge: dass Bayerns Überleben an der Spitze Europas trotz dieser Lücke bemerkenswert ist, und dass die Bundesliga ihren Vereinen hier einen Schaden zufügt. Wenn Bayern und Dortmund schon mit so einem grauenvollen Fernsehvertrag europäische Topvereine sein können, was wäre dann mit einem marktgerechten TV-Einkommen möglich? Wir würden sicherlich mehr deutsche Erfolge in Europa erleben.
Trotz alledem gibt es dennoch keine Chancengleichheit in der Bundesliga. Die Vereine, die sich regelmäßig für die Champions League qualifizieren, kassieren jedes Jahr mehr Geld von der UEFA als sie überhaupt von der DFL erhalten. In 2014/15 überwies die UEFA ca. 50 Mio. € an Bayern, was 135% der Fernseheinnahmen aus der Bundesliga entspricht. Das in der Champions League ausgeschüttete Preisgeld hat sich in den letzten 20 Jahren verzehnfacht. Wenn fünf Brüder zehn Äpfel gerecht teilen, einer der Brüder dann aber vom Nachbarn noch fünf Äpfel nur für sich erhält, dann ist die angestrebte Gleichheit nichts wert.
Dieser Unterschied an sich ist weder gut noch böse. Wenn er auch die aktuelle Chancengleichheit zerstört, so sind international wettbewerbsfähige Vereine für die Vermarktung der Liga sehr wichtig. Nur scheint die DFL Probleme mit einer guten Vermarktung ihres Produktes zu haben. Es ist eine faule Ausrede, alles auf die fehlende Akzeptanz von Pay TV in Deutschland zu schieben. Immer wieder erleben wir, wie unglaublich groß das Verlangen der Deutschen auf Bundesligafußball ist.
Fazit
Innerhalb der Bundesliga gibt es ein finanzielles Ungleichgewicht, das jedoch nicht durch eine ungerechte Verteilung der Gelder verursacht ist. Einnahmen aus Ticketverkäufen und Fernsehverträgen sind sehr gleichmäßig verteilt – sie sind einfach nur zu gering, um die riesigen Lücken auszugleichen, die durch die individuellen Sponsorendeals entstehen.
Auf der internationalen Bühne ist das geringe Volumen der genannten Einkommensquellen ein großer Rückschlag für die Bundesliga. Nur die reichsten Bundesligavereine schaffen es, diesen Nachteil mit starken Sponsoreneinnahmen zu bereinigen.
Andere Vereine haben diese Möglichkeit jedoch nicht, da sie für Milliardenkonzerne einfach nicht attraktiv sind. Hier muss man aber bedenken, dass international erfolgreiche Klubs wie Sevilla und Atletico keinen Vorteil in Sachen Fernseh- oder Ticketeinnahmen haben. Nicht nur das Geld entscheidet, wie wir im zweiten Teil der Serie erfahren werden – dann bewerten wir die tatsächlichen Leistungen.
TEIL EINS – FINANZEN UND EINKOMMEN
TEIL ZWEI – PUNKTE UND ERFOLG
TEIL DREI – TAKTIK UND MENTALITÄT