Serge Gnabry im roten Trikot des FC Bayern München. Er schaut nach oben, um ihn herum laufen Kimmich und Upamecano
Bild: Adam Pretty/Getty Images

Serge Gnabry: Vom Auslaufmodell zum Must-have der Saison?

Andi 17.09.2025



Im Sommer gab es den x-ten Abgesang auf Serge Gnabry beim FC Bayern zu sehen: zu schwankend in seiner Form, nie wirklich treffsicher gegen die ganz Großen, dazu ein üppiges Gehalt und sowieso, so der Tenor, sei er lieber in Paris oder an den schönen Plätzen der Welt unterwegs. Auch bei Miasanrot war die Frage offen, ob Gnabry Teil eines offensiven Umbruchs sein sollte.

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Doch der 30-Jährige ließ die Zweifel wie so oft an sich abprallen. Und wie so häufig nach solch einem Abgesang fand er pünktlich zum Saisonstart den Weg zurück in die Stammelf. Zwar gibt es nach den sommerlichen Transferbewegungen auch nicht viele Alternativen, doch am Ende spricht die Leistung für ihn: Zwei Tore und zwei Vorlagen in drei Ligaspielen – ein starker Auftakt, der selbst eine Verlängerung seines am Saisonende auslaufenden Vertrags wieder realistisch erscheinen lässt. Trotz seines hohen Gehalts.

Aber ergibt das Sinn?

Serge Gnabry will dem FC Bayern „Argumente“ liefern

Gnabry selbst gab sich am vergangenen Wochenende bei Sky gelassen: „Es ist noch ein bisschen hin. Ich schaue, dass ich so weitermache, damit ich auch gute Argumente habe. Ich genieße die Phase, in der ich bin. Es ist nicht ausgeschlossen, natürlich. Wir werden sehen.“

Sportvorstand Max Eberl wies zuletzt immer auf finanzielle Hürden hin, zeigte bei Gnabry aber durchaus Interesse daran, zu evaluieren, ob eine gemeinsame Zukunft möglich ist: „Serge ist derzeit ein äußerst wichtiger Spieler für uns. Er zeigt außergewöhnliche Leistungen im Mittelfeld, wo er seine Cleverness noch besser zur Geltung bringen kann. Ich werde versuchen, hinter verschlossenen Türen herauszufinden, wie und wann wir Gespräche führen werden.“

Die entscheidende Frage lautet also: Braucht es die Verlängerung wirklich? Wie sieht Gnabrys Perspektive aus und wann wäre der richtige Zeitpunkt für Gespräche?

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Grundsatzentscheidung bei Gnabry?

Beim FC Bayern laufen im kommenden Sommer gleich mehrere Verträge aus, genau genommen sechs, wenn man die Leihe von Jackson außen vor lässt. Betroffen sind die Arbeitspapiere von Manuel Neuer, Sven Ulreich, Raphaël Guerreiro, Dayot Upamecano, Leon Goretzka und Serge Gnabry.

Upamecano soll unbedingt gehalten werden, Neuer und Ulreich dürften wohl jeweils noch ein Jahr dranhängen, sofern sie das selbst wollen und die Leistung stimmt. Für die übrigen drei war die Prognose bislang deutlich schwieriger. Lange galt: Sportvorstand Max Eberl schiebt den großen Umbruch eher vor sich her und konnte teure Großverdiener bisher fast nur über auslaufende Verträge loswerden.

Entsprechend oft wurden gerade Goretzka und Gnabry als Abgangskandidaten gehandelt. Nur wollten sie partout nicht gehen und antworteten stattdessen mit guten Leistungen.

Im modischen Bild geblieben: Sie sind vielleicht nicht mehr die glänzenden „It-Pieces“, die die kommenden Jahre prägen werden. Aber eben doch die alte Lieblingsjacke immer noch passgenau, stilvoll und mit hohem Wohlfühlfaktor. Eberl steht daher vor einer Grundsatzfrage: Will er wirklich einen neuen Weg einschlagen, oder doch mit verdienten Spielern weitermachen?

Und kommen Modetrends nicht auch immer irgendwann wieder? Für eine Verlängerung mit Serge Gnabry spricht einiges: Der Nationalspieler bringt Leistung, ist im Team wie bei vielen Fans anerkannt, identifiziert sich mit dem Klub und würde keine Ablöse kosten.

Gnabry verdient zu viel beim FC Bayern

Doch die Gegenargumente sind ebenso klar: sein geschätztes Jahresgehalt von rund 19 Millionen Euro, seine Verletzungsanfälligkeit und die immer wieder auftretenden Formschwankungen. Gerade das Gehalt wiegt schwer: Spätestens nach der Rückkehr von Jamal Musiala ist Gnabry sportlich nicht mehr der Fixpunkt vergangener Tage, eher als Rotations- und Bankspieler vorgesehen, bezahlt wird er jedoch noch immer wie ein unverzichtbarer Stammakteur.

Hinzu kommen seine Verletzungsprobleme: Laut transfermarkt.de musste er in den letzten drei Spielzeiten wegen elf verschiedener Blessuren pausieren. Das kostete ihn nicht nur wertvolle Spielzeit, sondern auch Rhythmus und Form.

Ist er aber fit, kann der variable Offensivmann dem Team noch immer viel geben. Sollte der Champions-League-Sieger von 2020 zu deutlichen Abstrichen beim Gehalt bereit sein, spricht schon jetzt vieles für eine Verlängerung. Gnabry ist schließlich gerade einmal 30 Jahre alt.

Edeljoker statt Chefkoch?

Für Serge Gnabry selbst könnte die neue Rolle als erster Edeljoker beim FC Bayern sogar ein Gewinn sein. Er bliebe in München, wo er sich sichtlich wohlfühlt, könnte mit den Bayern weiter um Titel spielen und zugleich eine Position finden, die besser zu seiner aktuellen Situation passt.

In der hochkarätig besetzten Offensive nur Angreifer Nummer fünf oder sechs zu sein, muss keineswegs heißen, selten von Beginn an aufzulaufen. Vier Plätze sind zu vergeben, die Belastung ist hoch, Verletzungen gehören zum Alltag, Spielzeit fällt also reichlich ab. Gleichzeitig würde der gebürtige Stuttgarter so etwas entlastet.

Sein Saisonstart war zwar beeindruckend, doch auch geprägt von körperlichen Signalen: Immer wieder kämpfte Gnabry mit Krämpfen, und Trainer Vincent Kompany gönnt ihm bewusst Pausen. Er nimmt ihn vom Feld, sobald die Partie entschieden ist – aus Vorsicht, um Verletzungen vorzubeugen.

Gnabry besitzt zudem ein festes Standing im Klub, das er andernorts nur schwer noch einmal aufbauen könnte. Bei Bayern ist er etabliert, anerkannt und hat durch den Ausfall von Jamal Musiala zuletzt sogar auf seiner bevorzugten zentralen Position hinter Harry Kane gespielt. Vielleicht eröffnet sich ihm dort langfristig eine zusätzliche Option.

Konzept over Chaos again

Im US-Sport gibt es das Prinzip „Talent over Need“, also den talentiertesten Spieler zu bevorzugen, selbst wenn er nicht perfekt ins aktuelle Anforderungsprofil passt. Für den kommenden Transfersommer wäre es dem FC Bayern und Max Eberl allerdings zu wünschen, nicht wieder einem besonderen Talent hinterherzulaufen und im Chaos zu landen, sondern einen klaren, langfristigen Plan zu verfolgen.

Dazu gehört auch, die Vertragsgespräche mit Serge Gnabry und Leon Goretzka möglichst bald aufzunehmen. Nicht erst, um abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln, sondern um frühzeitig zu klären, was sich beide Spieler vorstellen und wohin der Verein eigentlich will. Dass man sich im Mai noch unschlüssig zeigt und den Spielern erst in letzter Minute ein Angebot macht, darf sich nicht wiederholen.

Es braucht einen Plan, der nicht davon abhängt, welche Transfers sich sonst noch ergeben oder wie die Spieler agieren. Was Gnabry und Goretzka können, weiß man in München längst. Die entscheidende Frage lautet: Will der FC Bayern das auch weiterhin? Diese Frage darf man nicht allein von kurzfristigen Entscheidungen abhängig machen.

Und unabhängig davon wäre es den beiden hochverdienten Spielern gegenüber nur fair, schon früh mit offenen Karten zu spielen. 

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