Erst Protest dann Jubel: Bayern in der zweiten Runde

Georg Trenner 26.09.2023

Falls Ihr es verpasst habt

Preußen Münster – FC Bayern: die Aufstellungen

Erneut rotierte Thomas Tuchel kräftig. Erwartungsgemäß erhielten Harry Kane, Sven Ulreich und Leroy Sané eine Verschnaufpause. Thomas Müller fehlte verletzt. Matthijs de Ligt und Kim Min-jae fehlten verletzt. Da auch Dayot Upamecano und Tarek Buchmann ausfielen, bildeten Leon Goretzka und Noussair Mazraoui die unorthodoxe Innenverteidigung. Keine idealen Voraussetzungen für den Debütanten Daniel Peretz im Bayern-Tor. Abgesehen von diesem Dreieck, das in der Form wahrscheinlich nicht mehr oft zusammen auflaufen wird, konnte Tuchel eine hochkarätige Elf aufbieten. Konrad Laimer und Alphonso Davies als Außenverteidiger und Joshua Kimmich vor der Abwehr verstärkten die Defensive hinter Jamal Musiala, Serge Gnabry, Kingsley Coman, Mathys Tel und Eric Maxim Choupo-Moting. Neuzugang Raphaël Guerreiros nahm nach überstandener Verletzungspause erstmals auf der Bank Platz. 

Frühe Führung bringt Sicherheit 

Ohne Kane war die Bühne frei für Edel-Back-up Choupo Moting. In der neunten Minute nutzte der Stürmer seine erste Chance und verwandelte eine Tel-Flanke im zweiten Versuch.

Nur zwei Minuten schlug das Verletzungspech erneut zu. Serge Gnabry war früh im Spiel mit Bayernleihgabe Johannes Schenk zusammengeprallt und hatte sich dabei den Arm verletzt. Für ihn kam Frans Krätzig. 

Bayern blieb in der Folge dominant, brauchte aber bis zur 40. Minute um die Souveränität auch in Zählbares zu übersetzen. Nach einer Flanke von Goretzka traf Laimer mit dem Kopf ins lange Eck. 

Mit dem Halbzeitpfiff stellte Krätzig nach einer Ecke von Kimmich auf 3:0 für die Gäste. Kimmich spielte die Ecke zunächst gemeinsam mit Musiala kurz aus und brachte dann eine scharfe Flanke an den kurzen Pfosten, wo Krätzig am schnellsten war und den Ball ins Tor lenkte. 

Zweite Halbzeit zwischen Verwaltung und Leerlauf

In der 63. Minute wechselte Tuchel dreifach. Taichi Fukui, Bouna Sarr und Guerreiro kamen für Kimmich, Laimer und Davies und übernahmen deren Positionen eins-zu-eins. Für den im Sommer zu den Amateuren gewechselten Japaner Fukui und den Portugiesen Guerreiro waren es die Debüts im Trikot der Bayernprofis. Später löste Leroy Sané Choupo-Moting ab.

Bayern wollte nicht, Preußen konnte nicht. Zwar waren die Gastgeber bemüht und zeigten einige gelungene Kombinationen, ernsthafte Gefahr für das Tor von Peretz entstand dabei allerdings nie. 

In der 86. Minute belohnte Tel die wach gebliebenen Zuschauer mit seinem Treffer zum 4:0 für den FC Bayern. Bouna Sarr hatte ihn ins Eins-gegen-Eins mit Schenk geschickt. 

Mehr Nennenswertes passierte nicht in der zweiten Halbzeit.

Die Notverteidigung machte ihre Sache souverän, wobei Münster kein Gradmesser war. Insgesamt dürfte Tuchel mit dem Auftritt am Dienstagabend zufrieden sein. Eine seriöse erste Halbzeit sorgt früh für klare Verhältnisse und eine entspannte zweite Halbzeit.

Dinge, die auffielen

1. Die Folgen von Bayerns Deadline-Day-Desaster 

Der verheerende Deadline-Day holte Thomas Tuchel und den FC Bayern schnell ein. De Ligt, Upamecano und Kim fehlten verletzt. Tarek Buchmann fehlt schon länger. Ohne weitere Alternativen bot Tuchel Goretzka und Mazraoui in der Innenverteidigung auf. Das Duo weckte Erinnerungen an Kimmich und Serdar Tasci, die 2016 gemeinsam in der Bundesliga gegen Darmstadt aufliefen. Damals fehlten Boateng, Benatia und Badstuber verletzt, während Alaba als Linksverteidiger auflief.

Auch wenn der in letzter Minute geplatzte Transfer von Tuchels Wunschsechser João Palhinha die Schlagzeilen dominiert hatte, der Nicht-Transfer des Portugiesen war nicht der einzige GAU kurz vor Ende des Transfersommers. In den letzten Tagen des Transferfensters hatte das Transferkomitee des FC Bayern die Abwehrspieler Pavard und Stanišić verkauft, ohne für Ersatz zu sorgen. Dem Vernehmen nach standen unter anderem Bella-Kotchap und Chalobah kurz vor einem Wechsel zum FC Bayern, doch auch diese beiden Optionen zerschlugen sich in den letzten Minuten jenes denkwürdigen Freitagnachmittags.

Münster ist nicht Madrid, und die erste Runde des DFB-Pokals ist kein Champions-League-Halbfinale. Für die ganz großen Spiele hätte die medizinische Abteilung es wahrscheinlich geschafft, mindestens einen der Stammverteidiger spielfit zu spritzen. Und doch ist die Lage besorgniserregend. Am Samstag reist der FC Bayern nach Leipzig. Dort warten andere Herausforderungen auf die Defensive. 

2. Münster ist nicht Kiel

Hier laut “Transfermarkt” ein Kadermarktwert von fünf Millionen Euro, dort einer von 900 Millionen. Hier Platz 38 in der ewigen Tabelle der zweiten Liga, dort Platz eins in allen Rekordlisten des deutschen Fußballs. Das Duell Münster gegen den FC Bayern als David gegen Goliath zu bezeichnen, wäre untertrieben. Selbst der Goliath im Münsterland ist nur etwa 14-mal so groß wie David. 

Zuletzt schied der FC Bayern im Corona-Winter 2021 gegen einen unterklassigen Gegner aus. Damals siegte Holstein Kiel im Elfmeterschießen. Davor muss man weit zurückblicken, um Niederlagen gegen unterklassige Gegner zu finden. Das letzte Pokalaus gegen einen Gegner unterhalb der zweiten Liga datiert aus dem Jahr 2000, als der damalige Oberligist aus Magdeburg überraschend Endstation für das Team von Ottmar Hitzfeld war.  Diese Zeiten scheinen kaum wiederholbar. Zu weit ist der heutige FC Bayern den Teams aus unteren Ligen entwachsen. 

Entsprechend war das Spiel trotz der Not-Verteidigung zu keinem Zeitpunkt spannend. 

3. Das Dilemma Supercup vs. erste Pokalrunde

Wie 2022 fielen 2023 die erste Pokalrunde und der Supercup erneut auf ein Wochenende. Dadurch verschoben sich die Spiele von Bayern und Leipzig jeweils um mehrere Wochen. Die Bayernfans machten ihrem Unmut über die Ansetzung Luft, indem sie Tennisbälle auf den Rasen warfen. Tennisbälle haben sich unter deutschen Fußballfans als Portestform für “großes Tennis” etabliert und werden insbesondere als Protest gegen von Fans ungeliebte Spielansetzungen verwendet. 

Bei der Supercup-Pokalansetzung ist es jedoch kompliziert. Einerseits wäre es wünschenswert, dem Pokal ein eigenes Wochenende ohne Supercup und mit allen Teams an einem Wochenende zu reservieren. Andererseits sind es gerade die Supercup-Teams, die von der parallelen Ansetzung profitieren. Sie gewinnen dadurch im Sommer eine Woche zusätzliche Vorbereitung.



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