Miasanrot kürt die Spiele des Jahres 2014
- 23. Dezember: Spieler des Jahres
- 26. Dezember: Spiele des Jahres
- 28. Dezember: Aufsteiger des Jahres
- 30. Dezember: Tor des Jahres
- 31. Dezember: Alternative Awards
Die Spiele des Jahres
Die Redaktion von Miasanrot.de wich in dieser Kategorie von der klassischen Auszeichnung des einen und wahren Spiels des Jahres ab und tragen jeder für sich zusammen, welches Spiel ihn oder sie am meisten bewegt hat in 2014. Es ist klubbezogen kein leichtes Jahr, um sich auf ein Highlight zu einigen. Sechs Spieler des FC Bayern haben in einem großartigen Turnier und in einem packenden Finale den Weltmeistertitel errungen. Das Siegtor von Mario Götze ist jedem ebenso in Erinnerung wie die Bilder des abgekämpften Bastian Schweinsteiger oder die Abgeklärtheit von Manuel Neuer oder Jerome Boateng. Dagegen fiel die Meisterschaft weniger dramatisch aus. Hier glänzte man die gesamte Saison über bis die Schale gesichert war. In der Summe überragend. Die entscheidenden Spiele fallen diesbezüglich aber in das Kalenderjahr 2013. In der neuen Saison ist hingegen noch nichts gewonnen. Allein das Pokalfinale gegen den Rivalen der letzten Jahre aus Dortmund taugt als epochales Einzelereignis. Schauen wir uns an, bei welcher Partie die Herzen von Miasanrot.de am höchsten schlugen:
Jolle: 0:4-Klatsche Zuhause gegen Real Madrid
Eng dran waren für mich die Partien gegen Dortmund im Pokal sowie in der laufenden Saison. Warum das Pokalspiel hoch im Kurs steht, versteht sich von allein. Das Ligaspiel war wegen der geballten Macht, die die Bayern nach dem Rückstand entfachten, phänomenal. Mir ist es auch deshalb eindrücklich in Erinnerung geblieben, weil ich es über einen lumpigen Livestream in Athen geschaut hab, zusammen mit einer Jahre lang nicht gesehenen Freundin, die ich in der Jugend noch für ihren Fußball- und Bayernfanatismus verspottete. Dennoch ist 2014 nichts vergleichbar mit meinem Erlebnis am 29. Mai. Eine Freundin hatte Karten besorgt. Real war in der Stadt. Champions League. Halbfinale. Das Hinspiel mit 1:0 verloren. Machbar. Nicht ideal. Madrid ist gut drauf. Aber machbar. Wir sind Teil dieser sagenhaften Ganzstadionchoreo.
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Der Atem stockt. Ronaldo und Pepe regen mich auf. Guardiola hat umgestellt. Wir werden 90 Minuten lang stehen, singen, unsere Mannschaft anfeuern. Dort, wo es nicht die Regel ist in der Arena. Es hagelt Gegentore. Es ist ein Fiasko. Wir singen weiter. Wir wollen nicht dulden, dass die „Madrid“-Rufe aus dem Gästeblock zu hören sind. Anfangs wollen wir unseren Verein anpeitschen, zur Aufholjagd treiben. Ihn später nur noch nicht alleine lassen mit der Schmach, also singen wir. Bis zum Schluss.
Jan: Aufstiegsrelegation FC Bayern Amateure
1. Juni 2014: Alles war bereit für das Spiel des Jahres, für die große Chance, für den Traum vom Aufstieg der Bayern Amateure in Liga 3. Endlich wieder. Trotz einer knappen Niederlage im ersten Spiel der Aufstiegsrelegation gegen den SC Fortuna Köln waren die Amateure-Fans guten Mutes, die Spieler gewarnt und das Wetter perfekt. Juli, 2014 – Hermann-Gerland-Kampfbahn. Heute sollte es gelingen und fast, aber leider nur fast, hätte es geklappt.
In der 20. Minute traf Ylli Sallahi zum 1:0 und setzte die Uhr wieder auf Null. Es wurde deutlich, dass die Amateure aktiver waren, mehr Zug zum Tor bewiesen und ihre Defensive im Griff hatten. Man erkämpfte sich in Halbzeit 2 mit Mühe erneut die Spielkontrolle und mit Sallahis zweitem Tor in der 88. Minute brachen erst einmal alle Dämme auf den Zuschauerrängen. Der Triumph lag in der Luft, der Erfolg in der Relegation zum Greifen nah. Jetzt nur noch die letzten Minuten überstehen.
Dann der Schlag in die Magengrube. Wir schreiben die vierte Minute der Nachspielzeit, nach der nächsten Szene hätte der Schiedsrichter abgepfiffen. Hätte… Ein langer Ball der Kölner kommt vor Lukas Raeders Tor. Er springt hoch, verschätzt sich deutlich, der Fortuna-Spieler Laux muss nur noch den Kopf hinhalten und befördert den Ball über die Linie. Während gegenüber frenetischer Jubel begann, standen wir Amateure-Fans mit fassungslosen Gesichtern da. Das war es? Aus der Traum? Diese fantastische Saison findet ein solches Ende? Im nächsten Jahr erneut Regionalliga Bayern – alles von vorn? Ja, Auswärtstorregel. Fußball, du Arschloch.
Steffen: DFB-Pokalsieg gegen Dortmund
Momentum. Ein schwer definierbarer oder gar messbarer Begriff, der doch so viel Einfluss auf bestimmte Dynamiken und am Ende auch Ergebnisse nimmt. Das Momentum des FC Bayern nach der frühsten Meisterschaft aller Zeiten im März 2014 war weg. Ein Stotter-Endspurt in der Bundesliga inklusive 0:3-Niederlage gegen den DFB-Pokalfinalgegner. Das deutliche Ausscheiden gegen Real Madrid in der Champions League – dazu endlose Überschriften und Texte über „das Ende des Tiki-Taka“ und der ein oder andere Abgesang über den zuvor so hochgelobten Trainer. „Genug Guardiola!“ hieß es zum Beispiel in der FAZ und weiter: „Dass eine wirklich große Mannschaft, die Heynckes dazu gemacht hat, dazu genötigt wird, jenes Auslaufmodell von Tiki-Taka zu spielen, bis sie aussehen (…) wie Barcelona ohne Messi.“ Es war Ende April durchaus möglich so etwas zu schreiben ohne großen Widerspruch zu ernten. Wohlgemerkt: Das alles nach einer souverän gewonnenen Meisterschaft.
Der Nebeneffekt dieser Negativstimmung rund um den Rekordmeister: Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gingen die Roten beinahe als Außenseiter ins Finale gegen Dortmund. Kein Alaba, kein Schweinsteiger, Mandzukic nicht im Kader. Spätestens als Kapitän Philipp Lahm nach 31. Minuten den Platz verlassen musste, stellten viele sich auf eine Münchner Niederlage ein. Die Reaktion der Guardiola-Elf war jedoch bemerkenswert. Der Bayern-Coach hatte völlig überraschend auf eine Mischung aus Dreier- und Fünferkette gesetzt – zum ersten Mal in einem Pflichtspiel. Højbjerg verteidigte rechts, Martínez zentral. Götze agierte teilweise als Sechser neben Kroos und Robben stürmte in vorderster Front. Guardiola hatte wieder einmal alle überrascht und seine Mannschaft folgte ihm in einen Abnutzungskampf gegen den Dauerrivalen der Vorjahre. Das Spiel wogte hin und her – mit leichten Vorteilen für den Titelverteidiger. Toni Kroos letztes Spiel im Bayern-Trikot war womöglich sein bestes. Er stemmte sich wie alle anderen gegen das Momentum und einen aufgepeitschten Gegner. Ab der 80. Minute glich das Spiel einem Kampf zweier Schwergewichtsboxer, die mit offenem Visier für die Entscheidung sorgen wollen. Bayern blieb dabei stets die etwas klarer und spielerisch stärkere Mannschaft. Dass Hummels Tor nicht anerkannt wurde, half dabei sicherlich.
Am Ende waren es Arjen Robben (107.) und Thomas Müller (120+3.), die den Pokal nach Hause brachten. Vor allem Müllers Tor mit Anlauf von der Mittellinie war dabei der emotionale Höhepunkt vielleicht der gesamten Saison 2013/2014. Es war eine Willensleistung, gepaart mit einem klugen taktischen Schachzug von Guardiola, der mit seiner Umstellung auf Dreier- bzw. Fünferkette Klopp überraschte und Dortmunds Pressing zum ersten Mal die Effektivität nahm. Es war ein großer Abend. Über das Momentum sprach nach dem Spiel keiner mehr.
Felix: Viertelfinal-Rückspiel gegen Manchester United
57 Minuten lang war es alles andere als ein hocklassiges Spiel – aber es war ein Spiel, bei dem man sich wenig Sorgen ums Weiterkommen machte. „Irgendwann machen wir unser Tor“, sagte ich vor mich hin, „und dann ist das Ding eh durch“. Doch dann kam Evra.
Rund zwei Wochen nach dem Gewinn der Meisterschaft in Berlin begann die erste kritische Phase für den FC Bayern unter Guardiola. Seine Aussagen, die Meisterschaftsspiele seien egal, waren im Nachhinein sicherlich falsch – zu diesem Zeitpunkt allerdings schob ich die aufkommende Kritik an Trainer und Spielweise allerdings eher auf die Medien, die die kleinste Schwäche des ach-so-großartigen FCB eiskalt ausnutzten. Die Mannschaft würde reagieren, war mein Credo – sie tat sich in Manchester jedoch tatsächlich schwer, gegen ein United, das im eigenen Stadion wohl noch nie so verteidigt hatte, kam am Ende „nur“ ein 1:1 raus. Für die Medien eine Enttäuschung, für den realistischen Bayern-Fan ein Ergebnis, auf dem man aufbauen kann.
Und dann kam Evra. Mit seinem Sonntagsschuss in der 58. Minute des Rückspiels in der Allianz Arena führte er mir und allen anderen vor Augen: Es kann alles schneller vorbei sein als geglaubt. United würde nun den Mannschaftsbus vors Tor fahren – und wenn der FCB dieses Spiel verlieren würde, wäre die komplette Saison im Eimer. Die Zuversicht, die Mannschaft um Kapitän Lahm würde weiter bodenständig bleiben, von Spiel zu Spiel denken und die Meisterschaftsspiele zumindest halbwegs Ernst nehmen, wurde zur Angst, dass das Bayernspiel überheblich, monoton und uninspiriert (sozusagen vangaalesk) werden könnte.
Warum es trotzdem mein „Spiel des Jahres“ war? Weil sich die Mannschaft auf so beeindruckende Weise zurückmeldete, dass sich meine Hin- und Hergerissenheit aus der 58. Minute in der Nachspielzeit in das Gefühl verwandelt hatte, dass wir die Champions League verteidigen würden. Evras Tor hatte auf das Team offenbar denselben Effekt wie auf mich gehabt und wenige Sekunden nach Wiederanpfiff schlug Guardiolas Team derart eiskalt zu, wie es nur Spitzenmannschaften tun. Ribery lieferte mit seiner Flanke den ersten konstruktiven Beitrag seit Wochen und Mandzukic gewann das erste von gefühlt hunderten von Kopfballduellen gegen Vidic. Wums, 1:1, Momentum wieder bei uns. Mit dem zweiten und dritten Tor kam das Gefühl zurück, dass den FCB seit dem dritten Halbjahr unter Heynckes entwickelt hatte: Das Gefühl der Unbesiegbarkeit, auch wenn es brenzlig wird. Dass dieses Gefühl nicht anhielt und aus dem Wiedersehen mit dem Henkelpott nichts wurde, steht auf einem anderen Blatt. Das Rückspiel gegen Manchester United war jedoch von Höhen und Tiefen gezeichnet und sorgte für ein Gefühlschaos, das man so schnell nicht vergessen sollte.
Christopher: Der 2:1 Sieg gegen Borussia Dortmund
Der 1. November 2014 markierte vielleicht eine kleine Zeitenwende. Es war das 90. Aufeinandertreffen zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund. In den letzten Jahren schlug das Pendel mal auf die die eine, mal auf die andere Seite. Durch die Negativspirale beim BVB in der Bundesliga kam es zum Duell 1. gegen 16., wobei Dortmunds schnelle Kontergegenstöße und kluges Stellungsspiel gegen Alonso einen ganz anderen Eindruck vermittelten. Dortmund war in diesem Spiel auf Augenhöhe und ging nach einem Konter durch Reus in Führung. Der Rekordmeister konnte einige Großchancen nicht nutzen und so ging der BVB nicht unverdient in Führung. Pep änderte einiges an seiner Taktik und brachte unter anderem Ribery – infolgedessen konnte der FC Bayern die Partie durch Tore von Lewandowksi und Robben drehen. Der erste Sieg gegen den BVB nach Rückstand seit mehr als 4 Jahren.
Der FC Bayern konnte in dieser Partie beweisen, dass trotz des sehr guten Konterspiels des BVB einen Rückstand gedreht wurde. Für Pep Guardiola einer der wichtigsten Siege seiner Bayern-Amtszeit. Sein Ursprungsplan brachte schon einige gute Chancen, die Umstellungen nach der Pause sicherten den Sieg. Zugleich verwandelte Robben gegen Weidenfeller kurz vor Schluss einen Elfmeter und bewies damit, das sich Geschichte nicht immer wiederholen muss.