VfLTSV – Wie, ihr habt gewonnen?

Marcel Trenner 23.12.2012

VfL Bochum - TSV 1860 Pokal

17:45 Uhr: Eigentlich sollte mein Kumpel bereits mit dem Auto da sein – doch natürlich hat er auch am Pokalabend seine typischen 15 Minuten Verspätung.

17:59 Uhr: Am Ende der Straße taucht er nun endlich auf. Heute waren es sogar nur 14 Minuten Verspätung, das erste positive Omen am heutigen Abend? Im Auto eingestiegen verzichteten wir auf unsere typischen Begrüßungsfloskeln, stattdessen gab es nur ein „Ker, wat bin ich nervös!“ von beiden Seiten und dann machten wir uns auf den Weg in Richtung Ruhrstadion.

18:18 Uhr: Wir parkten in einem Industriegebiet um mit der Bahn weiter zu fahren. Doch da fiel meinem Kumpel plötzlich auf: „Scheiße! Ich hab meine Karte Zuhause vergessen!“ – Kurz alle Nummern abgeklingelt, ob noch jemand eine Karte für die ausverkaufte Ostkurve hat. Fehlanzeige. Tja, er entschied sich dafür einfach mal darauf zu hoffen, dass einer seine Karte vor der Kurve loswerden möchte. Ansonsten weicht er auf die Sitzplätze aus.

18:26 Uhr: Ankunft Ruhrstadion. Bereits aus der ferne steigen die Flutlichtmasten empor und erhellen den schon tiefschwarzen Himmel. Ein Anblick den man zugegebenermaßen nicht mehr all zu oft in Bochum bewundern darf. Eine Europapokal Atmosphäre liegt in der Luft. Das hier ist wie Champions League!

18:35 Uhr: Direkt suchten wir den Schwarzmarkt auf. Dieses Wort bei einem Spiel meines geliebten VfLs ist wirklich suspekt. Normalerweise ist der Schwarzmarkt bei VfL Spielen so sinnvoll wie eine Sandverkaufsstelle in der Sahara, denn im normal Fall gibt es einfach genug Karten, egal für welchen Block. Mein Kumpel konnte dann sogar doch noch eine Ostkurven Karte ergattern. 25 € wollte der Herr haben, den Preis konnten wir aber auf 20 € drücken. Da mein Kumpel ja ein Student sei. Ermäßigung auf Schwarzmarktkarten gibt es wohl auch nur in Bochum.

18:38 Uhr: Die Eingangsbereiche waren extrem voll. Was sicherlich auch daran lag, das nur wenige Eingänge offen waren. Über eine kurze Abkürzung waren wir aber schnell am Eingang.

18:40 Uhr: Auf Getränk und Speisen verzichteten wir, da die Stände ebenso voll waren. Wir bevorzugten lieber den direkten Weg in die Kurve. Als wir durchs Marathontor in den Innenraum gelangen, stockte mir der Atem. Der Anblick der vollen Kurve und der Geruch des nassen Rasens

18:50 Uhr: Unsere Plätze sind eingenommen und die ersten Bayernfans werden begrüßt. Alle sind sich einig, heute gibt es gegen die Kätzchen einen Sieg!

18:55 Uhr: Grönemeyers Bochum schallt durchs Ruhrstadion.

18:58 Uhr: Nach dem ich mich erst mal richtig umgesehen hab fiel vor allem eines auf: Sehr viel rot in der Ostkurve. Nicht nur Bayern und Bayern – Bochum Schals waren zu sehen, sondern sogar eine Bayern Fahne.

18:58 Uhr: Die Mannschaften kommen aufs Spielfeld. Aus der Ostkurve schallt es: „In der Bayernliga, da ist es bekannt – da fahren die Giesinger Bauern mit der S-Bahn aufs Land“

19:00 Uhr: Anstoß. Alles oder nichts. Heute geht es darum das Jahr noch halbwegs zu retten, natürlich geht es genauso darum unsere Vereinskasse etwas aufzubessern. Ein Sieg heute ist enorm wichtig.

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19:12:09 Uhr: Die Ostkurve verstummte kurz und was hört man da aus der Giesinger Ecke? „Drei, zwei, eins … Lalalalala..“ – Huch? Die Giesinger haben noch ein mal den 12Doppelpunkt12 Protest durchgezogen! Und machten sich so anschließend für insgesamt 10 Sekunden bemerkbar. Die Kätzchen protestierten danach aber anscheinend weiter, denn noch ein mal konnte man sie nicht vernehmen.

19:26 Uhr: Auf dem Spielfeld passierte in der Zwischenzeit nicht viel. Bis Alexander Iashvili einen Steilpass bekam und Richtung Gabor Kiraly sprintete. Der Sechziger Verteidiger „Vallori“ riss Iashvili um und nach kurzer Beratung mit dem Linienrichter entschied Schiri Welz auf rot. Absolut nachvollziehbar, denn Vallori war der letzte Mann und hinderte Iashvili an einer Torchance. Ostkurven O-Ton: „Giesinger Arschlöcher“ – „Bayeeeeern und der Vau ef El!“

19:30 Uhr: Leon Goretzka leitet den Ball per Kopf auf Dedic weiter, der in Lionel Messi Manier den Ball mit der Fußspitze am Verteidiger vorbei zaubert. Da ist er, frei vor dem Tor – er setzt zum Schuss an – mein Herz bleibt stehen – und dann schlägt der Ball ins rechte untere Eck ein. Die Ostkurve steht Kopf, über mir fliegen Bierbecher nach vorne, jeder dreht völlig am Rad. Eins zu Null für den VfL.

19:38 Uhr: Benny Lauth – der gefühlt immer gegen Bochum treffen muss – kommt irgendwie am 5er-Eck frei zum Schuss. Aber unser Keeper Esser kann in seinem dritten Profispiel glänzend parieren.

Ostkurven O-Ton: „Ker ey, die Jungs sollen mal das scheiß 2:0 machen – ansonsten kassieren wir gleich wie immer den verdammten Ausgleich!“

19:45 Uhr: Halbzeit. Endlich kann das Herz mal für ein paar Minuten ruhen und man kann ein paar Kumpels aus Bochum und München richtig begrüßen.

19:59 Uhr: Die Mannschaften kommen wieder auf den Rasen. Gabor Kiraly steht nun im Tor vor unserer Kurve. Der Herr neben mir, Vokuhila und Peter Neururer Gedächtnisschnubbi sowie Ganzkörper Jeans fängt an zu pöbeln: „Kirali du alter Tittenclown, kauf dir endlich ma ne neue Joggingbuchse!“

Ich glaub der Abend wird noch gut.

20:00 Uhr: Wiederanpfiff!

20:09 Uhr: Gabor „Tittenclown“ Kiraly rettet drei mal überragend gegen Goretzka, Aydin und Dedic. Genau deswegen mag ich den Typen nicht. Nicht wegen seiner Jogginghose, sondern weil er wirklich ein guter Keeper ist.

20:30 Uhr: In den 21. Minuten zuvor passierte nichts. Doch dann: Ecke für den VfL aus Bochum. Marc Rzatkowski legt sich den Ball punktgenau hin, der Ball fliegt in den Strafraum – Lukas Sinkiewiecz steigt hoch – verlängert den Ball in Richtung Fünfmeterraum, wo Marcel Maltritz abspringt und mit einem fulminanten Flugkopfball das Ding ins Tor haut. Er rennt zur Ostkurve, versucht auf die Werbebande vor der Kurve zu springen – doch er scheitert. Scheiß egal! Denn das Dingen ist drin. Bochum zwei, unbedeutende Fußballmannschaft aus Giesing null.

20:32 Uhr: Marc Rzatkowski läuft wieder zur Ecke. Ich ruf nur: „Junge, mach et nochma!“ – er legt sich den Ball wieder punktgenau hin. Er läuft an, der Ball fliegt in den Strafraum – Goretzka verlängert den Ball zu dem unfassbaren Magic Maltritz der am zweiten Pfosten wieder per Kopf einnickt. Kollektives ausrasten! Der Zaun ist voller Menschen und der Stadionsprecher stimmt an: „Berlin, Berlin wir fahren nach Berlin“ – Das ganze Stadion singt mit. Gänsehaut pur.

20:35 Uhr: Ostkurven O-Ton: „Wir holen den Pokal, noch ist es ein Traum, doch er wird bald wahr, für den VfL aus Bochum – Bochum!“

Gefolgt von einem: „Europapokal, Europapokal!“

20:38 Uhr: Zwei Jungs sind mit einer Scheiss Dortmund Fahne auf dem Zaun. Das ganze wird von der Ostkurve mit folgendem Liedgut musikalisch untermalt: „Wir kommen aus Bochum, aus Westfalen, blau und weiß sind unsere Farben. Bei schwarz und gelb da sehen wir rot – VfL Bochum bis in den Tod!“

Hans Zimmer hätte das nicht besser gekonnt!

20:45 Uhr: Abpfiff! Endlich. Viertelfinale. Hoffentlich Dortmund Zuhause. Sehen alle so.

20:48 Uhr: Unsere Helden bedanken sich erst mal beim Familienblock für die tolle Unterstützung. Als sie sich auf den Weg in Richtung Gästeblock machen gehen dort ein paar größere besonders helle und gelbe Wunderkerzen an. Man kann ja ewig über den Sinn oder Unsinn von Pyroaktionen debattieren, diese Aktion machte aber gar keinen Sinn. Der Ostkurve fällt in diesem Zusammenhang nur das all bekannte Giesinger S-Bahn Lied ein.

20:50 Uhr: Und endlich erreichen unsere Jungs die Kurve. „Hinsetzen, Hinsetzen“ skandierte die Kurve. In dem Moment hatte ich schon Angst, dass es jetzt wieder mal eine 0815-Humba gibt. Zum Glück bestätigte sich diese Befürchtung nicht, stattdessen forderte die Kurve Marcel Maltritz auf, den Zaun zu besteigen. Dieser Bitte kam der Fußballgott in Person nach und stimmte ein brachial lautes „Tief im Westen daher kommen wir VfL! Wir stehen zu dir, VfL! Um jeden Preis – Bochumer Jungen in blau und weiß“ an.

Anschließend feierten die Spieler und die Fans noch mit dem Klassiker: „So gehen die Bochumer, die Bochumer gehen so.“ (wird laut gesungen, beide Arme nach oben) – „So gehen die Sechziger, die Sechziger gehen so.“ (wird leise gesungen, Körperhaltung gebückt)

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Nicht mein Lieblingskurvenlied, aber sei’s drum. Das war mir in dem Moment scheiß egal.

21:01 Uhr: Ich verabschiede mich von allen Freunden und Bekannten! Auf dem Heimweg wollten wir eigentlich einen kurzen Boxenstopp bei Burger King einlegen. Da die Mitarbeiter aber ungefähr so schnell die Burger zubereiteten wie Benny Auer sprinten kann – wurde das ein etwas längerer Zwischenstopp. Aber auch das war uns dann letztendlich total egal. Hauptsache wir schaffen es rechtzeitig zur Auslosung Zuhause zu sein. Let’s go Burgerbrater!

Und damit endet mein kleiner Live-Ticker zum Pokalspiel gegen die Sechziger. In der besagten Auslosung zogen wir den VfB Stuttgart. Vielleicht nicht das beste Los, aber sicherlich eines der halbwegs machbaren. Nun träumt ganz Bochum vom Halbfinale. Nur bitte nicht gegen Dortmund.

Im Zeichen der Fanfreundschaft zwischen dem VfL Bochum und Bayern München freue ich mich einen Artikel von Marcel veröffentlichen zu können. Vor einiger Zeit haben wir mit ihm zur Flanke 002 gesprochen und nun kommt er mit einem Gastbeitrag zu Miasanrot.de. Gibt es eine bessere Gelegenheit als das DFB-Pokalspiel der Bochumer Freunde gegen die Giesinger Bauern? Wohl nicht.