Zahlenvergleich zur Vorsaison: Wie gut ist der Saisonstart der Bayern wirklich?
Fußball ist im Moment ein sehr simples Spiel: 22 Spieler rennen dem Ball hinterher und am Ende gewinnt immer der FC Bayern München. Mit neun Pflichtspielsiegen aus neun Partien hat der FCB einen historisch guten Start hingelegt.
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Mit 35:8 Toren und keinem einzigen Punktverlust ist es der beste Saisonstart der Klubgeschichte. Allerdings ist es auch einer, der zeigt, wie sehr der reine Blick auf die Ergebnisse für eine euphorischere Bewertung sorgen kann.
Denn der statistische Vergleich mit dem Start in die vergangene Saison zeigt: Ja, es gibt Dinge, die deutlich besser laufen. Es gibt aber auch Dinge, die sich kaum verändert haben oder je nach Perspektive sogar etwas schwächer geworden sind. Miasanrot schaut auf die Details.
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FC Bayern: Besser als im Vorjahr?
Das, was vor allem im Fußball zählt, konnten die Bayern steigern. Wertet man Pokalspiele ebenfalls wie Punktspiele, kommen sie in diesem Jahr auf 27 Punkte. Im Vorjahr waren es durch die Niederlage bei Aston Villa und die Unentschieden gegen Leverkusen und in Frankfurt „nur“ 20 Zähler. Auch bei den Toren und Gegentoren gibt es eine marginale Veränderung ins Positive: Mit 35 Treffern steht man bei einem mehr als vor einem Jahr.
Hinzu kommen nur acht statt zehn Gegentore. Interessant: Bayern konnte seine Abschlussqualität offenbar steigern. Mit 181 Schüssen sind es derzeit nur sieben mehr als im Vorjahr und dennoch kommen sie auf mehr als drei Expected Goals mehr als im ersten Jahr unter Vincent Kompany. Bedeutet konkret: 0,15 xG pro Abschluss statt 0,14. (Disclaimer: Da FBref keine xG-Werte für Pokal und Supercup hat, haben wir für diese Spiele die Werte von Fotmob zu denen von FBref ergänzt.)
Sehr spannend ist aber der Blick auf die gegnerischen Abschlüsse. Hier haben die Bayern fast doppelt so viele zugelassen wie in den ersten neun Pflichtspielen der Saison 2024/25: 88 im Vergleich zu 46. Der xG-Wert der bisherigen Gegner (xGa) liegt addiert bei 7,02. Damals waren es 6,05. Während die Gegner vor einem Jahr durchschnittlich 0,13 xG pro Abschluss hatten, sind es jetzt aber nur noch 0,08.
FC Bayern München: Statistikvergleich der ersten neun Pflichtspiele in beiden Kompany-Saisons
Statistik | 24/25 | 25/26 |
---|---|---|
Punkte | 20 | 27 |
Tore | 34 | 35 |
Gegentore | 10 | 8 |
xG | 24,38 | 27,65 |
xGa | 6,05 | 7,02 |
Schüsse | 174 | 181 |
Schüsse Gegner | 46 | 88 |
Ballbesitz (%) | 70,56 | 62,7 |
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Taktische Unterschiede unter Vincent Kompany
Ein klarer taktischer Unterschied ist, dass die Bayern nicht mehr ganz so gnadenlos hoch pressen wie in den allerersten Spielen unter Kompany. Die Statistik „Passes per Defensive Action“ misst, wie viele Pässe ein Gegner im eigenen Aufbau spielen darf, bis eine Defensivaktion erfolgt. Ein niedriger Wert bedeutet also, dass eine Mannschaft in der Regel hoch und aggressiv presst, ein hoher Wert bedeutet das Gegenteil.
Das Datenportal understat hat diesen Wert nur für die Bundesliga. In den bisherigen fünf Spielen der aktuellen Saison liegt der Wert bei 8,86. Vor einem Jahr war er mit 8,04 etwas niedriger. Kompany veränderte sein Pressing bereits im Winter 2024, was dazu geführt hat, dass Gegner insgesamt mehr Abschlüsse bekamen.
Aber: Zumindest die Zahlen der ersten neun Pflichtspiele beider Spielzeiten zeigen die Vor- und Nachteile beider Ansätze. Das gnadenlose Angriffspressing hat einen geringeren absoluten xG-Wert und deutlich weniger Abschlüsse des Gegners auf der Habenseite. Ebenfalls positiv ist, dass die Bayern damals im Schnitt über 70 Prozent Ballbesitz hatten und so viel Kontrolle ausüben konnten – und sich entsprechend auch weniger Phasen des intensiven Anlaufens leisten mussten. In dieser Saison sind es bisher nur etwas mehr als 62 Prozent.
Der veränderte Ansatz könnte trotz höherem xG-Wert der Gegner aber ebenfalls Vorteile haben. Auch wenn die Anzahl der gegnerischen Abschlüsse höher ist, hat die Qualität pro Schuss sich in der Torerzielungswahrscheinlichkeit fast halbiert. Es ist also anzunehmen, dass die Bayern weniger Hochkaräter zulassen. Ein Blick auf die einzelnen Spiele stützt die These: Nur im Supercup gegen Stuttgart und im Pokal gegen Wehen Wiesbaden kam der Gegner auf ein xG oder mehr. In der vergangenen Saison schafften das immerhin drei Gegner.
Ein gutes Beispiel ist das 3:3 in Frankfurt vor rund einem Jahr: Damals hatten die Bayern eigentlich alles im Griff und eroberten mit ihrem hohen Pressing viele Bälle zurück. Die SGE kam insgesamt nur zu sechs Abschlüssen, darunter aber vier hochwertige und drei Tore. In dieser Saison scheinen die Gegner mehr darauf angewiesen zu sein, Halbchancen zu verwerten. Dafür bekommen sie mehr vom Ball und mehr Gestaltungsspielraum.
Der Spielplan kam dem FC Bayern entgegen
Und trotzdem ist es zu früh, um diese Schlüsse als endgültig zu betrachten. Denn eines ist auch ziemlich klar: Die Gegner in der vergangenen Saison waren im Schnitt eher stärker. Bayern traf damals unter anderem schon auf den amtierenden Meister Leverkusen, ein sehr formstarkes Frankfurt und hatte das Pech, auswärts bei Aston Villa antreten zu müssen, statt einen leichteren Gegner aus Topf 4 zu bekommen. In dieser Saison ist die Verteilung mit Chelsea und Pafos ähnlich – dafür eben der Heimvorteil gegen den stärkeren Gegner.
Auch Wolfsburg und Freiburg waren zumindest Mittelklasse-Teams aus der Bundesliga, die nicht zu unterschätzen waren und sind. In dieser Saison sind Stuttgart im Supercup, Leipzig und Chelsea bisher die einzigen Gegner aus höheren Regalen gewesen. Augsburg könnte man als traditionell schweres Auswärtsspiel hinzuzählen, deren Form spricht jedoch für sich.
Es ist immer schwer, Saisonstarts zu vergleichen. Unter dem Strich bleibt der Eindruck, dass die Bayern sich unter Kompany erwartbar stabilisiert haben. Sie erspielen sich zielstrebig hochwertige Chancen, treffen oft und lassen defensiv in der Regel nicht allzu viel zu.
Gerade die Abwehr bleibt aber ein Faktor, der sich recht schnell drehen könnte. In Frankfurt, aber auch gegen den BVB und spätestens in der Champions League gegen Brügge, in Paris und in London (Arsenal) wird sich erst wirklich zeigen, inwiefern sich der Wechsel in der Herangehensweise gegen den Ball bezahlt macht. Gut möglich, dass die Eindrücke nach den genannten Partien andere sind.
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