FC Bayern München – FC Ingolstadt 3:1 (1:1)
Carlo Ancelottis Wiesn-Premiere ist im Vorfeld etwas eingetrübt wurden, da sowohl Thomas Müller, David Alaba als auch Philipp Lahm wegen einer Erkrankung passen müssen. Hinzu kommt ein wirklich miserabler Rasen, der mit drei Spielen in fünf Tagen deutlich zu sehr gefordert wird.
Falls Ihr es verpasst habt
Neben den besagten Ausfällen muss Carlo Ancelotti auch auf Mats Hummels verzichten. Schuld daran ist aber nicht die Kopfverletzung aus dem Spiel gegen Rostov, sondern eine Erkältung. Demzufolge gibt es einige Änderungen in der Aufstellung im Vergleich zur Champions League.
Bernat rückt für Alaba auf die Linksverteidigerposition, Sanches und Alonso kommen für Hummels und Thiago in die Mannschaft. Coman feiert sein Startelf-Debüt in der Bundesliga.
Ribery rotiert nach der Pause gegen Rostov ebenfalls wieder in die Mannschaft. Taktisch bleibt alles beim bekannten 4-3-3 System von Carlo Ancelotti, lediglich Kimmich rückt in die Innenverteidiger-Position für Hummels. Auf der Bank sitzen mit Boateng und Robben zwei Rückkehrer, für die aber ein Startelfeinsatz noch zu früh kommt.
Ingolstadts Trainer Kauczinski indes vertraut auf das gleiche Personal wie bei der 0:2 Niederlage gegen Hertha BSC, allerdings ändert sich das 4-1-4-1 System in ein 4-2-3-1 System. Pascal Groß schiebt weiter nach hinten und bildet mit Roger die Doppelsechs.
Ingolstadt startet mit Pressing in die Partie und hofft auf den Fehler der Münchner im Aufbauspiel. So wie in der 6. Minute: nach einem Ballverlust auf der rechten Angriffseite kombinieren sich die Ingolstädter schnell durch das Mittelfeld und Lecki kann auf Lezcano durchstecken, welcher mit der Picke abschließt. Neuer ist noch am Ball, doch kann das Gegentor nicht verhindern. Der Tunnel gegen Neuer markiert das erste Gegentor in dieser Pflichtspielsaison für den FC Bayern.
Fünf Minuten nach der Führung können die Bayern ausgleichen. Vidal erobert den Ball im Mittelfeld, über Ribery geht die Kugel zu Lewandowski. Dieser ist eigentlich zu weit abgedrängt, doch mit einem Lupfer überwindet er den herauseilenden Nyland.
Nach der turbulenten Auftaktphase beruhigt sich das Spiel zunächst. Ingolstadt steht defensiv kompakt im 4-4-2, stellt sich allerdings nicht hinten rein, sondern versucht, mit Pressing das Aufbauspiel der Münchner zu stören. Die Münchner werden dann am gefährlichsten, wenn sie Ingolstadt zu eigenen Fehlern im Aufbau zwingen. Ein taktisches Mittel, welches wohl das auffälligste ist unter Carlo Ancelotti.
Die Partie verflacht hin zur Pause dann merklich. Die Münchner haben zu viele Fehler im Aufbauspiel, mit einer Passquote von nur 85% – ein geringer Wert angesichts fast 70% Ballbesitzes geht es in die Kabine.
Carlo Ancelotti reagiert zur Pause und wechselt Costa für Coman ein. Coman, der von einer Verletzung zurückkehrte, merkte man noch deutlich Fitnessprobleme an. Ingolstadt, die in der ersten Halbzeit sogar mehr Torschüsse als der FC Bayern abgegeben haben, wechseln wenig überraschend nicht.
Costa und Rafinha sind gleich an der ersten Szene der zweiten Halbzeit beteiligt. Nach mehreren Kurzpässen kommt der Ball ins Zentrum zu Ribery. Einen Doppelpass mit Bernat leitet Ribery weiter auf Alonso. Dieser wird nicht angegriffen und kann aus 20 Metern schießen. Der Ball schlägt unten links im Tor von Ingolstadt ein.
Die Führung bringt aber nicht mehr Sicherheit in das Spiel der Münchner. Leckie dringt über die rechte Seite in den Strafraum ein und setzt sich gegen Alonso durch. Sein Abschluss aus 11 Metern wird von Neuer pariert und fliegt über die Querlatte ins Toraus (53.). In der 67. Minute wird Hinterseer von Groß steil geschickt und kommt frei vor Neuer zum Abschluss. Der Ball geht Zentimeter am Tor vorbei. Ingolstadt hat auch in der zweiten Halbzeit die größeren Chancen.
Ab der 70. – 75. Minuten drängt Ingolstadt zunehmend auf den Ausgleich. Die Bayerndefensive gerät am eigenen Strafraum das ein oder andere Mal ins Schwimmen. Ingolstadt erspielt sich zudem in dieser Phase viele Möglichkeiten durch Standardsituationen.
Wenig später muss Carlo Ancelotti den eingewechselten Costa wegen einer Verletzung wieder vom Feld nehmen. Für ihn kommt Boateng. Dieser gewinnt Sekunden später einen Zweikampf und leitet einen Konter ein. Ribery sieht den mitgelaufenen Rafinha, dessen Schuss aus 17 Meter abermals unten links im Tor einschlägt. Sein erster Treffer seit dem Jahr 2013 und gleichzeitig die Vorentscheidung. Auch wenn Lex in der Nachspielzeit wieder an Neuer scheitert (90. + 1).
So gewinnt der FC Bayern am Ende äußerst glücklich gegen Ingolstadt mit 3:1. Der Auftakt in die Wiesn-Saison 2016 ist gemacht. Bereits am kommenden Mittwoch geht es weiter in der Bundesliga. Erneut steht ein Heimspiel im Terminkalender: die Münchner erwarten den Tabellenzweiten des 2. Spieltags, Hertha BSC.
3 Dinge, die auffielen:
1. Sanches noch kein Faktor
Der junge Portugiese wechselte mit vielen Vorschusslorbeeren nach München. Die Erwartungen sind nach den Champions League-Auftritten von Sanches hoch und haben sich in der breiten Öffentlichkeit nochmals gesteigert, als er bei der Europameisterschaft in zwei Partien zum ‘Man of the Match’ gewählt wurde. Eine Oberschenkelverletzung, die Sanches von der EM mitgebracht hat, warf ihn allerdings zurück. Gegen Schalke setzte Ancelotti das erste Mal auf seinen Wunschspieler, doch dies zahlte sich nicht aus. Sanches wirkte mit dem Tempo, welches in der Bundesliga gespielt wird, noch etwas überfordert.
Das gleiche Fazit lässt sich auch nach dem Spiel gegen Ingolstadt ziehen. Ein grober Ballverlust leitete eine Kontersituation für Ingolstadt ein. Ansonsten war kein grober Fehler zu sehen, aber es wurde in vielen Szenen deutlich, dass Sanches noch einen Tick zu langsam ist für Ballbesitzfußball. Statt den Ball schnell horizontal oder vertikal weiter zu leiten, hält Sanches die Kugel und verzettelt sich in unnötigen Zweikämpfen. Die Akklimatisierungsphase des 19-Jährigen braucht noch Zeit. In manchen Momenten setzt sich Sanches zwar durch, allerdings fehlt es in der Folgeaktion meistens an der nötigen Übersicht. Nach 60 Minuten endete das zweite Bundesligaspiel für Sanches. 60 Ballkontakte und 92% Passquote lesen sich ordentlich, aber er konnte nur 25% seiner Zweikämpfe gewinnen. Wohl zu wenig.
Dies ist alles noch kein Beinbruch. Es war das dritte Spiel im Trikot des FC Bayern. Sanches braucht Zeit, und Spiele gegen die Ingolstadts dieser Welt sind dafür Ideal. Wünschenswert wäre natürlich eine Steigerung der Leistung von Spiel zu Spiel. Da es angesichts der vielen englischen Wochen aber kaum Trainingseinheiten geben wird, dürfte sich diese Steigerung wohl etwas hinziehen.
2. Leben von der individuellen Qualität
Der FC Bayern lebt aktuell von der individuellen Qualität seiner Akteure. Das ist keine sensationelle Neuigkeit, aber so deutlich wie diesmal war es in keinem Bundesligaspiel in der jüngeren Vergangenheit. Ablesen lässt sich dies an Toren. Sowohl der Ausgleich von Lewandowski als auch das Führungstor von Alonso waren keine Allerweltstore. Im Gegenteil. Es waren allerhöchstens Halbchancen. Dies gilt auch für den 3:1 Siegtreffer von Rafinha. Im Kontrast dazu stehen die Großchancen von Leckie und Hinterseer auf der Gegenseite. Die Chancenqualität war auf Seiten von Ingolstadt höher. Dass es dennoch für einen Bayernsieg gereicht hat, lässt sich eher mit Glück und Zufall beschreiben oder eben mit der individuellen Qualität der Einzelakteure. Lewandowski beweist, dass er treffen kann, obwohl er keinerlei Bindung zum Spiel hat, geschweige denn nennenswert von seinen Kollegen in Abschlusssituationen gebracht wird. So sehr man bestimmte Punkte im Spiel von Alonso kritisieren kann, zeigt er doch, dass sein Abschluss nach wie vor auf höchstem Niveau ist. In beiden Bundesligaheimspielen brachte er die Münchner auf die Siegerstraße. Auch wenn Ribery sonst wenig zum Spiel der Münchner beitragen konnte, war er an allen drei Toren direkt beteiligt. Es reichen diese wenigen Lichtblicke, um Spiele zu gewinnen. Dominant und Souverän sind diese Art der Aufritte aber keinesfalls.
Let's check out the Bayern-Ingolstadt xG map…
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— Caley Graphics (@Caley_graphics) 17. September 2016
In der aktuellen Verfassung ist der Spielaufbau das größte Problem der Münchner. Die Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen sind zu groß. Das 4-3-3 ist phasenweise zu statisch. Es gibt keinerlei Lösung, wie Alonso, Vidal oder Sanches in den Aufbau eingebunden werden. Hier muss Ancelotti schleunigst eine Lösung finden. Nicht jedes Spiel lässt sich in dieser Art und Weise gewinnen. Vor allem dann nicht, wenn der Gegner mit 13 zu 10 Schüssen mehr Abschlüsse erzwingen konnte.
3. Schlechtes Pressing
Lezcanos Führungstreffer für Ingolstadt war das erste Gegentor in dieser Saison für den FC Bayern. Am Ende sicherlich verschmerzlich, aber zum ersten Mal seit dem Auftaktspiel gegen Borussia Dortmund im Supercup wird deutlich, dass auch das Defensivkonzept von Ancelotti noch nicht völlig in Fleisch und Blut übergangen ist. In vielen Szenen versuchten die Bayern, Pressing zu spielen. Teilweise rückten dafür Sanches, Vidal oder Alonso hoch raus. Allerdings gewannen sie dabei nur selten den Ball. Die Folge waren große Löcher zwischen Mittelfeld und Bayernabwehr. Hier stießen die Ingolstädter immer wieder rein; insbesondere Groß und Hartmann verstanden es immer wieder, das offensive Trio richtig in Szene zu setzen. Die Abstände der Bayernspieler unternander bzw. die Abstimmung stimmte in solchen Momenten nicht.
Natürlich gab es viele Umstellungen beim FC Bayern. Bernat, Martinez, Kimmich und Rafinha werden auch nicht so schnell wieder miteinander eine Viererkette bilden. Es ist daher verständlich, dass Ingolstadt auch teilweise zu einfachen Abschlüssen kam. Dennoch verteidigte die Viererkette sehr passiv auf der letzten Linie. Gerade rund um den bzw. im Strafraum fehlte lediglicher Mut den Zweikampf zu führen. Ein Abwehrverhalten, welches der FC Bayern eigentlich abgelegt hatte.
Wie in Punkt 2 und 3 ausgeführt erwartet Carlo Ancelotti ein hartes Stück Arbeit. Es war das schwächste Bayernspiel unter seiner Trainerregentschaft. Natürlich ist eine Beurteilung von Einzelspielen immer schwierig – vor allem in englischen Wochen. Dennoch manifestieren sich manche Muster und Probleme, für die es schleunigst Antworten braucht.
FC Bayern München – FC Ingolstadt 3:1 (1:1) | |
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FC Bayern München | Neuer – Rafinha, Kimmich, Martínez, Bernat – Vidal, Alonso, Sanches (61. Thiago) – Coman (46. Costa / 83. Boateng), Lewandowski, Ribéry |
Bank | Ulreich, Robben, F. Götze, Green |
FC Ingolstadt | Nyland – Levels, Matip, Tisserand, Suttner – Roger – Groß, Morales (63. Hinterseer) – Hartmann (71. Lex), Lezcano, Leckie (81. Cohen) |
Bank | Hansen, Jung, Wahl, Hadergjonaj |
Tore | 0:1 Lazcano (8.), 1:1 Lewandowski (12.), 2:1 Alonso (50.), 3:1 Rafinha (84.) |
Karten | Thiago / Lex, Tisserand |
Schiedsrichter | Patrick Ittrich (Hamburg) |
Zuschauer | 75.000 (ausverkauft) |