Auf Tour mit dem FC Bayern: Teil II – Die Erfahrung

Marc Trenner 29.07.2022

Veranstaltungen neben dem Spielgeschehen

Für die meisten Fans hier in den USA sind die Veranstaltungen, die der FC Bayern außerhalb des Spielfeldes durchführt, der wirklich interessante Teil der Tour. Diese Veranstaltungen variieren in Bezug auf den Inhalt und die Zugänglichkeit, bieten aber fast immer eine gute Möglichkeit zur Interaktion mit dem Verein und den Spielern.

Öffentliche Trainingseinheit

Das erste große Ereignis für die Fans war die öffentlich zugängliche Trainingseinheit, die der Club vor seinem Spiel gegen DC United abgehalten hat. Öffentliche Trainingseinheiten sind an der Säbener Straße üblich und bieten den Fans in vielerlei Hinsicht einen besseren und unmittelbareren Blick auf die Spieler in Aktion als das eigentliche Spiel.

Noch wichtiger ist, dass die Spieler während solcher Einheiten viel mehr mit den Fans interagieren, Autogramme geben und Selfies machen, als sie es sonst tun oder die Gelegenheit dazu haben. Bei dem Termin hier in den Staaten fühlten sie sich sichtlich wohl, er scheint eher den üblichen Erwartungen, die regelmäßig an sie gestellt werden, entsprochen zu haben als viele andere der Termine, die sie auf diesen Touren wahrnehmen müssen. Das Training jedenfalls und die Interaktion mit den Fans ging ihnen leicht von der Hand, sie schienen sich wohl zu fühlen und an diese Art von Interaktion und Erfahrung gewöhnt zu sein.

Später in Washington wurden einige der Fanclub-Mitglieder sogar zu persönlichen Treffen mit Spielern wie Thomas Müller, Serge Gnabry und Leroy Sané eingeladen. Das ist natürlich ein besonderer Zugang, der für die meisten Fans eine Seltenheit ist.

Aber auch die Spieler bekamen auf diese Weise unterschiedliche Einblicke. Einige betrachteten die Veranstaltung, wie zu erwarten war, als notwendigen Teil des Geschäfts. Sie waren höflich und absolvierten mehr oder weniger ihre Pflichten. Andere schienen sich wirklich dafür zu interessieren, wie es ist, in den USA zu leben. Einige suchten sogar von sich aus nach Leuten, die aus Deutschland eingewandert waren, und fragten sie, warum sie dies getan hatten und wie sie das Leben in den USA fanden.

Sponsorship-Veranstaltungen

Der nächste Punkt auf der Liste der Aktionen des Vereins waren einige Veranstaltungen außerhalb des Stadions, die für bestimmte Fanclubs und einzelne Fans angeboten wurden. Im Anschluss an das Training in D.C. sponserte Paulaner eine Veranstaltung in einer lokalen Kneipe und lud eine begrenzte Anzahl von Gästen zu einem Meet and Greet mit zwei Spielern ein.

Der erste, der vom FC Bayern auftauchte, war Stephan Lehmann. Wer den Stadionsprecher des FC Bayern schon einmal selbst erlebt hat, der weiß, dass er hier voll in seinem Element war.

Stephan ist sehr sympathisch und schien es wirklich zu genießen, ein paar Bierchen zu trinken und sich mit den Anwesenden zu unterhalten. Sein besonderes Interesse galt denjenigen von uns, die ursprünglich aus Deutschland kamen, mit den er scherzte und lachte und über eine Vielzahl von Themen sprach.

Stefan Lehmann fand großen Gefallen daran, sich über meine Größe zu amüsieren.

Dann kamen die Spieler. Kurz bevor sie eintrafen, gab Stephan die Namen der Spieler bekannt, die zu uns stoßen würden, was den meisten bis dahin unbekannt war. Als er die Namen Lucas Hernández und Joshua Kimmich nannte, brach bei den Anwesenden Jubel aus.

Ich denke, dass die meisten von uns Fans davon ausgingen, dass es sich bei der Delegation um weniger prominente Namen handeln würde, für die wir alle natürlich auch sehr dankbar gewesen wären und die wir gerne kennengelernt hätten. Doch die Nachricht, dass es sich um zwei Stammspieler handelte, übertraf alle Erwartungen. Die Anwesenheit von Kimmich war eine besondere Überraschung und wurde mit großer Begeisterung begrüßt.

Bei der Ankunft wirkten die Spieler verständlicherweise erschöpft. Kimmich sah so griesgrämig aus, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Er, aber auch Hernandéz sahen aus, als würden sie auf der Stelle einschlafen, sobald sie sich setzten. Doch nach einigen Minuten und einigen auflockernden, einleitenden Worten von Stephan schienen sie sich merklich zu erholen und wurden munterer.

Nachdem sie mit allen Anwesenden Fotos gemacht und Autogramme gegeben hatten, verließen sie alsbald die Veranstaltung unter großem Beifall und dem Zuruf vieler guter Wünschen wieder. Alle von uns, die dabei waren, waren äußerst zufrieden und glücklich, an dem Abend diese Gelegenheit für so ein Treffen gehabt zu haben.

Am Tag nach dem Spiel gab es eine weitere Veranstaltung in einem T-Mobile-Geschäft in Washington D.C. Diese war öffentlich und zog daher eine große Menschenmenge an, aber das Warten hat sich für alle, die sich die Mühe der Anreise gemacht hatten, mit Sicherheit gelohnt.

Die anwesenden Spieler bei dem Termin waren Benjamin Pavard und Manuel Neuer. Die Aufregung um Neuer war ähnlich groß wie die um Kimmich. Die meisten von uns erwarten einfach nicht, dass Spieler dieses Formats bei solchen Veranstaltungen auftauchen, aber wenn sie es dann doch tun, ist es für die, die dabei sind, etwas ganz Besonderes.

Die Spieler gaben erneut Autogramme und machten Fotos mit den anwesenden Fans, bevor sie zu ihrem nächsten Programmpunkt aufbrachen.

Fototermine und Unterschriften für alle beim Paulaner Meet and Greet in DC. Vorausgesetzt, man weiß, wo die richtige Kamera steht.

Gesellschaftliches Engagement

Eine Veranstaltung, die in der Berichterstattung ein wenig vernachlässigt zu bleiben schien, war eine Diskussion im National Museum of African American History and Culture über Rassismus und seine Auswirkungen auf der ganzen Welt.

Die Tickets für diese Veranstaltung waren begrenzt und ich persönlich kannte niemanden, der eingeladen war, aber es ist die Art von Aktivität, die Bayern meiner Meinung nach von anderen Vereinen unterscheidet. Es gibt zwar immer noch Probleme, die angegangen werden müssen, selbst bei den Bayern (man denke z. B. an Katar), aber wenn man sich als Fußballverein die Zeit und Mühe nimmt, sich mit verschiedenen Formen der Diskriminierung auseinanderzusetzen, während man sich zu Unterhaltungszwecken in einem anderen Land aufhält, bin ich stolz darauf, ein Anhänger dieses Vereins zu sein.

Rassismus ist in den letzten Jahren in den USA zunehmend zu einem Problem geworden, und die Zahl der rassistischen Vorfälle hierzulande hat zugenommen. Dass der FC Bayern ein aktives Interesse daran hat, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und auf die Missstände aufmerksam zu machen und ein Bewusstsein dafür zu zeigen, sagt viel über den Verein aus.

Die Zyniker da draußen werden sagen, dass das alles nur für die Medien war oder dass es nur geheucheltes Interesse fürs gute Image war, aber Tatsache ist, dass der Club nicht verpflichtet ist, solche Termine wahrzunehmen und sich öffentlich aktiv gegen Rassismus zu positionieren. Selbst wenn es nicht aufrichtig gewesen wäre, so hat es doch etwas bewirkt. Der Verein bezieht immer noch Stellung. Er trägt immer noch dazu bei, dass dem Thema Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wenn mehr Vereine, Organisationen, Unternehmen und gesellschaftliche Gruppen so Stellung beziehen und sich an Diskussionen und Veranstaltungen wie dieser beteiligen würden, wäre diese Welt meiner Meinung nach eine bessere.

Weitere Veranstaltungen

Schließlich gab es auf der Summer Tour der Bayern noch zwei weitere Veranstaltungen, die mir erst im Nachhinein aufgefallen sind. Das erste scheint eine weitere Pflichtveranstaltung für die Spieler gewesen zu sein, bei der sie die deutsche Botschaft in den USA besucht und noch weiteren Menschen die Gelegenheit geboten haben, die Spieler des FC Bayern von Angesicht zu Angesicht zu treffen.

Der zweite von mir zunächst übersehene Termin war ein Besuch der Spieler im Weißen Haus, wo sie an einer Führung teilnahmen, was wohl eher etwas war, das sie auch tatsächlich tun wollten, da es keine Erwartungen der Fans an diese Veranstaltung gab. Ich bin mir sicher, dass es auch hier eine Verpflichtung gab, aber der Besuch fühlt sich für mich zumindest stärker wie etwas an, das die Spieler freiwillig machen würden als 95 % der zuvor genannten Veranstaltungen.

Leroy Sané schlägt eine Flanke auf den wartenden Serge Gnabry in der Partie gegen DC United im ausverkauften Audi Field.

Das Spiel

Und dann war da noch das Spiel. Wie sagte ein Freund von mir, der auch dabei war? „Das Spiel ist das am wenigsten interessante an diesen Reisen.“ Ehrlich gesagt glaube ich, dass die meisten von uns, die das Glück hatten, bei einer der oben von mir erwähnten Veranstaltungen dabei zu sein, dem zustimmen würden.

Wenn der FC Bayern gegen ein Team wie DC United spielt, ist das Ergebnis in der Regel vorher klar. Die Niveaus zwischen den beiden Mannschaften sind so unterschiedlich, dass es wenig sinnvoll erscheint, anhand des Spiels die Leistung der Bayern zu beurteilen oder das Spiel als Maßstab für irgendwelche Saisonaussichten heranzuziehen.

Doch wie ich bereits in Teil I erwähnt habe, ist ein Spiel wie dieses für viele Fans die einzige Chance ihres Lebens, die Bayern oder in manchen Fällen überhaupt irgendeine europäische Fußballmannschaft live im Stadion zu erleben. Für die meisten von uns Fans ist es eine Selbstverständlichkeit, ihre Mannschaft oder ihren Lieblingssport persönlich live an einem Ort in ihrer Nähe zu sehen, aber für diejenigen, die im Ausland leben, sind selbst solche Showveranstaltungen eine Gelegenheit, die sie wirklich zu schätzen wissen.

Dieses Spiel war eines der besseren, die ich je live gesehen habe. Auf manche Art und Weise ist ein Spiel gegen eine MLS-Mannschaft vielleicht überraschenderweise tatsächlich ein besseres und bietet mehr Unterhaltung als eines gegen einen der großen europäischen Konkurrenten.

Wenn man nur für die Show gegen größere europäische Mannschaften spielt, ist das Spiel oft sehr lethargisch. Keines der beiden Teams liefert wirklich mehr als 70 % Leistung ab (großzügig geschätzt). Beide Mannschaften neigen dazu, nicht mit vollem Einsatz zu spielen, um ja keine Verletzungen zu riskieren. Keines der beiden Teams ist wirklich bereit, sich so anzustrengen und zu engagieren, dass das Spiel spannend und unterhaltsam wird.

Wenn jedoch eine große europäische Mannschaft gegen eine amerikanische Mannschaft wie DC United spielt, ändert sich etwas. Die Spieler von DC hängen sich wirklich rein, sie wollen sich beweisen. Sie sehen das Spiel als eine vielleicht einmalige Chance, sich mit einigen der besten Spieler der Welt zu messen und ihnen zu zeigen, dass sie auch Fußball spielen können.

Das gibt ihnen die Motivation, alles zu geben, so gut wie möglich zu spielen und wenigstens einmal für eine Nacht im großen Rampenlicht zu stehen. Auch wenn die Bayern das Spiel im Vorhinein nicht so wirklich ernst genommen haben, kann dieser überraschende Einsatz und diese überraschende Ernsthaftigkeit des Gegners wie ein Stachel und ein extra Motivationsschub für die Bayern-Spieler wirken und ihnen mehr Einsatz und Begeisterung entlocken, als es ein Gegner ähnlicher Qualität normalerweise tun würde. Sich gefordert und dadurch im positiven, leistungsförderlichen Sinne provoziert zu fühlen, ist nur menschlich.

Hinzu kommt, dass das Spiel das erste Mal überhaupt die Gelegenheit bot, die Neuzugänge der Bayern live und in Farbe im Bayern-Trikot spielen zu sehen. Ob nun Sadio Mané und der erst kurz zuvor gewechselte Matthijs de Ligt mit ihren ersten Toren für die Bayern oder Ryan Gravenberch mit seinem wunderbaren Pass auf Müller auf dem Weg zum Tor, diese Spieler sorgten für Interesse und Spannung bei den Zuschauern.

Auch wenn das Spiel für diejenigen, die die anderen Veranstaltungen der Tour besuchen konnten, wahrscheinlich das am wenigsten aufregende Ereignis von allen war, so bot es dennoch gute Unterhaltung und bot all denjenigen eine Möglichkeit, die dieses Glück nicht hatten oder sich einfach danach sehnten, endlich einmal ein Spiel auf einem höheren Niveau live zu sehen, als es hier in den USA sonst geboten wird, dies zu tun.

Der dritte und letzte Teil dieser Serie folgt morgen, wenn ich abschließend auf einige Fragen im Hinblick auf die allgemeinen Auswirkungen und die Wahrnehmung der Summer Tour eingehen möchte.

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