FC Bayern – TSG 1899 Hoffenheim 3:3 (3:2)
Falls ihr es verpasst habt:
Spiel 1 nach der Meisterfeier. Spiel 1 vor dem Champions League-Hinspiel gegen Manchester United. Der Ausgangslage legte bereits nahe, dass dies kein gewöhnliches Bundesliga-Spiel werden wird. Für die Münchener geht es in der Bundesliga nur noch darum im Rhythmus zu bleiben, gleichzeitig Spieler zu schonen und vielleicht das ein oder andere auszuprobieren. Guardiola ließ Neuer, Boateng, Lahm, Alaba, Robben, Kroos, Müller und Mandzukic unten – was seiner Rotationslogik folgend einige Rückschlüsse auf die Startaufstellung gegen United zulässt. Hoffenheim presste mutig und wollte von Beginn an die zu erwartenden Engagement-Defizite der Münchener auszunutzen.
Nach Modestes Führung drehte Bayern jedoch auf und erzielte drei spektakuläre Treffer durch Pizarro (2) und Shaqiri. Danach nahmen die Hausherren deutlich Tempo raus. Hoffenheim lief deutlich mehr (121/115 km) und deutlich intensiver (775:657 intensive Läufe) und schaffte damit den Ausgleich. Bayern hoffte die Partie im Schongang gewinnen zu können. Die Erkenntnis das dies in der Bundesliga auch gegen eine durchschnittliche Mannschaft nicht ausreicht, ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis dieser Partie. Am Ende hatten beide Seiten Chancen auf das 4:3. Auch eine Niederlage der Münchener wäre dem Spielverlauf gerecht geworden. 20:11 Torschüsse für Hoffenheim sprechen da eine deutliche Sprache.
Grund zur Panik gibt es überhaupt nicht. Dafür war das Spiel im Kontext für die Münchener zu Belanglos. Das Momentum, das den FC Bayern bis hierher durch die Rückrunde trug, hat durch die mäßige Vorstellung gerade in der zweiten Hälfte jedoch einen kleinen Dämpfer erlitten. Hinzu kommt die Verletzung von Thiago, die nach dem Spiel als Innenbandteilriss verifiziert wurde. Sportlich die sicher viel schlimmere Nachricht dieses Tages.
3 Dinge, die auffielen:
1. Der Wert von Manuel Neuer
Ich möchte eines vorwegschicken. Ich bin sehr froh, dass Tom Starke unser zweiter Torwart ist. Er scheint ein prima Kerl zu sein. Ein ordentlicher Bundesliga-Torwart ist er ohnehin. Aber das Spiel gegen Hoffenheim unterstrich, welchen Wert Manuel Neuer für den FC Bayern hat. Und damit meine ich nicht einmal den Gegentreffer zum zwischenzeitlichen 2:3, den ich als haltbar eingestuft habe. Hoffenheim spielte am Samstag-Nachmittag ein sehr ordentliches Pressing. Manuel Neuer spielt im Normalfall eine extrem wichtige Rolle dabei das gegnerische Pressing auszuhebeln. Er agiert als zusätzlicher extrem passsicherer Feldspieler. Er ist in der Lage Gegner auf sich zu ziehen, erst im letzten Moment abzuspielen und damit den Pressingrhythmus zu stören. Außerdem verzichtet er inzwischen weitgehend auf lange Bälle. Man sah Tom Starke gegen Hoffenheim an wie schwer es ihm phasenweise fiel die Erwartung seiner Vorderleute an einen mitspielenden Torwart zu erfüllen. Das Pressing der Gäste war auch deshalb so effektiv, weil Starke (69 Ballkontakte) nur selten konstruktive Lösungen fand. Der Wert von Neuer als mitspielender Torwart für diesen FC Bayern wird aus meiner Sicht noch immer nicht ausreichend gewürdigt.
2. Perfect Pizarro
Als Claudio Pizarro erstmals für den FC Bayern auflief, hieß der Towart Kahn, der Abwehrchef Linke und sein Sturmpartner Elber. Es war im August 2001. Beim 3:0-Sieg gegen Schalke 04 machte Pizarro das was er eigentlich immer macht. Er schoss ein Tor. Pizarro ist ein Phänomen. 171 Bundesliga-Tore hat er inzwischen auf dem Konto. Seine Verpflichtung im Sommer 2012 war eine von vielen guten Personalentscheidungen der letzten zwei Jahre. Er ist der perfekte Backup. Er ist ein klasse Teamkollege, er muckt nicht auf, er hat Erfahrung und er ist immer noch gut genug, um als Joker oder als Gelegenheitsstürmer wichtige Akzente zu setzen. 6 Tore und 8 Assists waren es in 20 meist kurzen Einsätzen im Vorjahr. Gegen Hoffenheim waren es die Treffer vier und fünf für den Peruaner in dieser Saison. In den kommenden Wochen könnte durchaus noch der ein oder andere Scorer-Punkt folgen. Pizarro ist 35. Sein Vertrag läuft zum Saisonende aus. Er hat bereits angedeutet, dass es für in wohl nur zwei Optionen gibt. Verlängerung oder Karriereende. Wenn ich beim FC Bayern etwas zu sagen hätte, würde ich den Vertrag mit Pizarro um ein Jahr verlängern. Wie gesagt: Einen perfekteren Backup gibt es nicht.
3. Baustelle Linksverteidiger-Position
Es bleibt eine der wichtigsten Baustellen für die Sommerpause. Der FC Bayern hat zur Zeit keine zwei gleichwertigen Linksverteidiger. Diego Contento konnte auch gegen Hoffenheim nicht unbedingt überzeugen. Nur 67 Ballkontakte – sein Gegenüber Rafinha hatte 95. Contento spielte die meisten Fehlpässe aller Spieler auf dem Feld (18) und gewann die wenigsten Zweikämpfe aller Bayern-Spieler (9), die 90 Minuten auf dem Feld standen. Contento verschuldet nicht unbedingt Gegentore, aber er vermag es zu selten positive Akzente zu setzen. Natürlich ist es für ihn besonders schwer einen Rhythmus zu finden, da Alaba meist gesetzt ist. Contento gibt Guardiola allerdings auch wenig Anlass dies zu ändern. Ein langfristiger Ausfall Alabas wäre für den FC Bayern gerade auf internationalem Niveau wohl das worst-case Szenario. Contento kündigte unter der Woche bereits an, den FC Bayern verlassen zu wollen. Regelmäßige Einsatzzeiten können seine Leistungsfähigkeit sicher stabiliseren. Er hat allemal das Zeug ein ordentlicher Bundesliga-Spieler zu werden. Den allerhöchsten Ansprüchen des FC Bayern, das unterstrich die Partie gegen Hoffenheim erneut, genügt er momentan jedoch nicht. Pfiffe, statt Aufmunterung für einen, der seit 1995 im Verein ist, sind trotzdem merkwürdig.