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Am Samstag stemmte ein gelöster Philipp Lahm zum ersten Mal als Kapitän des FC Bayern die Meistererschale in die Luft. Für sein Team war es der Lohn für eine beinahe perfekte Spielzeit in der Fußball-Bundesliga. Für ihn ganz persönlich die erste von drei möglichen Krönungen der vielleicht besten Saison seiner Karriere.
Vor etwas mehr als 10 Jahren, am 13. November 2002, als Lahm in einem unbedeutenden Champions League Spiel gegen den RC Lens sein Debüt im Bayern-Trikot gab, war die Fußball-Zeitrechnung noch eine andere. Lahm war zwei Tage zuvor 19 Jahre alt geworden und gehörte damit zu den jüngsten Champions League Debütanten des FC Bayern. Wenn man im Jahr 2002 vom „besten Fußballer-Alter“ sprach, war meist die Zeit zwischen dem 28 und 32 Lebensjahr gemeint. Der Balon d’Or für den besten Fußballer Europas ging damals an Pavel Nedved (31 Jahre alt). Paolo Maldini (34) wurde Dritter, Zinedine Zidane (31) Fünfter und ein gewisser Roberto Carlos (30) Achter. Roberto Carlos war so etwas wie der erste Star auf der Außenverteidigerposition. Er galt über Jahre als der Prototyp des offensiven, torgefährlichen Außenverteidigers.
Heute, 10 Jahre später, fällt der Satz vom „besten Fußballer-Alter“ immer seltener. Junge Talente bekommen heute viel früher das Vertrauen ihrer Trainer. Nur wenige schaffen es über ein Jahrzehnt konstant auf hohem Niveau zu spielen. Philipp Lahm ist insofern eine Ausnahme. Als Phillip Lahm nach seinem Debüt vor knapp 10 Jahren zum VfB Stuttgart ausgeliehen wurden, zeigte er 2003 und 2004 mit dem gleichaltrigen Andreas Hinkel einer leidgeprüften Fußballnation, wie moderne Außenverteidiger ein Spiel prägen können. Seit der Saison 2003/2004 hat Lahm nie weniger als 20 Bundesliga-Spiele absolviert. 283 Einsätze sind es insgesamt. Die meisten davon über 90 Minuten. Andreas Hinkel ist heute Trainer der U12 des VfB Stuttgart. Bei Philipp Lahm ist man in dieser Saison geneigt zu sagen. Er ist mit 29 Jahren im besten Fußballer-Alter angekommen. Er steht im Zenit seiner fußballerischen Leistungsfähigkeit.
Wenn man in ein paar Jahren auf die Laufbahn des Bayern-Kapitäns zurückblicken wird, kommt man an einem Tor nicht vorbei. Das 1:0 im WM-Eröffnungsspiel in Deutschland gegen Costa Rica. Es war der zugegeben wunderschöne Startschuss in das so genannte Sommermärchen. Für Lahm war dieses Tor Fluch und Segen zugleich. Natürlich war sein Offensivdrang zum damaligen Zeitpunkt das Besondere in seinem Spiel. Wirklich torgefährlich war Lahm jedoch nie. 9 Bundesliga-Tore hat er auf dem Konto. Darunter 2 Elfmeter. Trotzdem hatte sich das Bild vom nach innen ziehenden Lahm mit starkem Abschluss eingeprägt. Daran wurde er gemessen. Damals spielte Lahm noch auf Links. Als er 2009 wohl vor allem auf eigenen Wunsch nach Rechts wechselte war der Aufschrei groß. Unvergessen wie Sky-Chefkommentator Marcel Reif damals fast in jedem Spiel mit neuen Argumenten darauf hinwies, warum Lahm auf Rechts schwächer und ungefährlicher sei. Costa-Rica lässt grüßen. Was viele der Kritiker im Jahr 2009/2010 als Lahm erstmals dauerhaft auf rechts agierte, offenbar nicht beachteten war, dass diese Saison offensiv Lahms beste war. 8 Vorlagen standen nach 34 Spieltagen zu Buche. An so vielen Toren war der damals 26-Jährige bis dahin noch nie beteiligt.
Weil über Jahre im Club und in der Nationalmannschaft ein passendes Pendant fehlte, schob man Lahm in den Folgejahren zwischen linker und rechter Außenbahn hin und her. Spätestens in dieser Saison ist der 29-Jährige dank der herausragenden Leistungen von David Alaba auf Links auf der rechten Abwehrseite angekommen. Hier kommen alle seine Stärken zur Geltung. Seine enorme Ballsicherheit, sein herausragendes Kurzpassspiel auch auf engstem Raum. Sein taktisches Geschick und seine Zweikampfstärke. Lahm ist heute ein kompletter Spieler, was er Woche für Woche auch auf allerhöchstem Niveau beweist.
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Lahms Werte in dieser Saison sind offensiv wie defensiv herausragend. 11 Torvorlagen stehen für den Außenverteidiger in nur 27 Bundesligaspielen zu Buche. Keinem Abwehrspieler in den vergangenen 20 Jahren 11 Assists. Hinzu kommen 4 Vorlagen in der Champions League und eine im Pokal gegen Dortmund. Kein Spieler in der Champions League hat so viele klare Torchancen kreiert wie Lahm. Das ist auch deshalb besonders, weil Lahm keine Freistöße oder Ecken schießt. Alles passiert aus dem Spiel heraus. Lahm profitiert dabei in dieser Saison genau wie im Jahr 2009/2010 vom inversen Flügelspieler Arjen Robben vor ihm. Lahm kann auf rechts zwar nicht nach innen ziehen, hinterläuft dafür immer wieder und stößt bis zur Grundlinie in den Strafraum vor. Neun seiner insgesamt 15 Vorlagen in dieser Saison gelangen Lahm wenn er mit Arjen Robben auf dem Platz stand.
Doch auch jenseits dieser offensiven Werte spielt Lahm eine bemerkenswerte Saison. Er trägt gemeinsam mit Bastian Schweinsteiger die Hauptlast der Bayern im Spielaufbau. 86 Ballkontakte und knapp 65 Pässe pro Spiel stehen für ihn zu Buche. Kein Außenverteidiger und nur drei andere Spieler (Schweinsteiger, Dante, Subotic) erreichen diese Werte in der Bundesliga. Seine Passquote von knapp 90 Prozent in Bundesliga und Champions League ist dabei ebenfalls herausragend. Bis heute unterschätzt wird Lahms Zweikampfstärke. Er gewann in der Bundesliga 62,5 Prozent seiner Zweikämpfe (am Boden). Diesen Wert erreicht in der Bundesliga mit Ausnahme von Tony Jantschke von Borussia Mönchengladbach (62,4 Prozent) kein anderer Stamm-Außenverteidiger. Zum Vergleich: David Alaba gewann 58,1 Prozent seiner Duelle, Marcel Schmelzer (53,3 Prozent) oder Lukas Piszczeck (47,8 Prozent) hängen hier noch viel weiter zurück. Darüber hinaus kassierte Lahm keine gelbe Karte.
Etwas mehr als 10 Jahre nach seinem Debüt für den FC Bayern, ist Philipp Lahm Kapitän einer Mannschaft, die gute Chancen hat, als eine der ganz großen Teams in die Geschichte des FC Bayern einzugehen. Seine 4. Meisterschaft war so etwas wie die erste Belohnung für die vielleicht beste Saison seiner Karriere. Was fehlt ist die ganz große Krönung, die wohl auch die letzten verbliebenen Kritiker verstummen lassen wird. Gelegenheit dazu gibt es. In ein paar Tagen. In London.