FC Bayern – SC Freiburg 1:0 (1:0)

Steffen Trenner 28.04.2013

Klopp ist fraglos ein brillianter Fußball-Trainer. Seine hellseherischen Fähigkeiten sind dagegen offensichtlich etwas weniger stark entwickelt. Der FC Bayern knackt mit dem 1:0-Arbeitssieg gegen den SC Freiburg den Punkterekord der Dortmunder aus dem Vorjahr und hat nun schon nach 31 Spieltagen 84 Punkte auf dem Konto. Es scheint unwahrscheinlich, dass der FCB in den verbleibenden 3 Spielen noch die 100 Tore-Marke knackt. 10 Treffer fehlen dafür aktuell. Dafür haben Manuel Neuer und Tom Starke gute Chancen den Gegentore-Rekord zu unterbieten. Der liegt bei 21 – aus der Saison 2007/2008, gehalten von Oliver Kahn und Michael Rensing. Der FCB hat aktuell 14 Gegentreffer.

3 Dinge, die auffielen:

1. Bayerns neue Qualität bei Standardsituationen

Es war über Jahre eine der größten Schwächen im Bayern-Spiel. Standardsituationen. Kumulationspunkt dieser Entwicklung war sicherlich das Champions League Finale 2012, als Bayern trotz eines Eckenverhältnisses von 20:1 und ähnlich vielen Freistößen in Strafraumnähe keinen Treffer erzielen konnte. Noch in der Hinrunde tat sich Bayern schwer. Nach der bisher einzigen Saisonniederlage gegen Leverkusen im Oktober 2012, legten Bastian Schweinsteger und Jupp Heynckes den Finger in die Wunde. Damals hatten 14 Ecken und insgesamt 57 Flanken nicht zum Erfolg geführt. „Wir haben ja eigentlich auch Kopfballspieler in unseren Reihen, aber irgendwie kommen wir nicht dazu, dem Ball entgegen zu gehen und ihn dann auch aufs Tor zu bringen. Da sind wir noch zu ungefährlich. Man kann vielleicht was ändern, die Bälle anders spielen. Vielleicht muss mal statt eines Linksfußes ein Rechtsfuß ran“, sagte Schweinsteiger damals. Seitdem hat sich einiges getan bei den Münchenern. Der Kopfball-Treffer von Emre Can gegen den SC Freiburg war wettbewerbsübergreifend bereits der 15. Bayern-Treffer nach einer Standardsituation in der Rückrunde.

Alle Treffer in der Übersicht:

18. Spieltag: FC Bayern – SpVgg Greuther Fürth 2:0 (1:0)

2:0 Mandzukic (Ecke: Kroos)

21. Spieltag: FC Bayern – FC Schalke 04 4:0 (2:0)

2:0 Schweinsteiger (direkt verwandelter Freistoß)

22. Spieltag: VfL Wolfsburg – FC Bayern 0:2 (0:1)

0:1 Mandzukic (Freistoß Kroos)

23. Spieltag: FC Bayern – SV Werder Bremen 6:1 (2:0)

2:0 Martinez (Freistoß Robben)

26. Spieltag: Bayer 04 Leverkusen – FC Bayern 1:2 (0:1)

1:2 Eigentor Wollscheid (Freistoß Schweinsteiger)

27. Spieltag: FC Bayern – Hamburger SV 9:2 (5:0)

2:0 Schweinsteiger (Ecke Robben)

3:0 Pizarro (Ecke Robben)

29. Spieltag: FC Bayern – 1. FC Nürnberg 4:0 (3:0)

1:0 Boateng (Ecke Ribéry)

4:0 Shaqiri (Ecke Ribéry)

31. Spieltag: FC Bayern – SC Freiburg 1:0 (1:0)

1:0 Can (Freistoß Shaqiri)

Champions League Achtelfinale: FC Arsenal – FC Bayern 1:3 (0:2)

0:2 Müller (Ecke Kroos)

Champions League Viertelfinale: Juventus Turin – FC Bayern 0:2 (0:0)

0:1 Mandzukic (Freistoß Schweinsteiger)

Champions League Halbfinale: FC Bayern – FC Barcelona 4:0 (1:0)

1:0 Müller (Ecke Ribery)

2:0 Gomez (Ecke Robben)

DFB-Pokal Halbfinale: FC Bayern – VfL Wolfsburg 6:1 (2:1)

3:1 Shaqiri (Ecke Robben)

Fünf mal erzielte Bayern nach einer Standardsituation das 1:0. Dazu der 2:1-Siegtreffer im Rückspiel gegen Leverkusen, den Schweinsteiger mit einem gut getretenen Freistoß erzwang. Es ist nicht mal ein bestimmtes Muster zu erkennen bei der Ausführung der Standards. Bei Ecken wird der Ball mal kurz gespielt, mal sind Dante, van Buyten oder Boateng die Zielspieler am langen Pfosten. Freistöße werden entweder direkt aufs Tor gezogen oder als unterschnittene Bälle an den zweiten Pfosten gespielt. In der Regel treten Ribéry und Robben die Ecken und Schweinsteiger die Freistöße. Vor seiner Verletzung war Toni Kroos bei vielen Eckbällen und Freistößen die erste Option. Möglicherweise ist es allein die Konzentration bei der Ausführung, die seit Herbst 2012 diesen eklatanten Unterschied ausmacht. Die neu gewonnene Stärke bei Standardsituationen ist jedenfalls einer der Schlüssel für Bayerns bisher herausragende Rückrunde.

2. Can in neuer Rolle

Emre Can durfte bereits zum zweiten Mal in Folge auf heimischen Platz von Beginn an ran. Diesmal jedoch nicht in gewohnter Rolle im defensiven Mittelfeldzentrum, sondern in der offensiven Dreierreihe hinter Mandzukic. Can löste auch diese Aufgabe recht ordentlich. Sein Tor krönte eine offensiv passable Leistung. Der 19-Jährige schoss vier Mal aufs Tor und bereitete drei Torschüsse vor. Die Frage ist: Gibt es eine Position auf der Can mittelfristig eine realistische Option beim FC Bayern sein kann. Das zentrale Mittelfeld scheint offensiv wie defensiv versperrt. Heynckes verwies schon vor der Saison darauf, dass ein Spieler mit der Veranlagung von Can sich seine Lücke im Kader suchen muss. Heynckes gab dabei auch noch seine persönliche Einschätzung kund: „Vielleicht liegt seine Zukunft auch auf der Position des Innenverteidigers, er will es nur noch nicht wahrhaben“, so Heynckes zum Jahreswechsel. Bei den Amateuren spielt Can schon jetzt meist in der Viererkette. Schaut man auf die Stärken des bulligen Bayern-Talents (Zweikampfstärke, Schnelligkeit, Kopfballspiel, solides Passspiel) liegt der Schluss nahe, dass dies seine Position werden könnte. Heynckes war es, der Bastian Schweinsteiger als Erster auf die Sechs beorderte. Er war es, der Toni Kroos konsequent auf die 10 stellte und David Alaba endgültig zum Außenverteidiger umfunktionierte. Vielleicht hat er auch bei Can den richtigen Riecher.

3. Rafinha rekordverdächtig

Der kleine brasilianische Außenverteidiger hatte vor dem Spiel in der gesamten Saison gerade mal 422 Ballkontakte. Gegen Freiburg kam einiges oben drauf. 143 Mal berührte Rafinha den Ball. Er spielte insgesamt 105 Pässe mit einer Passquote von über 93,3 Prozent – dazu 12 gewonnene Zweikämpfe. Ilkay Gündogan hatte im Januar gegen Nürnberg mit 148 Ballkontakten noch ein paar mehr als Rafinha – dennoch sind diese Zahlen selbst für Bayern-Verhältnisse außergewöhnlich. Diese Statistik zeigt jedoch auch was es für ein Spiel war am Samstag-Nachmittag gegen Freiburg. Viel Ballgeschiebe in der eigenen Abwehr und wenig Risiko auf Seiten der Münchener. Wer will es Ihnen verdenken…