10 Jahre Schweinsteiger und Lahm beim FCB – eine Hommage!
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Heute vor 10 Jahren, am 13. November 2002, begann eine Ära beim FC Bayern München. Nach der Ära Maier, Beckenbauer, Müller in den 70ern, der Ära Breitner, Rummenigge in der 80ern und der Ära Kahn, Matthäus, Effenberg zur Jahrtausendwende, übernahm an diesem kalten November-Tag langsam aber bestimmt eine neue Spielergeneration den FC Bayern. Das Stadion hieß Olympiastadion, der Trainer Ottmar Hitzfeld. Gerade mal 22.000 Zuschauer waren dabei, als der FC Bayern sich zum Abschluss einer katastrophalen Champions League Vorrunde mit einem 3:3 gegen den RC Lens sieglos aus dem Europapokal verabschiedete. Der FC Bayern war satt geworden nach drei Meisterschaften von 99-2001 und dem Gewinn der Champions League im selben Jahr. Matthäus und Effenberg haben den Verein verlassen. Oliver Kahn steht gemeinsam mit Mehmet Scholl, Hasan Salihamidzic für den Übergang in eine neue Zeitrechnung beim FC Bayern. Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger sind an diesem Abend Nebendarsteller. Schweinsteiger wird in der 76. Minute für Mehmet Scholl eingewechselt. Lahm kommt in der 92. für den in dieser Phase ebenfalls als talentiert geltenden Markus Feulner. Es ist ein Spiel aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Fußball-Epoche. Lahm war zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt, Schweinsteiger 18.
Heute, 10 Jahre später sind beide Kopf, Seele und Herz des FC Bayern. Lahm ist seit 1995 im Verein, Schweinsteiger seit 1998. Fast ein Jahrzehnt war man beim FC Bayern München auf der Suche nach Eigengewächsen, die den Verein nach innen und nach außen prägen. Schweinsteiger und Lahm wuchsen in diese Rolle und waren die Vorboten für eine neue Münchener Ära, die mit der Zeit durch Thomas Müller, Holger Badstuber, David Alaba und Toni Kroos fortgesetzt wurde.
Wenn in 50 Jahren auf den deutschen Fußball zwischen 2002 und 2014, vielleicht 2016 zurückgeblickt wird, kommt man an den Namen Schweinsteiger und Lahm nicht vorbei. Sie prägten das Sommermärchen 2006, sie stehen sinnbildlich für die Neuerfindung und Modernisierung des deutschen Fußballs seit 2006. Sie besetzen zwei der komplexesten Positionen im modernen Fußball und haben diese selbst auf internationalem Niveau mitgeprägt. Sie werden weit über 100 Länderspiele absolvieren.
Lahm besetzte durch seine erfolgreiche Ausleihe an den VfB Stuttgart im Jahr 2003 eine der größten Baustellen des deutschen Fußballs und definierte den Außenverteidiger, als defensiver Anker und offensiver Initiationsspieler neu. Bastian Schweinsteiger spielte zunächst dort, wo Talente in der Phase nach der Jahrtausendwende meist zum Einsatz kamen. Auf der offensiven Außenbahn im Mittelfeld. Obwohl er bis 2008 vier Meisterschaften und vier Pokalsiege mit dem FC Bayern gewann und wesentlicher Bestandteil der Nationalmannschaft bei den Turnieren 2006 und 2008 war, wurde er lange das Image vom schlampigen Genie nicht los. Seine freche Spielweise fiel auf, seine Dynamik und sein Spielverständnis flackerten immer wieder durch, dennoch war er nie der Tempodribbler vom Schlage eines Franck Riberys, der in dieser Phase im internationalen Fußball auf der offensiven Außenbahn gefragt war. Man experminitierte mit Schweinsteiger auf der Zehn und sogar als Außenverteidiger. Erst Louis van Gaal fand die richtige Position für ihn.
Seit 2009 spielt Schweinsteiger auf der komplexen spielgestaltenden Sechs und hat sich als Person und Fußballer seitdem neu erfunden. Er führte die Nationalmannschaft in zwei Halbfinals und den FC Bayern in zwei Champions League-Finals. Dass er mit dem verschossenen Elfmeter gegen den FC Chelsea beim Finale dahoam und unterdurchschnittlichen Leistungen bei der EM 2012 gemeinsam mit Lahm zum Sinnbild einer bisher unvollendeten Fußball-Generation wurde, ist gleichsam tragisch, wie ungerecht.
Lahm und Schweinsteiger haben diese Negativerlebnisse verändert. Gerade Schweinsteiger ist in den vergangenen Jahren verletzbar geworden. Zwar stand auch Lahm nach der Veröffentlichung seiner Autobiografie in der Kritik, doch meist ist es Schweinsteiger, der auf Grund seiner herausgehobenen Rolle auf und neben dem Platz in den Fokus rückt – gerade dann wenn es nicht so gut läuft. Schweinsteiger ist gegenüber Journalisten dünnhäutig geworden. Unsachliche Artikel über „Chefchen Schweini“ in der SportBild und private Urlaubsfotos in der Phase der EM-Vorbereitung haben ihn misstrauisch gemacht. Auf der anderen Seite zeigt Schweinsteiger immer wieder seinen fairen Charakter, wie im Jahr 2010 als Bayerns Nr. 31 nach einem Foul gegen ihn versucht eine drohende Gelb-Rote Karte gegen Stuttgarts Khalid Boulahrouz zu verhindern. Lahm und Schweinsteiger machen sich mehr Gedanken über Fußball als der gewöhnliche Profi, wie zwei bemerkenswerte Interviews in der Süddeutschen Zeitung in den vergangenen Jahren zeigten. Auch das beweist ihren Anspruch an sich selbst und ihr Dasein als Profifußballer.
Wer sich die Fotos von ihrem ersten Auftritt im Bayern-Dress vor zehn Jahren gegen Lens anschaut, der sieht vor allem jugendliche Unbekümmertheit. Heute sind beide gereifte Persönlichkeiten. Lahm und Schweinsteiger sind Führungsspieler. Beide hätten längst zu einem Topclub ins Ausland wechseln und damit auch ein Stück weit vor den Erwartungen in Deutschland und speziell in München fliehen können, wie es zum Beispiel Michael Ballack mit seinem Wechsel zum FC Chelsea getan hat. Beide haben ihre Verträge langfristig verlängert. Beide wissen, dass sie ohne internationalen Titel als „die Unvollendeten“ in die Geschichtsbücher eingehen könnten. Jeder, der es mit dem FC Bayern hält, weiß jedoch was Lahm und Schweinsteiger für den FC Bayern bedeuten – auch ohne Champions-League-Titel oder Weltmeister-Ehren. Es ist ihre Ära, es ist im Jahr 2012 ihr FC Bayern München. Es ist ihnen zu wünschen, dass sie ihre Karriere doch noch krönen – für die Geschichtsbücher, nicht für ihr Ansehen bei den Bayern-Fans oder ihre Bedeutung für diesen Verein – denn dies ist ihnen ohnehin sicher.