Wie Bayerns Standardsituationen vom Problem zur Stärke wurden

Steffen Trenner 03.07.2013

Der Bayern Blog blickt noch einmal zurück auf die Triple-Spielzeit 2012/2013 und nennt 5 Gründe für die historische Saison des FC Bayern. Nach Teil 1 zu den Neuzugängen, Teil 2 zum Pressingkonzept, Teil 3 zur neuen offensiven Variabilität und Teil 4 zum Rotationsprinzip nun der abschließende Part 5: Die Standardsituationen. 

Bayerns Schwäche bei Ecken und direkten Freistößen hatte sich in den vergangenen Jahren zu einer Art Running Gag entwickelt. Egal wer antrat, egal wie oft die kopfballstarken Innenverteidiger mit nach vorn eilten, echte Torgefahr entstand so gut wie nie. Bayerns Ecken waren zu häufig einfallslos, ungenau und in der Konsequenz ungefährlich. Im Mai 2012 wurde aus diesem Running Gag ein Albtraum. Im Champions League Finale 2012 erspielten sich die Münchener gegen den FC Chelsea 20 Ecken. Hinzu kam fast die gleiche Anzahl an Freistößen, die in oder über den Strafraum der Briten segelten. Ertrag: null. Der spätere Champions League Sieger aus London nutzte seine bis dahin einzige Ecke zum 1:1 Ausgleich in der 88. Minute. Der Rest ist bekannt. 

Auch die Saison 2012/2013 verlief was die Standardsituationen anging zunächst wie gewohnt. Bis zur einzigen Saison-Niederlage in der Bundesliga gegen Leverkusen am 9. Spieltag, hatte nur Thomas Müller nach einer Ecke im Auftaktspiel gegen Fürth getroffen. Auch bei der 1:2-Niederlage gegen Leverkusen wurden die Münchener Probleme bei Standardsituationen erneut offensichtlich. 14 Ecken bekam Bayern gegen Leverkusen zugesprochen. Erfolg brachte Keine. Grund genug für Bastian Schweinsteiger den Finger in die Wunde zu legen: „Wir haben ja eigentlich auch Kopfballspieler in unseren Reihen, aber irgendwie kommen wir nicht dazu, dem Ball entgegen zu gehen und ihn dann auch aufs Tor zu bringen. Da sind wir noch zu ungefährlich. Man kann vielleicht was ändern, die Bälle anders spielen. Vielleicht muss mal statt eines Linksfußes ein Rechtsfuß ran. Wir haben schon darüber gesprochen“, so Schweinsteiger nach dem Spiel.

Egal was Jupp Heynckes in dieser Phase mit der Mannschaft besprach – es wirkte Wunder.   Bayern erzielte ab dem 10. Spieltag allein in der Bundesliga 11 Tore nach Standards. Martínez, Mandzukic, Pizarro, Boateng und Shaqiri trafen nach Ecken. Dante, Emre Can und erneut Martínez und Mandzukic trafen nach Freistoßflanken. Hinzu kamen zwei direkt verwandelte Freistöße von Bastian Schweinsteiger. Noch deutlicher wurde Bayerns neu gewonnene Stärke nach Standardsituationen in der Champions League. In 13 Spielen trafen die Münchener hier insgesamt 8 Mal. Darunter waren wichtige Treffer wie gegen Arsenal London (Müller), Juventus Turin (Mandzukic), Barcelona (Gomez) und nicht zuletzt auch das 2:1 gegen Borussia Dortmund im Finale in Wembley, das Jerome Boateng mit einem weiten Freistoß einleitete.

Schaut man sich die einzelnen Treffer an, ist noch nicht einmal ein bestimmtes Muster zu erkennen. Die Schützen variieren. Mal wird der Ball auf den kurzen Pfosten gespielt, mal auf den Langen. Mal wird der Ball vom Tor weggeschlagen, mal zum Tor hingezogen. Vielleicht ist es einfach die größere Konzentration bei der Ausführung, die auch Bastian Schweinsteiger nach der Niederlage gegen Bayer Leverkusen angemahnt hatte, die für diese sichtbare Veränderung sorgte. Dass Bayern gleichzeitig auch bei Defensiv-Standards ein wenig wackelte wie bei Gegentreffern gegen Arsenal und den HSV fiel da weniger ins Gewicht.

Es wird spannend zu beobachten sein wie Pep Guardiola mit dem Thema Standards umgeht. In Barcelona wurde auch in Ermangelung kopfballstarker Spieler kaum eine Ecke in den Sechzehnmeterraum geschlagen. Standardsituationen wurden meist kurz ausgeführt und damit spielerisch ins Passspiel eingebunden. Schaut man sich die Zahlen aus der Vorsaison an, ist Guardiola gut beraten den Aufwärtstrend seiner Mannschaft bei Standardsituationen zu nutzen. Die neue Gefährlichkeit der Münchener auf diesem Gebiet war schließlich einer der Gründe für die historische Saison 2012/2013.

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